Strukturiertes Schadenmanagement im Fuhrpark - Ein Überblick

Strukturiertes Schadenmanagement im Fuhrpark - Ein Überblick

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Strukturiertes Schadenmanagement im Fuhrpark - Ein Überblick

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Wer als haupt-oder nebenberuflicher Fuhrparkverantwortlicher mit Fahrzeugflotten zu tun hat, muss sich früher oder später mit dem Thema Unfallschäden an den Pool- und Geschäftsfahrzeugen aus dem Fuhrpark befassen. Denn wenn man die am 6. Juli 2011 veröffentlichte Unfallstatistik 2011 des statistischen Bundesamtes betrachtet, wird schnell klar, dass die Frage keineswegs lautet, ob Unfälle im Fuhrpark auftreten werden, sondern allenfalls, wann dies der Fall sein wird. Damit erklärt sich aber auch das Grundbedürfnis nach gemanagten Abläufen und organisierten Mechanismen bei der Schadenregulierung im Fuhrpark fast von selbst. Dabei können die nachfolgenden Ausführungen nur eine überblicksartige Hilfestellung bieten, damit man sich anhand ausgewählter Fragestellungen und kursorischer Anregungen auf den „Falle eines Falles“ vorbereitet – auf die Geltendmachung von Ansprüchen nach einem Unfall im Fuhrpark und auf deren Abwicklung.

Bundesweit alle 13 Sekunden ein Unfall – 88 Prozent sind Sachschäden
Trotz der Bemühungen, den Verkehr auf deutschen Straßen immer sicherer zu machen, hat die Polizei im Jahr 2010 bundesweit rund 2,41 Millionen Unfälle erfasst, letztlich 4,2 Prozent mehr als im Jahr 2009. Damit war das Jahr 2010 sogar das unfallreichste seit 1999. Im Durchschnitt ereignete sich 2010 alle 13 Sekunden ein Unfall. Fast jede Minute wurde ein Mensch bei einem Verkehrsunfall verletzt, alle zwei Stunden starb ein Mensch im Straßenverkehr. Bei den meisten Unfällen blieb es bei Sachschäden (88 Prozent), bei 12 Prozent der Unfälle gab es Getötete oder Verletzte. Die Zahl der schwerwiegenden Unfälle mit Sachschaden, bei denen mindestens ein Fahrzeug nicht mehr fahrbereit war und ein Bußgeld- oder Straftatbestand vorlag, ist binnen Jahresfrist bis Ende 2010 um 2,9 Prozent auf 92.107 Unfälle gestiegen. Noch stärker zugenommen haben die sonstigen Sachschadensunfälle mit 6,2 Prozent auf 2,03 Millionen.

Nicht nur diese steigenden Unfallzahlen und zunehmende Schadenshäufigkeiten, sondern auch stetig wachsende Kosten für einzelne Unfallreparaturen und nicht zuletzt auch steigende Kosten auf Seiten der Versicherer führen zu immer höheren Versicherungsprämien und / oder Selbstbeteiligungen. Damit geht aber auch eine immer größere Kosten- und Budgetbelastung von Flotten und Fuhrparks einher. Einem aktiven und funktionierenden Schadenmanagement für Fuhrparks in Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen kommt somit eine immer größere Bedeutung zu: Bei großen, mittleren und kleineren Fahrzeugflotten besteht gleichermaßen der Bedarf, sich aktiv – vorbeugend wie nachsorgend – um das Schadenmanagement zu kümmern.

Ziele eines aktiven Schadenmanagements im Fuhrpark
Ein aktives Schadenmanagement dient in erster Linie der Risikoverbesserung der Flotte durch Schadensvorbeugung und Unfallverhütung. Einen entsprechend verbesserten Schadensverlauf vorausgesetzt honorieren Versicherer solche Aktivitäten durchaus mit dem Anpassen der Margen und dem Absenken der Konditionen. Doch auch unter kaufmännischen Gesichtspunkten ist es wichtig, dass bereits direkt nach einem Schadenseintritt professionell und unverzüglich gehandelt wird. Nur ein von Beginn an konsequent angewandtes Schadenmanagement bietet die Möglichkeit, den Aufwand weitgehend zu reduzieren und die Schadensregulierung zu beschleunigen – mit dem angenehmen Nebeneffekt, dass eine beschleunigte Schadensregulierung zugleich auch immer gut ist für die eigene Liquidität.

Dabei hat ein aktives Schadenmanagement mehrere Komponenten, die eineinander greifen: organisatorische, technische, kaufmännische und – last but not least – rechtliche Aspekte. Nachfolgend wird der Blickwinkel vor allem auf einige wichtige juristische Aspekte der gemanagten Schadensabwicklung im Fuhrpark gerichtet.

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Basics – Haftungsgrundlagen im Schadenersatzrecht
Für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen nach Verkehrsunfällen sind grundsätzlich mehrere Anspruchsgrundlagen relevant, die man kennen sollte.

Einerseits können Ansprüche aufgrund der Halterhaftung nach § 7 StVG bestehen. Hierbei handelt es sich um eine Gefährdungshaftung beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs, nach welcher der Halter eines Kraftfahrzeugs für alle beim Betrieb dieses Fahrzeugs entstandenen Schäden haftet. Grund für die verschuldensunabhängige Zurechnung einer entsprechenden Haftung ist der Umstand, dass jemand mit dem grundsätzlich erlaubten (aber eben nicht ungefährlichen) Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein spezifisches Gefährdungsrisiko für andere Verkehrsteilnehmer und Sachen geschaffen hat.

Ebenfalls zum Bereich der Gefährdungshaftung gehörte die Ersatzpflicht des Fahrzeugführers nach § 18 StVG. Danach ist in den Fällen der Halterhaftung nach § 7 Abs.1 StVG auch der Fahrer des Kraftfahrzeugs oder des Anhängers zum Ersatz des Schadens nach den Vorschriften der §§ 8 bis 15 StVG verpflichtet. Eine Exkulpationsmöglichkeit besteht jedoch insoweit, als dass die Ersatzpflicht ausgeschlossen ist, wenn der Schaden nicht durch ein Verschulden des Fahrers verursacht ist.

Ebenfalls eine wichtige Vorschrift aus dem Bereich der Halterhaftung ist § 17 StVG, der die Schadensverursachung durch mehrere Kraftfahrzeuge regelt. Diese Vorschrift betrifft den Fall, dass ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht wurde und die Halter der beteiligten Fahrzeuge dem geschädigten Dritten kraft Gesetzes zum Schadensersatz verpflichtet sind; geregelt wird insoweit eine Quotelung des Schadenersatzes im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander nach dem Grad des Verursachungsbeitrages des einzelnen Schädigers.

Daneben ist auch stets das Deliktsrecht nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch als Grundlage von Schadenersatzansprüchen anwendbar. Primäre Anspruchsgrundlage ist dort regelmäßig § 823 Abs. 1 BGB sowie § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einem sogenannten Schutzgesetz, wie beispielsweise der Verletzung von Schutzvorschriften der Straßenverkehrsordnung oder von strafrechtlichen Normen wie der fahrlässigen (§ 229 StGB) oder vorsätzlichen (§ 223 StGB) Körperverletzung, der fahrlässigen Tötung (§ 222 StGB) oder der nur vorsätzlich begehbaren Sachbeschädigung (§ 303 StGB). Hierbei handelt es sich um eine verschuldensabhängige Haftung, sodass es immer auf eine nachweislich vorwerfbare Begehungsweise, mit anderen Worten ein Verschulden, ankommt.

Weitere wichtige Normen aus dem bürgerlichen Gesetzbuch sind die §§ 249, 251 BGB, welche als Grundvorschriften Art und Umfang des Schadensersatzes regeln. Zu beachten ist, dass der Geschädigte prinzipiell so zu stellen ist, als wäre das schädigende Ereignis nicht eingetreten.

Schließlich ist zu beachten, dass der Geschädigte grundsätzlich einen Direktanspruch gegen den Haftpflichtversicherer des Unfallgegners nach § 115 VVG hat. Danach kann der Geschädigte seinen Anspruch auf Schadensersatz auch unmittelbar gegen den Versicherer geltend machen, wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht (wie der Kfz-Haftpflichtversicherung) handelt. Der Versicherer hat den Schadensersatz in Geld zu leisten und haftet zusammen mit dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer als Gesamtschuldner. Diese Vorschrift ist insoweit praxisrelevant, weil man mit dem gegnerischen Haftpflichtversicherer stets einen liquiden Schuldner vor sich hat.

Allen genannten Haftungsvorschriften gemein ist, dass die Tücke zumeist im Detail der Anspruchsvoraussetzungen liegt, wenn es um die Bearbeitung des konkreten Einzelfalls geht.

Inhalte von Schadenersatzansprüchen im Allgemeinen
Steht die Haftung des ersatzpflichtigen Unfallgegners dem Grunde nach fest ist, so stellt sich regelmäßig die Frage, welche konkreten Forderungen im Detail und der Höhe nach unter Umständen durchgesetzt werden können.

Regelmäßige Schadenpositionen sind üblicherweise die folgenden:
• Reparaturkosten (laut Gutachten oder Reparaturrechnung)
• Wertminderung (verbleibende Wertminderung nach erfolgter sachkundiger Reparatur)
• Sachverständigenkosten
• Nutzungsausfall (Nutzungswille und Nutzungsmöglichkeit müssen vorhanden sein; bei gewerblich genutzten Fuhrparks bestehen aber Besonderheiten)
• Mietwagenkosten
• Abschleppkosten und Standgebühren
• behördliche Kosten der Fahrzeugabmeldung im Falle des Totalschadens
• Unfallpauschale als Aufwandsentschädigung für unfallbedingte Wege, Telefonate, Porti etc. (ca. 25,00 EUR bis 30,00 EUR, bei Einzelnachweis gegebenenfalls auch höher)
• Nebenkosten wie Finanzierungskosten
• Schmerzensgeld
• Attestkosten
• Kosten einer ärztlichen Behandlung (soweit diese Ansprüche nicht auf den Krankenversicherer übergegangen sind)
• Verdienstausfall (konkret nachzuweisen; Verlagerungen der Arbeitszeit und Freizeiteinengung führen nicht zum Verdienstausfall)

Diese Aufzählung ist nicht abschließend. Entstandener Ärger beziehungsweise Zeitaufwand zur Regelung bestimmter Angelegenheiten wird allerdings nicht beglichen.

Bei Beauftragung eines Rechtsanwalts gehören auch die Anwaltskosten zu den ersatzfähigen Schadenposition und werden von der gegnerischen Haftpflichtversicherung ebenfalls bezahlt und anhand des anerkannten Schadensersatzbetrags errechnet.

Im Einzelnen können die vorgenannten Schadenpositionen durchaus problematisch sein: In der Regulierungspraxis sind in Fuhrparks mit gewerblichen Fahrzeugen grundsätzlich auch Mietwagenkosten ebenso zu ersetzen wie bei Privatfahrzeugen. In der Praxis begegnet man diesbezüglich aber häufig Schwierigkeiten, weil viele Versicherer hier nur die sogenannten Vorhaltekosten für ein Ersatzfahrzeug ersetzen wollen. Insoweit kann man beim gegnerischen Versicherer nachfragen, ob statt der Vorhaltekosten auch die Aufwendungen für Nutzungsausfall als erstattungsfähig anerkannt werden.

In der gerichtlichen Praxis waren jedenfalls in der letzten Zeit die Mietwagenkosten beziehungsweise der Unfallersatztarif Gegenstand von zahlreichen Streitigkeiten, vor allem bei der Frage der Bemessung nach Schwacke-Liste oder nach dem Fraunhofer-Mietpreisspiegel, oder nach einem arithmetischen Mittel aus beiden (so zuletzt LG Offenburg, Urteil vom 04.10.2011, Az. 1 S 4/11, BB 2011, 2626).

Insoweit ist der Fuhrparkverantwortliche gehalten, sich über die Reichweite der entsprechenden Ansprüche entweder durch fachliche Beratung im Einzelfall zu informieren oder sich entsprechend fortzubilden.

Maßnahmen der effektiven Schadenregulierung
Zu einer möglichst effizienten Schadenregulierung gehören im Wesentlichen alle Maßnahmen, die zu einer optimalen Erledigung und Abwicklung eines Schadensfalls notwendig sind. Hierzu gehören, angefangen bei der Schadenaufnahme und -dokumentierung, das Einschalten von geeigneten Sachverständigen, die Besorgung aller zur Schadensregulierung erforderlichen Unterlagen, die Erstellung von Schadensmeldungen an Versicherer sowie die Abwicklung der insgesamt anfallenden Korrespondenz.

Bei der Schadenaufnahme wird die Schadenmeldung des unfallbeteiligten Fahrers entgegengenommen; es erfolgt eine Vorprüfung auf Eigenund Fremdschaden sowie auf Vollständigkeit der zur Unfallregulierung benötigten Informationen. Besonders hilfreich für die Schadenmeldung des unfallbeteiligten Fahrers wird sich in diesem Zusammenhang erweisen, wenn man den Fahrern aus dem Fuhrpark rechtzeitig Checklisten an die Hand gibt, die griffbereit im Handschuhfach der Fuhrparkfahrzeuge liegen und den Fahrer mit dem richtigen Verhalten am Unfallort sowie der Unfallaufnahme vor Ort vertraut machen. Diesbezügliche Schulungen des Fahrpersonals sind insoweit aber unerlässlich, da die erstmalige Lektüre der Checkliste unmittelbar nach einem Unfallereignis möglicherweise ihr Ziel verfehlt.

Nach Bearbeitung der Schadenaufnahme kann alsdann eine erste Meldung beim eigenen Versicherer erfolgen, und zwar sowohl im Kasko- als auch im Haftpflichtschadenfall.

Als weiterer Punkt ist die Reparaturorganisation zu nennen, bei welcher das verunfallte Fahrzeug in einen entsprechenden Werkstattbetrieb eingeplant werden muss. So kann bereits im Vorfeld ein zuverlässiges Netz an Werkstattpartnern ausgewählt werden, was die Abwicklung von Schadenreparaturen später erheblich erleichtern wird. Bei fahrbereiten und verkehrssicheren Fahrzeugen erfolgt die Planung des Reparaturtermins durch den Fuhrparkverantwortlichen stets in Absprache mit dem Fahrer. Gegebenenfalls sind Kostenvoranschläge einzuholen oder ist ein Sachverständiger zu beauftragen. Erst dann können eine Reparaturfreigabe erteilt und die Termine bis zur Rückgabe des Fahrzeugs an den Fuhrpark überwacht werden. Ferner gehört hierzu auch die Bereitstellung von Interims- oder Poolfahrzeugen während der Durchführung von Reparaturmaßnahmen, damit der Fahrer mobil bleibt.

Ferner beinhaltet das Schadenmanagement auch eine Abwicklung des Unfallschadens mit dem eigenen und dem gegnerischen Versicherer. Die Erstmeldung des Schadens kann telefonisch oder auch über das Internet erfolgen, wobei insbesondere der gegnerische Haftpflichtversicherer nunmehr in eine Prüfung auf Haftung und Deckung eintreten wird, zumindest dem Grunde nach, bis die vollständigen Schadenunterlagen an den Versicherer übersendet worden sind.
Grundsätzlich hat der Geschädigte das Recht, zur fachkundigen Erfassung des ihm entstandenen Sachschadens einen Sachverständigen seiner Wahl hinzuzuziehen. Gleichwohl empfiehlt es sich bei Kaskoschäden, gegebenenfalls die Einholung von Sachverständigengutachten mit dem Versicherer zuvor abzustimmen, auch mit Rücksicht auf eine bestehende Selbstbeteiligung. Bei Haftpflichtschäden hingegen kann ein Gutachten bei Bedarf (beispielsweise technischer oder wirtschaftlicher Totalschaden oder voraussichtlich Reparaturschaden über 750 EUR) eingeholt werden, ohne dass eine entsprechende vorherige Abstimmung mit dem Versicherer notwendig ist. Das Angebot des gegnerischen Versicherers, einen eigenen Versicherungsgutachter zur Schadenaufnahme einzusetzen, ist hingegen mit Vorsicht zu genießen. Man sollte darauf achten, dass insoweit zumindest ein unabhängiges Sachverständigenunternehmen (wie TÜV oder Dekra) oder ein öffentlich bestellter und vereidigter Kraftfahrzeugsachverständiger eingeschaltet wird. Dies kann unter Kostengesichtspunkten durchaus vorteilig sein, weil der gegnerische Versicherer die Kosten für den Gutachter vorlegen muss und das Recht auf Einschaltung eines eigenen Sachverständigen durch den Geschädigten hierdurch nicht ausgeschlossen wird. Auf einen derartigen gänzlichen Ausschluss sollte man sich auch keinesfalls einlassen, weil man sonst Gefahr läuft, sprichwörtlichen den „Bock zum Gärtner“ zu machen. Steht erst einmal der Schadensumfang fest, können alle unfallbedingten Forderungen beim gegnerischen Versicherer unmittelbar angemeldet und durchgesetzt werden.

Wer Schadenmanagement betreibt, wird ferner an einem gewissen Controlling und Buchhaltungswesen nicht vorbeikommen. Insoweit sind Eingangsrechnungen für Reparaturkosten mit Kostenvoranschlägen abzugleichen und Eingangsrechnungen bei Bedarf zu korrigieren und nach Prüfung auszugleichen. Im Verhältnis zum gegnerischen Versicherer sind im Übrigen auch eine Kontrolle der Zahlungseingänge mit einem entsprechenden Mahnwesen bei verzögerten Zahlungen oder ungerechtfertigten Kürzungen durch den gegnerischen Versicherer fester Bestandteil dieser weiteren Aufgaben.

Die ausführliche Dokumentation der Schadenfälle und der aufgewandten Kosten können für ein späteres effektives Reporting hilfreich sein, bei welchem nach genau festgelegten Standards (geordnet nach Fahrer, Fahrzeugtyp, unfallursächlichem Fahrverhalten, Schadenumständen und Schadenhöhe) Aufstellungen gefertigt werden, die einerseits für spätere Prämienverhandlungen mit dem eigenen Versicherer eingesetzt werden können, andererseits aber auch eine fundierte Entscheidungsgrundlage für die Auswahl neuer Fahrzeuge oder für den Bedarf der Schulung von Fahrern (unter dem Gesichtspunkt der Unfallnachsorge beziehungsweise -vorsorge) bieten können.

Einhaltung des Rechtsdienstleistungsgesetzes
Grundsätzlich ist zu beachten, dass auch für die Regulierung von Unfallschäden das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) gilt. Nach der gesetzlichen Definition ist unter Rechtsdienstleistung jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten zu verstehen, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert. Unabhängig davon ist die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen eine Rechtsdienstleistung, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird (Inkassodienstleistung). Dies kann bei der Schadenregulierung nach Unfällen der Fall sein.

Mit dem seit 1.7.2008 in Kraft getretenen Rechtsdienstleistungsgesetz wurde zwar das Beratungsmonopol für rechtliche Dienstleistungen der Rechtsanwälte gelockert, nicht aber aufgehoben. Daher können juristische Laien oder Quereinsteiger ohne die Voraussetzungen einer anwaltlichen Ausbildung keineswegs dieselben Rechtsdienstleistungen wie ein Anwalt anbieten. In § 3 RDG wird insoweit sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die selbstständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur in dem Umfang zulässig ist, in dem sie durch das RDG oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird. Nach § 5 RDG sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind.

Insoweit können auch Fuhrparkverantwortliche rechtliche Dienstleistungen bei der Unfallregulierung als Nebenleistung zu ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit anbieten. Wer Schäden im unternehmenseigenen Kauffuhrpark reguliert, befindet sich insoweit meist auf der sicheren Seite, als dass er diese Schäden durchaus als „Halter“ selbst regulieren darf. Bei Miet- oder Leasingfuhrparks ergeben sich die Zuständigkeiten für die Schadenregulierung üblicherweise aus den mit dem Mietwagen- oder Leasingunternehmen getroffenen vertraglichen Vereinbarungen. Hier kann eine schriftliche Ermächtigung zur Geltendmachung von Schäden bei Miet- und Leasingfahrzeugen die nötige Abhilfe schaffen, damit es nicht zu Verstößen gegen das Rechtdienstleistungsgesetz kommt. Gleiches gilt im Übrigen auch für kreditfinanzierte Fahrzeuge, bei denen man sich die entsprechende Ermächtigung von der finanzierenden Bank beschaffen sollte. Allerdings ist auch nicht zu verschweigen, dass mit einer entsprechenden Schadenregulierungstätigkeit zugleich auch Haftungsrisiken verbunden sind, deren Versicherbarkeit man im Einzelfall überprüfen sollte. Jeder Nichtjurist sollte sich vor Übernahme einer solchen rechtlichen „Annex“-Tätigkeit gut überlegen, ob und inwieweit er seine Tätigkeitspalette in diese Richtung erweitert.

Beruhigend ist sicherlich, dass es bislang offenbar noch keine veröffentlichten Gerichtsentscheidungen in Bezug auf Verstöße gegen das Rechtdienstleistungsgesetz durch Fuhrparkverantwortliche gibt. In der gerichtlichen Praxis der jüngsten Zeit war vielmehr Thema, ob Mietwagenunternehmer im Falle sicherungshalber abgetretener Schadensersatzforderungen von Kunden im Unfallersatzwagengeschäft zur Geltendmachung von Ansprüchen aktivlegitimiert sind oder ob die erfolgte Abtretung wegen Verstoßes gegen Vorschriften des Rechtsdienstleistungsgesetzes gemäß § 134 BGB nichtig ist. So vertreten die Landgerichte Stuttgart (4 S 154/10; 4 S 278/10, 5 S 207/10), Saarbrücken (7 O 222/09), Konstanz (61 S 40/10 c) sowie etliche Amtsgerichte die Auffassung, die gerichtliche Geltendmachung abgetretener Schadensersatzforderungen durch Mietwagenunternehmen stellten verbotswidrige Rechtsdienstleistungen dar mit der Folge, dass die entsprechenden Abtretungsvereinbarungen gemäß § 134 BGB nichtig seien. Demgegenüber sind die Landgerichte Baden-Baden (3 S 78/09), Darmstadt (25 S 230/09), Frankenthal (2 S 163/10), Köln (9 S 252/10), Mönchen-Gladbach (5 S 110/08), Stade (1 S 37/10) und verschiedene Amtsgerichte wie AG Waiblingen (8 C 1039/10), AG Köln (266 C 63/10) der gegenteiligen Auffassung.

Das OLG Stuttgart (Urteil vom 18.08.2011, Az. 7 U 109/11) hat sich kürzlich der letztgenannten Ansicht angeschlossen, da der Betreiber eines Kfz- Vermietungsgeschäfts eben kein Inkasso-Unternehmen betreibt. Die Abtretung der Schadensersatzansprüche der Kunden erfolgte vielmehr nur sicherungshalber. Dies ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, da ein Sicherungsbedürfnis des Kfz-Vermieters anzuerkennen ist. Tritt der Sicherungsfall ein, so verfolgt der Kfz-Vermieter mit der Geltendmachung der abgetretenen Forderung kein fremdes Geschäft; gerade im Sicherungsfall ist die Verwertung der Sicherheit vielmehr ein eigenes Geschäft der Klägerin, weshalb es bereits sowohl an der Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten im Sinne von § 2 Abs. 1 RDG als auch an einem geschäftsmäßigen Inkasso gemäß § 2 Abs.2 RDG fehlt.

Eine unerlaubte außergerichtliche Rechtsdienstleistung kann abgemahnt und außerdem von den zuständigen Behörden untersagt werden. Abmahnungen kommen in der Praxis zumeist von Rechtsanwälten, die ebenfalls Verkehrsunfallschäden regulieren. Ferner stellt die Erbringung von Rechtsdienstleistungen ohne das Vorliegen einer nach § 10 Abs.1 RDG erforderlichen Registrierung eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße bis zu fünftausend Euro geahndet werden kann. Fuhrparkverantwortliche sollten sich daher – gegebenenfalls durch eine entsprechende Beratung – vergewissern, dass die von ihnen getroffenen Maßnahmenkataloge zur Schadensregulierung mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz konform sind.

Outsourcing – Schadenregulierung durch Rechtsanwalt oder Dienstleister
Eine der Gretchenfragen der Schadenregulierung ist, ob man Unfallschäden im Fuhrpark selbst reguliert oder ob man hierfür nicht lieber gleich einen Profi wie einen im Verkehrsrecht tätigen Rechtsanwalt oder Fachanwalt für Verkehrsrecht beauftragt. Daneben bietet inzwischen auch eine ganze Reihe von Versicherungs- und Leasingunternehmen ein professionelles Schadenmanagement an, wobei man sich im Schadensfall abgesehen von einer Schadenmeldung dann auch im Weiteren um (fast) nichts mehr kümmern muss. Der Vorteil einer entsprechenden Auslagerung der Unfallregulierungsaufgaben ist zunächst einmal ein zeitlicher – man kann sich darauf beschränken, zuerst einen entsprechenden Input zu geben und alsdann den Fortgang der Schadenregulierung zu überwachen.

Bei Entscheidung über das Outsourcing sollte man zudem überdenken, ob neben Sachschäden an Fahrzeugen aus dem Fuhrpark zugleich auch Personenschäden der betroffenen Fahrer und Beifahrer (statistisch 12 Prozent der Unfälle) zu regulieren sind. Die Geltendmachung von Ersatzansprüchen für Personenschäden wegen Körperverletzung (und dazu gehört auch bereits ein HWS-Schleudertrauma) oder sogar Todesfällen sollte stets an Rechtsanwälte ausgelagert oder den geschädigten Personen selbst überlassen werden. Denn die Geltendmachung von Ersatz für Personenschäden und Schmerzensgeld, das Aushandeln von Schadensquoten und ähnliche bei streitigen Schadensfällen erforderliche Maßnahmen sind grundsätzlich nicht Nebenleistung im Sinne des § 5 Abs.1 RDG (siehe dazu LG Koblenz, Urteil vom 17.03.2009, Az. 4 HK O 140/08, 4 HKO 140/08, DAR 2009, 275, zum Wettbewerbsverstoß bei Angebot einer Verkehrsunfallschadenregulierung durch eine Kraftfahrzeugwerkstatt). In solchen Fällen kann es also zu einer Doppelbearbeitung des gleichen Schadenfalls kommen, wenn der Fuhrparkverantwortliche sich um den Sachschaden selbst kümmert, die Regulierung des Personenschadens hingegen dem Geschädigten selbst (oder dessen Hinterbliebenen) überlässt. Hier mag aus ökonomischer Sicht überlegt werden, ob man in derartigen Fällen nicht besser einheitlich einen Rechtsanwalt beauftragt, der sich dann um den gesamten Schadenfall kümmert.

Ferner sollte bedacht werden, ob der Schadenhergang streitig oder unstreitig ist. In streitigen Fällen kommt es häufig nach einer teilweisen außergerichtlichen Regulierung zum gerichtlichen Streit über offene Restforderungen. Insoweit wäre dann immer noch Zeit, einen Rechtsanwalt einzuschalten, was zumindest dann Sinn macht, wenn der Unfallgegner ebenfalls anwaltlich vertreten ist und es möglicherweise auf Feinheiten bei der Beweisführung oder Prozesstaktik ankommt.
Auch der Gegenstandswert des Unfallschadens kann ein maßgebliches Kriterium für ein Outsourcing an eine Rechtsanwaltskanzlei sein, vor allem dann, wenn der Unfallhergang streitig ist, der Gegner eine Haftung gänzlich oder überwiegend ablehnt und / oder eine Schadensumme von 5.000 Euro überschritten wird. Insoweit besteht nämlich ohnehin bei der späteren gerichtlichen Geltendmachung nach § 78 ZPO Anwaltszwang vor den Landgerichten (erstinstanzlich zuständig ab 5.001 Euro, vergleiche § 23GVG) und den Oberlandesgerichten.

Unter Einbeziehung der vorgenannten Überlegungen sollte sich jeder Fuhrparkverantwortliche ein grundlegendes Handlungskonzept für das Outsourcing erstellen, das im Schadensfall als Entscheidungshilfe schematisch abgearbeitet werden kann.

Literaturhinweise: Weiterführende Informationen zur Unfallabwicklung und Schaden-Prozesssteuerung finden Sie unter anderem bei:
• Rieger, Kosten senken durch innovatives Fuhrparkmanagement
• Flottenmanagement Verlag 2007, S. 183 ff.; Ratgeber Dienstwagenmanagement 2011, VR Leasing AG, Deloitte Touche, Dataforce, FAZ Institut, 2011

Rechtsanwalt Lutz D. Fischer, Lohmar
Kontakt: kanzlei@fischer-lohmar.de
Internet: www.fischer-lohmar.de

 

Rechtsprechung

Haftung und Verkehrssicherungspflicht bei PKW-Schäden durch Frostschaden an Straße
Der beklagten Kommune kann – bezogen auf den zur Entscheidung anstehenden Einzelfall – eine Verletzung der ihr obliegenden Verkehrssicherungspflicht (§ 10 Nds. StrG) nicht angelastet werden.

Nach den in den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs aufgestellten Grundsätzen sind Vorsorgemaßnahmen nur dann geboten, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die naheliegende Möglichkeit einer Rechtsgutverletzung ergibt. Das ist anzunehmen, wenn eine Gefahrenquelle trotz Anwendung der von den Verkehrsteilnehmern zu erwartenden eigenen Sorgfalt nicht rechtzeitig erkennbar ist oder diese sich auf die Gefahrenlage nicht rechtzeitig einstellen können. Grundsätzlich muss der Benutzer öffentlicher Wege und Straßen diese in dem Zustand hinnehmen, wie sie sich ihm erkennbar darbieten. Mit zumutbaren Mitteln lässt sich eine völlige Gefahrlosigkeit nicht erreichen. Nach Maßgabe dieser aufgestellten Grundsätze kann die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht nicht festgestellt werden.

Die beklagte Kommune hat zutreffend darauf hingewiesen, während des langen strengen Winters 2009/2010 mit dauerhaftem Frost sei mit erheblichen Straßenschäden – insbesondere Schlaglöchern – zu rechnen gewesen. Diese Problematik wurde in den Medien oftmals thematisiert. Unter Berücksichtigung des Straßennetzes war es Kommunen witterungs- und kapazitätsbedingt sowie auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht möglich und zumutbar, die vielfältigen und erheblichen Straßenschäden zeitnah sowie dauerhaft auszubessern. Das gilt insbesondere – wie hier – für wenig befahrene Nebenstraßen mit untergeordneter Verkehrsbedeutung. Schon deshalb ist von Verkehrsteilnehmern erhöhte Vorsicht, Aufmerksamkeit und Sorgfalt zu erwarten.

Der Benutzer von Straßen in ländlichen Bereichen, die oftmals auch von landwirtschaftlichen Fahrzeugen und schweren Landmaschinen benutzt werden, muss stets mit Unregelmäßigkeiten der Straßenoberfläche und schadhaften Stellen der Straße rechnen. Das gilt insbesondere in den Wintermonaten, weil allgemein bekannt ist, dass durch Frost Schäden an der Fahrbahn hervorgerufen werden.

Die Straße wies Spurrinnen und Schlaglöcher in der Fahrbahn auf; sie befand sich aber nicht in einem derart desolaten Zustand, dass ihre Sperrung veranlasst war.

Die Ehefrau des Klägers befuhr die Straße mit dem PKW des Klägers statt mit den erlaubten 60 km/h nur mit schätzungsweise 30 km/h, weil sie selbst wegen der tiefen Spurrillen eine von der Straße ausgehende Gefahr erkannt hatte. Unter diesen Umständen bedurfte es in der konkreten Situation keines Warnhinweises beziehungsweise einer Geschwindigkeitsbeschränkung. Die Fahrerin des beschädigten PKW war selbst durch den von ihr erkannten Straßenzustand gewarnt und hatte deshalb eine Reduzierung der gefahrenen Geschwindigkeit für notwendig gehalten. Im Scheinwerferlicht des PKW musste sie als Fahrerin bei gehöriger Aufmerksamkeit auch die hochgestellten Pflastersteine ohne weiteres erkennen und sich auf diese besondere Situation – etwa indem sie möglichst weit rechts fuhr – einstellen. Gegebenenfalls musste sie – unter Beachtung des verkehrsrechtlichen Grundsatzes des Fahrens auf Sicht (§ 3 Abs. 1 StVO) – die Geschwindigkeit noch weiter verringern, um die Stelle gefahrlos passieren zu können, oder aber sich zu einem Anhalten entscheiden. Vorliegend trifft den Kläger zudem ein erhebliches Mitverschulden gemäß § 254 BGB, das eine etwaige, vorliegend nicht feststellbare Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vollständig zurücktreten lässt. Er muss sich das Verhalten seiner Ehefrau als Fahrerin seines PKW zurechnen lassen. Seine Ehefrau hatte trotz des erkannten schlechten Straßenzustands sowie der Erkennbarkeit hochgestellter Steine auf eigene Gefahr gehandelt und sich bewusst in die Gefahr drohender Eigengefährdung begeben. Die von ihr gefahrene Geschwindigkeit von circa 30 km/h war nach den konkreten Umständen zu hoch. OLG Oldenburg, Urteil vom 29.04.2011, Az. 6 U 17/11

Mitwirkungspflicht zur Fahrerfeststellung bei Verkehrsverstoß mit Firmenfahrzeug
Leitsätze:
1. Die unterbliebene Übersendung eines Anhörungsbogens im Ordnungswidrigkeitenverfahren ist für die Rechtmäßigkeit einer Fahrtenbuchauflage unerheblich, wenn der Fahrzeughalter im Rahmen des Ordnungswidrigkeitenverfahrens durch den Ermittlungsdienst der Behörde zu dem Verkehrsverstoß und dem möglichen Fahrer befragt wurde.
2. Zum Umfang der Mitwirkungspflicht eines Kaufmanns im Ordnungswidrigkeitenverfahren.

Aus den Gründen:
Es ist grundsätzlich Sache des Halters, Angaben zu der Person zu machen, die zum fraglichen Zeitpunkt sein Fahrzeug geführt hat. Dem Halter obliegt es, zur Aufklärung eines mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoßes so weit mitzuwirken, wie es ihm möglich und zumutbar ist. Dazu gehört insbesondere, dass er den bekannten oder auf einem vorgelegten Radarfoto erkannten Fahrer benennt oder zumindest den möglichen Täterkreis eingrenzt und die Täterfeststellung durch Nachfragen im Kreis der Nutzungsberechtigten fördert. Der Halter war im Rahmen der Ermittlungen nicht nur gehalten, einen ihm bekannten Täter zu benennen oder die Täterfeststellung durch Nachfragen im Kreis der Nutzungsberechtigten zu fördern, sondern es oblag ihm auch, den Täterkreis gegenüber der Ordnungswidrigkeitenbehörde so umfassend wie möglich einzugrenzen.

Dem Halter, einem Unternehmen in Form einer GmbH, war es grundsätzlich möglich und zuzumuten, auch ohne Einsichtnahme in die Ermittlungsakten den verantwortlichen Fahrzeugführer oder jedenfalls einen eingrenzbaren Personenkreis durch sachgerechte Organisation und Dokumentation der innerbetrieblichen Abläufe zu ermitteln. Denn bei Verkehrsverstößen, die mit einem Firmenfahrzeug eines Kaufmanns im geschäftlichen Zusammenhang begangen worden sind, trifft die Geschäftsleitung eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Anders als etwa bei der Benutzung eines privaten Kraftfahrzeugs liegt eine längerfristige Dokumentation im kaufmännischen Eigeninteresse, schon um Vorkehrungen gegen missbräuchliche Verwendungen der Fahrzeuge für Privatfahrten zu treffen oder in Schadensfällen Ersatzansprüche belegen zu können. Es fällt in die Sphäre des Unternehmens, organisatorische Vorkehrungen dafür zu treffen, dass im Falle einer Verkehrszuwiderhandlung ohne Rücksicht auf die Erinnerung Einzelner festgestellt werden kann, welche Person zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmtes Geschäftsfahrzeug benutzt hat. Die Geschäftsleitung muss zumindest in der Lage sein, der Behörde die Firmenangehörigen zu nennen, denen das betreffende Fahrzeug zugerechnet werden kann. Der Obliegenheit als Fahrzeughalter, bei der Feststellung des Fahrzeugführers im Ordnungswidrigkeitenbeziehungsweise Verwaltungsverfahren mitzuwirken, kann die GmbH deshalb dann, wenn das Fahrzeug geschäftlich genutzt wurde, nicht mit der Behauptung genügen, es sei ihr unmöglich, den Fahrzeugführer ausfindig zu machen. Dies rechtfertigt sich mit Rücksicht auf die handelsrechtlichen Verpflichtungen eines Kaufmanns zur Führung und Aufbewahrung von Büchern, aus denen sich Geschäftsvorfälle „in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen“ (§§ 238 Abs.1, 257 HGB) sowie aus dem Umstand, dass es unabhängig von der Reichweite dieser Vorschriften sachgerechtem kaufmännischem Verhalten entspricht, auch die Geschäftsfahrten längerfristig zu dokumentieren. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 12.08.2011, Az. 14 L 716/11

Fahrtenbuchauflage schon nach erstmaligem Verkehrsverstoß möglich
Die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage ist bereits möglich, wenn der Fahrzeughalter seinen ersten Punkt in Flensburg erhält. Voraussetzung ist allerdings, dass die Behörde den Fahrzeugführer nicht feststellen kann. Das ist auch dann der Fall, wenn der Fahrer nicht innerhalb der für die Festsetzung des Bußgeldes geltenden Verjährungsfrist von drei Monaten ermittelt werden kann. Dies entschied das Verwaltungsgericht Trier am 9. März 2011 (AZ: 1 L 154/11).

Der zuständige Landkreis hatte angeordnet, dass der Fahrzeughalter für die Dauer von sechs Monaten ein Fahrtenbuch führen müsse. Er hatte zuvor die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb einer geschlossenen Ortschaft von dort 50 km/h um 24 km/h überschritten. Der Fahrzeughalter hatte in seiner Anhörung als Beschuldigter den Verkehrsverstoß zunächst zugegeben, dann jedoch im Einspruchsverfahren gegen den Bußgeldbescheid bestritten, der Fahrer zu sein. Er gab an, sein Sohn habe zu der Zeit den Wagen gefahren. Da zwischenzeitlich die Verjährungsfrist abgelaufen war, konnte kein Bußgeld mehr gegen den Sohn verhängt werden. Daraufhin wurde die Fahrtenbuchauflage erlassen. Verwaltungsgericht Trier, Urteil vom 09.03.2011, Az. 1 L 154/11 (Pressemeldung DAV)

Halterhaftung – Beweislast des Halters für Mitverschulden des Geschädigten
Die aufgrund der Gefährdungshaftung gemäß § 7 Abs.1 StVG bestehende Haftung des beklagten Fahrzeughalters wäre nur bei einem zu berücksichtigenden Mitverschulden des Geschädigten (Kläger) gemäß § 9 StVG i.V.m. § 254 BGB gemindert. Ein Mitverschulden des Klägers ist jedoch nicht zu berücksichtigen, sodass der Halter die dem Grunde nach vollumfänglich haftet.
Für ein solches Mitverschulden des Geschädigten als anspruchsmindernder Umstand ist der Kraftfahrzeughalter darlegungs- und beweispflichtig. Er muss, soweit ein Mitverschulden des Geschädigten nicht unstreitig ist, also darlegen und nachweisen, dass diesen an dem Unfall ein Verursachungsbeitrag trifft, der zu einer Mithaftung führt. Gelingt dies nicht beziehungsweise bleibt der Ablauf des Verkehrsunfalls und damit ein Mitverschulden des nicht als Kraftfahrzeughalter beziehungsweise als Kraftfahrzeugführer am Unfall beteiligten Geschädigten unklar, verbleibt es bei der vollumfänglichen Haftung des Kraftfahrzeughalters. LG Bochum, Urteil vom 21.06.2011, Az. I-9 S 61/11

Schwieriger Schadensbeweis bei Autowaschanlagen mit Schlepptrosse
Ein Autofahrer, der einen Schaden an seinem Fahrzeug nach Benutzung einer Autowaschstraße mit Schlepptrossenbetrieb gegen den Betreiber der Anlage geltend machen will, muss in vollem Umfang beweisen, dass der Schaden allein aus dem Verantwortungsbereich des Betreibers herrührt. Besondere Beweiserleichterungen kommen ihm deshalb nicht zugute, weil Schäden auch durch den Fahrer verursacht sein könnten, der in seinem Fahrzeug an einer Schlepptrosse durch die Anlage hindurchgezogen wird. Nach diesen Grundsätzen hat das Landgericht in zweiter Instanz die Klage einer Berliner Autofahrerin abgewiesen, deren Fahrzeug in einer Waschstraße bei einer Kollision mit dem Trocknungsgebläse beschädigt worden war. In erster Instanz hatte das Amtsgericht Schöneberg der Klage stattgegeben. Das Landgericht führte aus: Es sei trotz Sachverständigengutachtens nicht zu klären, worauf der Schaden zurückzuführen sei. Anders sei die Beweissituation in den Fällen, in denen der Benutzer sein Fahrzeug in der Waschanlage abstelle und der Waschvorgang automatisch ablaufe. In solchen Fällen spräche bei Fahrzeugschäden der erste Anschein für ein Verschulden des Anlagenbetreibers, weil der Fahrzeuginhaber keine Einwirkungsmöglichkeit auf die Bewegungen des Fahrzeuges und den Waschvorgang habe. Das Schadensrisiko träfe dann allein den Waschstraßenbetreiber. LG Berlin, Urteil vom 04.07.2011, Az. 51 S 27/11 (Pressemeldung des Gerichts)

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Anonym

14.04.2021 10:07
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