Sparmaßnahmen

Das elektronische Sammeln von Daten hat nach den jüngsten NSA-Skandalen einen negativen Beigeschmack. Dabei kann eine automatisierte Informationssammlung durchaus positiv sein. So zum Beispiel im Falle der Fahrzeugtelematik. Ein elektronisches Fahrtenbuch, detaillierte Reportings oder Fahranalysen eröffnen nicht nur Logistikflotten ein großes Einsparpotenzial. Doch für welche Flotten lohnt sich eine Telematiklösung überhaupt?

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Sparmaßnahmen

Grüne Telematik
Schon beim ersten Blick auf den Umfang unserer Tabelle zu diesem Thema fällt auf: Flottentelematik kann eine ganze Menge! Nicht nur dass alle Systeme in unserer Übersicht eine unbegrenzte Anzahl an Fahrern über die Software verwalten können, auch bei den Analysemöglichkeiten scheint es fast keine Grenzen zu geben. Für die Erstellung von Reportings zu Laufleistung oder Schadensmeldungen müssten ohne Telematik große Personalaufwendungen geleistet werden, die so auf Knopfdruck abrufbar sind. Auch sind genaue Fahreranalysen auf Grundlage des Beschleunigungs- und Bremsverhaltens ohne Telematik überhaupt nicht denkbar. Sogar der Umweltgedanke wird durch die Telematik in Flotten unterstützt, dies suggeriert zumindest die häufig verwendete Bezeichnung der ‚grünen Telematik‘. Ulric E. J. Rechtsteiner, Geschäftsführer der Arealcontrol GmbH, behauptet sogar: „Telematik ist im Prinzip immer ‚grün‘, weil Flottenfahrzeuge effektiver genutzt werden können und durch Fahrstilverbesserungen deutlich weniger Verbrauch und Verschleiß erfolgt.“

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Die Frage ist also vor allem, welche Schlussfolgerung aus den Daten gezogen wird. „Wichtig sind hier die Nachhaltigkeit und das offene Reporting der Ergebnisse“, weiß der Vertriebsleiter der Wollnikom GmbH, Reimund Clusen, zu berichten. „Einsparpotenziale liegen bei den Kosten für Treibstoff und Verschleißteile des Kraftfahrzeugs. Durch ein angepasstes, optimiertes Fahrverhalten wird der CO2-Ausstoß deutlich verringert. Die ‚grüne Telematik‘ ist der elektronische Helfer, um alle diese Maßnahmen, die zur Einsparung dienen, zu kontrollieren und zu unterstützen“, erklärt Clusen weiter.

Doch wie werden diese Daten erhoben? Der moderne Pkw sammelt bereits große Mengen an Daten, die wiederum über die OBD und den CAN-Bus ausgelesen werden können. So ist es beispielsweise in der Werkstatt auch möglich, durch den Anschluss eines Diagnosegeräts den Defekt im Fahrzeug zu finden, ohne dass dazu die Motorhaube geöffnet werden muss. Diese Fahrzeugdaten nutzen zum Teil auch die Telematiksysteme. Dr. Uwe Bertram, Geschäftsführer der Sycada Deutschland GmbH, erläutert dazu: „Neben Bordcomputern mit OBD-Anschluss kommen auch Geräte mit Beschleunigungssensoren zum Einsatz, die riskante und verbrauchssteigernde Fahrmanöver wie starkes Beschleunigen, scharfes Abbremsen sowie zu schnelle Kurvenfahrten erkennen und protokollieren. Einige Bordrechner mit Anschluss an den CAN-Bus des Fahrzeugs liefern neben den reinen Fahrtdaten noch zusätzliche Informationen zum Kraftstoffverbrauch, den CO2-Emissionen und dem Fahrverhalten, was für viele Fuhrparkverantwortliche auch von Interesse sein dürfte.“

Digitale Helfer
Sind die Daten gesammelt, müssen diese auch abgerufen werden. Immer häufiger geht dies auch mithilfe einer App. Auch wenn die Minianwendungen im Telematikbereich längst nicht so zentral sind, wie man vielleicht vermuten könnte. So stellt Patric Hindenberger, Head of Consulting bei der Masternaut GmbH, heraus: „Smartphone-Apps erweitern den Funktionsumfang per se nicht. Sie stellen jedoch oftmals eine deutliche Steigerung des Komforts dar und bieten eine kostengünstige Erweiterung des Einsatzfeldes aufgrund der vorhandenen Hardware.“ Es ginge also auch ohne Smartphone, nur halt deutlich umständlicher, und da die kleinen Taschencomputer nun mal vorhanden sind, sollte man sie auch nutzen.

Bei der LBS logics GmbH werden Smartphone-Apps zum Beispiel als Einund Ausgabegeräte genutzt. „Zusätzliche Anschaffung und der Einbau von beispielsweise Touchscreens entfallen, mit den Smartphones lassen sich viele Funktionen in einem Gerät zusammenfassen“, erläutert Michael Wesinger, Marketingmanager bei LBS logics. Auch Axel Backof, Sales- Director DACH+EE von TomTom Telematics, spricht sich für die Nutzung des Smartphones im Telematikbereich aus: „Insbesondere bieten Apps die Möglichkeit, die Flotte von überall aus – nicht nur am Schreibtisch – im Blick zu haben. Mithilfe der WEBFLEET Mobile App etwa wissen Fuhrparkverantwortliche zu jeder Zeit, wo sich die Fahrzeuge ihrer Flotte gerade befinden. Dadurch lassen sich unter anderem eingehende Aufträge demjenigen Fahrer zuteilen, der gerade verfügbar ist und am schnellsten am jeweiligen Einsatzort sein kann.“ Sogar das Fahrtenbuch ließe sich via App führen, so Backof weiter. Es scheint also, dass man auch beim Thema Telematik nicht um Apps herumkommt. Wie stark diese im Fuhrparkalltag bereits genutzt werden, steht dabei zwar auf einem anderen Blatt, dennoch bleibt der Zusatznutzen unbestritten.

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Aktuelles Magazin

Ausgabe 5/2023

Finanzieller Nutzen
Ein Unternehmen, das sich für den Einsatz von Telematik entscheidet, wird dies jedoch nicht allein aufgrund der praktikablen Nutzung via App tun. Im Vordergrund steht natürlich meist der finanzielle Nutzen. Sparen kann man hier in zweierlei Hinsicht: einmal durch die Fahrtenbuchlösung, die in vielen Fällen günstiger ist als die pauschale Ein-Prozent-Versteuerung, und zum anderen durch die Optimierung des Fahrverhaltens und der Fahrstrecke.

Die Anschaffungskosten seien dabei sehr schnell amortisiert, wie Ulric E. J. Rechtsteiner zu berichten weiß: „Der ROI (Return on Investment) ist durchschnittlich nach drei bis vier Monaten erreicht. Einsparungen in den Flottenkosten von 15 bis 25 Prozent werden regelmäßig und nachhaltig erzielt. Beim Einsatz von ‚Driver Behavior‘ und Fahrstilverbesserungen liegt die Einsparung häufig noch höher. Fahrzeugschäden, Reifen-, Bremsverschleiß sowie Verbrauchsdaten gehen insgesamt nachweisbar zurück.“

Ist das Fahrverhalten oft nur durch spezielle Schulungen langfristig zu verbessern, lassen sich durch das elektronische Fahrtenbuch direkte Einsparungen erzielen. So schildert K.-Theodor Hermann, Leiter Vertrieb der Vispiron Carsync GmbH: „Neben der steuerlichen Sicherheit gegenüber dem manuellen Prozess lassen sich so auch Sozialbeiträge für Arbeitgeber und Mitarbeiter reduzieren. Elektronische Lösungen kosten nur maximal 35 Prozent der manuellen Prozesskosten. Die Ersparnisse bei den Sozialversicherungen decken mindestens die Systemkosten.“

Bei diesen Einsparungsversprechen stellt sich eigentlich nur noch die Frage, für welche Branchen eine solche Telematiklösung besonders sinnvoll ist. Wie so oft ist die Frage allerdings leichter gestellt als eine Antwort darauf gefunden. Prädestiniert für Telematiksysteme sind natürlich Logistikunternehmen, Lieferdienste, Pflegedienste oder auch Unternehmen der Baubranche. Darüber hinaus seien aber auch alle anderen Flotten interessant für solche Lösungen, wie Niels Krüger, Geschäftsführer der e-flotte, berichtet, „und das schon ab zehn Fahrzeugen im Pkw-Bereich und bei Lkw-Flotten bereits ab einem Fahrzeug“. Da die meisten Systeme modular skalierbar sind, kann man individuell auf die Bedürfnisse der Flotten eingehen, sodass Telematik in allen Flotten mehr als eine Überlegung wert sein sollte.

Entwicklungschancen
Im Telematikmarkt wird in naher Zukunft einige Bewegung erwartet: Denn hier besteht nach einvernehmlicher Expertenaussage noch eine große Entwicklungschance. Frank Schreiner, CEO von TrackJack Deutschland, weist beispielsweise darauf hin: „Deutschland hinkt im Vergleich zu den europäischen Nachbarländern beim Einsatz von Telematiksystemen noch deutlich hinterher. Hier sind große Marktpotenziale vorhanden.“

Doch nicht nur der deutsche Flottenmarkt verändert sich, auch die technische Entwicklung schreitet weiter voran. So werden die Themen ‚Connected Car‘ und ‚Connected Fleet‘ im Rahmen dieses Fortschritts sprunghaft an Bedeutung gewinnen. Hinzu kommt der Trend zur Cloud. Dieser wird die mobile Prozessoptimierung weiter verbessern. Auch das relativ neue Feld der Versicherungstelematik wird die Entwicklung vorantreiben.

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Ausgabe 4/2015

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Der nächste „Flotte!
Der Branchentreff" 2024