Dienstwagenunfall
Schlechte Karten bei Kollision mit Sonderrechtsfahrzeugen im Einsatz?

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10 Millionen Einsatzfahrten – das ist die bundesweite jährliche Bilanz der Rettungsdienste. Die Einsätze von Polizei- und Feuerwehrfahrzeugen kommen noch hinzu. Dass sich bei einer solchen hohen Zahl von Einsatzfahrten nicht selten auch Gefahrensituationen mit anderen Verkehrsteilnehmern ergeben können, liegt auf der Hand. Denn die Einsatzkräfte müssen stets schnell zu Ihrem Einsatzort gelangen, um effektiv helfen zu können. Eine Kollision mit Polizeifahrzeugen, Rettungs- und Krankenwagen sowie der Feuerwehr im Einsatz kann im Prinzip also jeden Verkehrsteilnehmer treffen. Nach Angaben des ADAC ist das Risiko, in einen Verkehrsunfall mit Personenschaden verwickelt zu werden, bei Einsatzfahrzeugen mit Nutzung der Sondersignale (Blaulicht und Martinshorn) sogar viermal so hoch wie bei „normalen“ Fahrten. Das Risiko, dabei in einen Unfall mit einem Sachschaden von mehr als 1.500 Euro verwickelt zu werden, ist dabei laut ADAC sogar um das 17-fache erhöht.
Blaulicht und Martinshorn – Sonderrechtsfahrten als Unfallursache?
Um es gleich vorweg zu sagen: Dass die Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten vielfach mit hoher Geschwindigkeit durch den innerstädtischen Verkehr fahren müssen, um schnell an ihrem Einsatzort zu gelangen, ist schon an sich gefährlich genug, gehört dort aber zum Berufsrisiko. Die Fahrer der Einsatzfahrzeuge sind deshalb in der Regel für solche Einsätze ausgebildet und geschult. Das Risiko, in einen Verkehrsunfall mit Einsatzfahrzeugen verwickelt zu werden, liegt folglich häufig wohl auch darin begründet, dass die anderen Autofahrer in der Regel zuletzt bei ihrer Fahrschulausbildung etwas über das richtige Verhalten bei der Begegnung mit Sonderrechtsfahrzeugen gelernt haben. Nach Angaben des ADAC wissen nämlich viele Verkehrsteilnehmer in solchen Situationen gar nicht, wie sie sich verhalten sollen, reagieren falsch oder gar nicht und halten so die Retter von ihrer Hilfeleistung ab. Das Ende einer Einsatzfahrt ist dann häufig ein Unfall – wenn man davon absieht, dass eine andere Nebenfolge solcher Unfälle ist, dass die Hilfe, die durch die Einsatzkräfte an anderer Stelle geleistet werden sollte, dann auch noch zu spät kommt.
Sonderrechtsfahrten – Grundregeln für alle Verkehrsteilnehmer
Wer darf auf der Straße mit Blaulicht und Martinshorn fahren? Wer Sonderrechte in Anspruch nehmen darf, ist in § 35 StVO geregelt. Nach § 35 Abs.1 StVO sind die Bundeswehr, die Bundespolizei, die Feuerwehr, der Katastrophenschutz, die Polizei und der Zolldienst von den Vorschriften der StVO befreit, soweit das zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist. Und nach § 35 Abs.5 a StVO sind Fahrzeuge des Rettungsdiensts ebenfalls von den StVO-Vorschriften befreit, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden. Die Sonderrechte dürfen aber nach § 35 Abs.8 StVO nur unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeübt werden.
Die weiteren Details regelt dann § 38 StVO. Nach § 38 Abs.1 StVO darf blaues Blinklicht zusammen mit dem Einsatzhorn nur verwendet werden
- wenn höchste Eile geboten ist
- um Menschenleben zu retten oder
- schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden
- eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwenden
- flüchtige Personen zu verfolgen oder
- bedeutende Sachwerte zu erhalten
Blaulicht mit Martinshorn gemeinsam gewähren einem Einsatzfahrzeug das sogenannte Wegerecht; § 38 Abs.1 StVO ordnet in diesen Fällen an: „Alle übrigen Verkehrsteilnehmer haben sofort freie Bahn zu schaffen.“ Das Blaulicht – im Amtsdeutsch genauer blaues Blinklicht – alleine darf ansonsten nach § 38 Abs.2 StVO nur von den damit ausgerüsteten Fahrzeugen und nur zur Warnung an Unfall- oder sonstigen Einsatzstellen, bei Einsatzfahrten oder bei der Begleitung von Fahrzeugen oder von geschlossenen Verbänden verwendet werden.

Aktuelles Magazin
Ausgabe 4/2011

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Mit Sonderrechtsfahrzeug kollidiert – geschädigt aber nicht rechtlos
Bei einem Unfall mit einem Sonderrechtsfahrzeug können grundsätzlich Schadenersatzansprüche bestehen. Verursachen die durch § 35 StVO privilegierten Einsatzkräfte als Verkehrsteilnehmer schuldhaft einen Unfall, dann haften sie nach deliktsrechtlichen Grundsätzen. Bei einer Rettungsfahrt eines unter Sondersignal fahrenden Einsatzwagens, dessen Halter eine öffentlich rechtliche Körperschaft ist, handelt es sich um Ausübung hoheitlicher Gewalt i.S.d. § 839 Abs.1 BGB, so dass die Grundsätze der Amtshaftung anwendbar sind. Da die Sonderrechte von Hoheitsträgern ausgeübt werden, kommt die Amtshaftung nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG in Betracht. Hierbei greift das Verweisungsprivileg des § 839 Abs.1 S.2 BGB in vollem Umfang ein. Die öffentliche Körperschaft haftet zudem bei solchen Fahrten als Halter nach § 7 StVG.
Der Umstand, dass ein Einsatzfahrer Sonderrechte in Anspruch nimmt, schließt also die Haftung aus einem bei der Rettungsfahrt verursachten Verkehrsunfall nicht aus. Auch bei einer Sonderrechtsfahrt sind die öffentliche Sicherheit und Ordnung gebührend zu berücksichtigen und bleibt der Fahrer grundsätzlich an die StVO gebunden; durch die Sonderrechte werden lediglich den anderen Verkehrsteilnehmern Pflichten auferlegt.
Die Voraussetzungen des § 38 StVO (Wegerecht) liegen nur dann vor, wenn ein Einsatzwagen mit blauem Blicklicht und mit Einsatzhorn geführt wird. Für alle übrigen Verkehrsteilnehmer wird dadurch angeordnet, sofort freie Bahn zu schaffen. Teilnehmer des fließenden – an sich auch bevorrechtigten – Verkehrs sind daher verpflichtet, einem Einsatzfahrzeug (mit Blaulicht und Martinshorn) „freie Bahn“ zu schaffen, um dessen Fahrer zu ermöglichen, zügig zum Einsatzort zu gelangen. Die Wahl der unter den gegebenen Umständen günstigsten Fahrlinie für das Einsatzfahrzeug durch den Verkehr obliegt dem Einsatzfahrer (OLG Hamm, Urteil vom 20.03.2009, Az. I-9 U 187/08, OLGR Hamm 2009, 580-582).
Die Pflicht zur Schaffung „freier Bahn“ gilt unabhängig davon, ob die Voraussetzungen für eine Einsatzfahrt tatsächlich vorgelegen haben oder nicht. Blaulicht und Martinshorn schaffen das Wegerecht aber nur, wenn sie gleichzeitig eingeschaltet sind. Das OLG Celle (Urteil vom 29.09.2010, Az. 14 U 27/10) stellte hierzu fest, dass allein durch die Betätigung des Blaulichts für andere Verkehrsteilnehmer keine Verpflichtung geschaffen wird, gemäß § 38 Abs.1 S.2 StVO sofort freie Bahn zu schaffen. Das OLG Köln (Urteil vom 26.10.1995, Az. 7 U 52/95) urteilte dazu ähnlich – der nach den allgemeinen Regeln Vorfahrtberechtigte behält deshalb grundsätzlich sein Vorfahrtsrecht.
Weder § 35 noch § 38 StVO (Sonderrechte) erlauben jedoch dem Einsatzfahrer ein Fahren ohne Rücksicht auf die sonstigen Verkehrsteilnehmer. Auch bei einer Sonderrechtsfahrt sind gemäß § 35 Abs.8 StVO die öffentliche Sicherheit und Ordnung gebührend zu berücksichtigen. Das Vorliegen einer Einsatzfahrt allein gibt einem Rettungswagen also noch kein Vorfahrtsrecht.
Der Sonderrechts- wie der Einsatzfahrer schuldet dem Verkehr Rücksicht und muss gerade bei unübersichtlichen Straßenbereichen besondere Vorsicht walten lassen. Über fremden Vorrang darf sich der Wegerechtsfahrer nämlich nur hinwegsetzen, wenn er nach ausreichender Ankündigung sieht, dass der Verkehr ihm tatsächlich Vorrang einräumt. Nur unter dieser Voraussetzung darf er Geschwindigkeitsbeschränkungen überschreiten und gegen das an sich geltende Rechtsfahrgebot verstoßen. Dies wird beispielsweise dann relevant, wenn ein mit Blaulicht fahrendes Einsatzfahrzeug das Martinshorn erst unmittelbar vor einer Kurve und damit unmittelbar vor dem Unfall eingeschaltet wurde. Auch ein Einsatzfahrer muss sicherstellen, dass er bei der Einfahrt in eine Kurve den gesamten Kurvenbereich einsehen kann und seine Fahrweise entsprechend einrichtet, um den Kurvenbereich gefahrlos passieren zu können.
Der geradezu klassische Fall sind aber die Kreuzungsunfälle mit dem Querverkehr. Ein Rettungswagen darf bei Rotlicht an einer Ampel nur dann in eine Kreuzung einfahren, wenn sein Fahrer sich vorher hinreichend vergewissert hat, dass sämtliche Fahrbahnen des Querverkehrs frei sind oder die darauf befindlichen Fahrzeuge ihm den Vorrang einräumen. Das KG Berlin hat sich schon mit Urteil vom 24.09.1990 (Az. 12 U 4980/89) eingehend mit den Sorgfaltspflichten des Fahrers eines bei Rotlicht in eine Kreuzung einfahrenden Rettungsfahrzeuges befasst. Danach darf der Fahrer des Einsatzfahrzeuges das Vorrecht der anderen Verkehrsteilnehmer nur dann missachten, wenn er den gesamten Straßenverkehr auf das Sorgfältigste darauf beobachtet hat, dass er keinen anderen schädigen oder verletzen könnte. Die Sorgfaltspflicht eines Fahrers des Einsatzfahrzeuges erhöht sich, wenn er sich von grundsätzlichen Verkehrsregeln löst und hierdurch eine besonders gefährliche Lage schafft, was der Fall ist, wenn er bei rotem Ampellicht in eine Kreuzung einfährt. Auch wenn höchste Eile geboten ist und es deshalb für das Einsatzfahrzeug vor einer roten Ampel keinen Halt geben darf, besteht für den Fahrer des Einsatzfahrzeuges, das Sondersignale abgibt, nicht in jedem Fall Veranlassung, zwanghaft in einem Zuge eine Kreuzung oder Einmündung zu überfahren. Angesichts seiner durch die besondere Gefahrenlage verstärkten Sorgfaltspflicht kann es ihm im Einzelfall durchaus zumutbar sein, sein Fahrzeug fast zum Stillstand abzubremsen, um auf diese Weise eine hinreichende Übersicht über die Verkehrslage zu gewinnen.
Bei einer unübersichtlichen Kreuzung muss der Fahrer eines Einsatzfahrzeuges während der Rotphase mit Schrittgeschwindigkeit fahren, wenn er sich nur so durch Einblick in die bevorrechtigte Querstraße vergewissern kann, ob die anderen Verkehrsteilnehmer sich auf seine Durchfahrt eingestellt haben (vgl. OLG Celle, Urteil vom 01.07.1998, Az. 13 U 11/98; OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 28.10.1998, Az. 7 U 167/97).
Fährt der Fahrer des Einsatzfahrzeuges beispielsweise mit einer Geschwindigkeit von 64 km/h bei Rotlicht in den Kreuzungsbereich hinein, so genügt er dieser verstärkten Sorgfaltspflicht nicht, da es bei einer derartigen Geschwindigkeit unmöglich ist, sich zu vergewissern, ob andere sich der Kreuzung nähernde an sich vorfahrtsberechtigte Fahrzeuge das sich mit Blaulicht und Martinshorn nähernde Einsatzfahrzeug bemerkt haben und gegebenenfalls durch Abbremsen des Fahrzeuges angemessen reagieren. Das LG Itzehoe (Urteil vom 13.08.1998, Az. 6 O 67/97) hat die Alleinhaftung eines Rettungswagenfahrers bereits dann angenommen, wenn dieser grob fahrlässig handelt, weil er mit überhöhter Geschwindigkeit (hier: mehr als 40 km/h) unter Ausnutzung seines Sonderrechts in eine unübersichtliche Kreuzung einfährt, und zwar so schnell, dass er bei zu erwartendem Querverkehr sein Fahrzeug nicht zum Stehen bringen kann.
Bei Kreuzungsunfällen wird es also unter den vorgenannten Umständen häufig zu einer Alleinhaftung des Fahrers eines Einsatzfahrzeugs kommen. Eine Haftungsquote von 75 Prozent zulasten des Halters des Rettungsfahrzeugs ist jedenfalls gerechtfertigt, wenn der Fahrer mit zu hoher Geschwindigkeit und ohne ausreichende Bremsbereitschaft in den Kreuzungsbereich eingefahren ist, ohne diesen in alle Richtungen ausreichend überblicken zu können (OLG Brandenburg, Urteil vom 18.11.1997, Az. 2 U 47/97).
Mitverschulden bei Verstoß gegen Rechtsfahrgebot
Hört ein Verkehrsteilnehmer Einsatzsignale eines Rettungsfahrzeugs, muss er sich darauf einstellen, notfalls dem Einsatzwagen den Vorrang einzuräumen und gerade dann, wenn er nicht ohne Weiteres erkennen kann, woher sich das Fahrzeug nähert, besondere Sorgfalt walten lassen.
Verstößt ein Autofahrer dabei selbst gegen das Rechtsfahrgebot gemäß § 2 Abs. 2 StVO und macht nicht die Bahn frei, um dem Einsatzfahrzeug den Vorrang einzuräumen, trifft ihn ein Mitverschulden, wenn es zur Kollision mit dem Rettungswagen kommt (so z.B. OLG Brandenburg, Urteil vom 28.10.2003, Az. 2 U 58/02). Bei Kreuzungsunfällen ist außerdem relevant, dass auch wenn Verkehrsteilnehmer nicht von vornherein damit rechnen müssen, dass ein Einsatzfahrzeug nur mit blauem Blinklicht und ohne Betätigung des Einsatzhorns bei Rotlicht auf einer Kreuzung einfach durchfährt, dass das blaue Blinklicht eines Rettungswagens schon für sich genommen ein Warnsignal ist, das zu gesteigerter Aufmerksamkeit und Vorsicht mahnt (so OLG Celle, Urteil vom 29.09.2010, Az. 14 U 27/10). Die falsche Reaktion eines Verkehrsteilnehmers auf Blaulicht und Martinshorn kann deshalb teuer werden. Verursacht nämlich ein Pkw durch eine Vorfahrtverletzung und eine falsche Reaktion auf die Annäherung des Rettungswagens einen Unfall, kann die Abwägung der Schuldenbeiträge durchaus zu einer Haftungsverteilung von 1/3 zu 2/3 zulasten des Pkw-Halters führen (vgl. OLG Celle, Urteil vom 19.12.2002, Az. 14 U 59/01). Dann bleibt dieser auf einem guten Teil des Schadens sitzen.
Hat der nach § 38 Abs.1 StVO verpflichtete Verkehrsteilnehmer seinen Beitrag zur „freien Bahn“ geleistet und eine neutrale Position eingenommen, konkretisiert sich die Verpflichtung aus der genannten Vorschrift dahin, so lange zu warten, bis eine künftige Störung des Fahrweges des Einsatzfahrzeugs durch ihn ausgeschlossen ist. Verlässt er dagegen seine neutrale Position zu früh, weil er meint, dem Einsatzfahrer eine bessere Fahrlinie eröffnen zu können, und kommt es dabei zu einer Kollision mit dem Einsatzfahrzeug, liegt darin ein Verstoß gegen § 38 Abs.1 StVO und kann die alleinige Verantwortlichkeit des entsprechenden Fahrzeugführers zur Folge haben (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 20.03.2009, Az. I-9 U 187/08, OLGR Hamm 2009, 580-582).
Die Last mit der Beweislast
Die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des Wegerechtes gemäß § 38 Abs.1 StVO obliegt demjenigen, der dieses Recht in Anspruch nimmt. Die Beweislast für die Umstände, welche die Inanspruchnahme der Sonderrechte rechtfertigen, obliegt daher dem Halter und dem Fahrer des Einsatzfahrzeugs. Diese müssen in nachprüfbarer Weise Zeit, Start und Ziel sowie Grund für die gebotene höchste Eile dieser Fahrt angeben können (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.11.1991, Az. 1 U 129/90). In der Regel ergibt sich dies aus den Aufzeichnungen der entsprechenden Einsatzleitstellen. Naturgemäß werden sich dort keine Aufzeichnungen über „eilige Sonderfahrten“ mit Blaulicht finden, die den Fahrer eines Rettungswagens lediglich zum nächsten Burger-Drive-In führen sollten.
Tipps zum richtigen Verhalten
Der ADAC hat gemeinsam mit der Polizeidirektion Hannover, der Feuerwehr Hannover und der Landesverkehrswacht Niedersachsen eine Broschüre mit dem Titel „Blaulicht und Martinshorn – was tun?“ herausgegeben, um Verkehrsteilnehmern wichtige Verhaltenstipps zu geben. Die Broschüre informiert gleichzeitig darüber, wer wann die Sonderrechte nutzen darf und verdeutlicht anhand von Piktogrammen das richtige Verhalten in den am häufigsten auftretenden Gefahrensituationen. Das Faltblatt steht im Internet auf der Webseite des ADAC als Download zur Verfügung unter http://www1.adac.de/ images/Flyer_Einsatzfahrt_Blaulicht_tcm8-188552.pdf.
Durchsetzung der Ansprüche – alles gut versichert?
Unfälle mit Sonderrechtsfahrzeugen werden regelmäßig von der Polizei aufgenommen – schon um erst gar nicht den Verdacht aufkommen zu lassen, dass bei der Unfallregulierung zulasten des Unfallgeschädigten „gemauschelt“ wird. Den Anspruchsgegner beziehungsweise den richtigen Halter von Einsatzfahrzeugen für die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen erfährt man daher zu allererst aus dem polizeilichen Unfallaufnahmebogen. So kann es durchaus sein, dass eine Stadt, eine Gemeinde oder ein Landkreis zwar einen Rettungswagen anschafft, diesen aber gar nicht selbst mit eigenen Rettungskräften einsetzt, sondern das Rettungsfahrzeug zum Beispiel der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. oder anderen Vereinigungen gleicher Zielsetzung, die hier nicht vollumfänglich aufgezählt werden können, zur Verfügung stellt. Anspruchsgegner sind dann auf der einen Seite der Fahrer des Einsatzfahrzeugs und auf der anderen Seite der eigentliche hoheitliche Halter. Ansprechpartner bei der Unfallregulierung oder der außergerichtlichen Schadenregulierung sind zunächst die für die Einsatzfahrzeugen zuständigen Dienststellen bei der entsprechenden Behörde des Halters oder des jeweiligen Hoheitsträgers. Hier muss man schon den Überblick behalten, will man den juristisch richtigen Anspruchsgegner namhaft machen.
Einsatzfahrzeuge sind in der Regel über den Eigenversicherer des Landes oder der Gemeinde versichert. Jedenfalls bei kleineren Kommunen und Landkreisen wird dort üblicherweise eine eigene Versicherung für Unfallschäden der Einsatzfahrzeuge abgeschlossen. Der Hoheitsträger kann den Schaden aber auch selbst regulieren. Sofern der öffentliche Halter eines Einsatzfahrzeuges über entsprechende Mittel verfügt, kann der Schaden auch aus einem dafür eigens vorgesehenen „Topf“ öffentlicher Mittel des jeweiligen Hoheitsträgers reguliert werden. Der Geschädigte muss sich also letztlich keine Sorgen machen, dass er auf den Kosten eines Unfallschadens sitzen bleibt.
Gleichwohl ist die Regulierung von Unfällen mit Einsatzfahrzeugen nicht immer einfach, vor allem dann nicht, wenn es um die Bemessung der richtigen Haftungsquote gilt. Dies zeigt schon die einschlägige Rechtsprechung zu „Blaulichtunfällen“. Im Zweifel empfiehlt es sich, frühzeitig anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Rechtsanwälte mit Schwerpunkt oder einer Spezialisierung im Verkehrsrecht sind hier der richtige Ansprechpartner. Die Rechtsanwaltskosten gehören bei der Schadenregulierung auch zu den vom Schädiger zu ersetzenden Positionen. Nur bei einer Mithaftung wegen Mitverschuldens kann es sein, dass man hier die Kosten nicht vollständig ersetzt bekommt. Wohl dem, der dann rechtsschutzversichert ist.
Rechtsanwalt Lutz D. Fischer, Lohmar
Kontakt: kanzlei@fischer-lohmar.de
Internet: www.fischer-lohmar.de
Rechtsprechung
Ersatz des Unfallschadens – Einsatz eines Privatfahrzeugs im Rahmen der Rufbereitschaft
Ein Arbeitnehmer, der im Rahmen seiner Rufbereitschaft bei der Fahrt von seinem Wohnort zur Arbeitsstätte mit seinem Privatwagen verunglückt, hat grundsätzlich Anspruch gegen seinen Arbeitgeber auf Ersatz des an seinem Pkw entstandenen Schadens. Die Höhe dieses Ersatzanspruchs bemisst sich nach den Regeln des innerbetrieblichen Schadensausgleichs. Der Kläger war als Oberarzt im Klinikum in L. beschäftigt. Er wohnte einige Kilometer von seinem Arbeitsort entfernt in der Gemeinde A. An einem Sonntag im Januar 2008 war er zum Rufbereitschaftsdienst eingeteilt und hielt sich in seiner Wohnung auf. Als er gegen 09:00 Uhr zur Dienstaufnahme ins Klinikum gerufen wurde, fuhr er mit seinem Privatfahrzeug von seinem Wohnort nach L. Bei Straßenglätte kam er dabei von der Straße ab und rutschte in den Straßengraben. Die Erstattung des durch diesen Unfall an seinem Pkw entstandenen Schadens in Höhe von 5.727,52 Euro verlangt er von seinem Arbeitgeber. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Grundsätzlich hat jeder Arbeitnehmer – soweit keine abweichenden Vereinbarungen vorliegen – seine Aufwendungen für Fahrten zwischen seiner Wohnung und seiner Arbeitsstätte selbst zu tragen. Dazu gehören auch Schäden an seinem Fahrzeug. Eine Ausnahme davon ist dann zu machen, wenn der Arbeitnehmer während seiner Rufbereitschaft vom Arbeitgeber aufgefordert wird, seine Arbeit anzutreten und er die Benutzung seines Privatfahrzeugs für erforderlich halten durfte, um rechtzeitig am Arbeitsort zu erscheinen. Der Senat hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Dieses wird die Höhe des Unfallschadens ebenso aufzuklären haben wie die Frage, ob und gegebenenfalls mit welchem Verschuldensgrad der Kläger den Unfall verursacht hat.
BAG, Urteil vom 22.06.2011, Az. 8 AZR 102/10 (Pressemitteilung Nr.52/11)
Fristlose Kündigung wegen Verdeckung eines verschuldeten Dienstwagen-Unfalls
Die vorsätzliche Täuschung des Arbeitgebers über einen vom Arbeitnehmer verursachten Verkehrsunfall mit einem ihm zur Verfügung gestellten Dienstfahrzeug ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung abzugeben. Dies gilt insbesondere dann, wenn – wie im vorliegenden Fall – erschwerend hinzukommt, dass der Arbeitnehmer vorsätzlich einen von ihm verschuldeten Unfall zu verdecken versucht, indem er einen fremd verschuldeten Unfall mit Fahrerflucht vortäuscht und damit berechtigte Schadensersatzansprüche des Arbeitgebers gegen ihn verschleiert, und weiter erschwerend hinzukommt, dass ein anderer Arbeitnehmer in das eigene Fehlverhalten verstrickt wurde.
Der gekündigte Arbeitnehmer verursachte einen Auffahrunfall mit dem Dienstwagen schuldhaft, indem er den erforderlichen Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug nicht eingehalten hat. Ein Auffahrunfall ohne Einhaltung des Sicherheitsabstandes begründet regelmäßig mittlere Fahrlässigkeit, so dass nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs der Kläger sich gegenüber dem beklagten Arbeitgeber jedenfalls quotal schadensersatzpflichtig gemacht hat. Dies gilt auch dann, wenn die Fußauflage des Gaspedals tatsächlich gefehlt hätte. Dies hätte allenfalls zu einer Verschiebung der Haftungsquote nach § 254 BGB, nicht jedoch zur gänzlichen Freistellung des Arbeitnehmers geführt. Sollte es sich nicht um eine dienstlich veranlasste Fahrt, sondern um eine Privatfahrt gehandelt haben, so schiede eine Haftungseinschränkung nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs ohnehin aus. Damit steht auch fest, dass der Arbeitnehmer mit seiner Täuschungshandlung dem Arbeitgeber gegen ihn bestehende Schadensersatzansprüche verschleierte. Ein solches Verhalten stellt einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Pflicht zur Rücksichtnahme aus § 241 Abs. 2 BGB ähnlich einer Täuschung über die Arbeitszeit dar. Ob der Arbeitgeber tatsächlich Schadensersatzansprüche gegen den Mitarbeiter geltend gemacht hätte, ist unerheblich.
Der Arbeitnehmer hat ferner auch seinen Beifahrer in seine schwerwiegenden Pflichtverletzungen verstrickt, wobei es dahingestellt bleiben kann, ob er diesen dazu angestiftet hat, seine unwahren Angaben zu bestätigen oder ob er die wahrheitswidrige Unfallschilderung ohne vorherige Absprache in Erwartung der Zustimmung des Kollegen abgegeben hat. Unter diesen Umständen bedurfte es keiner vorherigen Abmahnung. Der Arbeitnehmer konnte nicht davon ausgehen, dass der Arbeitgeber seine Pflichtwidrigkeiten hinnehmen und nur mit einer Abmahnung ahnden würde. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Mitarbeiter aufgrund einer bereits erteilten Abmahnung erkannt hat, dass er im Falle eines erneuten schuldhaften Verkehrsunfalls mit einer Kündigung würde rechnen müssen. Auch deshalb täuschte er den Arbeitgeber über den Unfallhergang. Dass der Arbeitgeber nicht nur einen erneuten, sechsten Unfall, sondern erst recht eine solche Täuschung über den Unfallhergang zum Anlass einer Kündigung nähme, wusste der Arbeitnehmer; dies gilt umso mehr, als er auch noch den Kollegen (...) zur Lüge gegenüber dem Arbeitgeber veranlasste. Ein solches Verhalten führt zu einem dauerhaften Vertrauensverlust, der nicht durch eine Abmahnung beseitigt werden könnte. Der Vertrauensverlust wird dadurch noch verstärkt, dass sich der Mitarbeiter eine sehr detaillierte „Verschleierungsgeschichte“ ausdachte, diese in die Schadensmeldung schrieb, sie mündlich nochmals bestätigte, nachhaltig um Täuschung des Arbeitgebers bemüht. Der Arbeitgeber müsste auch in Zukunft mit derartigen Täuschungshandlungen rechnen, zumal der Arbeitnehmer überwiegend mit dem Dienstwagen allein unterwegs und deshalb schwer zu kontrollieren ist.
Die abschließende Interessenabwägung führt dazu, dass das Interesse des beklagten Arbeitgebers an der sofortigen Lösung des Arbeitsverhältnisses gewichtiger ist als das Interesse des Arbeitnehmers am Erhalt seines Arbeitsplatzes.
Sächsisches LAG, Urteil vom 28.04.2011, Az. 1 Sa 749/10 (Nichtzulassungsbeschwerde zum BAG eingelegt, Az. 9 AZN 828/11).
Pauschalabgeltungsklausel von Reisezeiten durch Bruttomonatsvergütung ist unwirksam
Leitsatz: Die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Arbeitgebers enthaltene Klausel, Reisezeiten seien mit der Bruttomonatsvergütung abgegolten, ist intransparent, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag nicht ergibt, welche „Reisetätigkeit“ von ihr in welchem Umfang erfasst werden soll.
Aus den Gründen:
Die Klausel in § 7 Ziff. 3 Arbeitsvertrag, wonach Reisezeiten, die außerhalb der normalen Arbeitszeit anfallen, mit der nach § 4 zu zahlenden Vergütung abgegolten sind, ist mangels hinreichender Transparenz unwirksam; vergleiche § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Reisezeiten i.S.d. Klausel können nämlich auch die Zeiten sein, die der Arbeitnehmer „reisend“ als Beifahrer auf dem LKW verbringt. Gerade die Spesenregelung in § 7 Ziff. 1 Arbeitsvertrag legt es nahe, unter dem Begriff Reisezeit jede berufsbedingte Abwesenheit zu verstehen.
Eine die pauschale Vergütung von Reisezeiten regelnde Klausel ist nur dann klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche „Reisetätigkeit“ von ihr in welchem Umfang erfasst werden soll. Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ und welche Leistung er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss.
§ 7 Ziff. 3 des Arbeitsvertrags ist nicht klar und verständlich. Die Klausel soll alle „Reisezeiten“ erfassen, die außerhalb der „normalen Arbeitszeit“ anfallen. Schon die „normale Arbeitszeit“ wird weder in § 7 Ziff. 3 noch in § 3 Ziff. 2 und 3 Arbeitsvertrag hinreichend deutlich in Stunden festgehalten. § 3 Ziff. 2 und 3 Arbeitsvertrag verweisen lediglich pauschal auf die „Bestimmungen der VO (EWG) 3820/85“ und „die Arbeitszeit nach dem Arbeitszeitrechtgesetz“. Ob mit diesen Verweisungen die Begriffsbestimmung der Arbeitszeit in § 2 Abs. 1 Satz 1 ArbZG, die Arbeitszeit der Arbeitnehmer nach § 3 ArbZG oder die Höchstarbeitszeit von Arbeitnehmern als Fahrer oder Beifahrer bei Straßenverkehrstätigkeiten nach § 21a Abs. 4 ArbZG gemeint ist, bleibt der Spekulation des Arbeitnehmers überlassen.
Gänzlich offen lässt die Klausel, welchen Inhalt der Klauselverwender dem Begriff der Reisezeit beimisst, insbesondere fehlt eine Abgrenzung von Reisezeiten ohne und mit Arbeit iSv. § 611 Abs. 1 BGB. Zudem ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag nicht, welchen Umfang die ohne zusätzliche Vergütung zu leistenden Reisezeiten haben sollen.
BAG, Urteil vom 20.04.2011, Az. 5 AZR 200/10
Unwirksame Abtretung der Ansprüche aus Unfall „in Höhe der Gutachterkosten“
Leitsatz: Tritt der Geschädigte nach einem Fahrzeugschaden seine Ansprüche aus dem Verkehrsunfall in Höhe der Gutachterkosten ab, ist die Abtretung mangels hinreichender Bestimmbarkeit unwirksam.
Aus den Gründen:
Eine Abtretung ist, wie in der Rechtsprechung und Rechtslehre anerkannt ist, nur wirksam, wenn die Forderung, die Gegenstand der Abtretung ist, bestimmt oder wenigstens bestimmbar ist. An diesem Erfordernis der Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit fehlt es, wenn von mehreren selbstständigen Forderungen ein Teil abgetreten wird, ohne dass erkennbar ist, von welcher oder von welchen Forderungen ein Teil abgetreten werden soll. Entstehen aus einem Verkehrsunfall für den Geschädigten mehrere Forderungen, so kann von der Gesamtsumme dieser Forderungen nicht ein nur summenmäßig bestimmter Teil abgetreten werden.
Die Abtretung des Geschädigten wird diesen Erfordernissen nicht gerecht, denn sie ist weder hinreichend bestimmt noch bestimmbar. Nach ihrem eindeutigen Wortlaut erfasst sie eine Mehrzahl von Forderungen, nämlich sämtliche Ansprüche des Geschädigten aus dem betreffenden Verkehrsunfall. Mit Recht hat das Berufungsgericht in der Bezugnahme der Abtretung auf die Höhe der Gutachterkosten lediglich eine Beschränkung hinsichtlich des Umfangs der Abtretung gesehen. Die Abtretung sollte ersichtlich nicht nur die Forderung auf Ersatz der Gutachterkosten erfassen. Dieser Anspruch ist auch kein unselbstständiger Rechnungsposten, sondern im Verhältnis zu dem Anspruch auf Ersatz des Fahrzeugschadens vielmehr eine selbständige Forderung. Um dem Bestimmbarkeitserfordernis zu genügen, wäre es deshalb erforderlich gewesen, in der Abtretungserklärung den Umfang der von der Abtretung erfassten Forderungen der Höhe und der Reihenfolge nach aufzuschlüsseln. Daran fehlt es bei der hier verwendeten Abtretungserklärung.
BGH, Urteil vom 07.06.2011, Az. VI ZR 260/10
Leasing-Minderwertausgleich wegen übergebührlichem Verschleiß ist ohne Umsatzsteuer zu berechnen
Ein Minderwertausgleich, den der Leasinggeber nach regulärem Vertragsablauf wegen einer über normale Verschleißerscheinungen hinausgehenden Verschlechterung der zurückzugebenden Leasingsache vom Leasingnehmer beanspruchen kann, ist ohne Umsatzsteuer zu berechnen, weil ihm eine steuerbare Leistung des Leasinggebers (§ 1 Abs.1 Nr.1 UStG) nicht gegenübersteht und der Leasinggeber deshalb darauf keine Umsatzsteuer zu entrichten hat.
Aus den Gründen:
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur die Frage, ob auf den unstreitigen Nettobetrag des geltend gemachten Fahrzeugminderwerts auch Umsatzsteuer nach § 1 Abs.1 Nr.1 UStG in Höhe von 1.295,33 € zu erstatten ist. Diese Frage ist mit dem Berufungsgericht zu verneinen, weil die Klägerin selbst insoweit keine Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen hat.
Schadensersatzleistungen, die der Leasingnehmer nach außerordentlicher Kündigung des Leasingvertrages zu erbringen hat, sind ohne Umsatzsteuer zu berechnen, weil ihnen – infolge der durch die Kündigung des Leasingvertrages bewirkten Beendigung der vertraglichen Hauptleistungspflicht des Leasinggebers – eine steuerbare Leistung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG nicht gegenübersteht und der Leasinggeber deshalb Umsatzsteuer auf sie nicht zu entrichten hat. Nichts anderes gilt für eine Schadensersatzzahlung, die der Leasingnehmer in diesem Zusammenhang für den Minderwert der zurückgegebenen Leasingsache zu leisten hat. Daran ändert nichts, dass die Schadensersatzzahlung auch dem Ausgleich der noch nicht amortisierten Anschaffungs- und Finanzierungskosten des Leasinggebers dient. Wird der Vertrag vorzeitig beendet und die Leasingsache zurückgegeben oder verwertet, ist dem Leasingnehmer nicht nur der weitere Sachgebrauch, sondern auch die mittelbare Kapitalnutzung entzogen. Der Leasinggeber führt daher keine der Umsatzsteuer unterliegende Leistung mehr aus. So verhält es sich auch bei dem leasingtypischen Ausgleichsanspruch des Leasinggebers. Maßgebend ist, dass der Ausgleichszahlung, nicht anders als der Schadensersatzzahlung, nach Beendigung des Leasingvertrages und Rückgabe, Verlust oder Untergang der Leasingsache keine steuerbare Leistung des Leasinggebers mehr gegenübersteht. Das gilt auch für einen Minderwertausgleich, den der Leasinggeber nach regulärem Vertragsablauf wegen einer über normale Verschleißerscheinungen hinausgehenden Verschlechterung der zurückzugebenden Leasingsache beanspruchen kann.
Die vertragliche Hauptleistungspflicht der Leasinggeberin war beendet, nachdem sie das Fahrzeug – hier aus Anlass des Ablaufs der Leasingdauer – zurückerlangt und auf diese Weise zugleich die dem Beklagten eingeräumte Kapitalnutzung geendet hatte. Damit fehlt es zwischen den Leistungspflichten der Leasinggeberin und der Ausgleichspflicht des Leasingnehmers an der für den erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang dauerhaften Abhängigkeit in Entstehung und Fortbestand dieser Pflichten. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung kann die hier vereinbarte Zahlung zum Ausgleich eines Minderwerts auch nicht als Entgelt für eine bereits erfolgte Leistung des Leasinggebers in Form der Gebrauchsüberlassung und Duldung der Nutzung über den vertragsgemäßen Gebrauch hinaus angesehen werden.
BGH, Urteil vom 18.05.2011, Az. VIII ZR 260/10
Zum Umgang mit konkreten Einwendungen gegen die Schwacke-Mietpreisliste 2007
Leitsatz: Zur Schätzung von Mietwagenkosten auf der Grundlage von Listen und Tabellen, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfang auswirken.
Aus den Gründen:
Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters. Die Art der Schätzungsgrundlage gibt § 287 ZPO nicht vor. In geeigneten Fällen können Listen oder Tabellen bei der Schadensschätzung Verwendung finden. Demgemäß hat der erkennende Senat vielfach ausgesprochen, dass der Tatrichter in Ausübung des Ermessens nach § 287 ZPO den „Normaltarif“ grundsätzlich auch auf der Grundlage des „Schwacke- Mietpreisspiegels“ im maßgebenden Postleitzahlengebiet (gegebenenfalls mit sachverständiger Beratung) ermitteln kann.
Grundsätzlich ist weder die Schätzung auf der Grundlage des „Schwacke-Mietpreisspiegels 2006“ noch des „Schwacke-Mietpreisspiegels 2007“ als rechtsfehlerhaft zu erachten. Auch eine Schätzung auf der Grundlage anderer Listen oder Tabellen, wie etwa der sogenannten Fraunhofer-Liste, ist nicht von vornherein grundsätzlich rechtsfehlerhaft. Die Listen dienen dem Tatrichter nur als Grundlage für seine Schätzung nach § 287 ZPO. Er kann im Rahmen seines Ermessens unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles von diesen – etwa durch Abschläge oder Zuschläge auf den sich aus ihnen ergebenden Normaltarif – abweichen. Die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, bedarf allerdings dann, aber auch nur dann, der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfang auswirken.
Vorliegend hat die Revision konkrete Mängel des Schwacke-Mietpreisspiegels 2007 aufgezeigt und unter Beweis gestellten umfassenden Sachvortrag dazu gehalten, dass die Klägerin ein vergleichbares Fahrzeug für sieben Tage inklusive sämtlicher Kilometer und Vollkaskoversicherung zu konkret benannten, wesentlich günstigeren Preisen bestimmter anderer Mietwagenunternehmen hätte anmieten können. Dieser Tarif stimme überein mit dem örtlichen Normaltarif für die entsprechende Fahrzeugklasse nach der sogenannten Fraunhofer-Liste. Er sei nicht nur deutlich niedriger als der von der hier eingeschalteten Mietwagenfirma in Rechnung gestellte Preis, sondern auch erheblich günstiger als der Normaltarif nach dem Modus der Schwacke-Mietpreisliste 2007. Damit hat die Beklagte hinreichend deutlich gemacht, dass der zur Schadensbehebung erforderliche maßgebende Normaltarif deutlich günstiger sei als der, zu dem die Klägerin das Fahrzeug angemietet hat und der sich nach dem Modus der Schwacke- Mietpreisliste 2007 ergibt. Mit diesem konkreten Sachvortrag der Beklagten gegen die Tauglichkeit des Modus der Schwacke-Mietpreisliste 2007 als Schätzungsgrundlage im Streitfall hätte sich das Berufungsgericht näher befassen müssen. Dadurch, dass es dies unterlassen hat, hat es den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör verletzt und die Grenzen seines tatrichterlichen Ermessens im Rahmen des § 287 ZPO überschritten.
BGH, Urteil vom 17.05.2011, Az. VI ZR 142/10
Haftung des Arbeitnehmers für Unfallschäden
Grundsätzlich haftet ein Arbeitnehmer für Schäden aus Vertragspflichtverletzungen im Arbeitsverhältnis, die er zu vertreten hat. Die Haftung des Arbeitnehmers setzt dabei eine schuldhafte Pflichtverletzung voraus, die zu einem Schaden des Arbeitgebers führt. In einem bestehenden Arbeitsverhältnis hat der Arbeitnehmer die Pflicht, den Arbeitgeber weder am Eigentum noch am Vermögen zu schädigen. Eine Pflichtverletzung ergibt sich dann bereits daraus, dass dem Arbeitgeber durch das Verhalten des Arbeitnehmers ein Schaden entsteht. Eine solche objektive Pflichtverletzung ergibt sich vorliegend grundsätzlich allein daraus, dass der Arbeitnehmer den Außenspiegel des von ihm gefahrenen Fahrzeuges des Arbeitgebers beschädigt hat.

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Ausgabe 4/2011

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