Einfach laden
Wenn auch zögerlich nimmt die Elektromobilität langsam Fahrt auf: Wer sich für das elektrische Fahren entscheidet, kann aus einer Vielzahl von Elektrofahrzeugen wählen und auf die einfachen, wenn auch im Inneren hochkomplexen, Ladekonzepte von Herstellern und Energieversorgern zählen. Doch gerade fernab von Arbeitsplatz und eigenem Haushalt gilt es, trotz reger Bemühungen noch einige Hindernisse zu überwinden. Flottenmanagement zeigt, wo es beim Laden heute noch kompliziert werden kann und wie auch diese Probleme der Vergangenheit angehören könnten.

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Nach wie vor steht die Bundesregierung zu ihrem Ziel, dass in fünf Jahren eine Million Autos mit elektrischem Antrieb in Deutschland fahren sollen. Nur: Die bisherigen Zahlen deuten nicht darauf hin, dass diese Marke auch nur ansatzweise erreicht wird. Ohne weitere Maßnahmen „werden wir die eine Million nicht schaffen“, räumte sogar Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) auf der Elektromobilitätskonferenz der Bundesregierung Mitte Juni ein. Er wolle aber nicht das Ziel anpassen, sondern finde es besser, „wir lassen uns etwas einfallen“.
Ein genauer Plan ist bisher noch nicht bestätigt: Dabei gäbe es schon längst ein Maßnahmenbündel, welches nach Einschätzung der Nationalen Plattform Elektromobilität (NPE) – eine Plattform aus Vertretern von Industrie, Wissenschaft und Politik, die 2010 von der Bundesregierung ins Leben gerufen wurde – das Eine-Million-Ziel wahrscheinlicher mache. Unter anderem werden hier bessere Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen, die Elektroautos als Firmenwagen anschaffen, gefordert.
Doch das Zögern der Politik bei einer Sonderabschreibung ist wiederum verständlich: Zum einen, weil die direkte Kaufförderung aus Steuermitteln hierzulande insgesamt wenig beliebt ist – und es nur wenige Jahre her ist, seit die Politik schon einmal die Autoindustrie mit der Abwrackprämie massiv unterstützt hat. Zum anderen aber auch, da die Regierung schon mehr als 100 ambitionierte Projekte zur Elektromobilität unterstützt. Zugleich sollte das Ziel auch einen nachhaltigen Charakter besitzen: Denn was bringt es, den Kauf kurzfristig zu subventionieren? Auf der einen Seite vielleicht das Eine-Million-Ziel zu schaffen, aber auf der anderen Seite wird sich die Einstellung der Bürger zur Elektromobilität so nur schwer ändern lassen. Reichweitenangst, komplizierte Abrechnungssysteme oder fehlende Ladeinfrastrukturen sind nur einige Themen, die potenzielle Käufer heute noch hindern.
Wo soll ich laden?
Passend zum neuen Elektroauto bietet eine Vielzahl von Fahrzeugherstellern auch gleich das richtige Ladekonzept an, bestehend aus Ladebox und Naturstrom für die klimaneutrale „Betankung“ auch zu Hause. Ebenso ist für die Versorgung am Arbeitsplatz dank des reichhaltigen Angebots der großen Stromkonzerne wie E.ON, EnBW, EWE, RheinEnergie, RWE oder Vattenfall gesorgt. So bietet beispielsweise E.ON für Großkunden verschiedene Boxen innerhalb des E.ON eMobil an. Die BasisBox unterscheidet sich je nach Ausstattung: So werden zwei Komfortvarianten angeboten – eine mit einem integrierten Kabel für Fahrzeuge mit „IEC Typ 1“-Stecker (beispielsweise für Peugeot iOn, Opel Ampera, Nissan Leaf oder Toyota Prius) sowie eine andere mit integriertem Stecker für Fahrzeuge mit „IEC Typ 2“-Stecker (beispielsweise für smart electric drive oder Renault ZOE). Hinzu kommt eine dritte Variante der BasisBox, die neben der Ladung über den „IEC Typ 2“-Stecker auch die „Betankung“ über die Schuko-Steckdose erlaubt, wodurch ermöglicht wird, dass nahezu alle Elektrofahrzeuge hier aufgeladen werden können.
Schon im Kleinen erkennt man einen Haken bei der Elektromobilität: unterschiedliche Steckertypen, die zwar nach der internationalen Normenreihe IEC 62196 alle einem Standard entsprechen, aber sich stark voneinander unterscheiden und untereinander nicht kompatibel sind. Während das Laden am Arbeitsplatz und zu Hause sich noch einfach koordinieren lässt, da man die Auswahl der entsprechende Lademöglichkeiten mit Sicherheit von den genutzten Elektrofahrzeugen abhängig macht, ist das Stromtanken unterwegs nicht immer möglich. Denn oftmals müssen sich Betreiber von öffentlichen Ladesäulen für einen Standard entscheiden und bieten als „Notlösung“ die Schuko-Steckdose als Variante für alle gängigen Elektrofahrzeuge an. Doch hier ist ein weiterer Haken zu finden: Während sich die Schnellladung über die Steckertypen IEC Typ 1 und 2 noch realisieren lässt, braucht der Nutzer an der Schuko-Steckdose vor allem eins: Zeit. Dadurch kommt es zu einem weiteren Problem: die Belegung der öffentlichen Ladesäule. Der Fahrer eines Elektrofahrzeugs ist daher gezwungen, entweder auf das Freiwerden der Ladesäule zu warten oder sich auf die Suche nach der nächstmöglichen freien Ladestation zu machen. Portale wie www.LEMnet.org oder www.Chargemap.com, die sowohl über den Browser als auch als App für Android- und iOS-Systeme verfügbar sind, geben dem Nutzer hier eine gute Orientierungshilfe. Neben dem genauen Standort sind hier Informationen zu den verfügbaren Ladeanschlüssen und dem Abrechnungssystem vorhanden.

Aktuelles Magazin
Ausgabe 4/2015

Sonderausgabe Elektro
Das neue Jahresspecial Elektromobilität.
Abrechnungssysteme
Wer per Strom quer durch Deutschland reisen will, erlebt ein heilloses Durcheinander: Während die Routenplanung über die gut verteilten Ladestationen auf dem Computer noch sehr einfach aussieht, holt einen die Realität bei der Bezahlung sehr schnell wieder ein. Gründe dafür sind nicht zuletzt auch die unterschiedlichen Bezahlmethoden und die unterschiedlichen Zugangsmethoden. Während sich in vielen Parkhäusern die Stromladung ganz einfach mit Bargeld gleichzeitig mit der Parkdauer abrechnen lässt, benötigt man bei einigen Systemen eine App für das Smartphone oder eine RFID-Karte des jeweiligen Ladesäulenanbieters. Das hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass man sich unterwegs mit vielen unterschiedlichen Abrechnungssystemen auseinanderzusetzen hatte. Gerade für Flotten ist dies problematisch, da die unterschiedlichen Systeme gleichzeitig auch zu einer Vielzahl von Belegen geführt haben, die eine Abrechnung über die Kostenstelle des Unternehmens erschwert haben.
Vattenfall ist daher schon 2013 eine Kooperation mit Ladenetz.de, einem Verbund von Stadtwerken, eingegangen, um das Laden an öffentlich zugänglichen Ladesäulen unkomplizierter zu gestalten. Dabei ermöglichten beide Partner die gegenseitige Nutzung ihrer öffentlichen Ladestationen für Elektromobile. Zugang gewähren die auf der RFID-Technologie basierenden Ladekarten der Kooperationspartner. Wodurch es den Kunden der beteiligten Ladeinfrastrukturbetreiber jederzeit möglich ist, zu den individuellen Konditionen „ihres“ Energieversorgers zu laden. Die Abrechnung erfolgt intern zwischen den beteiligten Ladenetzbetreibern. Ladenetz.de bündelt die Ladeinfrastruktur von 27 Stadtwerken, während Vattenfall in den Metropolregionen Berlin und Hamburg barrierefrei öffentliche Ladeinfrastruktur betreibt.
Mit insgesamt 1.475 Ladepunkten (Stand: Dezember 2014) betreibt RWE Effizienz laut eigenen Angaben das größte zusammenhängende Netzwerk für Elektrofahrzeuge in Deutschland. Dort können Kunden hundert Prozent Ökostrom tanken. Europaweit betreibt das Unternehmen mehr als 2.500 intelligente Ladepunkte. Auch hier steht die Kooperation mit den Stadtwerken im Vordergrund: So verkündete RWE im letzten Dezember, dass mit dem Energieversorger WEMAG AG aus Schwerin der achtzigste Partner gefunden wurde. Dabei agiert RWE als Technologiepartner und ist damit für die Vernetzung aller Ladepunkte untereinander verantwortlich. Außerdem übernimmt das Unternehmen die Verrechnung von Fremdladevorgängen unter den Partnern (eRoaming). Die Stadtwerke vor Ort liefern den Strom. Der Autofahrer erhält eine einzige „Tank“-Rechnung für sämtliche Ladevorgänge bei allen 80 Partnern aus dem Roaming-Verbund. Zwischen den Energieversorgern rechnet RWE dann jede einzelne Kilowattstunde genau ab.
Darüber hinaus ermöglichen unabhängige Konzepte wie PlugSurfing, eine europaweit agierende Plattform für Elektromobilität, mittels App und/oder Schlüsselanhänger das Laden und Bezahlen an Ladestationen. Der PlugSurfing- Schlüsselanhänger funktioniert an allen Ladesäulen, die das System und RFID unterstützen. Die App hilft aber schon vorher herauszufinden, an welchen Ladesäulen der Schlüsselanhänger akzeptiert wird. Dabei verfügt die Datenbank über 15.000 Stromtankstellen für Elektroautos. Auch über The New Motion wird ein unabhängiges Ladesystem zur Verfügung gestellt. Der Zugang erfolgt hier über eine Ladekarte beziehungsweise einen Schlüsselanhänger, die an rund 15.000 öffentlichen Ladestationen in Europa akzeptiert werden. Dabei geht das Konzept noch ein Stück weiter und bietet Fahrern und Unternehmen Ladestation-Dienste an, die eine einfache Verrechnung mit dem Arbeitgeber oder der Leasinggesellschaft ermöglichen. Auch Unternehmen können hierüber beispielsweise die Onlineverwaltung des Ladestandorts, die Festlegung von Ladetarifen und die Einsicht in die Ladeaktivitäten vornehmen.
Fazit
Wer heute halbwegs sorgenfrei mit dem Elektrofahrzeug unterwegs sein will, muss genau planen. Die schöne freie Ladewelt ist noch eine Illusion: Nicht jede Ladesäule ist für jeden Stecker und jedes System geeignet. Zusätzlich erschweren unterschiedliche Buchungs- und Abrechnungssysteme das Prozedere. Erst langsam entwickeln sich übergreifende Systeme, die dem Fahrer auch unterwegs die einfache „Betankung“ – ähnlich wie mit konventionellen Verbrennungsmotoren an der Tankstelle – erlauben. Doch auch freie und kostenlose Ladesäulen, bei denen man einfach nur den Stecker in die Ladesäule stecken muss, nehmen Fahrt auf: So kann man beispielsweise bei McDonalds an einigen Standorten kostenlos sein Elektrofahrzeug laden und während dieser Zeit einen Burger essen. Auch Aldi Süd errichtet zusammen mit RWE an 50 Standorten eine Möglichkeit, während des Einkaufens das E-Mobil aufzuladen, und das vollkommen gratis.

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