Komfort, und davon bitte viel
Mit dem Edge stößt Ford in eine Klasse vor, die die Kölner bereits vor Jahren aufgegeben hatten. Doch der Neustart hat sich gelohnt. Flottenmanagement hat das ausladende SUV einem umfangreichen Test unterzogen.

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Können Sie sich noch an den Scorpio erinnern? Lange ist es her, und ja, es handelte sich um eine obere Mittelklasse. Eine Limousine dieses Segmentes verkneift sich Ford bislang, das mag damit zusammenhängen, dass SUV inzwischen deutlich mehr gefragt sind. Also reagierte der Hersteller und installierte auch für das europäische Modellprogramm ein SUV, das der Businessklasse durchaus zugeordnet werden kann – auch wenn die Abmessungen für diese Liga fast wieder moderat ausfallen mit einer Außenlänge von 4,81 Metern. Nun gut, aber zu einer Businessklasse gehören natürlich mehr Skills als nur die reine Größe. Antriebsstrang, Komfort und Ausstattung können ebenfalls ein Indiz für die zugehörige Klasse sein. Da es hierzulande kaum noch Nachfrage für große Otto-Triebwerke gibt, hat man den 3,5 Liter großen EcoBoost-Sechszylinder für unsere Gefilde vorsorglich gestrichen. Also belässt man es bei zwei Dieseltriebwerken mit beschaulichen zwei Litern Hubraum, aber einer immerhin beachtlichen Leistungsausbeute von 180 respektive 210 PS.
Flottenmanagement übt sich in Bescheidenheit und wählt für den folgenden Test die Einsteiger-Variante. Um den Kunden möglichst wenig Qual bei der Wahl zu bereiten, kann man sich also entscheiden: entweder 180 PS und Sechsgang-Schaltung oder 210 PS und Sechsgang-Doppelkupplung. Der Allradantrieb ist nicht verhandelbar. Hier und heute müssen 180 PS reichen, und es ist ja bei aller Diskussion um Elektroautomobilität und autonomem Fahren auch mal schön, ein klassisches Auto mit mechanischem Getriebe fahren zu dürfen. Ab netto 36.050 Euro gibt es – das muss man sagen – ziemlich viel Auto. Immer an Bord ist eine umfangreiche Sicherheitsausstattung, die auch ein autonomes Bremssystem beinhaltet. Es gibt freilich auch den großen Touchscreen mit 20 Zentimetern Bildschirmdiagonale, einen automatisch abblendenden Innenspiegel, Rückfahrkamera, Spurhalte-Assistent, Verkehrszeichen-Erkennung, Tempomat sowie – und jetzt bitte genau hinhorchen – eine aktive Geräuschunterdrückung.
Solch eine Notiz in der Preisliste macht natürlich neugierig auf eine Ausfahrt. Und ob es nun an dieser Lärmunterdrückung liegen mag oder nicht – der Edge ist ein beeindruckend leises Auto. In dieser Disziplin ist er also sowas von businessklassig unterwegs. Das heißt im Klartext: Unterhaltungen in Zimmerlautstärke sind auch deutlich jenseits von Richtgeschwindigkeit möglich, und zwar von vorn nach hinten sowie in die umgekehrte Richtung. Der zweite auffällige Aspekt ist das Fahrwerk. Nein, der Edge animiert nicht etwa dazu, quer durch die Kurve zu fahren – das will und kann er auch gar nicht. Der Schwerpunkt liegt auf möglichst großem Komfort. Und so gelingt es dem Brocken, Unebenheiten jeder Art weitgehend aus der Fahrgastzelle zu verbannen, so, als sei die Straße gerade neu saniert. Moderate Wellen nimmt der Ford mit sanftem Nachschwung und wiegt seine Passagiere wattig wie in einer Oberklasse – damit erübrigt sich die Frage, ob das Ford-Topmodell langstreckentauglich sei.
Zurück zu unseren 180 Pferdchen unter der mächtigen Motorhaube. Reicht es oder reicht es nicht, das ist hier die Frage. Es reicht, klarer Fall. Der Edge mag nicht quer, und seine Fahrer dürften wohl eher weniger daran interessiert sein, an Ampelsprints teilzunehmen. Vielmehr geht es darum, souverän voranzukommen. Das Zugkraftplateau von 400 Nm steht zwischen 2.000 und 2.500 Umdrehungen zur Verfügung, was zumindest eine schaltfaule Fahrweise ermöglicht. Wer gerne etwas energischer mit dem Schalthebel umgeht, kann das gerne tun – selbiger rastet nämlich hinreichend präzise ein, um dieses Unterfangen mitnichten zu untergraben. Da der Edge rund 1,9 Tonnen auf die Waage bringt (was angesichts der Wagenklasse gar nicht mal so viel ist), sind keine sonderlich athletischen Fahrleistungen zu erwarten. Die zehn Sekunden für den Standardsprint auf Landstraßentempo unterbietet der Ford dann aber doch – eine lahme Ente ist er also keineswegs. Und falls es mal zügig gehen soll: 200 Sachen sind allemal drin.
Zeit, um einen Blick auf die Architektur zu werfen. Je nach Geldbeutel kann man den Edge so richtig wohnlich einrichten – beispielsweise mit den exklusiven Vignale-Varianten. Aber die einfach gehaltene Ausstattung – wie beim Testwagen – macht ebenso Spaß. An der Verarbeitungsqualität ist nichts auszusetzen und auch an der Bedienung nicht. Da die Infotainment-Spezialisten den Allradler ja mit einem großen Monitor versorgen, bleibt die Knöpfchen-Landschaft übersichtlich. Und glücklicherweise reagieren die Anwendungen auf dem Touchscreen schnell, so dass hier kein Verdruss entsteht. Besonders erfreulich ist, dass der elektronische Lotse nicht nur intuitiv bedienbar ist, sondern die Routenempfehlungen rasant ausrechnet und zuverlässig den Weg weist. Frappierend ist der Preis: Wenn die Navigation schon nicht serienmäßig ist, dann bieten die Ford-Leute die Anlage zu sensationell günstigen 252 Euro (netto) feil. Fast schon vernachlässigbare 168 Euro (netto) mehr kostet das größere Paket bei der nächsthöheren Ausstattungslinie „Titanium“ – hier ist auch ein leistungsstarkes Soundsystem inbegriffen.

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Der Ford Edge ist ein durch und durch modernes Auto, was auch an seinen Funktionalitäten ablesbar ist. So bekommt man gegen 1.277 Euro netto beispielsweise volladaptive LED-Scheinwerfer mit Dauerfernlicht. Das bedeutet: Entgegenkommende Fahrzeuge werden von den Scheinwerfern ausgeblendet, und die Lichtausbeute ist noch immer größer als bei herkömmlichen Lampen. Gurtairbags im Fond (189 Euro netto) sowie ein aktiver Tempomat (420 Euro netto) betonen, wie umfangreich die Sicherheitsfeatures hier sind. Je nach Ausstattung fällt auch die Lenkung adaptiv aus und korrigiert selbsttätig, falls der Fahrer einmal die Spur aus den Augen verliert – im Falle des „Titanium“ werden 411 Euro netto extra fällig. Auch optisch macht der Edge etwas her – schon die Grundvariante rollt mit hübschen 19-Zöllern an den Start, auf Wunsch sind auch 20-Zoll-Räder verfügbar. Dass damit keine anspruchsvollen Geländepassagen überwunden werden können, liegt auf der Hand. Doch dass das wohl nicht erklärtes Ziel der Macher war, wird auch an der Nichtexistenz einer zusätzlichen Untersetzung deutlich. Der Edge ist ein Komfortfahrzeug durch und durch.

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