Immer Auto?

Durch die Folgen der Wirtschaftskrise rechnen mittlerweile viele Unternehmen zweimal nach, welche Dienstreisen zwingend notwendig und wo noch Einsparpotenziale vorhanden sind. Muss es beispielsweise immer der eigene Firmenwagen sein, oder in welchen Fällen könnte sich ein anderes Reisemittel wie Mietwagen, Bahn oder Flugzeug für die Geschäftsreisen rentieren? Diesen Fragen gehen wir anhand dreier exemplarischer Routen nach.

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Der Druck auf die Geschäftsreisen-Politik in Deutschland ist in den vergangenen zwölf Monaten enorm gestiegen. Eine aktuelle Mitgliederumfrage des Verbands Deutsches Reisemanagement (VDR) verdeutlicht, dass deutsche Unternehmen verstärkt sparen und zum Teil nicht notwendige Reisen streichen. Mehr als 80 Prozent der befragten Travel Manager (siehe Schaubild A) gaben an, die Wirtschafts- und Finanzkrise habe deutliche Auswirkungen auf das Geschäftsreise-Verhalten. In der gleichen Umfrage vor einem Jahr waren es noch lediglich knapp die Hälfte der Befragten. Auch der Blick auf die Details lässt den durchgehend verschärften Sparwillen erkennen: 44 Prozent der befragten Mitglieder sagten, es werde mittlerweile stärker auf die Kosten geachtet und günstiger gereist. Ein Jahr zuvor (Oktober 2008) sagten dies nur 31 Prozent.

Eine der ersten Entscheidungen, die bei der Planung einer effizient organisierten Reise getroffen werden muss, ist die Wahl des geeignetsten Transportmittels, um möglichst schnell, komfortabel und vor allem kostengünstig von A nach B und wieder zurück zu kommen. Mögliche Kandidaten sind neben dem eigenen Firmenwagen die Bahn und zahlreiche Airlines (von Lufthansa bis zu den sogenannten Billigfluglinien). Müssen die Mitarbeiter eher selten geschäftlich verreisen, so dass kein Dienstwagen permanent zur Verfügung gestellt wird, könnte auch ein Mietwagen in Frage kommen.

In Deutschland unternehmen laut einer kürzlich durchgeführten Studie der Internationalen Fachhochschule Bad Honnef/Bonn in Kooperation mit infas (Institut für angewandte Sozialwissenschaft) circa 12,5 Prozent der Erwerbstätigen (knapp 5 Millionen Menschen) mindestens eine Geschäftsreise im Jahr, die länger als 50 Kilometer in der einfachen Entfernung ist. Circa jede fünfte von sechs innerdeutschen Reisen (83 Prozent) wird dabei mit dem PKW (eigenes Fahrzeug oder Firmenwagen) durchgeführt. Danach folgen zehn Prozent mit der Bahn, fünf Prozent mit dem Flugzeug und zwei Prozent mit einem Mietwagen (siehe Schaubild B). Das Auto ist demnach immer noch unverändert das absolut dominierende Verkehrsmittel bei Geschäftsreisen.

Was aber macht dieses Verkehrsmittel in Deutschland so beliebt und welche Faktoren spielen eine Rolle bei der Entscheidungsfindung? Liegt der Schwerpunkt auf Komfort und flexibler Mobilität oder rückt doch immer stärker das Kostenbewusstsein in den Vordergrund? Würde ein Bonner beispielsweise für den Weg in die Düsseldorfer-Innenstadt mit dem Auto fahren, für einen Messebesuch in Frankfurt den ICE nehmen und für einen Termin in Berlin vom Flughafen Köln-Bonn aus fliegen

Zur Überprüfung welches Verkehrsmittel sich auf welchen Routen am besten eignet, bietet die Deutsche Bahn auf ihrer Internet-Starseite unter der Rubrik Vergleich (siehe www.bahn. de) ein neues, kostenfreies Tool an. Wenn der entsprechende Start- und Zielort eingegeben wird, ermittelt die Seite jeweils für Bahn, Pkw und gegebenenfalls für das Flugzeug neben der Reisezeit, den gesamten Reisekosten und der nutzbaren Zeit während der Reise auch den Energieverbrauch (Umweltbelastung). Je nach Präferenzen können innerhalb dieser Kriterien die Schwerpunkte von unwichtig bis wichtig gesetzt werden. Bei unseren Geschäftsreisen sollen vor allem Dauer und Kosten der Reise auf dem Prüfstand stehen.

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Kurzstrecke (50 bis 100 Kilometer)
Bei der ersten hypothetisch geplanten Geschäftsreise von Bonn-Beuel nach Düsseldorf- Benrath handelt es sich um eine typische Kurzstrecke, da Start und Ziel circa 50 Kilometer Luftlinie voneinander entfernt liegen. Der Geschäftstermin soll an einem Donnerstag um 10 Uhr 30 stattfinden. Der DB-Vergleichs-Kalkulator gibt für die einfache Strecke eine Reisezeit mit öffentlichen Personennahverkehrsmitteln (ÖPNV) und dem Zug von 1 Stunde 10 Minuten an (Rückfahrt ähnliche Länge). Im Vergleich dazu wird eine Hinfahrzeit mit dem Auto bei freier Fahrt von 38 Minuten prognostiziert. Die Berechnung eines Fluges entfällt aufgrund des vorgegebenen Streckenprofils bei dieser Route. Bezüglich der anfallenden Reisekosten liegen beide dicht auf. Mit der Bahn würde die Reise 29 Euro hin und zurück kosten, mit einem Diesel- Mittelklasse-Fahrzeug (beispielsweise Skoda Octavia Combi) 34 Euro bei einem Kilometersatz von 30 Cent (Kalkulationsbasis: Bruttopreis, 30.000 km p.a., 36 Monate Laufzeit). Für unsere Kurzstrecke bedeutet dies, dass laut Kalkulator das Auto hier vor der Bahn liegt, wenn der Schwerpunkt auf Kosten und Reisedauer gelegt wird, und nutzbare Zeit und entstehende Umweltbelastung weniger stark in die Bewertung mit einfließen (siehe Screenshot DB-Internetseite).

Mittelstrecke (100 bis 350 Kilometer)
Die Mittelstrecke soll nach Frankfurt am Main zu einem Geschäftstermin auf die Messe führen. Start ist wieder in Bonn-Beuel. Würde die Reise ausschließlich mit der Deutschen Bahn durchgeführt werden, müssten 2 Stunden 6 Minuten und viermaliges Umsteigen dafür eingeplant werden. Allerdings gibt es auch eine schnellere Verbindung von Beuel mit der Straßenbahn (Stadtwerke Bonn) zum Bahnhof Siegburg (plant DB-Kalkulator nicht ein), von wo regelmäßig der ICE nach Frankfurt Hbf fährt. Dadurch ließe sich die Gesamt-Fahrtzeit bei dreimaligen Bahn-Wechsel um circa 30 Minuten auf 1 Stunde 30 Minuten reduzieren. Die zu erwartenden Kosten für die Hinfahrt lägen bei circa 64 Euro, ohne Bahncard-Ermäßigung. Mit dem Pkw würde die einfache Strecke bei normalen Verkehrsbedingungen ebenfalls etwas über 90 Minuten dauern und 50 Euro kosten. Jedoch müsste noch Zeit einkalkuliert werden, bis ein Parkplatz in den anliegenden Parkhäusern gefunden ist, und es wären mit circa 10 Euro Parkgebühren zu rechnen. Trotzdem hat das Auto nach unseren Kriterien auch auf dieser Strecke die Nase vorn, vor allem aufgrund der günstigeren Reisekosten. Ist die Firma im Besitz einer Bahncard 25 oder 50 könnte der Preis für das Bahn-Ticket allerdings deutlich gesenkt werden. Macht dem Mitarbeiter das Umsteigen nichts aus beziehungsweise schätzt er sogar die Vorzüge der Bahn (größere nutzbare Arbeitszeit), kann sich das Blatt sogar zugunsten dieses Verkehrsmittels wenden.

Langstrecke (350 bis 900 Kilometer)
Der letzte Geschäftstermin soll uns in die Hauptstadt nach Berlin führen. Die Vorlaufzeit für die Organisation der Reise ist bei Langstrecken- Terminen natürlich besonders wichtig, weil durch frühes Buchen in der Regel auch die besten Preise erzielbar sind. Der Termin soll ein Monat vorher feststehen und findet um 12 Uhr in der Nähe vom Alexanderplatz statt. Dieses Mal nehmen alle drei Verkehrsmittel an der „Rallye“ teil, die in Bonn-Beuel startet und circa 500 Kilometer Luftlinie nach Berlin beträgt. Laut Vergleichs-Kalkulator würde auf diesem gewählten Strecken-Profil unter Zeit- und Kosten- Gesichtspunkten das Flugzeug vor der Bahn und Auto abschneiden, weil es mit 3 Stunden 30 Minuten (60 min. Flugzeit, 60 min. Check in/ out, 90 min. ÖPNV) und einem Gesamtpreis von circa 100 Euro (in unserem Fall mit Air Berlin) am günstigsten und am schnellsten zum Zielort führt.

Auf Platz zwei und drei folgen die Bahn und das Auto. Mit dem Zug ist mit einer Reisedauer von circa 5 Stunden 54 Minuten und einem Preis von 114 Euro für das einfache Ticket zu rechnen. Mit dem Pkw müssten circa 178 Euro Gesamtkosten und eine Fahrtzeit von 5 Stunden 44 Minuten für die Strecke nach Berlin einkalkuliert werden. Wenn andere Begleitpersonen mitfahren, wären die Fahrtkosten pro Kopf weiter deutlich zu verringern. Im Gegensatz zu Bahn und Flugzeug bietet das Auto allerdings weniger Möglichkeiten neben der Fahrt geschäftliche Dinge zu erledigen. Ausnahme sind Telefongespräche, falls eine Freisprecheinrichtung im Auto vorhanden ist, da Telefonieren im Flugzeug gar nicht und in der Bahn aufgrund des schlechteren Netzempfangs (zum Teil weniger Sendemasten) nur eingeschränkt möglich ist. Hinzu kommt, dass es Fälle geben kann in denen wegen schlechter Verkehrsanbindungen gezwungenermaßen auf ein Taxi gewechselt werden muss, um das Ziel ohne langen Fußweg zu erreichen.

Fazit: Auf welches Verkehrsmittel die Wahl fällt, hängt immer auch stark vom jeweiligen Strecken-Profil der Dienstreise ab. Allgemein betrachtet rechnet sich bei Kurzstrecken und auf Mittelstrecken meistens aus Komfortgründen das Auto. Auf Langstrecken hingegen geht vor allem über 500 Kilometer kaum ein Weg am Fliegen vorbei. Dies ist natürlich stark abhängig, wo mein Start und Zielpunkt liegen und wie gut hier die Verkehrsanbindungen mit dem jeweiligen Transportmittel sind. Falls jedoch die verschiedenen Reisemittel im direkten Vergleich keinen deutlichen Geschwindigkeits- und Preisvorteil aufweisen, müssen letztendlich andere Faktoren entscheiden. Nehme ich zum Beispiel lieber die Bahn, auch wenn ich mehrfach umsteigen muss, kann dafür aber mit dem Notebook während der Fahrt arbeiten? Oder nutze ich den Pkw mit „Tür-zu-Tür-Service“, den der Zug auf Grund seiner Schienengebundenheit nicht bieten kann? Fragen derart können in jedem Unternehmen nur ganz individuell von Fall zu Fall entschieden werden. Die oben genannten Zahlen, dass über 80 Prozent der Dienstreisen innerhalb von Deutschland mit dem Pkw durchgeführt werden, geben jedoch einen klaren Hinweis auf die Vorteile dieses Transportmittels. Immerhin bietet es große Flexibilität und vermeidet, dass Mitarbeiter unter Umständen in überfüllten oder schlecht klimatisierten Öffentlichen Verkehrsmitteln zu wichtigen Geschäftsterminen anreisen müssen. In anderen Ländern, wie beispielsweise in der Schweiz, kann dies hingegen schon ganz anders aussehen, wie das Kurz-Interview mit Christoph Kamber, Leiter Mobilitäts-Management bei der Swisscom AG zeigt.

 

 

Christoph Kamber, Leiter Mobilitäts-Management bei Swisscom AG

Flottenmanagement: Herr Kamber, hat sich in ihrem Unternehmen in den letzten zwölf Monaten die Finanzkrise in irgendeiner Form auch auf Management und Gestaltung der Dienstreisen ausgewirkt, und wenn ja, welche konkreten Maßnahmen wurden beschlossen beziehungsweise sind in Planung? Wo sehen Sie noch Einsparpotenziale

Kamber: Sicherlich ist die Finanzkrise auch an unserem Unternehmen nicht spurlos vorbeigegangen. Da Verbesserungen im Bereich der Mobilität seit Jahren eine Dauerdisziplin ist, kann ich keine konkreten Aussagen bezüglich des Einflusses der Wirtschaftskrise machen. Maßnahmen, die in 2010 anstehen sind vor allem Optimierungen im Bereich des Zugangs. Die verschiedenen Transportmittel: Poolfahrzeuge für Kurznutzungen, die E-Tools zur Online-Buchung von Bahn-, Flugreisen und Hotels sollen noch effizienter werden. Im Gleichlauf sollen die Nutzen und Grenzen der Transportmittel hinsichtlich Arbeitseffizienz, Kostenfolgen und Umweltbelastung noch besser aufgezeigt werden.

Flottenmanagement: In Deutschland ist nach wie vor der Pkw mit Abstand das meist genutzte Verkehrsmittel für inländische Geschäftsreisen. Warum ist das so Ihrer Meinung nach, und wie sieht es in Ihrem Unternehmen aus

Kamber: Deutschland ist ein Autoland. Durch die Produktionsstätten und den damit verbundenen volkswirtschaftlichen Einflüssen besteht eine tiefe Verbundenheit. Wenn ich mit meinen Geschäftspartnern oder Teilnehmenden meiner Referate spreche, stelle ich fest, dass der Pkw einen hohen repräsentativen Stellenwert besitzt und Ungebundenheit und Individualität sehr wichtig sind. Ein weiterer Faktor ist sicherlich die Verfügbarkeit des öffentlichen Verkehrs respektive dessen Image. In der Schweiz verfügen wir weltweit über das beste öffentliche Verkehrsnetz. Mit der Bahn oder dem Bus erreiche ich alle Orte. Dies drängt die Nutzung des öffentlichen Verkehrs in den Vordergrund.

Auf vielen Strecken ist die Bahn viel schneller als die Reise mit dem Pkw. Diese Begebenheiten führen dazu, dass die Nutzung der öffentlichen Transportmittel in unserem Unternehmen im Vordergrund steht. So haben alle Mitarbeitenden ein Halbtaxabonnement, bei Ihnen heißt dies glaube ich Bahncard 50. Abgesehen davon kann während einer Bahnreise gearbeitet werden und das Unfallrisiko ist in jedem Fall um ein Vielfaches geringer.

Flottenmanagement: Welche Faktoren sind für Sie in der Regel entscheidend bei der Wahl des Verkehrsmittels? Gibt es eine Faustformel, ab welcher Kilometerzahl sich welches Transportmittel am ehesten anbietet, wie begründen Sie die jeweilige Wahl

Kamber: Der wichtigste Faktor ist die Arbeitseffizienz. Jede Reise muss so geplant werden, dass die Reisezeit als Arbeitszeit genutzt werden kann. Dies ist nicht immer möglich, aber es ist viel mehr möglich als man glaubt. Wenn man bedenkt, dass während einer Bahnreise bis zu 70 Prozent der Reisezeit als Arbeitszeit genutzt werden kann hingegen bei einer Reise mit dem Pkw nur 10 Prozent, liegt die Wahl des Transportmittels auf der Hand. Dies bedingt jedoch, dass die Reisezeit auch als Arbeitszeit verstanden wird.

Flottenmanagement: In welchen Fällen ist es lohnender, mit Mietwagen geschäftliche Termine wahrzunehmen anstatt Dienstwagen einzusetzen

Kamber: Sicherlich in Kombination mit den öffentlichen Verkehrmitteln als Ergänzung oder wenn Fahrzeuge nur sporadisch genutzt werden. Grenzen der Nutzung von Mietwagen kann kalkulatorisch, unter Berücksichtigung aller Parameter, errechnet werden. In unserem Unternehmen stehen an allen großen Standorten Poolfahrzeug als „Tages-Mietfahrzeuge“ zur Verfügung. Diese können im Intranet gebucht werden und lassen sich per SMS öffnen und schließen was zu weiteren Kostenvorteilen führt.

 

 

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