„Nutzung der Fahrzeuge überdenken“
Interview mit Ludger Reffgen, Mitglied Geschäftsleitung ASL Fleet Services, zum Thema Elektromobilität

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Flottenmanagement: Herr Reffgen, die Bundesregierung sieht für das Jahr 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen. Vor etlichen Jahren hat es einmal eine ähnliche Prognose für Erdgasfahrzeuge für 2010 gegeben, die so nicht in Erfüllung gegangen ist. Sie sind selbst auch Vielfahrer über lange Strecken, was muss Ihrer Meinung nach an Rahmenbedingungen vorliegen, dass diesmal mit der Prognose eine höhere Trefferquote erzielt wird, wo sehen Sie für Elektrofahrzeuge bessere Chancen
Reffgen: In der Tat bin ich Vielfahrer, fahre aber auch einige Zeit im Jahr lediglich die Strecke von zu Hause zum Büro, das sind in meinem Fall etwa 50 Kilometer täglich für die einfache Strecke. Dann steht mein Wagen den ganzen Tag über in der Nähe meines Büros. 50 Kilometer sind für ein Elektroauto aber keine Distanz. An solchen Tagen wäre es also durchaus denkbar, dass ich mit einem Elektrofahrzeug unterwegs wäre. An anderen Tagen benötigte ich sicher ein anders angetriebenes Fahrzeug, mit Verbrennungsmotor, mit Wasserstoffantrieb oder Brennstoffzelle, wegen der höheren Reichweite. In solchen Fällen kann ich mir Pausen unterwegs zum Aufladen des Elektrofahrzeugs nicht leisten. Ergo muss sich unter anderem ändern, dass wir alle unser Nutzungsverhalten in Bezug auf Fahrzeuge ein Stück weit überdenken. Das erfordert aber auch auf Seiten eines jeden Flottenbetreibers eine intelligentere Steuerung der Fahrzeuge. Diese Herausforderung stellt sich den Unternehmen. Welche Rahmenbedingungen müssen geschaffen sein? Das Ziel, bis 2020 eine Millionen Elektrofahrzeuge auf der Straße zu haben, ist sicher kein Selbstläufer. Die Herausforderung an die Fahrzeughersteller, die Fahrzeuge in ausreichender Zahl zu produzieren, ist das eine. Die zweite Herausforderung besteht derzeit darin, diese Fahrzeuge in Deutschland überhaupt auf die Straße zu bringen. Die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen ist weltweit betrachtet deutlich steigend. Sie werden aber dorthin verkauft, wo sie preislich am attraktivsten abzusetzen sind, und das ist dort, wo die Kaufanreize am höchsten sind. Wenn also in Deutschland nicht gefördert wird, bleiben die Betriebskosten dieser Fahrzeuge im Vergleich hoch, und damit sind die Fahrzeuge weniger attraktiv als in anderen Ländern. Erst wenn die Preise durch industrielle Serienfertigung von Batterie und Fahrzeug deutlich sinken, werden sie unter rein kaufmännischen Gesichtspunkten wettbewerbsfähiger und weniger abhängig von staatlicher Förderung.
Flottenmanagement: Nun ist die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen auch im Kreis der Flottenbetreiber plötzlich gestiegen. Sie stehen auch täglich im Kundenkontakt zu Flottenbetreibern, was hören Sie dort aktuell zu diesem Thema
Reffgen: Ich kann diesen Nachfrage-Anstieg nur bestätigen. Allerdings ist es in erster Linie ein Nachfrage-Anstieg nach Informationen, denn das Thema Elektrofahrzeuge ist inzwischen in aller Munde, und genau das war Inhalt unserer eRoadshow. Es gibt aber bereits Kunden, die sagen, ganz gleich welches Auto, wir hätten gern eins, können wir es bei Euch leasen? Und es gibt Kunden, die sagen, unter bestimmten Voraussetzungen wären wir an der Anschaffung eines Elektroautos interessiert. Wir versuchen dann, die richtige Lösung dafür zu finden, beschränken uns aber auf das leider noch extrem eingeschränkte Angebot der klassischen Fahrzeughersteller. Andererseits müssen die Lieferzeiten berücksichtigt werden. Gegenwärtig gibt es kein einziges Serien-Elektroauto eines klassischen Herstellers, das nicht mindestens sechs Monate Lieferzeit hätte. Dessen ungeachtet verzeichnen wir allerdings bereits mehr als 50 konkrete Anfragen in unserem Kundenkreis, Tendenz stetig wachsend.
Flottenmanagement: Wenn Ihre Kunden Fragen zu Elektrofahrzeugen und zur Elektromobilität haben, auf welche Bereiche konzentriert sich das momentan wesentlich

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Reffgen: Das fokussiert sich auf zwei Hauptthemen. Einmal wird die Frage gestellt: Macht ein Elektrofahrzeug für uns Sinn, und auf was müssen wir dabei achten? Könnt Ihr uns bei der Entscheidungsvorbereitung helfen? Dabei geht es dann um Analysen und Informationen aller Art zum Thema, so, wie wir es in unseren üblichen Fuhrparkmanagement-Beratungsprojekten auch praktizieren. Das Zweite ist, dass Fuhrparkbetreiber gern nach außen die Aktivitäten des Unternehmens zum Thema Umweltschutz durch die Verwendung von Elektrofahrzeugen unterstreichen möchten. Letzteres ist ein völlig anderer, aber genauso legitimer Beweggrund.
Flottenmanagement: Wie wird GE Capital /ASL Fleet Services dieses Thema in den nächsten zwei Jahren begleiten
Reffgen: Die mittelfristige Strategie heißt: Wir werden aus unmittelbarer Nähe beobachten, wie sich die Märkte und die Technologie weiterentwickeln. Inzwischen gehören wir zu einem großen Konzern, der selbst über eine erhebliche Kompetenz zu diesem Thema verfügt. Diese werden wir nutzen können und damit sogar Konzepte schmieden, die über das Auto hinausgehen, gerade im Hinblick auf Netz-Infrastruktur, Ladestationen und deren Finanzierung. Zurzeit ist das als Serienprodukt noch nicht wirtschaftlich darstellbar. Wir werden aber zu gegebener Zeit ein entsprechendes Angebot vorlegen.

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