S elektrisiert
Mercedes erhebt den Anspruch, mit der S-Klasse nichts Geringeres als das beste Auto der Welt zu bauen. Der kürzlich auf die Straße gebrachte W222 führt die Oberklasse aus Stuttgart in die sechste Generation. Flottenmanagement prüfte einen S 400 Hybrid auf Herz und Nieren.

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Die S-Klasse, das beste Auto der Welt? Das kann ja jeder behaupten, aber aus dem Sprachrohr des Automobil-Erfinders haben diese Worte natürlich gleich ein ganz anderes Gewicht. Und tatsächlich: Auch wenn der Wettbewerb vor allem in den letzten 20 Jahren mächtig aufgeholt hat, so ist das Luxussegment in Stuttgart immer auffällig innovationsträchtig. Da macht die sechste Generation, die Baureihe W222 keine Ausnahme – wenngleich ein S-Klasse-Debüt im Gegensatz zu früher heute keine Sensation mehr darstellt. Doch halten wir fest: Dinge wie LED-Scheinwerfer in Verbindung mit blendfreiem Fernlicht, ein denkbar umfassendes Arsenal an Assistenzsystemen, zu dem auch die Beobachtung des Querverkehrs gehört, sowie ein Fahrwerk mit vorausschauender Oberflächen- Erkennung machen den Oberklässler zumindest in der Anfangszeit zu einer zugkräftigen Alternative. Hinzu kommen Fahrgefühl und Komforteindruck – hier freilich spielen subjektive Empfindungen eine Rolle, doch die S-Klasse gehört fraglos zur Speerspitze des Autobaus.
Um das zu erkennen, muss man wahrlich kein promovierter Maschinenbauer sein. Bereits der Einstieg in den König von Mercedes genügt, um zu erahnen, was die Insassen auf den nächsten Kilometern erwartet. Man fällt in flauschigweiche Ledersessel – aber die Fauteuils sind andererseits nicht so nachgiebig, als dass man schnell ermüden würde. Die Konstrukteure haben exakt die richtige Balance zwischen kommoder, gleichzeitig aber auch rückenfreundlicher Anmutung gefunden. Auf Wunsch avancieren die Stühle zu Hightech-Geräten inklusive Klimatisierung und Massagefunktion. Da wirkt die elektrische Verstellung plus Speicher schon fast wie ein zu belächelndes Gimmick, über das man in dieser Kategorie erst gar nicht mehr spricht. Der W222 ist eine mächtige Wohlfühloase, in der man sich abgeschottet von der Außenwelt bewegt. Gleichwohl wirkt der Benz federleicht und dynamisch – auch optisch weniger wuchtig als der Vorgänger. In Sachen Dämmung haben die Techniker nachgelegt und konnten das Fahrgeräusch bei hohen Tempi reduzieren.
Der Testwagen verströmt mit seinen silber lackierten Holzintarsien einen Hauch von Exklusivität; das riesige TFT-Board bekundet moderne Zeiten, und Ambientelicht aus jeder Ecke schafft abends beste Lounge-Stimmung. Spätestens wenn das Haupt Kontakt mit den weichen Kopfstützen aufnimmt, wird dieser fahrbare Untersatz zum entspannenden Ruhepol nach einem anstrengenden Arbeitstag. Das können die Mitfahrer natürlich noch besser genießen als die Person vorne links, doch dafür hat der dortige Platz ganz andere Qualitäten. Denn die S-Klasse ist trotz ihrer traditionell stattlichen Größe ein überaus fahraktives Auto. Man merkt der Limousine weder ihre über fünf Meter betragende Außenlänge noch 1,9 Tonnen Leergewicht an – Letzteres ist übrigens ein ausgezeichneter Wert angesichts der Fahrzeugklasse. Allerdings handelt es sich um den (leichteren) Basisbenziner S 400 Hybrid, der – an der Bezeichnung schon erkennbar – neben einem 3,5 Liter großen Sechszylinder auch über ein wenig E-Power zwecks Verbrauchsreduktion verfügt und die Dieselversionen in der Masse unterbietet.
So gesellen sich zu den 306 PS noch weitere 27 Pferdchen und – noch wichtiger – zu den 370 Nm Basisdrehmoment zusätzliche 250 Nm. Das ist immerhin die Zugkraft eines mittleren Dieselmotors mit einer Leistung von mehr als 100 PS. Demnach wird bei gefüllter Lithium-Ionen-Batterie rein elektrisch angefahren; der kultiviert laufende und gegen Drehzahlende kernig brüllende Verbrenner schaltet sich aber rasch dazu, woraus deutlich wird, dass der kompakte, in die Getriebeeinheit integrierte Scheibenmotor vor allem zum Boost respektive zur Unterstützung im Falle von betriebsungünstigen Phasen dient. Im Fahralltag merkt man von der Bündelung der beiden Kraftmaschinen nicht viel – sie fügen sich harmonisch in den Antriebsstrang ein. Übertragen wird das Moment von einer klassischen Wandlerautomatik mit sieben Fahrstufen; der Automat wechselt die Übersetzungen ebenso spontan wie geschmeidig – damit wird er dem Komfortanspruch dieses Fahrzeugs gerecht.
Und das bügelt harte Fahrbahnpatzer virtuos aus wie kaum ein anderes Vehikel; zum einen verfügt der S über in der Grundabstimmung kommod gehaltene Luftbälge mit adaptiver Dämpferhärte, zum anderen kommen die Pneus mit zwar breiter Lauffläche, aber keinem extremen Niederquerschnitt (55er-Serie) daher, was übertriebener Härte entgegenwirkt. Und so lässt es sich fein aushalten in dem Hecktriebler, der auf Fahrpedalbefehle durchaus giftig reagiert. Binnen 6,8 Sekunden hat der Schwabe 100 Sachen drauf und marschiert beflissen gegen die 250-km/h-Grenze. Ein Verbrauch von weniger als neun Litern ist in der Praxis leicht realisierbar, was auf zahlreiche Effizienzmaßnahmen zurückgeht. Immerhin ist der große Mercedes das strömungsgünstigste Auto im Segment. Um diese Auszeichnung zu erreichen, griffen die Techniker in die Trickkiste und verpassten dem Luxusliner beispielsweise eine gesteuerte Kühler-Jalousie. Außerdem optimierten sie die Außenspiegel und betrieben Feintuning an der Front – mit der Konsequenz einer verbesserten Abdichtung im Bereich der Scheinwerfer.

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Apropos Scheinwerfer: Nicht nur zur Straßenbeleuchtung müssen LED herhalten, auch im Innenraum gibt es keine einzige Glühbirne mehr, was den Stromverbrauch reduzieren soll. Das innen und außen stattliche Umweltauto hat natürlich seinen Preis, wenn es die Passagiere in luftiger und wattiger Manier an jegliches (Fern-) Ziel befördern soll. Ab 72.550 Euro netto rollt der Vierhunderter an den Start, bringt dafür aber bereits alles mit, was den Flottenkunden interessiert. Wer nicht auf Ledersitze besteht (die sollten in diesem Segment dennoch sein, 2.200 Euro netto), muss eigentlich keine Sonderausstattungen mehr wählen. Bluetooth-Freisprechanlage, Internet-Hotspot, eine umfangreiche Klimaautomatik, Navigationssystem inklusive drei Jahre kostenloser Nutzung von Live Traffic, eine elektrisch verstellbare Lenksäule sowie Sitze und Tempomat sind immer an Bord – mehr Auto muss nicht sein. Kann aber. Eine ellenlange Aufpreisliste erhöht den Preis auf Wunsch noch einmal – und zwar locker um den Wert eines neuen Kompaktwagens.

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