Digitaler Kontrolleur
3,5 Tonnen ist die magische Grenze – wer mehr als 3.500 Kilogramm zulässiges Gesamtgewicht gewerblich über die Straßen bewegt, muss ein digitales Kontrollgerät an Bord haben. Doch die Vorgaben, was die Geräte können müssen, haben sich im letzten Jahr stark geändert.

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Die Fahrpersonalverordnung hat klare Vorgaben: Fahrer, die gewerblich unterwegs sind und deren Fahrzeuge es auf ein zulässiges Gesamtgewicht zwischen 2.801 und 3.500 Kilogramm bringen, müssen ihre Lenk- und Ruhezeiten aufzeichnen. Dafür gibt es analoge wie digitale Kontrollgeräte. Ist keines von beiden an Bord, darf der Fahrer auch zu den sogenannten Tageskontrollblättern greifen.
Genaues Wiegen ist aber angesagt: Sobald das zulässige Gesamtgewicht 3.501 und mehr Kilogramm beträgt, muss ein Kontrollgerät zur Aufzeichnung der Lenk- und Ruhezeiten an Bord sein. Wegen europäischer Vorschriften reichen dann eben die Tageskontrollblätter nicht mehr aus. Gleichzeitig zwingt die dazugehörige EU-Verordnung (Nr. 165/2014), die Transporter grundsätzlich damit auszurüsten beziehungsweise nachzurüsten. Für Fahrzeuge, die vor dem 1. März 2006 zugelassen wurden, dürfen das noch analoge Geräte sein, für alle nach diesem Datum zugelassenen Fahrzeuge muss es ein digitales sein.
Weil europäische wie deutsche Gesetzgebung selten einfach ist, gibt es natürlich auch Ausnahmen, darunter die sogenannte Handwerkerklausel, die beispielsweise Fahrten innerhalb eines 50-Kilometer-Radius von der Aufzeichnungspflicht befreit, und damit auch von einer Nachrüstung. Ab März 2015 gibt es hier zudem noch Änderungen, die sich aus der neuen EU-Verordnung 165/2014 vom 2. März 2014 ergeben. Dann verdoppelt sich der Radius: Fahrten ab 100 Kilometern sollen dann nicht mehr kontrollgerätepflichtig sein.
Intelligente Fahrtenschreiber
Noch problematischer aber sind die neuen Vorgaben, die sich aus der Verordnung für die digitalen Kontrollgeräte ergeben. Eine Grundidee der EU war es, mit der neuesten Generation an Geräten eine Art intelligente Fahrtenschreiber einzuführen. Mit Funktionen, deren Dynamik erst nach und nach von der Branche erkannt wurde und die seit Herbst 2014 allmählich diskutiert werden. Dabei hatte Brüssel eigentlich nur Gutes im Sinn: Die Politik wollte die Geräte so gestalten, dass sich Manipulationen oder Missbrauch möglichst früh erkennen lassen.
Hintergrund sind die zahlreichen Manipulationen an den Geräten, die auch schon zu schweren Unfällen geführt haben. Während Verbände wie der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung e.V. (BGL) im Missbrauch vor allem eine Wettbewerbsverzerrung sehen und schärfere Kontrollen forderten, sorgen sich die Ordnungsbehörden auch um die Folgen. Denn die Geräte greifen in die Fahrzeugelektronik ein. Wer manipuliert, kann somit die Sicherheitssysteme der Lkw beeinflussen oder gar deaktivieren. Dazu zählen ABS, Tempolimiter oder Verschaltsperren der Getriebe. Die Folgen: Das Getriebe blockiert auf einmal oder bei Bremsmanövern bremsen die Fahrzeuge nicht mehr so, wie sie eigentlich sollten.

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Der Haken: Weil die Betrüger ausgefeilte Softwaresysteme einsetzen, können die Behörden bei Kontrollen der Fahrzeuge auf der Strecke die Eingriffe kaum erkennen. Das funktioniert erst bei ausgiebigen Betriebskontrollen oder sogenannten vertieften Straßenkontrollen, die direkt auf den Fahrtenschreiber abzielen.
Genau hier setzt die geplante neue Generation an. Künftig sollen die Behörden per Fernabfrage Zugriff auf bestimmte Daten des Kontrollgeräts haben. Für „betroffene Fahrer und Unternehmer eines der wohl heißesten Eisen der neuen Verordnung“, wie Götz Bopp, Fachreferent Güterverkehr und Logistik bei der Industrie- und Handelskammer Stuttgart, meint.
Zugriff sollen die Behörden auf Geschwindigkeits-, Wegstrecken- und Start-Ziel-Daten erhalten, während das Fahrzeug auf den Straßen rollt. Der Zugriff ist aber nur temporär und soll nur dazu dienen, mögliche Manipulationen zu erkennen, die mit den EU-Sozialvorschriften kollidieren. Der Fahrtenschreiber soll diese Daten auch nicht permanent senden, sondern nur dann liefern, wenn die Behörde sie konkret abfragt. Sind die Daten so weit korrekt und findet sich kein Hinweis auf eine Manipulation oder einen Missbrauch, muss die Behörde die Daten spätestens drei Stunden nach der Kontrolle wieder löschen. Sollten sich Hinweise auf Tricksereien ergeben, führt die Fernabfrage auch nicht automatisch zu Sanktionen – die dürfen nur nach Kontrolle des stehenden Fahrzeugs folgen.
Eine weitere Neuerung betrifft ein optisches oder akustisches Signal, das den Fahrer warnen soll, wenn das Gerät Ereignisse oder Störungen registriert – und wenn sich die ununterbrochene Lenkzeit der Grenze von viereinhalb Stunden nähert. Ungeklärt ist, was passiert, wenn der Fahrer das Signal abschaltet und anschließend einen Verstoß gegen Vorgaben macht. Die Vermutung, dass man ihm dann Vorsatz unterstellen kann, ist nicht von der Hand zu weisen.
Technische Umsetzung noch weit entfernt
Wann die Geräte kommen, steht noch in den Sternen. Denn in einem ersten Schritt müssen die Hersteller die neue Generation noch entwickeln, brauchen dafür aber die konkreten Einzelvorschriften zu den technischen Spezifikationen. Die wiederum muss die EU noch erlassen. Ehe sich hier entsprechende Ausschüsse zusammengefunden und in konkrete Formen gegossen haben, dürfte das Jahr 2016 ins Land gehen. Ab dann läuft für betroffene Unternehmer und Fahrer die Zeit: Sobald die technischen Einzelheiten feststehen, haben sie exakt drei Jahre Zeit, der Einbaupflicht für ein Kontrollgerät nachzukommen. Im Klartext: Vor 2019 ist laut Experten nicht mit der neuen Generation zu rechnen.

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