Auf Start geht‘s los
Erst die moderne Mechatronik macht eine sinnvolle und großflächige Verbreitung von Start-Stopp-Systemen möglich: Punktgenaue Reaktion, hohe Beanspruchung des Anlassers sowie die Kooperation mit zig verschiedenen Getriebetypen erfordern hohe Ingenieurkunst. Inzwischen hat sich die Technik weitgehend etabliert – doch wie lässt sich mit ihr in der Praxis umgehen? Und vor allen Dingen: Was bringt sie?

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Auch wenn frohlockende Botschaften vom nahenden Elektromobil schon seit längerer Zeit durch die Luft wabern: Nein, liebe Kunden, die Zeit ist noch nicht wirklich reif: Das Problem sind schlicht die Energiespeicher, keineswegs die Aggregate selbst. Sogar im nächsten Jahrzehnt – und das ist schließlich noch weit – werden Massen an Autofahrern mit Verbrennungsmotor als Hauptantriebsquelle unterwegs sein, da sind sich Experten sämtlicher Couleur sicher. Und die Nachteile dieser Motorenart sind so vielfältig wie ihr Vorteil der schnellen Energiebeschaffung respektive deren Speicherung entscheidend. Daher steht Optimierung auf dem Plan, um Diesel wie Otto bis zur endgültigen Ablösung das Trinken abzugewöhnen und deren Effizienz zu steigern. Im Gegensatz zum Elektromotor verharrt der Verbrenner im Stillstand, wenn man ihn anhält und wieder freigibt – es wird also ein erneuter Startvorgang mit dem Anlasser nötig, um die – in der Regel vier – Arbeitstakte in Gang zu bringen.
Daher folgt auch nach dem berühmt-berüchtigten Abwürgen ein erneuter Schlüsseldreh. An der Ampel jedoch, wenn das Fahrzeug steht, ist ein Durchlaufen der Maschine reine Energieverschwendung. Außer bei extremen Wetterbedingungen, da erhöhte Heiz- oder Kühlleistung gefragt ist. Sparsame Naturen stellen seit jeher den Motor ab in solchen Fällen – an Bahnschranken mit längeren Standzeiten wird gar darauf hingewiesen. Dann allerdings erlöschen auch Scheinwerfer – bei Dunkelheit kein angenehmer Nebeneffekt – und Radio, es muss also wieder die Zündung eingeschaltet werden. Ganz abgesehen davon: Das Gros der Autofahrer lässt ohnehin laufen. Also muss eine Automatisierung her; außerdem sind größere Batteriekapazitäten erforderlich, um Nebenfunktionen wie Lüftung und Licht während der Standzeit aufrecht zu erhalten. Selbstredend muss der Anlasser an die höhere Belastung angepasst werden, damit kein vorzeitiger Defekt eintritt.
Volkswagen war schon recht früh mit einer solchen Technik unterwegs – der Golf Ecomatic sorgte Mitte der Neunziger für Aufsehen – allerdings lediglich bei einer kleinen Gruppe von Technik- Fans. Immerhin waren Dinge wie eine elektrische Servopumpe, automatisiertes Schaltgetriebe und freilich das Start-Stopp-System keine Fremdwörter für ihn. Nach etwa fünf Sekunden an der Ampel kam der Direkteinspritzer-Diesel zum Stehen. Da weht heute ein anderer Wind. Die e-HDITechnik des PSA-Konzerns beispielsweise schaltet schon ab, wenn das Fahrzeug noch rollt – da das Netz genügend Strom bereitstellt, funktioniert die elektrische Servolenkung weiterhin. Auch hier ist die automatisierte Schaltung übrigens Pflicht, falls am Sprit gespart werden soll. Auch muss es ein Selbstzünder sein – Benziner-Käufer scheinen es mit dem Thema Kraftstoffkonsum wohl nicht ganz so genau zu nehmen. Einerseits passt der Spargedanke ja zu dieser ohnehin effizienteren Motorenvariante, andererseits sind die Herausforderungen groß, weil die im Vergleich zum Otto hohe Kompression die Anlasser-Einheit stark belastet.
Einen konventionellen Anlasser indessen benutzt Peugeot nicht – zu schwach und zu langsam. Stattdessen kommt ein leistungsfähiger Startergenerator zum Einsatz, der die Schwungscheibe kräftig und vor allem schnell anschiebt. So springt der mit mit 18:1 hochverdichtete 1,6 Liter große Selbstzünder derart leichtfüßig an, als würde die Kurbelwelle bei geöffneten Ventilen rotieren. Das fühlt sich bei den meisten Diesel-Start-Stoppern zugegeben härter an, muss aber keineswegs von Nachteil sein. Auch ein herkömmlicher Anlasser kann dem Kolbentriebwerk schnell Leben einhauchen, so dass an der Ampel keine Verzögerung entsteht. Wenn der Motor dann überhaupt noch stillsteht. Meist sorgt die Klimatisierung dafür, dass Energienachschub aus dem Kraftstofftank gefragt ist und vorzeitig wieder gestartet wird – besonders lange Rotlichtzyklen überleben die Stopp-Phasen meist nicht.
Bei den Hybriden sieht das anders aus – selbst milde Ausführungen sind in der Regel mit ausgezeichneten Kapazitäten elektrischer Energie ausgerüstet, da bleibt der Verbrenner gar für die Dauer geschlossener Bahnschranken stumm. Um die Stopp-Zeit zu dokumentieren, installieren manche Hersteller einen Zeitzähler, der im Fenster des Bordcomputers erscheint – übrigens eine gute Gelegenheit, einmal zu beobachten, wie lange man tatsächlich an der roten Ampel steht. Zu den letzten Innovationen im Bereich Start-Stopp gehören zweifelsfrei Automatikgetriebe, deren eingelegte Fahrstufe den Motor nicht mehr am Anspringen hindert. Volkswagens und Porsches Doppelkupplungen beherrschen diese Spielart ebenso wie die neuste Wandlerautomaten- Generation von Mercedes oder ZF, indem der Öldruck im Getriebe mit Hilfe eines Speichers während der Ruhezeit aufrecht erhalten wird.

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Doch wie wirksam ist das Motorabschalten an der Ampel? Man muss sich natürlich bewusst sein, dass der Verbrenner ausgerechnet dann ruht, wenn er ohnehin nicht viel Energie zieht – nämlich im Leerlauf. Viel Sprit fließt immer dann durch die Leitungen, wenn Trägheit überwunden werden muss, also beim kräftigen Anfahren aus dem Stand. So gesehen ist die Ersparnis natürlich gering. Betrachtet man indes den Ausschnitt „Stadtverkehr”, sieht die Bilanz wieder anders aus, zumal dieser Zyklus zu den besonders energieintensiven gehört. Von bis zu 15 Prozent Verbrauchsreduktion ist die Rede – keine schlechte Sache. Ob sich das Start-Stopp- System in monetärer Hinsicht lohnt, kommt auf das einzelne Fahrzeug an – Aufpreise von mehreren hundert Euro jedenfalls sind eher ein Tribut an das Umweltgewissen, weniger ans Portemonnaie. Unterm Strich aber ist der technische Aufwand überschaubar und die Ersparnis signifikant. Abgesehen davon ist der psychologische Effekt doch zweifelsfrei der schönste: Das gute Gefühl, an langen Ampelstopps keinen Kraftstoff zu verbrennen, lässt sich mit Geld kaum aufwiegen.
Wer bietet was?
Start-Stopp-Systeme sind zwar heute weitgehend etabliert, aber noch lange nicht in allen Baureihen der anbietenden Marken verfügbar. Daher kann ein genaues Studium der Preislisten nicht schaden. Der Volkswagen-Konzern bietet eine breite Palette an Fahrzeugen mit entsprechender Technik für seine Volumenlabels Audi, VW, Skoda, Seat und gar Porsche, sowohl bei Modellen mit manueller Schaltung als auch mit Automatikgetriebe. Ebenso stoppen fast alle Mercedes-Varianten ihre Triebwerke an der Ampel – auch in Verbindung mit der Wandlerautomatik. Gleiches gilt für BMW. Opel kredenzt die clevere Spritspareinrichtung bei den EcoFlex-Modellen sowohl diesel- als auch benzinerseitig. Ford, Renault und Volvo bieten ausgewählte Fahrzeuge an – das gilt ebenso für fast alle Importeure wie den Fiat-Konzern, PSA und die meisten Japaner. Citroën und Peugeot setzen für ausgewählte HDI-Varianten einen Startergenerator ein, der das Triebwerk blitzschnell wieder anlässt. Kia und Hyundai überlassen dem Kunden, ob er eine Start-Stopp-Anlage nutzen und zahlen möchte; bestimmte Jaguar sowie Land Rover- Modelle stoppen ihre Aggregate inzwischen auch, falls die Gänge automatisch gewechselt werden.

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