Ob das noch so richtig ist
Full Service Leasing unter der Lupe

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Es liegt wohl weniger an der durchdachten und zwischenzeitlich vielerorts sehr ausgefeilten Konzeption des Full Service-Leasing als viel mehr an den Zeiten, in denen wir leben müssen. Das weitestgehende Outsourcing des Fuhrparkmanagements über diesen vom Handling her vergleichsweise einfacheren Weg, der auch das Vorhalten entsprechender Personalstärke für den Fuhrpark im eigenen Unternehmen sehr begrenzen kann, galt lange Zeit als zeitgemäß, wenn denn nicht als modern. Eine wirtschaftlich schwieriger zu kalkulierende Zukunft führt gemeinhin aber zwangsläufig auch dazu, „dass wir überlegen müssen, ob das alles noch so richtig ist, was wir tun“.
So charmant das klingt, dass mit fester Full Service-Leasingrate die Fuhrparkkosten „stets überschaubar und kalkulierbar bleiben“ und dass damit zumindest ein sehr großer Teil der Fuhrparkkosten von vornherein feststünde und abgedeckt sei, der Fuhrparkbetreiber ist daran über die Laufzeit der Fahrzeuge drei, dreieinhalb oder vier Jahre – auch fest – gebunden. Der Ausstieg aus einem Leasingvertrag während der Laufzeit ist nur in seltenen Ausnahmefällen und dann auch nicht immer leicht möglich.
Hat er sich darüber hinaus mit dem Leasinggeber auf eine geschlossene Kalkulation, will sagen, für ihn nicht prüfbare Rate geeinigt, bei der allerdings das tatsächliche Kostenrisiko zu Lasten des Leasinggebers geht, hat er damit auch ein Stück Durchblick aufgegeben. Bei der geschlossenen Variante verrechnet der Anbieter eine gleichbleibende Rate, es gibt keine Endabrechnung. Bei der offenen Abrechnung wird ebenfalls eine Rate in Rechnung gestellt, am Ende der Laufzeit werden dann allerdings alle Ein- und Auszahlungen abgeglichen.
Der Fuhrparkbetreiber könnte sich aber im Falle der geschlossenen Variante fragen, ob beispielsweise 70 Euro monatlich oder 840 Euro jährlich für „Technik-Service“ oder „Wartung und Verschleiß“ pro Fahrzeug, wie die entsprechenden Full Service-Leasing-Module häufig genannt werden, angemessen oder vielleicht zu viel sind. Oder warum der Service Reifenersatz bei einem bestimmten Modell (und einem bestimmten Leasinganbieter) mit monatlich rund 77 Euro für einen Satz Sommer- und einen Satz Winterreifen zu Buche schlagen muss (bei 36 Monaten Laufzeit). Das wären immerhin 924 Euro im Jahr. Warum kann beispielsweise ein herstellergebundener Leasinganbieter das Modul Wartung und Verschleiß für einen Mittelklasse-Diesel-Kombi schon für 27,50 Euro monatlich anbieten, das bei herstellerunabhängigen Anbietern mindestens das Doppelte kostet. Und mancher Fuhrparkbetreiber fragt sich das heute bereits.
Flottenmanagement hat sechs sehr flottenrelevante Mittelklasse-Diesel-Kombis deutscher Hersteller bei drei herstellerunabhängigen Leasinggesellschaften im Hinblick auf die Full Service-Leasingraten inklusive Versicherung, aber exklusive Reifenmanagement (siehe Seiten 78/79) kalkuliert. Dabei zeigte sich zunächst einmal, dass im Durchschnitt der Service-Anteil an der Gesamtrate immerhin knapp 30 Prozent ausmacht und der Anteil für „Wartung und Verschleiss“ allein noch mehr als zehn Prozent (bei einer Laufzeit von 36 Monaten und 30.000 km Laufleistung p.a.). Es ist also durchaus nicht so abwegig, diese Kosten genauer unter die Lupe zu nehmen.

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So wurden für die sechs verschiedenen Modelle in punkto Technik-Service durchschnittlich zwischen 66,42 und 73,35 Euro monatlich aufgerufen, was pro Jahr dann bedeutet, zwischen rund 800 und rund 880 Euro. Im Vergleich dazu liegen beispielsweise die ersten Inspektionskosten für einen Audi A4 2.0 TDIe Avant (durchschnittliche Full Service-Leasingrate „Wartung und Verschleiss“ rund 70 Euro) nach 30.000 Kilometer, je nach Werkstatt, im Durchschnitt bei lediglich rund 400 Euro netto. Und auch die Werte für die beiden folgenden Inspektionen bei 60.000 beziehungsweise 90.000 Kilometer (dann inklusive Zahnriemenwechsel) erreichen gewöhnlich nicht den jährlichen Betrag der entsprechenden Full Service-Leasingrate. Warum also liegt die Rate höher, warum kann es hier im Vergleich zu den Inspektionskosten zu einer Überzahlung kommen
Das liegt zunächst einmal wesentlich darin begründet, dass dieses Dienstleistungs-Modul der Full Service-Leasinggeber mehr beinhaltet als die schlichte Abwicklung des fuhrparkbezogenen Zahlungsverkehrs für Wartungs-, Verschleiß- oder Reparaturkosten. Hier zeichnen sich professionelle Anbieter vielmehr schon dadurch aus, dass sie für den Fuhrparkkunden alle eingehenden Werkstattrechnungen durch Kfz-Ingenieure oder Kfz-Meister, die selbst einer permanenten Fortbildung unterliegen, prüfen lassen. Auch das beinhaltet diese Dienstleistung.
Durch die operative Übernahme zwecks Aufdeckung und Stornierung unnötiger und ungerechtfertigter Kosten sowie konsequentes Durchsetzen von Garantieansprüchen, Kulanzleistungen oder Rabatten, insbesondere bei anfallenden Reparaturen, können diese Mitarbeiter des Leasinggebers die Kosten für den Kunden in der Regel noch deutlicher senken. Hierbei nutzt die Leasinggesellschaft immer wieder aus, dass die Werkstatt vor größeren Reparaturen bei ihr eine Reparaturfreigabe einholen muss.
Auch die jahrelange Erfahrung in der Rechnungsprüfung und die Zusammenarbeit mit freien Werkstätten können sich für den Fuhrparkbetreiber unter dem Strich auszahlen. „Insbesondere Kleinflottenbetreiber haben weder die Personalkapazitäten, noch die Werkzeuge, die Preiswürdigkeit von Werkstattleistungen zu prüfen“, erklärt der Geschäftsführer einer herstellerunabhängigen Leasinggesellschaft. „Hier sind jedoch auf den Feldern Teilepreise, Stundenverrechnungssätze und Prüfung von Maßnahmeerfordernissen (Hersteller-Vorschriften) deutliche Kostenhebel gegeben.“
Allerdings sollte der Fuhrparkbetreiber beim Preisvergleich vor Vertragsschluss sorgfältig prüfen, welche einzelnen Leistungen in dieser Rate enthalten sind, die Dienstleistungsinhalte können sich im größerem Umfang unterscheiden. So werden bei einigen Angeboten gängige Schäden als „außergewöhnliche Nutzung“ oder „Gewaltschäden“ bezeichnet und ausgeklammert. Wärend bei dem einen beispielsweise der Ersatz von Glühbirnen enthalten ist, kann dies schon beim nächsten, billigeren Anbieter eine Leistung sein, die extra bezahlt werden muss.
Auch bietet die Leasinggesellschaft bei geschlossener Abrechnung die Risikoübernahme nicht kostenlos an – Aufschläge für eventuelle Schwankungen und mögliche Veränderungen der Marktkonditionen werden sich in der Kalkulation wiederfinden. Geschlossene Abrechnungen können aber gerade auch bei der Wartungsund Reparaturrate von Interesse sein, weil sie auf jeden Fall Planungssicherheit bringen.
Dabei sollte der Fuhrparkbetreiber aber auch im Hinterkopf behalten: Stellt die Leasinggesellschaft bei ihrer hausinternen Kostenbetrachtung fest, dass sich das Modul „Wartung und Verschleiß“ in der geschlossenen Rate nicht gerechnet hat, ist davon auszugehen, dass sie hier bei künftigen Angeboten nachsteuert, will sagen, erhöht. In solchen Fällen hilft dann dem Fuhrparkbetreiber auch keine langfristige Bindung in den Verträgen. Spätestens der nächste Modellwechsel kann auch neue Kalkulationsparameter nach sich ziehen.
Seriösen Schätzungen erfahrener Full Service- Leasinggeber zufolge kann die konsequente Rechnungsprüfung im Rahmen dieses Moduls dem Fuhrparkbetreiber Einspar-Potenziale zwischen 15 und 20 Prozent generieren, zumindest dann, wenn der Fuhrpark erstmals im Full Service-Leasing liefe. Neben den direkten Kostenvorteilen lassen sich dadurch häufig aber auch Verwaltungs- und Prozesskosten im Unternehmen verringern, sei es, dass sich hoch qualifizierte Mitarbeiter noch mehr auf das Kerngeschäft konzentrieren könnten oder gar noch Stellenabbau möglich wäre. Das würde unter dem Strich dann aber auch bedeuten, dass letztlich de facto auch lediglich eine Rate bezahlt würde, die in etwa auf Wartungskosten- Niveau oder darunter läge.
Bei der Full Service-Leasingrate für Versicherung sollte der Kunde zunächst einmal darauf achten, dass nur der tatsächlich gewünschte Versicherungsumfang abgedeckt wird. Es kann teilweise zu Einkaufsvorteilen kommen, wenn der Fuhrpark vom Leasinggeber in einer Versicherung untergebracht wird. Es sei aber darauf hingewiesen, dass der Weg zur „Verbilligung“ im Falle einer hohen Schadenquote sich auf Dauer wenig sachgerecht auswirkt und mittelfristig auch nicht unbedingt zum gewünschten Ergebnis führt.
Außerdem kann es dort zu Problemen kommen, wo die Leasinggesellschaft bei geschlossener Abrechnung im Bereich „Wartung und Reparatur“ Schäden am Fahrzeug fiktiv abrechnet. Dem Serviceprovider entstehen dann nur die geringeren Aufwendungen bei einer Reparatur in einer freien Werkstatt, die Versicherung zahlt aber den höheren Wert des Schadengutachtens. Das führt aber längerfristig auch zu einer Erhöhung der Versicherungsprämien.
Beim Petrolmanagement sollte in den Verhandlungen ein Augenmerk auf die Mengenrabatte gelegt werden. Hier gilt es, für den eigenen Fuhrpark eine möglichst hohe Beteiligung zu vereinbaren. Eine Beteiligung des Anbieters an den zusätzlichen Nachlässen über höhere Mengenrabatte ist allerdings nicht nur üblich, sondern auch vernünftig. Schließlich übernimmt die Leasinggesellschaft Aufgaben wie die Kartenerstellung, die Ersatzbeschaffung und die Sperrung von Karten für die Mineralölgesellschaft. Bei der Steuer und GEZGebühr hat es der Fuhrparkverantwortliche einfach. Die Leasinggesellschaft überweist automatisch die anfallenden Beträge für den Kunden. Dies ist vor allem bei größeren Unternehmen, die hausintern einen hohen Kostenansatz für Buchungen haben, interessant.
Fazit: Abgesehen von direkten oder indirekten Kostenvorteilen, die sich per Start aus den einzelnen Full Service-Leasing-Modulen oder dauerhaft aus der Vereinfachung des Fuhrpark- Handlings ergeben können, können sich noch grundsätzliche Leasing-Vorteile dazu addieren. Leasingraten sind steuerlich voll abzugsfähige Betriebsausgaben. Dies führt zur Verringerung der Gewerbe-, Einkommens- und Körperschaftssteuer. Gleichzeitig spart ein Leasingnehmer auch die Kapital- und Vermögenssteuer, die beim Kauf anfallen würden.
Ob sich Full Service-Leasing-Bestandteile letztlich auf Dauer auszahlen, kann nur beurteilen, wer die eigenen Kosten, die sowohl durch die Fahrzeuge, als auch deren Verwaltung anfallen, kennt. Erst dann kann im zweiten Schritt abgeschätzt werden, wie sich die Wahl einzelner Full Service-Bausteine auf die Gesamtkosten auswirkt.
Wahrscheinlich ist es in der Mehrzahl der Fälle noch so, dass sich beim weitestgehenden Outsourcing von Fuhrparkmanagement-Aufgaben auf einen Full Service-Leasinggeber anfänglich die größten Einsparungen aus der Einsparung von Personalkosten ergeben. Bei größeren Flotten kann das unternehmenseigene Fuhrparkmanagement entsprechend reduziert werden, bei Kleinflotten aber eher nicht, da hier häufig der Firmeninhaber selbst oder eine Chefsekretärin die Verwaltung und Abwicklung der Firmenfahrzeuge mit betreuen und damit eher keine großen Personaleinsparungen möglich sind.
Außerdem sind für Kleinflotten einige Full Service- Bausteine weniger wichtig, da Kleinflotten zumeist regional ausgerichtet sind. Monatliche Pauschalen sind dann wirtschaftlich nicht vertretbar, wenn die Gegenleistung nicht benötigt wird. Aber auch hier sollte der Fuhrparkbetreiber stets darauf achten, dass die sogenannten Eh-da-Kosten nicht liebevoll als Hobby kultiviert werden, denn sie können unkontrolliert im Wachstumstrend schnell eskalieren.
Spielen Fuhrparkbetreiber und Full Service- Leasinggeber von vornherein mit offenen Karten, kann Full Service-Leasing eine echte Alternative zur Abwicklung und Verwaltung des Fuhrparks im eigenen Hause sein. Allerdings sollte dabei berücksichtigt werden, dass auch bei komplettem Full Service im Unternehmen immer noch ein Mitarbeiter als Ansprechpartner und zum Controlling der Fuhrparkkosten an Deck sein sollte. Nur so bleibt die Entwicklung der Fuhrparkkosten stets analysierbar, was nicht zuletzt die Beurteilung erleichtert, ob Full Service-Leasing „noch so richtig ist“.

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