Strafbarkeitsrisiko unzureichende Führerscheinkontrolle

Fuhrparkverantwortliche müssen vor allem bei der Führerscheinkontrolle besonders sorgfältig vorgehen. Unwissenheit oder Halbwissen schützt insoweit nicht vor Strafe. Wie eine aktuelle Entscheidung des Amtsgerichts München zeigt, kann auch nur eine unzureichend durchgeführte Führerscheinkontrolle im Fuhrpark wegen der damit zusammenhängenden Verletzung von Halterpflichten zur strafrechtlichen Haftung des verantwortlichen Fuhrparkleiters nach § 21 StVG führen.

Strafbarkeitsrisiko unzureichende Führerscheinkontrolle
Strafbarkeitsrisiko unzureichende Führerscheinkontrolle

1 /2

Strafbarkeitsrisiko unzureichende Führerscheinkontrolle
Strafbarkeitsrisiko unzureichende Führerscheinkontrolle

PDF Download

Aktuelle Entscheidung des Amtsgerichts München
Mit rechtskräftigem Urteil vom 21.10.2016 (Az. 912 Cs 413 Js 141564/16) hat das Amtsgericht München den verantwortlichen Betriebsleiter einer Bäckerei wegen fahrlässigen Anordnens oder Zulassens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von insgesamt 1.250 Euro verurteilt – und das obwohl der Betriebsleiter eine Führerscheinkontrolle durchgeführt hatte. Diese befand das Gericht jedoch für unzulänglich. Die Tücke lag hier im Detail. So hatte der Betriebsleiter die ausländische Fahrerlaubnis seines angestellten Brötchenlieferanten zwar kontrolliert. Jedoch fehlten ihm weiterführende Kenntnisse zum Erfordernis, wann eine ausländische Fahrerlaubnis in eine deutsche umgeschrieben werden muss.

Entscheidend war, dass der Verurteilte als Betriebsleiter einer Bäckerei tätig war. Gewerbeund Betriebsinhaberin war eine andere Person, nämlich seine Schwester. Der Betrieb wurde aber vom Verurteilten allein geführt und auch in jeder Hinsicht eigenverantwortlich geleitet. Zum Betrieb gehörte ein Lastkraftwagen zum Ausfahren der Backwaren. Der später verurteilte Betriebsleiter stellte für die Bäckerei einen Auslieferungsfahrer ein und überließ diesem das Fahrzeug. Dies erfolgte jedoch, ohne dass der Betriebsleiter zuvor hinlänglich überprüft hatte, ob der neu eingestellte Fahrer überhaupt eine ausreichende Fahrerlaubnis besaß. Und so fuhr der Fahrer mit dem Bäckerei-Lkw in München Backwaren aus, obwohl er bereits im Januar 2016 keine in Deutschland gültige Fahrerlaubnis mehr besaß.

Besonderheiten beim Auslandsführerschein
Der Auslieferungsfahrer besaß zwar eine ausländische (katarische) Fahrerlaubnis. Diese berechtigte ihn jedoch zum Tatzeitpunkt im Januar 2016 nicht mehr zum Führen von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet, weil der Fahrer zu diesem Zeitpunkt bereits seit mehr als sechs Monaten seinen Wohnsitz in Deutschland hatte. Das konnte der Betriebsleiter wissen, weil er den Fahrer ja selbst eingestellt hatte.

Näheres zu den Umschreibungserfordernissen ausländischer Fahrerlaubnisse ergibt sich aus § 29 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV). Begründet der Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis (hier: aus einem anderen Staat außerhalb der EU und des EWR – für Letztere gilt § 28 FeV) seinen ordentlichen Wohnsitz in Deutschland, besteht die Berechtigung, im Inland Kraftfahrzeuge zu führen, noch sechs Monate fort. Die Fahrerlaubnisbehörde kann diese Frist auf Antrag um bis zu sechs Monate verlängern. Dafür muss glaubhaft gemacht werden, dass der ausländische Fahrerlaubnisinhaber seinen ordentlichen Wohnsitz nicht länger als zwölf Monate im deutschen Inland haben wird. Unabhängig davon sind Auflagen zur ausländischen Fahrerlaubnis jedenfalls auch in Deutschland zu beachten.

Strenge Anforderungen an die Kontrolle von Auslandsführerscheinen
Das Amtsgericht München stellte an die Sorgfaltspflichten des halterverantwortlichen Betriebsleiters hinsichtlich der Überprüfung der Gültigkeit der Fahrerlaubnis strenge Anforderungen. Der Fahrzeughalter, der einem Dritten die Führung seines Kraftfahrzeugs gestattet, muss vorher prüfen, ob der Dritte im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubnis ist. Speziell bei ausländischen Fahrerlaubnissen muss sich der Halter vergewissern, ob der Führerschein in Deutschland gültig ist. Der Verurteilte hätte hierbei gegebenenfalls beim Landratsamt oder einem Automobilverband rückfragen müssen, ob der Fahrer im Besitz einer gültigen deutschen Fahrerlaubnis ist.

newspaper_img

Aktuelles Magazin

Ausgabe 2/2017

newspaper_img

Sonderausgabe Elektro

Das neue Jahresspecial Elektromobilität.

Beleuchtet alle Aspekte der batteriebetriebenen Mobilität im Unternehmen

Die Einlassung des Betriebsleiters zu seiner Verteidigung, er hätte ja nicht wissen können, dass die Fahrerlaubnis aus Katar in Deutschland nicht (mehr) gilt, nützte ihm recht wenig. Der Betriebsleiter hatte sich zwar den Führerschein vorzeigen lassen, jedoch keine näheren Informationen eingeholt, ob dieser Führerschein mit der hiesigen Fahrerlaubnisvoraussetzung des C 1 übereinstimmt, geschweige denn ob die ausländische Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland überhaupt gültig ist.

Das Amtsgericht München war daher der Ansicht, dass diese Führerscheinkontrolle unzureichend war. Bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte der Betriebsleiter nämlich erkennen müssen und können, gegebenenfalls durch Nachfrage bei den zuständigen Verkehrsbehörden, ob der Fahrer am konkreten Tattag mit dem Firmen-Lkw zum Transport auf öffentlichen Straßen überhaupt zugelassen werden darf.

Was das Strafmaß über die Halterverantwortung aussagt
Die Entscheidung des Münchner Amtsgerichts enthält eine eindeutige Botschaft an alle Fuhrparkverantwortlichen in Unternehmen: Will sich der Halter oder der für diesen tätige Fuhrparkverantwortliche nicht selbst nach § 21 StVG wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis strafbar machen, dann darf er niemanden ans Steuer lassen, der keine Fahrerlaubnis besitzt oder der gerade ein Fahrverbot verbüßt. Nicht ausreichend ist es, sich nur bei der Einstellung eines Fahrers dessen Fahrerlaubnis zeigen zu lassen und es dann – insbesondere bei sich aufdrängenden Gültigkeitsfragen – dabei bewenden zu lassen.

Die Bedeutung der Halterverantwortung kann man auch an der Strafe ablesen. Der in der Halterverantwortung stehende Fuhrparkmanager haftet persönlich dafür, wenn er es anordnet oder zulässt, dass jemand ein Fahrzeug aus dem Fuhrpark führt, der die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht (oder nicht mehr) besitzt oder dem das Führen eines Kraftfahrzeugs durch ein Fahrverbot (§ 44 StGB/§ 25 StVG) zeitweise untersagt worden ist. Hier droht nach § 21 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 3 StVG eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe, bei Fahrlässigkeit eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder eine Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen.

Vorliegend verhängte das Münchner Amtsgericht wegen eines Fahrlässigkeitsvorwurfs eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 25 Euro, wobei sich das Strafmaß noch im unteren Drittel des möglichen Strafrahmens bewegt. Während sich die Höhe des Tagessatzes an den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters orientiert, also für Besserverdiener zu einer teureren Geldstrafe führt, bestimmt sich die Zahl der verhängten Tagessätze sowohl nach der Schwere der Tat als auch nach der persönlichen Vorwerfbarkeit: Die Geldstrafe soll tat- und schuldangemessen sein. Wird eine Geldstrafe nicht bezahlt, muss sie im Worst Case „abgesessen“ werden; hier entspricht ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe.

Das Urteil und seine Lehren für die Praxis
Vor allem bei ausländischen Fahrerlaubnissen, die nicht aus EU-Mitgliedstaaten oder einem EWR-Vertragsstaat stammen, ist besondere Vorsicht geboten. Hat der betreffende Fahrerlaubnisinhaber seinen Wohnsitz in Deutschland, ist die Sechsmonatsfrist für den Wegfall der Gültigkeit der Auslandsfahrerlaubnis schnell erreicht, kann aber auf Antrag (vor Fristablauf!) verlängert werden. Hier helfen neben entsprechenden Mitteilungspflichten des Fahrers im Dienstwagenüberlassungsvertrag kürzere Intervalle bei der Führerscheinkontrolle weiter, vor allem um abzuklären, ob der betreffende Fahrer inzwischen über eine anderweitige, in Deutschland gültige Fahrerlaubnis verfügt.

Die Konsequenz der Entscheidung heißt außerdem: Die Führerscheinkontrolle im Fuhrpark muss ernst genommen werden. Halbwissen bedeutet hier ein nicht unerhebliches Haftungsrisiko, das aber durch Fortbildung, Erkundigungen bei Behörden und Verbänden und Sorgfalt bei der Durchführung der Kontrolle wirksam begrenzt werden kann. Vor allem bei Zweifelsfragen hinsichtlich der Gültigkeit ausländischer Fahrerlaubnisse ist es das Gebot der Stunde, sich bei fachkundigen Stellen wie den zuständigen Straßenverkehrsbehörden oder den Verkehrsverbänden zu erkundigen beziehungsweise sich durch Einholung von Rechtsrat abzusichern. Und auch das Ergebnis der Einholung entsprechender Auskünfte gehört dann mit in die Fuhrparkunterlagen.

Rechtsanwalt Lutz D. Fischer, St. Augustin
Kontakt: kanzlei@fischer.legal
Internet: www.fischer.legal

 

AUTOR

RECHTSANWALT LUTZ D. FISCHER aus St. Augustin berät und vertritt mittelständische Unternehmen, Unternehmerpersönlichkeiten sowie Privatpersonen im Wirtschafts-, Zivil-, Arbeits- und Verkehrsrecht und ist bundesweit als juristischer Dienstleister tätig. Ein besonderer Kompetenzbereich liegt im Bereich des Dienstwagen- und Fuhrparkrechts. Rechtsanwalt Fischer ist Mitglied der ARGE (Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein) und Autor zahlreicher Publikationen zum Dienstwagen- und Verkehrsrecht. Als freiberuflicher Dozent ist er für das Goethe-Institut in Bonn tätig und hält bundesweit Seminare zu „Dienstwagenüberlassung und Arbeitsrecht“ sowie zu „Professionelles Schadensmanagement im Fuhrpark“ für das Weiterbildungsinstitut CompendiumPlus aus Osnabrück.

0 Kommentare

Zeichenbegrenzung: 0/2000

newspaper_img

Aktuelles Magazin

Ausgabe 2/2017

newspaper_img

Sonderausgabe Elektro

Das neue Jahresspecial Elektromobilität.

Beleuchtet alle Aspekte der batteriebetriebenen Mobilität im Unternehmen

countdown-bg

Der nächste „Flotte!
Der Branchentreff" 2026