Aus für das Tablet am Steuer

Wer hinter dem Steuer eines Fahrzeugs mit dem Handy am Ohr erwischt wird, dem droht mit 60 Euro und einem Punkt in Flensburg eine empfindliche Strafe. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt will das Handyverbot jetzt noch ausweiten. So sollen nach seinem Ansinnen Tablets, E-Book-Reader et cetera zum Mailen, SMS/Whatsapp-Tippen oder Surfen im Internet im sogenannten Handheld-Betrieb jetzt ebenfalls nicht mehr vom Fahrer benutzt werden dürfen.

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Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) plant die Geldbuße für die unerlaubte Nutzung solcher Geräte während der Autofahrt von 60 auf 100 Euro im Regelfall zu erhöhen. Bei schweren Verstößen drohen künftig auch Fahrverbote und Geldbußen von 150 beziehungsweise 200 Euro. Das Bußgeld bei einem Verstoß während des Radfahrens soll von 25 auf 55 Euro ansteigen. Möglich sei, dass es neben einer Anhebung des Bußgelds bis zu drei Punkte in Flensburg geben könnte und für Wiederholungstäter sogar ein Fahrverbot, sagt der Homburger Verkehrsrechtler Hans-Jürgen Gebhardt. Das Vorhaben befindet sich aber noch in der Ressortabstimmung.

In Paragraf 23 der Straßenverkehrsordnung (StVO) heißt es, dass es dem Fahrzeugführer nicht gestattet ist, das Handy zu nutzen, sofern es dafür aufgenommen oder gehalten werden muss. Allerdings gilt diese Regelung nicht, wenn das Auto steht und der Motor ausgeschaltet ist.

Bereits im Frühjahr 2016 forderten die Verkehrsminister der Länder, die StVO der Realität in der digitalen Welt anzupassen. Dobrindt scheint darauf nun einzugehen, begründet die geplante Ausweitung des Verbots wie folgt: „Wer am Steuer das Handy in die Hand nimmt, um eine Nachricht zu tippen oder das Tablet um E-Mails abzulesen, ist im Blindflug unterwegs. Ablenkung ist eines der größten Unfallrisiken, das vermeidbar und unnötig ist. Wir ändern Verkehrsregeln und Strafen so, dass sie auf der Höhe der Zeit sind und auch neuere technische Entwicklungen berücksichtigen.“

Nutzen Autofahrer die Sprachfunktion des Handys, ist mit keiner Strafe zu rechnen. Auch wenn sich das Auto dank „Start-Stopp-System“ an der Ampel abschaltet, darf in dieser Wartezeit eine SMS/Whatsapp am Steuer geschrieben oder ein kurzes Telefonat geführt werden (Quelle: Verband für bürgernahe Verkehrspolitik e. V.).

Kay Schulte, stellvertretender Referatsleiter Unfallprävention beim Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR), sieht diese Neuregelung als längst überfällig an. Die gesetzlichen Vorschriften für die Nutzung von mobilen Geräten bei der Verkehrsteilnahme stammten „aus vorsintflutlichen verkehrsrechtlichen Zeiten“ – die Realität habe sie längst überholt. Doch nicht jeder begrüßt die geplanten Änderungen. Der Verkehrspsychologe Karl-Friedrich Voss spricht in den Medien von einem „Schnellschuss“ und zweifelt grundsätzlich am Sinn solcher Verbote: „Wenn die Einsicht fehlt, haben sie keinen Sinn.“ Der ADAC sowie die Polizeigewerkschaft (GdP) machen sich für eine bessere Aufklärung stark.Bei der GdP herrscht sogar der Wunsch nach der Rückkehr des TV-Klassikers „Der 7. Sinn“. Die Ratgebersendung hatte jahrelang über das richtige Verhalten im Straßenverkehr informiert, wurde allerdings im Jahr 2005 eingestellt.

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Das Hauptproblem sei, dass Autofahrer die Gefahr durch Ablenkung nach wie vor unterschätzten, so der ADAC. Für viele ist Autofahren Routine, weshalb sie sich während der Fahrt unterfordert fühlen und das Bedürfnis nach einer zusätzlichen Beschäftigung haben, erklärt der Automobilclub weiter. Nach seiner Ansicht sollte das Thema Ablenkung stärker als bisher in die Fahrausbildung integriert werden und dabei der Hang zur Fehleinschätzung der eigenen Fahrkompetenz hervorgehoben werden.

Große Gefahr
Das Eingreifen Dobrindts kommt nicht von ungefähr. Denn Telefonieren, Lesen sowie das Schreiben von Texten am Steuer soll das Unfallrisiko gemäß einer Studie aus den USA um das Vierfache erhöhen. Die Universität Braunschweig beobachtete vergangenes Jahr bei einer Untersuchung rund 2.000 Autofahrer auf der A2 zwischen Hannover und Helmstedt. Jeder zehnte Verkehrsteilnehmer habe sein Smartphone während der Fahrt bedient, lautet das Ergebnis der Studie. Wenn man hochrechne, wie viel Prozent der Fahrer auf der Autobahn abgelenkt seien, dann sei das immens, sagt Marc Vollrath, Verkehrspsychologe und Leiter der Studie. „Gerade bei den häufig langen und monotonen Fahrten auf der Autobahn ist die Versuchung offensichtlich groß, sich ablenken zu lassen“, heißt es weiter.

Das Erschreckende: Wer dreieinhalb Sekunden von der Fahrbahn wegschaut, um beispielsweise eine Smartphone-Nachricht zu lesen, der ist genau mit seiner Geschwindigkeit die entsprechenden Meter gefahren. Das heißt: Wer bei Tempo 120 km/h 3,5 Sekunden den Blick auf das Display gerichtet hat, ist 120 Meter blind gefahren. „Das ist extrem gefährlich“, so Vollrath.

Doch Technik im Auto ist nicht immer gefährdend, teilweise erhöht sie sogar die Sicherheit. Dazu zählt beispielsweise die Nutzung von Sprachsteuerungen, Vorlesefunktionen und von Head-up-Displays, die Fahrzeugoder Verkehrszeichen-Informationen auf die Windschutzscheibe projizieren. Diese Unterstützungen seien ausdrücklich erwünscht, so das BMVI.

Fazit
Die Ausweitungen der Regelungen bei der Benutzung von mobilen Endgeräten am Steuer sind ein erster wichtiger Schritt. Ob die neuen Strafen und Erhöhungen des Bußgeldes die gewünschte Wirkung haben, bleibt abzuwarten. Das Bundesverkehrsministerium hat die Länder aufgefordert, die Verkehrskontrollen zur Handy-/Tabletnutzung zu verstärken. Denn hohe Strafen schrecken nur dann wirklich ab, wenn sie auch wirksam werden. Einige Politiker fordern anstelle der Geldstrafe gar ein vierwöchiges Fahrverbot. Grundsätzlich muss hinterfragt werden, ob durch immer komplexere Menüführungen bei der Bedienung von Navigation, Radio et cetera im Auto nicht ebenfalls zu viel Ablenkungspotenzial geschaffen wird. Die Systeme der Hersteller sollten daher möglichst intuitiv und einfach zu bedienen sein.

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