Ihre Rechte als Businessflieger

Geschäftsreisen mit dem Flugzeug sind aufgrund schneller Verbindungen unter Geschäftsleuten häufig erste Wahl. Wer aber in letzter Zeit für Geschäftsreisen die Flugverbindung wählte, hatte beispielsweise wegen Vulkanasche auf der Flugroute oder wegen gesperrter Flughäfen mitunter nicht ganz unerhebliche Probleme, zu seinem Bestimmungsort zu gelangen – oder auch zurück. Welche Rechte Ihnen als Flugpassagier bei Nichtbeförderung, Annullierung oder großer Verspätung nach der europäischen Verordnung über die Fluggastrechte zustehen und wie Sie diese geltend machen können, zeigt der nachfolgende Beitrag.

Ihre Rechte als Businessflieger

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Überblick: Welche Regelungen gibt es?
Im internationalen Luftverkehr haben die Staaten durch internationale Übereinkommen die einschlägigen Vorschriften harmonisiert. Die wichtigste Haftungsregelung ist das Montrealer Übereinkommen (MÜ) vom 28.5.1999, mit welchem das Warschauer Abkommen modernisiert wurde. Für Deutschland und die Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft ist das Übereinkommen am 28.6.2004 ratifiziert worden und in Kraft getreten. Geregelt werden die Haftung des Luftfrachtführers auf Schadensersatz des Fluggasts bei Personen-, Gepäck- und Verspätungsschäden sowie bei Güterschäden. Den Vertragsstaaten wurde diesbezüglich aufgegeben, eine Versicherungspflicht einzuführen. Die Durchführung ist in Deutschland seit dem 6.4.2004 durch das Gesetz zur Harmonisierung des Haftungsrechts im Luftverkehr geregelt. Die Ansprüche nach diesen Regeln können neben den Europäischen Regeln bestehen beziehungsweise mit diesen konkurrieren.

Das Europäische Luftverkehrs- und Beförderungsrecht wurde in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union harmonisiert durch die VO (EG) Nr. 2027/97 über die Haftung von Luftfahrtunternehmen bei Unfällen und mit der VO (EG) Nr. 261/2004 für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste bei Nichtbeförderung, Annullierung oder großer Verspätung von Flügen (sog. Fluggastverordnung). Die hier geregelten Fluggastrechte der Fluggastverordnung wurden am 11. Februar 2004 vom EU-Parlament und EU-Rat verabschiedet und traten am 17. Februar 2005 in Kraft. Sie dienen der Stärkung der Ansprüche von Flugpassagieren gegenüber EU-Fluggesellschaften oder Fluggesellschaften, die von, nach, oder innerhalb von EU-Gebiet fliegen.

Die deutschen Luftrechtsnormen der §§ 44 bis 52 Luftverkehrsgesetz (LuftVG) zur Haftung für Personen und Gepäck, die im Luftfahrzeug befördert werden sowie zur Haftung für verspätete Beförderung haben nur noch eine geringe Bedeutung, nachdem durch einschlägige EU-Regelungen (VO (EG) Nr. 2027/97 i.d.F. der VO (EG) Nr. 889/2002) keine Unterscheidung mehr zwischen inländischer und internationaler Beförderung für Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft gemacht wird. Die Bedeutung dieser nationalen Regelungen für das Luftbeförderungsrecht ist aber gering, da Flugpauschalreisen mit Inlandsflügen eher selten sind und private Luftfrachtführer im Inland keine wesentliche wirtschaftliche Bedeutung haben – auch nicht für Businessflieger. Im Wesentlichen ist es daher notwendig, aber auch ausreichend, seine Mindestrechte als Flugpassagier nach der FluggastVO zu kennen. Der Schwerpunkt der Betrachtung liegt deshalb hier.

Welche Rechte gibt es nach der Fluggastverordnung (FluggastVO)?
Die FluggastVO legt nach ihrem Art. 1 Mindestrechte für Fluggäste fest bei den folgenden Flugstörungen, das heißt:
• bei Nichtbeförderung gegen ihren Willen (Überbuchung),
• bei Annullierung des Flugs
• oder bei großer Verspätung des Flugs (ab 2 Stunden).

Hieraus können Ansprüche auf Ausgleichszahlungen, Unterstützungsund Betreuungsleistungen resultieren:
Unerheblich ist dabei, ob es sich um einen Linien-, Bedarfs- oder Pauschalreiseflug beziehungsweise einen Billigflug handelt. Nach ihrem Art. 3 gilt die FluggastVO für alle Flüge, die in der EU beginnen (ohne Rücksicht darauf, ob das Luftfahrtunternehmen seinen Sitz in der EU hat, sowie für Flüge aus Drittstaaten in die EU, die von Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft mit Sitz in der EU durchgeführt werden – sofern im Drittstaat noch keine Ausgleichsund Unterstützungsleistungen erbracht werden.

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Ganz wichtig ist, dass beide Verordnungen nach Art. 249 II EGV im deutschen Inland unmittelbar geltendes Recht sind und insoweit auch dem deutschen Internationalen Privatrecht vorgehen (vgl. Art. 3 Abs. 2 S.2 EGBGB). Mit anderen Worten können also die Rechte als Fluggast aufgrund der Fluggastverordnung unmittelbar geltend gemacht werden, ohne dass es eines Rückgriffs auf andere deutsche Rechtsbestimmungen wie aus dem Reise- oder Werkvertragsrecht bedarf. Leistungsverpflichtete der Fluggastverordnung sind die Fluggesellschaften als Anbieter von Linienflügen, Charterflügen, Billigflügen und Flugpauschalreisen. Die FluggastVO gibt dem Fluggast gesetzliche Ansprüche gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen und stellt grundsätzlich nicht auf den Luftbeförderungsvertrag bei einem Linien- oder Charterflug (Nur-Flug) oder auf den Reisevertrag bei einer Flugpauschalreise ab. Die FluggastVO gilt auch für Fluggäste mit Flugscheinen, die im Rahmen eines Kundenbindungsprogramms oder anderer Werbeprogramme von einem Luftfahrtunternehmen oder Reiseveranstalter ausgegeben wurden. Wird also eine Geschäftsreise als Flug mit Hotelunterkunft pauschal über einen Reiseveranstalter gebucht, sind bei einer derartigen Pauschalreisen die Ansprüche nach Fluggastverordnung ausschließlich an die Fluggesellschaft zu richten, nicht aber an den Reiseveranstalter.

Nichtbeförderung
Unter Nichtbeförderung ist nach der Legaldefinition in Art. 2 j der Flugast- VO die Weigerung zu verstehen, Fluggäste zu befördern, obwohl sich diese ordnungsgemäß am Flugsteig eingefunden haben, sofern keine vertretbaren Gründe für die Nichtbeförderung gegeben sind, beispielsweise im Zusammenhang mit der Gesundheit oder der allgemeinen oder betrieblichen Sicherheit oder unzureichenden Reiseunterlagen.
So ist eine Ursache für die Nichtbeförderung – die Überbuchung von Flügen mit bis zu 10% der Flugkapazität – gängige Branchenpraxis und in den Beförderungsbedingungen der meisten Luftfahrtunternehmen ausdrücklich zugelassen. Die FluggastVO legalisiert diese Überbuchungspraxis nicht, sondern schafft Mindestnormen als pauschalierten abstrakten Schadensersatz, um auch solchen Fluggästen eine Geldleistung zukommen zu lassen, die keinen ursächlichen Schaden durch eine Nichtbeförderung nachweisen können.

Bei Nichtbeförderung wegen Überbuchung hat ein Flugpassagier Anspruch auf:
• Rücktritt / Erstattung des Ticketpreises
• einen frühestmöglichen kostenlosen Rückflug zum Abflugort
• frühestmögliche Beförderung zum Zielort
• anderweitige Beförderung zum Zielort zum Wunschtermin (sofern Plätze frei sind).

Zudem kann man eine Ausgleichsleistung zwischen 125 EUR und 600 EUR beanspruchen, abhängig von der Flugstrecke und der Verspätung aufgrund anderweitiger Beförderung. Die Fluggesellschaft hat eine Entschädigung zu zahlen:
• 250 EUR für eine Flugstrecke bis zu 1.500 km;
• 400 EUR für eine weitere Strecke innerhalb der EU oder bis zu 3.500 km
• 600 EUR bei Flugstrecken über 3.500 km.

Wird ein Alternativflug angeboten, der nicht zu spät nach dem geplanten Flug ankommt, kann die Fluggesellschaft die Entschädigung maximal um 50% kürzen. Fluggäste mit eingeschränkter Mobilität und deren Begleitpersonen sowie Kinder ohne Begleitung haben ein Vorrecht auf frei werdende Plätze.

Annulierung
Eine Annullierung ist nach Art. 2 1 der FluggastVO die Nichtdurchführung eines geplanten Fluges, für den zumindest ein Platz reserviert war und damit eine endgültige Nichtdurchführung des Fluges. Bricht also das Luftfahrtunternehmen den Flug nach zwei Startversuchen ab und bringt die Fluggäste in den Warteraum, ohne dass nähere Informationen gegeben werden, liegt eine konkludente Annullierung des Flugs vor.

Bei Annullierung hat der Fluggast wie bei der Nichtbeförderung wahlweise Anspruch auf Rücktritt/Erstattung des Ticketpreises, auf einen kostenlosen Rückflug zum Abflugort oder auf eine anderweitige Beförderung zum Zielort. Darüber hinaus hat die Fluggesellschaft als finanzielle Ausgleichsleistung eine Entschädigung zu zahlen, die wie bei der Nichtbeförderung zu bemessen ist. Die Entschädigungszahlungen als finanzielle Ausgleichsleistung werden fällig, wenn die Fluglinie den Fluggast nicht bis spätestens 14 Tage vor dem Flug darüber verständigt hat, falls die Reise nicht zeitnah an dem ursprünglich reservierten Termin auf einen Alternativflug umgebucht wurde oder falls die Fluggesellschaft nicht nachweisen kann, dass die Annullierung durch außerordentliche Umstände verursacht wurde.

Wegfall von Ausgleichszahlungen bei außergewöhnlichen Umständen
Die Ausgleichszahlung entfällt aber, wenn die ausführende Fluggesellschaft nachweisen kann, dass die Annullierung trotz zumutbarer Maßnahmen auf außergewöhnliche unvermeidbare Umstände zurückgeht. Derartige Umstände sind insbesondere politische Instabilität, Wetterbedingungen, Sicherheitsrisiken, unerwartete Flugsicherheitsmängel oder Streik, also nur solche Risiken, die nicht in die betriebliche Sphäre des Luftfahrtunternehmens fallen. Daher sind Naturkatastrophen wie Erdbeben und Hurrikans, politische Unruhen und Kriege, Terroranschläge und akute Terrordrohungen sowie behördliche Eingriffe wie eine Luftraumsperre wegen Vulkanasche außergewöhnlichen Umstände, die außerhalb des gewöhnlichen Betriebsablaufs liegen. Technische Probleme am Flugzeug trotz regelmäßiger Wartung werden in der Praxis ebenfalls häufig als Entlastungsgrund angegeben. Mängel der sogenannten „Lufttüchtigkeit“ wie Schäden an Reifen, Fahrwerk oder Triebwerk führen aber nicht zu einer Entlastung, da derartige Defekte ihre Ursache meist in unzureichender Wartung oder in Piloten-/Bedienungsfehlern haben. Unvermeidbar sind hingegen technische Defekte infolge äußerer Einflüsse wie Vogelschlag im Treibwerk, Hagel oder Blitzschlag. Schlechte Wetterbedingungen wie Nebel, Sturm oder Schneefall am Flughafen entlasten als außergewöhnliche Umstände nur dann, solange alle Luftfahrtunternehmen am Flughafen davon gleichermaßen betroffen sind. Kann der geplante Flug nach Wegfall der Schlechtwetterbedingungen noch durchgeführt werden, liegen keine „außerordentlichen Gründe“ vor.

Das Luftfahrtunternehmen muss aber in allen Fällen stets zusätzlich nachweisen, dass die „außerordentlichen Umstände“ nicht vermeidbar waren, selbst wenn alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen worden wären. So kann ein Streik durchaus ein Entlastungsgrund sein, unabhängig davon, ob Streik des eigenen Bord- oder Bodenpersonals vorliegt oder ein Streik Dritter wie der der Fluglotsen. Eine Entlastung wäre aber nur dann nachgewiesen, wenn das Flugunternehmen darlegt und beweist, dass der Streik des eigenen Personals nicht vorhersehbar war und keine zumutbare Möglichkeit bestand, darauf zu reagieren und beispielsweise Ersatzpersonal einzusetzen.

Große (Abflug-)Verspätung
Die Abflugverspätung nach Art. 6 FluggastVO nur dann relevant, wenn sich der Abflug
• für einen Flug über eine Entfernung unter 1.500 km um mindestens zwei Stunden,
• für einen Flug von 1.500 km bis 3.500 km um drei Stunden und
• bei Flügen über 3.500 km um mindestens vier Stunden verzögern wird.

Maßgeblich dafür ist nicht die verspätete Ankunft eines Fluges, sondern der verspätete Abflug. Nach der FluggastVO werden dann auch nur Unterstützungs- und Betreuungsleistungen gewährt. Die vielfach von Fluggästen erhofften finanziellen Ausgleichzahlungen gibt es aber nicht. Die FluggastVO gewährt bei Flugverspätung also keinen Schadensersatzanspruch für wirtschaftlicher Folgeschäden; diese gibt es vielmehr nur nach Art. 19 MÜ, Art. 3 VO (EG) Nr. 2027/97 bei nationalen und internationalen Flügen ersetzt.

Welche Unterstützungs- und Betreuungsleistungen gibt es
Unterstützungs- und Betreuungsleistungen gibt es bei allen Flugstörungen, also bei Nichtbeförderung, Annulierung und großer Verspätung. Als Entschädigung sind Mahlzeiten, Getränke, Telekommunikation und notfalls eine Hotelunterkunft inklusive des Transfers zu stellen. Dies gilt aber nur bei einer Verspätung von
• 2 Stunden und mehr für eine Flugstrecke von bis zu 1.500 km sowie von
• 3 Stunden und mehr für eine weitere Strecke innerhalb der EU oder bis zu 3.500 km sowie
• 4 Stunden und mehr bei Flugstrecken außerhalb der EU über 3.500 km.

Bei einer Verspätung von 5 Stunden und mehr ist der Ticketpreis zu erstatten und gegebenenfalls ein kostenloser Rückflug zu stellen. Darüber hinaus kann Schadensersatz geltend gemacht werden, unabhängig vom Abflug- oder Zielort, sofern ein Schaden nachweislich eingetreten ist, wenn das Flugunternehmen für die Verspätung verantwortlich ist.

Beschwerden, Anspruchsdurchsetzung und Verjährung
In Deutschland ist das Luftfahrt-Bundesamt die offizielle Durchsetzungs- und Beschwerdestelle sowohl für die Rechte der Fluggäste bei Annullierung, Verspätung und Nichtbeförderung nach der FluggastVO (EG) Nr. 261/2004 als auch nach der Verordnung (EG) Nr. 1107/2006, die die Rechte von behinderten Flugreisenden und Flugreisenden mit eingeschränkter Mobilität regelt. Ferner überwacht das Luftfahrt-Bundesamt auch die Einhaltung der Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr 1008/2008, wonach neben dem Endpreis eines Flugtickets auch Steuern, Flughafengebühren und sonstige Gebühren, Zuschläge und Entgelte gesondert auszuweisen sind. Das Luftfahrt-Bundesamt nimmt in diesem Rahmen Anzeigen von Verstößen gegen diese Verordnungen entgegen und kann Verstöße bei Nachweis ordnungsrechtlich gegenüber den Fluggesellschaften verfolgen. Ausführlichere kostenlose Informationen und eine Liste der nationalen Behörden, die für die Durchsetzung dieser Ansprüche zuständig sind, finden Sie im Internet unter http://apr.europa.eu.

Eine weitergehende Betrachtung des Reisevertragsrechts muss hier aber unterbleiben. Weiterführende Informationen zum Reiserecht und zu den Fluggastrechten finden Sie auch auf der Internetseite des im Reiserecht spezialisierten Prof. Dr. jur. Ernst Führich von der Hochschule Kempten im Allgäu unter http://www.reiserecht-fuehrich.de/. Bei der Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche bietet es sich ferner an, einen im Werk- und Reisevertragsrecht tätigen Rechtsanwalt hinzuziehen.

Rechtsanwalt Lutz D. Fischer, Lohmar
Kontakt: kanzlei@fischer-lohmar.de, Internet: www.fischer-lohmar.de

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