Fall-Studien
Für und Wider Kaskoversicherung

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Die Gesetze der Mathematik sind unbeugsam. Wer sie in seinen Kalkulationen wirklich beherzigt, fährt zumeist immer noch am besten. Auch Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik sind mathematische Spezialgebiete, die unter anderem eine wesentliche Grundlage für die Prämien-Kalkulationen der Versicherer bilden. Natürlich kann sich auch der Flottenbetreiber dieser Spezialgebiete bedienen, um die Frage zu beantworten, ob sich für ihn der Abschluss von Kaskoversicherungen überhaupt noch lohnt oder ob er einfach abwartet, bis der Fall der Fälle dann eintritt, und er den Schaden aus eigener Tasche bezahlt.
Dazu ist zunächst noch einmal die Prüfung wichtig, welche Risiken Kaskoversicherungen grundsätzlich abdecken. Die Teilkaskoversicherung erstattet Schäden am eigenen Fahrzeug durch Diebstahl, Brand, unmittelbare Einwirkungen von Sturm, Hagel, Blitzschlag oder Überschwemmung, Wildkollision sowie Glasbruch. Darüber hinaus ist bei Diebstahl oder Zerstörung das serienmäßige Zubehör des Wagens mitversichert. Was dann im Einzelfall zu besagtem Zubehör gerechnet wird, kann den jeweiligen Versicherungsbedingungen entnommen werden, Unwetterschäden bedürfen der Bestätigung durch das Unwetteramt. Einige Versicherer ersetzen über die Teilkasko auch die immer häufigeren Schäden durch Marderbisse. Die Vollkaskoversicherung wiederum umfasst grundsätzlich diese Schäden und darüber hinaus noch Vandalismusschäden (beispielsweise zerkratzter Lack oder zerbeulte Türen) und jene, die durch selbst verschuldete Unfälle entstehen.
Nun ist aber andererseits bei all diesen Schadenfällen schlimmstenfalls der Wert eines Neufahrzeugs zu ersetzen, bei einem gut ausgetatteten Mittelklasse-Wagen beispielsweise durchschnittlich also etwa 30.000 Euro netto. Und nur einmal angenommen, die Flotte wäre 200 Mittelklasse-Wagen stark, die dort zu monatlichen Vollkosten von je 1.000 Euro netto ohne Vollkasko-Versicherung unterwegs wären (die Haftpflichtversicherung ist ja gesetzlich vorgeschrieben), dann würde ihr Betrieb monatlich 200.000 Euro und jährlich knapp 2,4 Millionen Euro verschlingen.
Wenn dann theoretisch alle drei Jahre ein Totalschaden in der Größenordnung von 30.000 Euro netto zu beklagen wäre, würde das die monatlichen Kosten um 833 Euro netto erhöhen, pro Fahrzeug aber nur um 4,17 Euro netto. Und für einen so geringfügigen Betrag ist gegenwärtig auf dem Markt keine Vollkaskoversicherung erhältlich. In einer solchen Situation drängt sich die „Eigenversicherung“ im Sinne von Bezahlen aus eigener Tasche zunächst einmal geradezu auf, das hat auf dem Papier schon so etwas von „Portokasse“. Zudem ist es dabei längst nicht gesagt, dass ein solcher größerer Schaden in der Realität a) alle drei Jahre vorkommt und b) dann auch gleich der Totalschaden eines Neuwagens ist.
„Für kalkulierbare Schäden braucht der Flottenbetreiber keinen Versicherungsschutz“, ist auch Christoph Neumann, Geschäftsführer der Sonntag, Neumann, Jaremko Assekuranzmakler GmbH & Co. KG überzeugt und differenziert: „Er kann die kalkulierbaren Schäden aus seinem Versicherungskonzept herausnehmen und dem Versicherer nur noch die so genannten Großschäden, wie beispielsweise Hochwasser oder Hagel, überlassen, wodurch sich auch schon die Versicherungsprämie gravierend reduzieren würde.“ Und Dennis Podlech, Geschäftsführer der Fahrzeugklinik GmbH, eines Werkstattsystems für Karosserieinstandsetzung und Lackierung, hat sogar herausgefunden: „Überraschenderweise lohnt sich ein Verzicht auf eine Kaskoversicherung schon ab 50 Fahrzeugen.“

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Vorsicht allerdings – das Thema sollte sorgfältig seziert werden. So haben beispielsweise die Betreiber geleaster oder finanzierter Fahrzeuge kaum eine Chance, den Vollkaskoschutz auszuschließen, gemeinhin ist er in solchen Fällen Pflicht. Auch täuscht der eingangs zitierte Modellfall natürlich über eine Vielzahl kleinerer, selbstverschuldeter Schäden hinweg; ganz weit vorn in den Schadenstatistiken der Fuhrparks liegen ja beispielsweise die Parkschäden, die sich über die Jahre auch zu ganz stolzen Beträgen addieren können. Da rappelt es bei 200 Fahrzeugen schon einmal deutlich häufiger.
Apropos Statistik: Auch eine aussagekräftige Schaden-Statistik muss beim Flottenbetreiber erst einmal angelegt sein, und welcher Zeitraum gilt dann als aussagekräftig, fünf Jahre, zehn Jahre? Wer beispielsweise mit seiner Flotte gerade beginnt, verfügt eigentlich noch über gar keine eigenen Erfahrungswerte... Was ist, wenn die Flotte abends üblicherweise auf dem Firmengelände geparkt wird (wie etwa eine Transporterflotte) und dann nachts von einem Unwetter durcheinander geschwemmt wird, vielleicht 15 oder 20 Fahrzeuge auf einmal? Liegt dann immer eine halbe Million Euro in der „Portokasse“ parat
Das sind die Parameter, die es im Fuhrpark- Einzelfall abzuwägen gilt. Es ist klar, dass die schiere Größe einer Flotte auf jeden Fall das Modell „Eigenversicherung“, will sagen ohne Kasko, eher begünstigt. Schlägt eine Vollkasko-Prämie beispielsweise mit monatlich 45,00 Euro brutto zu Buche (für einen Mittelklasseagen inklusive der nicht abzugsfähigen Versicherungssteuer in Höhe von 19 Prozent), so spart der Flottenbetreiber von 200 Fahrzeugen bei Verzicht darauf monatlich 9.000 und jährlich 108.000 Euro ein.
Das eröffnet einen größeren Spielraum zumindest zur Begleichung selbst verschuldeter Schäden, und es kann davon ausgegangen werden, dass er in diesem Fall in aller Regel in die Gewinnzone fahren wird. Dieses Beispiel macht aber auch schon offenkundig, dass er bei lediglich 50 Fahrzeugen (Einspar-Potenziale 2.250 Euro monatlich / 27.000 Euro jährlich) bereits ein deutlich höheres Risiko fährt – wie gesagt, im Hinblick auf alle selbstverschuldeten Schäden insgesamt. So kann bei einer Flottengröße unter 50 Fahrzeugen dieser Schritt, ohne Kaskoversicherung zu fahren, eigentlich nicht mehr empfohlen werden. Auch bei größeren Flotten ist anzuraten, dass eine Entscheidung für eine „Eigenversicherung“ erst nach einer umfassenden Risiko-Analyse zum Schadenaufkommen und gegebenenfalls der parallelen Ergreifung geeigneter Gegenmaßnahmen zur Eindämmung der Ursachen getroffen wird. Und auch nur dann, wenn sich die Schadenverläufe über die Jahre stabil, also kalkulierbar zeigen.
Das muss aber auch hier nicht zwingend eine Entweder-oder-Entscheidung sein, der Flottenbetreiber muss nicht gleich zu hundert Prozent ins Risiko gehen. Es kann eine durchaus sinnvolle Variante sein, zunächst nur aus dem Schutz für selbstverschuldete Unfälle und Vandalismus auszusteigen und die Teilkaskoversicherung aufrecht zu erhalten.
Ungeachtet dessen gibt es aber noch ganz andere Modelle für adäquaten Risikoschutz, die im Übrigen die Fuhrparkverantwortlichen auch von der Abwicklung der Schäden mit einer Assekuranz entlasten sollen. LeasePlan beispielsweise bietet die alternative Dienstleistung „Haftungstransfer“ an. Hier wird der Kunde im vergleichbaren Umfang einer Kaskoversicherung von seiner Haftung für Schäden freigestellt, nach Unternehmensangaben zu merklich geringeren Kosten. Er kann hier ähnlich der Voll- und Teilkaskoversicherung zwischen vollständiger oder teilweiser Haftungsfreistellung wählen. LeasePlan erhebt einen Risikobeitrag, der individuell für jeden Kunden anhand der Schadenverläufe vorangegangener Jahre errechnet wird. Beitragsanpassungen werden jährlich vorgenommen und führen bei günstigem Schadenverlauf zu sinkenden Kosten. Müssen Beitragserhöhungen vorgenommen werden, entfällt eine rückwirkende Nachschusspflicht.
„Ein ganz wesentlicher Kostenvorteil des Haftungstransfers liegt darin, dass unsere Kunden statt einer Versicherung eine Dienstleistung in Anspruch nehmen“, begründet Dieter Jacobs, Geschäftsleitungsmitglied Fuhrparkmanagement bei LeasePlan. „Dadurch tritt an die Stelle der zurzeit nicht abzugsfähigen Versicherungssteuer in Höhe von 19 Prozent die voll abzugsfähige Mehrwertsteuer.“
Bei Totalschäden oder -entwendungen schließt der Haftungstransfer die Deckung der Differenz zwischen Buch- und Wiederbeschaffungswert automatisch ein (GAP-Ausgleich). Zudem ist eine kostenlose Abwicklung von Schäden und die Verfügbarkeit eines flächendeckenden Karosseriebetrieb-Netzes enthalten, mit dem LeasePlan Konditionen für die Instandsetzung vertraglich festgelegt hat, die administrative Bearbeitung der Schadenfälle, gegebenenfalls bis zur Hinzuziehung von spezialisierten Rechtsanwälten, und die ergänzende Komponente „Risk Management“.
Ein ähnliches Produkt hat Arval unter dem Namen „CART“ aufgelegt, das ebenfalls von der Haftung für Teil- und Vollkaskoschäden an dort geleasten Fahrzeugen freistellt, einen erweiterten Leistungsumfang und die kostenlose, europaweite Nutzung von Pannenhilfe, Schadenservice und Schadenmanagement bietet.
Volkswagen Financial Services wiederum geht in dieser Beziehung mit dem „KaskoDepot“ an den Start. Anstelle einer herkömmlichen Kaskoversicherung kann der Kunde hier für solche Schäden ein eigenes Depot bilden. Aus den Depotzahlungen werden die anfallenden Schäden dann geleistet. Der Flottenbetreiber kann die Depotraten dabei unterjährig anpassen und auf die spezifische Schadensituation des Fuhrparks ausrichten, sofern es zu einer Über- oder Unterschreitung des Depots kommt. Auch hierbei profitiert er von der Vorsteuerabzugsfähigkeit der Mehrwertsteuer beim KaskoDepot. Zu den wesentlichen Leistungen dieser Dienstleistung gehören Beratung, Ermittlung und Empfehlung der monatlichen Depotrate, die komplette Depotverwaltung, eine professionelle Schadenabwicklung inklusive Rechnungsprüfung und Regressforderung sowie ein transparentes Schadenreporting.
Es muss also nicht immer unbedingt eine Kaskoversicherung sein, auch nicht, wenn die Flotte kleiner ist.

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