Sonderlösungen nach Kundenwunsch
Interview mit Hendrik Lehmbrock (Leiter Vertrieb bei Iveco Magirus AG)

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Flottenmanagement: Seit dem 1. Oktober 2010 sind Sie Vertriebsleiter bei der Iveco Magirus AG. Welche Ihrer Ziele haben Sie bereits umsetzen können
Hendrik Lehmbrock: Iveco gehört zu den wenigen Nutzfahrzeug-Herstellern, die ein Fullrange- Produktprogramm vom Transporter bis zum schweren Lkw anbieten. Zu meinen Zielen für den Markt Deutschland gehört die langfristige Ausweitung des im Markt gebundenen Iveco Running Parks, also den zugelassenen Bestandsfahrzeugen, über alle Segmente hinweg. Unsere eigenen Vertriebsgesellschaften sowie unsere Vertragshändler und unser Direktvertrieb arbeiten nach dieser Strategie. Zwar haben wir in einzelnen Segmenten leichte Marktanteilseinbußen hinnehmen müssen, diese sind jedoch darauf zurückzuführen, dass Iveco auf taktische Kurzzulassung und Kurzläufer mit Buyback unter 24 Monaten verzichtet und sich nachhaltig auf das Geschäft mit längeren Laufzeiten konzentriert. Insgesamt über alle Bereiche konnten wir dem Markt aber ohne Blessuren folgen. Und obwohl die Kundenanforderungen immer komplexer werden, der Kostendruck unserer Kunden ständig zunimmt und neue Abgas- und Emissionsvorgaben unsere Produktions- und Entwicklungskosten in die Höhe treiben, können wir sagen, dass wir auf die Herausforderungen 2013 vorbereitet sind. Denn im Ergebnis bestätigt uns der positive Trend, dass wir uns richtig aufgestellt haben.
Flottenmanagement: Anfang 2012 starteten Sie in Deutschland eine Qualitätsoffensive. Was beinhaltet diese im Detail, bezogen auf den Daily? Welche bisherigen Erfolge können Sie diesbezüglich verzeichnen
Hendrik Lehmbrock: Wir wollen unseren Kunden mit dem Merkmal noch mehr entgegenkommen, das am meisten gefragt ist: Zuverlässigkeit. Wir kennen – und das ist ein riesiger Vorteil – die Lkw-Branche sehr genau, und da hat ein Ausfall gravierende Folgen. Diese Sicht der Dinge haben wir auf unsere Transporter übertragen. So hat der Daily die gleichen Diagnosemöglichkeiten und Servicestrategien verpasst bekommen. Der Ausdruck Qualität definiert also bei uns die Kombination Produkt und Service.
Zum Beispiel ist in nahezu jeder Pannenstatistik die Elektronik, unabhängig vom Hersteller, Spitzenreiter. Deshalb haben wir an der CAN-BUSSystemarchitektur gearbeitet und die gesamte Steuerung optimiert sowie vereinfacht, sodass sie jetzt weniger anfällig ist. Auch bei der Montagequalität hat sich etliches geändert. Durch die Installation eines Systems namens WCM in allen Werken des Gesamtkonzerns lernen alle Teilnehmer voneinander. Für den Lernprozess bringt jedes Werk seine Spitzenleistungen ein und ermöglicht so den anderen, von diesen Erfahrungen zu profitieren.

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Flottenmanagement: Sie bieten Branchenlösungen für fast jeden Bedarf. Wo sind Sie am stärksten aufgestellt? Wie definieren Sie die Zielgruppe für den Iveco Daily und worin unterscheidet sich dieser von seinen Mitbewerbern am deutlichsten
Hendrik Lehmbrock: Das stimmt. Sie bekommen bei uns sämtliche Varianten, von einem einsatzfertigen Daily Kipper, der jetzt alles andere als ein Flottenauto ist, über einen Tiefkühler bis hin zu Modellen mit einfacher Ausstattung für die Ladungssicherung, angeboten. Wir machen das, weil diese Lösungen beim Kunden gut ankommen. Er will eine Transportlösung und kein Problem. Und er will nicht neben dem Fahrzeug auch noch den Aufbau aussuchen müssen, wo möglich auch noch ein Kühlaggregat oder eine Ladebordwand. All das ist Tagesgeschäft unserer Produktabteilung. Zum Beispiel im Speditionsbereich, aber auch bei Kurierdiensten und Montagefahrzeugen kommen Standardlösungen in Zusammenarbeit mit Sortimo zum Einsatz. Ebenso fertigen wir Sonderlösungen nach den Wünschen unserer Kunden an. Die Hauptzielgruppe unserer Kunden sucht für ihren Einsatz ein richtiges Nutzfahrzeug im Segment 3,5 bis 7 Tonnen Gesamtgewicht und möchte dabei von dem besonders flexiblen Leiterrahmen und unseren vielfältigen und effizienten Motoren (auch mit Start-Stopp-Funktion) profitieren.
Am stärksten sind auf dem deutschen Markt wir mit unserem Daily als Kastenwagen aufgestellt. Hier bieten die werkseitig lieferbaren Varianten in Höhe, Länge und Nutzlast für jede Anwendung das richtige Fahrzeug. Jedoch sind unsere Fahrgestelle, ausgehend von den unterschiedlichsten Pritschen und Kofferaufbauten, auf dem besten Weg, die Kastenwagen zu überholen. Aber auch bei Herstellern von hochwertigen Reisemobilen kommt der Daily als Fahrgestell zum Einsatz; hier wird vor allem das automatisierte Schaltgetriebe AGile sehr geschätzt.
Flottenmanagement: Zu Ihren Kunden zählen große namenhafte Firmen. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit solchen Großkunden, welche Entwicklungen sind aus dieser Zusammenarbeit hervorgegangen
Hendrik Lehmbrock: Nehmen wir gleich den größten Kunden, die Deutsche Post/DHL. Vor Kurzem haben wir den 5.000sten Daily ausgeliefert. Das ist kein Zufallsgeschäft, sondern eine langjährige Partnerschaft. Vor zig Jahren haben wir Magirus-Fahrzeuge an die Post geliefert und sind auch heute mit allen Fahrzeugbaureihen – wenn man vom Kipper mal absieht – als Lieferant vertreten. Sie können davon ausgehen, dass wir im Key Account dafür eine absolut passgenaue Struktur erfunden haben, die auf beiden Seiten als Partnerschaft angesehen wird. Innerhalb dieser Struktur arbeiten Kunden und Lieferant im offenen, oftmals auch kritischen Dialog zusammen, um fortlaufend Produkte, Service und Kosten zu optimieren. Solche Erfahrungen definieren auch andere Großkundenbeziehungen. Der Key Account hat bei uns einen hohen Stellenwert und gewachsenes Know-how.
In Ulm haben wir sogar eine Abteilung, die sich mit der Konstruktion, Dokumentation und der werkseitigen Durchführung von Umbauten befasst. Dort können wir auch auf Erfahrungen und Hilfe der anderen Märkte zurückgreifen, wenn die Fahrzeuge international eingesetzt werden. Hier sehen Sie, dass es sich um gewachsenes und gelebtes Know-how handelt.
Flottenmanagement: Alternative Antriebsaggregate stehen nach wie vor hoch im Kurs. Mit den Erdgas-, Hybrid- und Elektrovarianten des Daily sind Sie bereits jetzt sehr gut aufgestellt. Wie stark wird dieses Angebot durch Ihre Kunden sowohl im Daily-Gesamtgeschäft, aber insbesondere im Daily-Flottengeschäft genutzt? Welche Rolle nimmt dabei der Iveco Daily Elektro ein
Hendrik Lehmbrock: Das Interesse an alternativen Antrieben ist bei den unterschiedlichen Bedarfsträgern groß, aber die tatsächlichen Auftragszahlen stehen dazu aktuell in keinem Verhältnis. Hauptgrund hierfür ist aus unserer Sicht, dass derzeit alternative Antriebe mit einer meist wesentlich höheren Investition verbunden sind. Jedoch bedarf es hier einer besonderen Differenzierung. Unser Daily CNG, also mit Erdgasantrieb, hat sich seit Jahren fest etabliert und findet von Jahr zu Jahr mehr Kunden, nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa. Der Daily Hybrid hat in Deutschland derzeit noch eine untergeordnete Rolle. Hier bleibt die Entwicklung noch abzuwarten. Inzwischen finden Elektro- Dailys bei Großkunden immer mehr Akzeptanz, jedoch sind die Mengen kaufpreisbedingt noch übersichtlich. Der Grund ist einfach: Transporter sind preis- und nutzlastsensible Investitionsgüter, die eine Leistung erbringen müssen. Und alle Alternativen sind schwer und teuer. Hier könnte der Gesetzgeber bereits 50 Prozent der Nachteile kippen, wenn das Gewicht der Zusatzeinrichtungen wie Batterien oder Gasflaschen dem Gesamtgewicht zugeschlagen wird. Ein 3,5 Tonner darf dann alternativ eben bis 3,7 Tonnen mit dem B-Führerschein bewegt werden.
Die Idee der emissionsfreien Citylogistik ist prima und wird sicher kommen. Aber sie wird auch einen Preis haben, der auf die transportierten Güter durchschlägt. Dessen müssen sich alle Beteiligten bewusst sein.
Flottenmanagement: Mit welchen Servicebausteinen und welcher Service- und Infrastruktur kann Iveco die Bedürfnisse der Kunden für ein effizientes Fuhrparkmanagement am besten umsetzen, welchen Stellenwert hat dabei die Interaktion mit Fahrzeugeinrichtern? Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den Leasinganbietern
Hendrik Lehmbrock: Optionaler Bestandteil der DNA eines jeden neuen Daily ist das mit Microsoft entwickelte System Blue&Me, dieses kann zu dem Flottenmanagement-System Blue&Me FleetTM erweitert werden. Blue&Me FleetTM wurde in Zusammenarbeit mit Qualcomm, dem Weltmarktführer integrierter Wireless Systeme und Dienstleistungen, entwickelt. Mit diesem System ist es in Echtzeit möglich, Informationen zum Kraftstoffverbrauch, zur zurückgelegten Strecke, zur Geschwindigkeit und zur Kennnummer des Fahrzeugs zu erhalten. Ebenfalls möglich ist es, durch einen „Over the Air-Download“ an die Tachographendaten zu gelangen, ohne dazu direkt ins Fahrzeug einsteigen zu müssen, um diese gesetzlich vorgeschriebene Prozedur durchzuführen. Dies betrifft natürlich nur Fahrzeuge über 3,5 Tonnen.
Für Aufbauhersteller und Fahrzeugeinrichter bieten wir durch ein spezielles Kompetenzteam in unserer Vertriebszentrale die Schnittstelle für alle kundenbezogenen Anforderungen. Hier wurden zum Beispiel Schnittstellenlösungen erarbeitet, mit denen Sensoreingänge von Fahrzeugeinrichtern durchgeschleust werden und so beispielsweise die Türöffnung des Aufbaus realisiert wird.
Ein ganz anderes Thema ist die Iveco Capital, diese bietet für unsere Kunden unterschiedlichste Finanz- und Servicedienstleistungen an. Auf speziellen Kundenwunsch kooperiert der Direktvertrieb der Iveco Magirus AG wie auch die gesamte Handelsorganisation mit unterschiedlichsten Leasinganbietern am Markt. Es gibt derzeit keine strategische Allianz, die sich auf eine Fuhrparkmanagement- Gesellschaft beschränkt.
Flottenmanagement: Spielen Überlegungen zur Aufwertung der Fahrzeuge mit Fahrerassistenzsystemen zur Steigerung der Sicherheit und zur Erhöhung des Restwertes für Iveco eine Rolle? Wenn ja, welche besonders
Hendrik Lehmbrock: Der neue Daily ist bereits jetzt schon vollgestopft mit Sicherheitsfeatures. Bei ESP waren wir sogar der erste Hersteller, der das serienmäßig verbaut hat. Heute verwenden wir die modernste Variante, ESP 9, die Bosch anbietet. Dies ist ein fortschrittliches Stabilitätssystem, das die Vorteile des Vorgängermodells noch mehr hervorhebt. Alle Merkmale wie ABS (Anti-Blockier-System), EBD (Elektronische Bremskraftverteilung), ASR (Antriebsschlupfregelung), MSR (Motor-Schleppmoment-Regelung zur Geschwindigkeitskontrolle), ESP (Elektronisches Stabilitätsprogramm), HBA (Hydraulischer Bremsassistent bei Notbremsungen), Hill Holder und LAC (Ladungskontrolle zur Kompensation ungleicher Ladungsverteilung in Längsrichtung) sind darin integriert. Sogar ein sogenanntes TSM (Trailer Sway Mitigation)-System ist darin enthalten, welches das Vorhandensein eines Anhängers erkennt und die Kontrolle des ESP dementsprechend anpasst.
Flottenmanagement: Mit welchen Ideen können die Kunden im kommenden Jahr rechnen, welche aktuellen Vorhaben sollen mittelfristig umgesetzt werden
Hendrik Lehmbrock: Da müssten wir jetzt das Schatzkästchen der Entwickler offenlegen, aber so viel ist sicher, wir arbeiten an der Senkung der CO2-Emissionen, um den nächsten Schlag der EU parieren zu können. Denn dieser wird nicht mit dem Einbau eines weiteren Katalysators oder dem x-ten Filter kompensiert werden können.
Mit unserem Konzeptfahrzeug „Dual Drive“ haben wir auf der IAA gezeigt, in welche Richtung die Entwicklungen gehen. Das Fahrzeugkonzept zielt dabei auf drei Punkte: Energierückgewinnung, Wahlmöglichkeit für emissionsfreien Betrieb beim Eintritt in Stadtgebiete und extremer Leichtbau, auch unter Verwendung neuer Materialien und ungewöhnlicher Prinzipien. So entfällt beispielsweise der Kühler durch eine Zusatzfunktion des ohnehin vorhandenen Wagenbodens.

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