Kobra, übernehmen Sie

So oder so ähnlich könnte es in Zukunft lauten, wenn ein hochautomatisiertes Fahrzeug die Führung des Wagens übernehmen soll. Doch was auch heute noch nach Science-Fiction klingt, ist längst schon Realität. Denn wo immer am automatisierten Fahren geforscht wird, müssen sich findige Ingenieure Gedanken machen, wie man den Wechsel vom Führen eines Fahrzeugs in den automatisierten Modus und zurück gestaltet. Flottenmanagement wirft einen Blick auf die aktuellen Entwicklungen.

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„Mission: Impossible“, so der Originaltitel der US-amerikanischen Fernsehserie „Kobra, übernehmen Sie“, die Ende der 1960er-Jahre auch hierzulande zu sehen war und zugleich Vorläufer der erfolgreichen Actionfilmreihe mit Tom Cruise ist. Dass man teilweise auf dem Weg zum autonom fahrenden Fahrzeug den Eindruck einer unlösbaren Mission erhält, ist nichts Neues: Ethische, rechtliche und strukturelle Hindernisse müssen vor einer kommerziellen Einführung zunächst überwunden werden. Dabei sind bereits seit Längerem die sogenannten Assistenzsysteme im Markt, die den Fahrer bei der Regelung entweder in Längsrichtung (ACC, adaptive cruise control) oder in Querrichtung unterstützen. Die Steigerung dieser ersten Stufe der Automation sind die teilautomatischen Funktionen, bei denen eine kombinierte Längs- und Querregelung stattfindet. Beide Stufen zeichnen sich dadurch aus, dass der Fahrer in die Fahraufgabe insofern eingebunden bleibt, dass er das situationsangemessene Verhalten des Systems überwachen muss.

Die entscheidende Veränderung in der Rolle des Fahrers findet erst beim Übergang zur Hochautomation, der dritten Stufe, statt. Der Fahrer muss hier nicht mehr permanent „im Loop“ sein. Bestimmte Tätigkeiten neben der Fahraufgabe werden möglicherweise zulässig. Der Fahrer bleibt aber mit einer gewissen Vorwarnzeit die Rückfallebene für das technische System. Die nächsthöhere Automationsstufe, die Vollautomation, zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass die Rolle des Fahrers als Rückfallebene für das Automationssystem weiter abnimmt und bei der fünften Stufe „Fahrerlos“ vollständig entfällt. Der Sprung von der dem heutigen Fahrer vertrauten manuellen oder assistierten zur hochautomatischen Fahrt stellt daher die größte Veränderung für die Rolle des Fahrers dar. Damit stellen nicht nur ethische, rechtliche und strukturelle Ansätze eine Herausforderung für die Mission zum autonomen Fahren dar, sondern ein nicht zu vernachlässigender Anteil muss auch der Gestaltung der Mensch-Maschine-Kommunikation (Human Machine Interaction, kurz HMI) zukommen.

Interaktion zwischen Fahrer und Fahrzeug
Es ist von größter Bedeutung, dem Fahrer mithilfe einer geeigneten Nutzer-Schnittstelle jederzeit eine eindeutige Rückmeldung zu geben, in welchem Status sich das Fahrzeug befindet. Das heißt, es muss eindeutig sein, ob das Fahrzeug die Kontrolle über die Fahraufgabe übernommen hat oder ob der Fahrer diese Rolle wahrnehmen muss. Wesentlich ist hier eine eindeutige Interaktion zum Beispiel durch transparente Codierung der aktiven Automationsstufe (siehe Bild mit Farblichtleiste), aber auch eine explizite Aktivierung beziehungsweise Deaktivierung (beispielsweise durch Betätigen eines Bedienelements).

Eine besondere Bedeutung kommt der Rückübergabe von der Hochautomation in beispielsweise den manuellen Fahrmodus zu. So ist der Fahrer zum Zeitpunkt der geplanten Übergabe nicht in die Fahrzeugführung involviert (nicht „im Loop“) und möglicherweise auch abgelenkt. Damit stellt sich die Frage, wie eine Rückübergabe in einem vorgegebenen Zeitrahmen erfolgen kann und wie dieser Zeitrahmen zu bemessen ist. Genauer gesagt, ab wann ist der Fahrer in der Lage, das Fahrzeug nach einer automatisierten Fahrt wieder selbst zu führen? In die Betrachtung muss man dabei auch die eventuelle Nebentätigkeit und die benötigte Zeit, um sich auf die gegebene Fahrsituation fokussieren zu können, den Kontakt mit den Bedienelementen aufzunehmen, sowie bis zur aktiven Steuerung des Fahrzeugs miteinbeziehen. Ein Schlüsselelement kann die Unterbrechbarkeit seitens des Fahrzeugs sein, welche gegebenenfalls erforderlich ist, um die Aufmerksamkeit für die anstehende Fahraufgabe zügig zu gewinnen.

Basierend auf Erkenntnissen des Volkswagen Konzerns, zum Beispiel zur Wirksamkeit verschiedener Modalitäten für eine Rückholung des Fahrers in die Fahraufgabe, wurde ein Interaktionskonzept für ein hochautomatisch fahrendes Fahrzeug entwickelt, das auch bei der Langstreckenfahrt zur CES 2015 unter realen Bedingungen getestet wurde. Neben den automationsspezifischen Informationen in Kombiinstrument und Infotainment wurden in diesem Interaktionskonzept weitere zentrale Elemente ergänzt. So verdeutlicht eine LED-Leiste durch Farbgestaltung und räumliche Animation die aktuelle Automationsstufe und signalisiert Übergänge zwischen den Automationsstufen. Durch ein geringfügiges Verfahren des Lenkrads weg vom Fahrer bei der Aktivierung der Automation wird der Rollenwechsel und damit der Modus zusätzlich verdeutlicht. Die Aktivierung des Modus erfolgt durch das zeitgleiche Betätigen von zwei Tasten im Lenkrad. Eine zusätzliche Anzeige in der Fahrzeugmitte informiert die Insassen während der automatischen Fahrt über bevorstehende Manöver des Fahrzeugs und zeigt zusätzlich die voraussichtlich noch verbleibende Zeit für die aktuelle automatische Fahrt.

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Die Rückübergabe erfolgt dann zunächst mit geringer akustischer sowie visueller Intensität, um plötzliche Fehlreaktionen des Fahrers zu vermeiden. Falls der Fahrer keine angemessene Reaktion zeigt, wird die Intensität schrittweise erhöht, bis schließlich ein „SafeStop“- Manöver eingeleitet wird, um den sogenannten risikominimalen Zustand zu erreichen. Untersuchungen des Wolfsburger Konzerns zum Rückholvorgang zeigten, dass die ersten Reaktionen des Fahrers auf eine wahrgenommene Übernahmeaufforderung bereits frühzeitig erkennbar sind. Diese Information kann zum Beispiel im Zusammenhang mit einer Fahreraktivitätserkennung für eine Adaption der Eskalationsstrategie verwendet werden. Hierbei kommen Verfahren wie beispielsweise eine „hands-on“-Erkennung, eine Fahrerbeobachtungskamera oder eine Überwachung der Innenraumaktivität im Fahrzeug infrage. Die beiden letztgenannten Verfahren lassen eventuell auch bereits vor Beginn der Übernahmeaufforderung eine Prognose darüber zu, welcher Übernahmeverlauf zu erwarten ist. So ermöglicht ein umfangreiches Wissen über den Fahrerzustand die Realisierung einer adaptiven Übernahmestrategie.

Fazit
Automatisches Fahren verändert die Rolle des Fahrers: Ein multimodales HMI-Konzept ermöglicht es, den aktuellen Modus des automatischen Systems für den Fahrer transparent zu machen. Erweiterte Informationen über den Systemzustand und das Systemverhalten, wie zum Beispiel geplante Manöver, schaffen Systemverständnis und Vertrauen. Die Erfahrung des Fahrers mit der Automation beeinflusst dabei den für seinen individuellen Bedarf angemessenen Informationsumfang. Durch eine eskalierende Rückholstrategie beim Übergang von der automatischen zur manuellen Fahrt, die adaptiv auf das Verhalten des Fahrers reagiert, können Fehlreaktionen reduziert und es kann eine Fahrerübernahme im vorgegebenen Zeitrahmen ermöglicht werden. Eine Fahreraktivitätserkennung kann diesen Prozess zusätzlich unterstützen. Zudem können Nebentätigkeiten bei der hochautomatischen Fahrt, wie das Abspielen eines Filmes statt der einfachen Beobachtung des Systems, Ermüdungseffekte reduzieren. Gleichwohl kann eine Unterbrechbarkeit dieser Nebentätigkeiten seitens des Fahrzeugs den Verlauf der Rückholung in die Fahraufgabe verbessern.

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