Des einen Freud, des anderen Leid

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Als ich vor über 20 Jahren in das Thema Fuhrpark eingebunden wurde, wusste ich noch nicht was auf mich zukommen würde. Wie so vielen anderen auch wurde mir durch „Handauflegen“ Qualifikation und Posten als Fuhrparkleiter übertragen. Von da an habe ich mir selbst das Wissen angeeignet, welches ich brauchte um in dieser Fuhrparkwelt überleben zu können. Neben betriebswirtschaftlichen Kenntnissen muss man über technisches Wissen und natürlich auch über rechtliche Dinge Bescheid wissen. Dies ist ein Grund, warum der Beruf „Fuhrparkmanager“ ein Lehrberuf werden sollte. Es gibt so viele Dinge die beachtet werden müssten, um einen Fuhrpark effizient steuern zu können. Hier denke ich, sind die Handelskammern, wie der Name schon sagt, aufgefordert zu „Handeln“. Wir brauchen dringend Nachwuchsleute, die diesen Job, der so viele Emotionen fordert und zeigt, versteht und damit umzugehen lernt - als Bindeglied zwischen Hersteller, Händler, Nutzer und Unternehmen.
Der Job ist durchaus reizvoll: Kein Tag ist wie der andere. Natürlich sind nicht alle Tage voller eitel Sonnenschein. Während meiner Zeit als Fuhrparkmanager habe ich schon so vieles erlebt, was mir, wie man bei uns so schön sagt, die Nackenhaare zu Berge stehen ließ und ich am liebsten in die Tischplatte gebissen hätte. Werden wir Fuhrparkleiter doch manchmal von den Anbietern als vertrottelte Deppen ohne Ahnung dargestellt. Hier so einige Fälle, bei denen ich mich frage, was mache ich eigentlich ...
Bei uns werden alle Fahrzeuge vor der Rückgabe begutachtet (sie werden nachher verstehen warum). Ich habe eine Fahrzeugrückgabe erlebt, bei der ich mit dem Gutachter, der die Bewertung erstellt hat, nett ins Gespräch gekommen bin. Nach einem rund fünfminütigen Plausch sagt der Gutachter dann tatsächlich zu mir, er bräuchte die Kopie der Bewertung nochmals zurück; er müsse da was ändern, da ihm aufgefallen ist, dass wir ja gar nicht Auftraggeber der Bewertung seien. Der Auftraggeber sei ja schließlich die Leasinggesellschaft. Komisch ... Die Bewertung war dann 500 Euro teurer für uns, aufgrund anderer Bewertungskriterien.
Bei dem nächsten Fall ist mir dann sogar von einem Händler ein blanko unterschriebenes Rückgabeformular eines Gutachters in die Hände gefallen. Hier brauchte der Händler lediglich seine Werte einzutragen und es hatte den Anschein, der Wagen wurde ordnungsgemäß durch einen Gutachter begutachtet. Verständlicherweise werden heute keine Fahrzeuge mehr von uns bei beziehungsweise von dieser Gesellschaft begutachtet.
Das Thema Rückgaben ist aus meiner Sicht ohnehin nicht zu 100 % zufriedenstellend für beide Seiten zu regeln. Jeder Gutachter betrachtet einen Schaden anders, vieles liegt im Auge des Betrachters. Das soll keinesfalls heißen, ein Rückgabekatalog sei schlecht: ganz im Gegenteil! Ein solcher Katalog gibt einen Richtwert, wie man Schäden bewerten und behandeln kann. Schlecht ist nur, wenn auf der einen Seite das System der „Fairen Fahrzeugrückgabe“ in allen Medien favorisiert wird, dies dann im Unternehmen aber nicht „gelebt“ wird und man dann jede Position selbst prüfen muss, weil sich bei vielen Berechnungen teils einfache Fehler einschleichen.

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Ausgabe 5/2013

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Man muss sich als Fuhrparkmanager nicht alles gefallen lassen und sollte im Zweifel auch mal gegen den Leasingpartner angehen. So bin ich als „Generalmotzer“ bei einer, vielleicht auch bei mehreren Leasinggesellschaften verschrien. Nur weil ich mir nicht alles gefallen lasse und den Finger dort in die Wunde lege, wo es am meisten wehtut. Gut, vielleicht sollte ich hin und wieder ein bisschen „diplomatischer“ sein und nicht direkt mit der Türe ins Haus fallen. Aber wir Rheinländer sind eben hin und wieder eine bisschen „hemdsärmelig“ und direkt.
So habe ich vor Kurzem für zwei Premium-Fahrzeughersteller sämtliche Bestellungen auf Eis gelegt. Es werden erst wieder Fahrzeuge dieser Marken bestellt, wenn einige grundlegende Dinge mit den Captive Leasinggesellschaften geklärt worden sind. Und da diese nicht willig sind und ihre Ansichten durchdrücken wollen, muss man mal beim Konzern anklopfen und sagen, dass es so nicht geht. Mit unserer Fuhrparkgröße von über 1.000 Fahrzeugen ist dies sicherlich leichter, und die beiden Leasinggesellschaft lenken langsam auf Druck des Konzerns ein. Aber auch kleinere Fuhrparks sollten sich nicht alles gefallen lassen müssen.
Letztlich ist Kontrolle alles: Ich habe schon erlebt, dass in der Leasing-Endabrechnung eine 6-stellige Telefonnummer als Kilometerstand angegeben wurde und ich mich zunächst gewundert habe, warum der Wagen über 300.000 Kilometer auf der Uhr hatte. Auch haben wir bei einer Leasinggesellschaft aufgrund einer Systemumstellung fast zwei Jahre auf die Endabrechnung warten müssen. Nach Abgabe des Fahrzeugs (mit Gutachten) wurden auf einmal weitere Schäden festgestellt und an uns berechnet.
Es gibt so viele Dinge, über die man schreiben könnte – es würde sicher ein Buch füllen. Des einen Freud (der Leasingpartner) ist also oft des anderen Leid (des Fuhrparkmanagers). Dennoch macht der Job einfach nur Spaß. Zu sehen, wie der Geschäftsführer, dem es ja immer so egal ist, wann sein neues Fahrzeug kommt, jede Woche einmal anruft, um nachzufragen, und dann wie ein kleines Kind mit der Trommel um den Baum rennt, wenn das neue Auto endlich geliefert wird – das hat dann den Charme von Weihnachten.
Aber es gibt noch mehr „Spaß“ im Tagesgeschäft. Eines der größten Highlights ist sicherlich, wenn sich Kollegen aus dem benachbarten Ausland in die jeweiligen Belange und Fuhrparkstrategien der Landesorganisationen einmischen und bestimmen wollen. Dann wird das Thema richtig spannend, und man kann manchmal nur mit dem Kopf schütteln. So versuchen die Kollegen dann vorzuschreiben, was für beispielsweise Deutschland gut ist und was nicht. Das Resultat sind vorkonfigurierte Fahrzeuge mit Superrabatten. Aber im Gesamten (Stichwort TCO) ... Hmm. Die Autos haben dann den höchsten Einstiegspreis, den höchsten Benzinverbrauch und damit CO2-Ausstoß – fast alle relevanten Werte bleiben unberücksichtigt. Aber Hauptsache man hat zwei Punkte mehr Nachlass bekommen. Ob der Nutzer mit dem Fahrzeug klarkommt oder eine Privatnutzung hat, spielt dabei natürlich ebenfalls überhaupt keine Rolle. Vom Familienfahrzeug mit privater Nutzung hin zum Kastenwagen – ein Zweisitzer mit privater Nutzung? Hat doch was, oder? Nur stellt sich dann die Frage, wer den Nutzer dann am Hörer hat – nicht die Kollegen aus dem benachbarten Ausland. Nein, der Fuhrparkleiter der Landesgesellschaft. Hier ist dann Mutter Theresa gefragt, man muss den Nutzer dann wieder einfangen und beruhigen. War der Dienstwagen mit Privatnutzung nicht ursprünglich ein Mitarbeiter- Motivationsmodell
Fakt ist aus meiner Sicht, dass wir im Fuhrparkmanagement Leute benötigen, die entsprechend ausgebildet sind. Die sich mit dem Fuhrpark in betriebswirtschaftlicher, technischer und rechtlicher Sicht auskennen. Die sich psychologisch mit den Nutzern auseinandersetzen können und das entsprechende Fingerspitzengefühl haben. Aber auch auf der Anbieterseite sollte hin und wieder auf die Auswahl des richtigen Personals geachtet werden. Leasing ist ein komplexes Thema, und da immer die „billige“ oder sagen wir „günstige“ Arbeitskraft einzustellen ist sicher nicht der richtige Weg. Wenn man nach einer Berechnung fragt und man gesagt bekommt: „Kann ich nicht, weiß nicht, wie das geht“, ist das äußerst schlecht. Da mache ich meine Berechnungen lieber selber, sofern mir die „gut gehüteten Geheimnisse“ wie beispielsweise kalkulatorischer Zins oder Restwert durch den Leasinggeber mitgeteilt wird.
Autor
Seit 2009 ist Andreas Nickel Leiter/Manager Fleet eines großen international tätigen Telekommunikationsunternehmens in Düsseldorf. Hier ist er verantwortlich für den gesamten Fuhrpark mit über 1.100 Einheiten. Der gelernte Einzelhandels- und Speditionskaufmann bildete sich 2001 zum Betriebswirt (VWA) weiter und ließ sich 2003 von der BFP Akademie zum Fuhrparkmanager zertifizieren. Als Sachbearbeiter im Bereich Allgemeine Verwaltung eines japanischen Konzerns erhielt er erste Einblicke, ehe er die Leitung der Abteilung 1998 übernahm. Im Jahr 2001 wechselte er als Account Manager zu einer Captive Leasinggesellschaft. Daran angeschlossen arbeitete er noch als Ansprechpartner für Großkunden- und Behörden bei einigen Automobilhandelspartnern. Auch im Bereich Fuhrparkmanagementberatung/ Consulting konnte er einige Erfahrungen sammeln. So war er unter anderem verantwortlich für den Aufbau des Bereichs Fleetconsulting bei der TÜV Rheinland GmbH, Köln. Heute arbeitet er zusätzlich als Referent bei diversen Veranstaltungen und ist Trainer der TÜV Rheinland Akademie im Bereich Ausund Weiterbildung von Fuhrparkbeauftragten und -managern.

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