Elektrisch in die Zukunft
Interview mit Gunter Glück (LeasePlan), Thomas Grübel (Govecs) und Claus Wollnik (Wollnikom)

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Flottenmanagement: Seit diesem Jahr arbeiten der Elektrorollerhersteller Govecs und die Leasinggesellschaft LeasePlan zusammen. Welche Projekte und Ziele verfolgen Sie mit dieser Partnerschaft? Zu welchen Konditionen sind die Scooter zu haben
Gunter Glück: Bislang sind die Roller primär für das Langzeitmietprodukt GO! Rent von Govecs vorgesehen. Hier kaufen wir die Roller von Govecs, um diese dann wieder an den Hersteller zu verleasen. Anschließend werden die Roller in einer Full-Service-Langzeitmiete an die Kunden vermietet. Sicher ist es ein Zukunftsmodell, die Scooter auch direkt in das Leasinggeschäft miteinzubinden. Denkbare Zielgruppen sind neben Lieferdiensten auch Konzerne mit großen Werksstandorten und vor allem Sharing-Unternehmen.
Thomas Grübel: Lieferdienste, als primäre Zielgruppe, sind kostensensible Flottenkunden und Elektroroller in der Anschaffung etwas teurer als Benzinroller. Daher haben wir mit Lease- Plan einen starken Partner gefunden, um unser Vermietungskonzept GO! Rent auf die Beine zu stellen. Die gesamten Kosten für den Flottenkunden belaufen sich so auf 8,90 Euro pro Tag und Fahrzeug. Hier ist neben der Wartung und der Mobilitätsgarantie, von der Beklebung des Rollers bis hin zum Reporting alles beinhaltet. Wir sorgen sogar dafür, dass ihre Flotte immer gut aussieht. Denn die meisten Roller im Lieferdienst werden stark beansprucht. Daher achten wir darauf, dass die Roller gut gepflegt werden. Wenn beispielsweise eine Wartung durchgeführt wird, dann bitten wir den Techniker, dass er uns ein Bild des Rollers zuschickt. Je nach Zustand wechseln wir schon mal ein Plastikteil aus und sorgen so für eine tadellose Flotte und somit für eine positive Außenwirkung. Auch dies ist in unserem Mietpreis inkludiert. Der Mietvertrag läuft normalerweise über zwei, drei oder vier Jahre. Das Pilotprojekt wird in Kürze in Berlin starten.
Flottenmanagement: Wie kam es zu der Kooperation mit Govecs? Und welche Rolle spielt der Flottenelektronikspezialist Wollnikom bei dieser Zusammenarbeit
Gunter Glück: Ich bekam einen Anruf von einem spanischen Kollegen, der bereits mit Govecs in Kontakt stand. Er fragte mich, ob dies nicht auch ein Modell für Deutschland sei. Meine erste Reaktion war etwas skeptisch: Elektroroller in deutschen Flotten? So etwas hatte es bislang noch nicht gegeben. Dennoch prüften wir das Konzept und stellten fest, dass es hervorragend in die neue Mobilitätsstrategie von LeasePlan passt. Diese sieht beispielsweise vor, mit Carsharing- Unternehmen zusammenzuarbeiten und alternative Antriebs- beziehungsweise Mobilitätskonzepte in die Flotten zu bringen. Da passen Elektro-Scooter sehr gut hinein. Darüber hinaus erschließen wir so auch ganz neue Kundengruppen, wie zum Beispiel Lieferdienste.

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In den Überlegungen zu diesem Projekt kam dann recht schnell die Frage nach dem Service für Wartung und Reparatur auf. Um hier einen einheitlichen Standard liefern zu können, haben wir Claus Wollnik und die Firma Wollnikom mit ins Boot genommen ...
Claus Wollnik: ... Die Herausforderung in diesem Projekt ist es, bundesweit einen hohen Standard in Sachen Reparatur zu liefern. Hier sind wir durch unseren mobilen Service etwas flexibler als dies eine herkömmliche Werkstatt ist. Zumal viele Reparaturen an einem wartungsarmen Elektrofahrzeug nur kleine Arbeiten sind. Sicherlich ist das Werkstattnetz von Benzinrollern ein wesentlich dichteres. Doch dies können wir durch unseren Vor-Ort-Service mehr als ausgleichen. Denn bei uns entfällt die Überführung zur Werkstatt ganz.
Natürlich gibt es auch den ein oder anderen Fall, wo das Fahrzeug nicht vor Ort repariert werden kann. Hier greift dann aber immer noch der Austauschservice, da Govecs vor allem in den Ballungszentren ein gewisses Kontingent an Ersatzfahrzeugen bereithält. Gerade in der größten Zielgruppe, den Fast-Food-Lieferdiensten, ist es besonders an Wochenenden oder an großen Fußballabenden wichtig, die Flotte mobil zu halten. Da müssen defekte Roller möglichst zeitnah wieder fahrtauglich sein.
Flottenmanagement: Zu den Rollern selbst: Wie sind diese ausgestattet? Was ist das Besondere an ihnen
Thomas Grübel: Die Rollermodelle, über die wir hier sprechen, sind ausschließlich für das B2B-Geschäft konzipiert. Daher können die Boxen auf dem Sozius des Rollers auch entsprechend für die verschiedenen Einsatzzwecke konfiguriert werden. Hier ist vom Medikamententransport bis zur Pizzalieferung vieles möglich. Unsere größte Box hat ein Fassungsvermögen von etwa 200 Litern. Dennoch geht diese nicht über die Kopfhöhe des Fahrers hinaus und beeinträchtigt durch den generell niedrigen Schwerpunkt unserer Scooter das Fahrverhalten so gut wie nicht. Unsere Roller werden überdies komplett in Europa hergestellt. Über 90 Prozent der verbauten Teile sind zudem made in Europe.
Flottenmanagement: Die Elektromobilität steht und fällt oft mit der Reichweite und dem Ladevorgang. Wie funktioniert das Laden und wie lange dauert es? Sind die Reichweiten ausreichend für den Flottenbetrieb
Thomas Grübel: Die Reichweite beträgt bis zu 110 Kilometer, was für die allermeisten Lieferdienste mehr als ausreichend ist. 80 Prozent der Ladekapazität erreicht der Scooter innerhalb von 90 Minuten. Doch diese Zahlen sind eher pessimistisch ausgedrückt. Denn in der Realität fährt man ein herkömmliches Fahrzeug niemals bis zum letzten Tropfen Benzin leer und schiebt es dann an die Tankstelle. So ergeben sich auch bei Elektrorollern im Tagesverlauf immer wieder Aufladungsmöglichkeiten.
Oft wird das Leistungsvermögen der Roller unterschätzt. Dies hat uns die Erfahrung in Spanien gezeigt, wo bereits mehr als 1.000 solcher Roller auf den Straßen unterwegs sind. So kaufen die Kunden aus einem Sicherheitsbedürfnis meist zu viele Batterien. Allerdings können die Fahrzeuge mit einem GPS-Modul ausgestattet werden. Gerade im Lieferdienst ist dies oft hilfreich. Die gesammelten Daten können helfen, herauszufinden, was die Mindestkilometerleistung für meinen Flottenbetrieb ist, sodass im nächsten Mietzyklus die Akkuleistung optimal angepasst werden kann.
Das Ladegerät und der Akku sind in den allermeisten Fällen im Fahrzeug verbaut. Wir können die Roller jedoch auch mit einem Wechselsystem ausstatten, sodass zwei kleinere Akkus separat aufgeladen werden können. Das Ladegerät leistet etwas mehr als 12 Ampere. Aus einer herkömmlichen Steckdose würden etwa 16 Ampere kommen, doch um die Lebensdauer des Akkus zu verbessern, drosseln wir dies etwas.
Flottenmanagement: Wie können Sie den Flottenkunden einen lückenlosen Service garantieren? Welche Vorteile haben die Elektro-Scooter gegenüber den herkömmlichen Benzinrollern
Thomas Grübel: Zwar ist ein Elektroroller in Sachen Wartung und Verschleiß wesentlich weniger anspruchsvoll als ein Benzinroller, doch die Erwartungshaltung der Kunden an einen Elektro-Scooter ist ungleich höher. Man erwartet von einem Elektroroller eine deutlich längere Lebensdauer und ein besseres Fahrverhalten, auch weil der Einstiegspreis etwas höher ist. So laufen Benzinroller im Lieferdienst etwa 25.000 bis 30.000 Kilometer. Unsere Fahrzeuge haben bei gleicher Beanspruchung einen Lebenszyklus von etwa 50.000 bis 60.000 Kilometer.
Darüber hinaus verbraucht ein Benzinroller im Lieferdienst etwa drei bis vier Liter auf 100 Kilometern. Ein Elektroroller braucht circa drei Kilowattstunden. Allein hier ergeben sich täglich mehrere Euro Ersparnis. Darüber hinaus ergibt sich jedoch auch eine Zeitersparnis, da der Roller direkt am Standort des Unternehmens mit Strom betankt werden kann.
Claus Wollnik: Ein wesentlicher Kostenvorteil bei der Wartung und Instandsetzung ist die Bündelung der Aufträge. So steht in der Regel ja nicht nur ein Fahrzeug auf dem Hof. Alle Fahrzeuge werden vorsorglich alle 5.000 Kilometer gewartet. Govecs bekommt eine Meldung über das GPS-System, wenn ein Roller diese Marke überschritten hat. Befinden sich jedoch auch Fahrzeuge mit 4.500 oder mehr Kilometern seit der letzten Wartung im Einsatz der Firma, kann der Techniker sich diese gleich mit ansehen und somit ein gesondertes Ausrücken für die Wartungen sparen.
Flottenmanagement: Wie sehen Sie die Zukunft von Elektrorollern in Anbetracht von Stadtentwicklung und Lieferverkehrszunahme? Welche Neuentwicklungen sind vielleicht schon in Planung
Thomas Grübel: Wir sind derzeit in Kontakt mit Unternehmen aus den verschiedensten Branchen. Das geht von Flughafenfahrzeugen über Apotheken bis hin zu Lebensmittelketten. Natürlich wollen wir unsere Präsenz auch im Bereich der klassischen Lieferdienste ausbauen. Im Oktober werden wir zudem ein Produkt hauptsächlich für den privaten Markt vorstellen. Aufgrund der guten Vernetzungsmöglichkeiten sehen wir das Fahrzeug aber auch im Sharing-Bereich.
Flottenmanagement: Welche Herausforderungen werden Ihrer Meinung nach durch die Elektromobilität auf Sie zukommen? Welche Neuerungen sind hier in Planung
Claus Wollnik: Im Zuge der Elektromobilität wird das Thema Telematik eine größere Rolle spielen. Sicher werden wir mit der Wollnik & Gandlau Systems GmbH den Softwarebereich weiter erschließen und neue Produkte entwickeln. Telematik oder Carsharing-Apps sind hier denkbar. Interessant wäre sicherlich auch eine App, die den Lieferstatus der Pizza dokumentiert. Mit den hier vorgestellten Lösungen ist das sicherlich eine spannende Idee.
Flottenmanagement: Mobilitätsbudget, Lastenroller – welches Projekt wird LeasePlan als Nächstes in Angriff nehmen? Wie sehen Sie die Zukunft in der Unternehmensmobilität
Gunter Glück: LeasePlan öffnet sich, wie eingangs angesprochen, auf der einen Seite den Branchen, die als Mobilitätsdienstleister auftreten. Auf der anderen Seite wollen wir Unternehmensflotten stärker in Sachen Mobilitätsmanagement beraten. Dabei würden wir gerne innerhalb der Flotten verschiedene Potenziale ausloten und den Fuhrparkleitern beratend zur Seite stehen. Dazu haben wir drei Hauptthemen, das sind Mobilitätsbudgets, Carsharing unter Mitarbeitern und die Zusammenarbeit von Flottenmanagement und Travelmanagement. Dabei ist gerade das Carsharing unter Kollegen eine interessante Idee, die bei unseren internen Umfragen zu einer geteilten Meinung führte. Aber dennoch wären genug Mitarbeiter bereit, ein Fahrzeug zur Verfügung zu stellen, um eine Poolflotte zu ersetzen. Hier werden wir demnächst weitere Umfragen starten. Das Ganze ist darauf ausgerichtet, sinnvollere Mobilität in den Unternehmen zu ermöglichen.

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