Fahren ohne Ende geht nicht

Auch im Außendienst-Fuhrpark spielen Lenk- und Arbeitszeiten eine Rolle

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Autofahren ermüdet. So banal das klingen mag, so wahr das ist, es wird vielerorts immer noch ungern thematisiert, und wenn, dann in der Weise, dass gern alte Rekorde von früher zum Besten gegeben werden – „über 1.000 Kilometer nach Spanien an einem Tag“, mit der „Ente“ oder dem „R4“. Das kommt bisweilen dann so herüber, als müsste sich der Fahrer etwas vergeben, gäbe er zu, dass auch ihn Langstrecken schlauchen. Bestenfalls wird dann noch eingeräumt, man hätte falsch gesessen.

Dabei ist das aus mehreren Gründen auch im Fuhrpark ein nicht zu unterschätzendes Thema. Wie hatte das doch ein Vertriebsleiter am Rande eines Fuhrparkmanagement-Seminars treffend charakterisiert: „Man liest immer in den Kalkulationen der Fahrzeuge von Laufleistungen 50.000 Kilometer pro Jahr, die fahre ich auch, und das heißt: Ich bin praktisch nur auf Achse.“

Nun sind Lenk- und Ruhezeiten für Fahrer schon lange aus dem Lkw- und Bus-Bereich bekannt, und dass das dort so lange gilt und immer wieder sichtbar kontrolliert wird, mag indirekt mit dazu beitragen, dass sich im Pkw-Bereich kaum jemand Gedanken darüber macht. Es gehört ja auch nicht unbedingt zur allgemeinen Lebenserfahrung, dass ein Pkw-Fahrer im Rahmen einer Verkehrskontrolle befragt wird, wie lange er denn schon am Steuer sitze. Ein Außendienstler kann offenbar fröhlich am selben Tag von Köln nach Hamburg und zurück fahren, dabei zehn Stunden oder länger hinter dem Lenkrad sitzen, juristisch betrachtet scheint zunächst einmal kein Hahn danach zu krähen. Aber so einfach ist das nicht, wenn es dabei um Fuhrpark-Fahrzeuge geht.

Da sind vornweg die Lenk- und Ruhezeiten schon im Transporterbereich relevant, konkreter, im Bereich 2,8 bis 3,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht. Wo solche Fahrzeuge schon nur am Fuhrparkrand vorkommen, können Flottenbetreiber und Fuhrparkmanager im Falle eines Falles automatisch involviert sein. Dabei ist bereits zu beachten, ob es sich bei der Tätigkeit der Transporter- Fahrer wesentlich um eine Fahrer-Tätigkeit handelt, und das ist schon dann gegeben, wenn die Fahrer zu mehr als 50 Prozent ihrer Tätigkeit hinter dem Lenkrad sitzen. Dann dürften sie beispielsweise schon nicht mehr an einem Tag sechs Stunden am Stück von Bonn nach Leipzig fahren. Denn was schreiben die gesetzlichen Bestimmungen wesentlich zu Lenk- und Ruhezeiten im Einzelnen vor

Die Tageslenkzeit darf insgesamt neun Stunden und ohne Fahrtunterbrechung 4,5 Stunden nicht überschreiten. Spätestens nach 4,5 Stunden muss eine Fahrtunterbrechung von mindestens 45 Minuten ohne Ausführung einer anderen Arbeit eingehalten werden. Die Wochenlenkzeit darf höchstens 56 Stunden betragen, die für zwei Wochen aber 90 Stunden nicht überschreiten.

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Die regelmäßige tägliche Ruhezeit, in der der Fahrer über eine bestimmte Mindestdauer ununterbrochen frei verfügen kann, umfasst mindestens elf Stunden. Dauert sie mindestens neun Stunden, handelt es sich um eine reduzierte tägliche Ruhezeit. Der Fahrer muss innerhalb jedes 24-Stunden-Zeitraumes, der nicht mit dem Kalendertag identisch sein muss, eine tägliche Ruhezeit einlegen. Die tägliche Ruhezeit kann dreimal zwischen zwei wöchentlichen Ruhezeiten auf neun Stunden verkürzt werden, ohne dass die verkürzte Zeit nachgeholt werden müsste.

Es gibt hier noch Ausnahmeregelungen für Polizei, Zivilschutz, Rettungsdienste oder Buslinien- Verkehr bis zu 50 Kilometer Streckenlänge beispielsweise, aber vom Grundsatz her gilt das so. Die Lenk- und Ruhezeiten für Fahrer von Fahrzeugen mit zulässiger Höchstmasse einschließlich Anhänger (!) von über 3,5 Tonnen im gewerblichen Güter- oder Personenverkehr sind innerhalb der Europäischen Gemeinschaft in der Verordnung (EG) 561/2006 geregelt, in Deutschland werden zudem durch die Fahrpersonalverordnung (FPersV) bereits Fahrzeuge ab 2,8 Tonnen erfasst, aufgezeichnet werden sie gewöhnlich durch das so genannte EG-Kontrollgerät. Bei Fahrzeugen bis 3,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht ist bei fehlendem Kontrollgerät ein handschriftlicher Arbeitszeitnachweis (Tageskontrollblatt) vorgeschrieben, seit 16. Dezember 2009 auf dem neuen Formblatt der Europäischen Kommission.

Unbeschadet dieser EG-Verordnung und der Fahrpersonalverordnung aber gilt für alle Fahrer in einem Arbeitsverhältnis unabhängig vom zulässigen Gesamtgewicht des Fahrzeuges – und damit kann das Thema durchaus im Pkw-Bereich ankommen – auch noch das Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Während die EG-Verordnung Lenkzeiten und Ruhepausen regelt, legt das Arbeitszeitgesetz die zulässige (Höchst-)Arbeitszeit fest. Der entscheidende Punkt für Fuhrparkbetreiber: Es sind beide Vorschriften zu beachten.

Im Arbeitszeitgesetz beträgt die tägliche Höchstarbeitszeit im Durchschnitt acht Stunden, maximal zehn. Es enthält aber eine Sonderbestimmung für die Beschäftigung im Straßentransport, wonach Arbeitsbereitschaft, Bereitschaftsdienst, die Zeit als Beifahrer oder in der Schlafkabine verbracht keine Arbeitszeiten im Sinne des Arbeitsschutzes sind (§21a Abs. 3 Arbeitszeitgesetz). Dies kann dazu führen, dass der Fahrer länger als zehn Stunden am Arbeitsplatz anwesend ist, ohne dass die Höchstarbeitszeit überschritten ist. Hierdurch vergrößert sich scheinbar das Zeitfenster, in dem ein Fahrer eingesetzt werden kann, in gewerblich fahrerischer Tätigkeit muss es jedoch als Lenkzeit berücksichtigt werden.

„Beispiel: Ein Mitarbeiter im Außendienst verursacht einen Unfall mit Körperverletzung“, verdeutlicht Thomas Krüger, Geschäftsführer der Technology Content Services GmbH (TCS), Partner der TÜV Rheinland Group. „Die Überprüfung der Betriebsorganisation ergibt, dass die betrieblichen Pflichten bezüglich Arbeitsschutz weitestgehend vernachlässigt wurden. Dann wird der Staatsanwalt gegebenenfalls automatisch auch ein Ermittlungsverfahren gegen Fuhrparkleiter oder / und Geschäftsführer einleiten.“

Verstößt ein Fahrer gegen die höchstzulässigen Lenkzeiten, so kann nicht nur gegen ihn selbst, sondern auch gegen seinen Arbeitgeber oder gegen die dort handelnden Personen ein Bußgeld, eine Geld- oder Freiheitsstrafe verhängt werden. Die Verordnung legt auch fest, dass quasi alle Beteiligten an einem Transport sicherstellen müssen, dass die vertraglich vereinbarten Beförderungszeitpläne nicht gegen die Verordnung verstoßen. Gibt beispielsweise der Verlader einen Liefertermin vor, der unter Berücksichtigung der Strecke und Einhaltung der gesetzlichen Lenkund Ruhezeiten nicht zu schaffen ist, muss auch er bei Feststellung eines Verstoßes mit einem Ermittlungsverfahren rechnen.
„Nach dem Arbeitsschutzgesetz ist der Unternehmer verpflichtet, Sicherheit und Gesundheitsschutz auch für die Mitarbeiter im Außendienst zu organisieren“, so Thomas Krüger weiter, „und das heißt auch: Gefährdungen und Belastungen zu ermitteln und zu beurteilen sowie gegebenenfalls organisatorische, technische und/oder persönliche Maßnahmen zu treffen bezüglich der Wirkungskontrolle. Im täglichen Arbeitsleben werden Mitarbeiter mit unterschiedlichen Gefährdungspotenzialen konfrontiert, und dazu gehört auch die psychische Belastung auf Grund von Zeitdruck. Diese Gefährdungen gilt es zu erkennen, das Eintrittsrisiko zu bewerten und zu minimieren. Im §5 Absatz 1 des Arbeitsschutzgesetzes heißt es: Der Arbeitgeber hat durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind.“

Hierbei sei aber nicht immer zwingend der Inhaber eines Unternehmens gemeint. Auch Fuhrparkleiter beispielsweise stünden unter Umständen mit in der Haftung. Zu einer wirkungsvollen Organisation im Unternehmen gehöre eben die Delegation von Unternehmerpflichten an fachlich und persönlich geeignete Mitarbeiter. Der Unternehmer müsse aber dafür Sorge tragen, dass die Person, an die die Verantwortung delegiert werde, zur Ausübung der Verantwortung auf Grund entsprechender Kenntnisse und Entscheidungsbefugnisse in der Lage sei.

„Nach §§ 14, 25ff des Strafgesetzbuches ist derjenige zu bestrafen, der als Beauftragter des Betriebsinhabers oder als Mittäter beziehungsweise Gehilfe – wie beispielsweise auch der Fuhrparkleiter – an einer Straftat mitwirkt. Um hier auf der sicheren Seite zu sein, hat er nach §4 (1) der BGV A1, Grundsätze der Prävention, unter anderem mindestens einmal jährlich die Mitarbeiter bezüglich Gefährdungen und Belastungen sowie notwendigen Schutz- und auch Verhaltensmaßnahmen zu unterweisen. Ein solche Unterweisung muss erforderlichenfalls wiederholt werden, und die Unterweisungen müssen dokumentiert werden.“

Das entbinde letztlich aber keinesfalls den Mitarbeiter selbst von seinen Pflichten, denn durch die hohe eigenverantwortliche Tätigkeit des Außendienstmitarbeiters müsse er häufig selbst Situationen bezüglich Gefährdungen und Belastungen beurteilen und Maßnahmen für Sicherheit und Gesundheitsschutz treffen.

„Dass der Arbeitsschutz bereits seit Ende der 70er-Jahre vom Gesetzgeber gefordert wird, ist den meisten Unternehmen unbekannt“, hat Thomas Krüger festgestellt. „Andererseits ist die Gesetzgebung auf diesem Gebiet teilweise derart komplex, dass sich das Interesse der meisten Unternehmer, eine betriebliche Arbeitsschutz-Organisation vernünftig in den Betrieb zu integrieren, in Grenzen hält. Ein hoher Zeit- und somit augenscheinlich auch finanzieller Aufwand sind nicht selten gehörte Argumente. Dass sich jedoch ein Unternehmer mit mangelnder Arbeitsschutz-Organisation rechtlich und finanziell auf sehr dünnem Eis bewegt, ist vielen nicht bewusst.“

Ungeachtet dessen besteht auch vor dem Hintergrund des so genannten Work-Life-Balance- Prinzips für den Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Mitarbeiten, wonach er auch für ihr Wohlergehen Sorge zu tragen hat. Danach sollten sich Maßnahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements unter anderem auch auf die Verringerung von Stress und die Vermeidung von Burnout-Syndromen konzentrieren.

4 Kommentare

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Anonym

31.10.2014 10:19
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Ich gehe davon aus, daß dann der Brötchengeber eine Übernachtung wird zahlen müssen, idealerweise bei der Anreise, damit beim Meeting ausgeruht und konzentriert argumentiert und verhandelt werden kann. Aber de facto gilt natürlich, wie immer: 1) Das Arbeitsplatz-Totschlag-Argument und 2) Wo kein Kläger,.... :(

Anonym

26.10.2014 11:34
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Wenn ich zu einem Meeting eine An- und Abreise von je 260 km habe, für diese aber durch die Besonderheit der Strecke je ca. 3 bis 4 Stunden benötige, dazwischen das Meeting mit ca. 5 - 6 Stunden, ist das für einen Außendienst zumutbar?

Anonym

28.10.2014 23:55
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Ich könnte mir sehr gut vorstellen, daß es hierbei entscheidend sein kann, ob es sich um einen angestellten Außendienstler handelt oder um einen freiberuflichen. selbständigen Handelsvertreter.

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