Einfach nicht zu glauben
Es kann nicht am Erdgastankstellen- Netz liegen, dass diese alternative Antriebsform im Flottenmarkt noch nicht den durchschlagenden Erfolg feiern konnte.

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Zu den ältesten Vorurteilen im Hinblick auf alternative Antriebe zählt die Mär, es gäbe zu wenig Erdgastankstellen. Das hat eigentlich schon vor fünf Jahren nicht mehr wirklich gestimmt, um wieviel weniger heute, da das Netz sukzessive weiter ausgebaut wurde und wird. Dennoch wird dieses Gerücht auch immer wieder gern in Umlauf gebracht, wenn sich Flottenbetreiber schwer damit tun, sich mit dem Erdgasantrieb unvoreingenommen zu befassen und einer sachlichen, fundierten Betrachtungsweise lieber ausweichen wollen. Da bleibt die schnelle Polemik bequemer nach dem Motto „Thema vom Tisch“.
Fakt ist, dass derzeit in Deutschland rund 860 Erdgastankstellen in Betrieb sind. Würde nur einmal die Fläche der Bundesrepublik Deutschland, das sind 357.104 Quadratkilometer, durch die Anzahl der 860 Erdgastankstellen geteilt, ergäbe sich, dass im Durchschnitt auf einem Quadrat von 6,5 Kilometern mal 6,5 Kilometern schon eine liegt. Und das ist eine Fläche, die sich im Flachland bereits mit bloßem Auge überschauen lässt. In Europa liegt das deutsche Erdgastankstellennetz gegenwärtig gar auf Platz eins, gefolgt von Italien mit etwas über 700 Stationen (bei einem deutlich höheren Bestand von rund 580.000 Erdgasfahrzeugen). 2007 haben Shell und das Unternehmen erdgas-mobil einen Kooperationsvertrag zum weiteren Ausbau des Netzes geschlossen, um vor allem noch bestehende Lücken an Autobahnen zu schließen.
Im ersten Quartal 2009 hat der Mannheimer Rainer Zietlow gerade in einem der kältesten Winter der letzten Jahre mit einem VW Passat TSI EcoFuel (Turbolader- und Kompressor-Aufladung mit 110 kW/150 PS) eine Marathon-Erdgas- Tour quer durch Deutschland gefahren und dabei auf einer Strecke von rund 24.000 Kilometern genau 815 Erdgas-Stationen genutzt. Er startete am 7. Januar in Irschenberg bei Rosenheim und lief die letzte Erdgastankstelle am 23. März in Westerland auf Sylt an.
„Die räumliche Versorgung mit CNG-Tankstellen ist mittlerweile nahezu ächendeckend“, so sein Fazit. „Auch be nden sich fast alle Erdgaszapfsäulen der Mineralölketten und Stadtwerke in einem sehr guten Zustand, sowohl technisch, als auch optisch. Die Ausfallquote lag bei weniger als einem Prozent.“ Lediglich an manchen Autobahnen und in wenigen ländlichen Regionen wäre eine höhere Dichte des Erdgastankstellennetzes noch wünschenswert.
Heiko Zimmermann, Key Account Manager bei der erdgas-mobil GmbH in Leipzig, bestätigt denn auch aktuelle Schwachpunkte für das Gebiet Mecklenburg-Vorpommern. Aber auch im nordöstlichen Bundesland sei im März 2008 immerhin schon die 25. Station eröffnet worden, will sagen, hier steht jetzt auf einem Quadrat von 30 Kilometern mal 30 Kilometern durchschnittlich eine CNG-Station. Maik Hendler, Projektleiter bei der erdgas-mobil, verweist auf das unabhängige Verbraucherportal www.gibgas.de, wonach gegenwärtig 62 Prozent der Erdgastankstellen rund um die Uhr geöffnet seien und weitere 34 Prozent zwischen 6.00 Uhr und 22.00 Uhr Kunden empfingen Lediglich vier Prozent der Stationen warteten mit stärker eingeschränkten Öffnungszeiten auf.

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Dies und Zietlows aktueller Test belegen in der Quintessenz aber die eingangs zitierte simple mathematische Formel, dass Erdgas tanken sogar auf der Langstrecke relativ unproblematisch geworden ist. Davon konnte sich Flottenmanagement schon 2005 überzeugen, als eine 1.000 km lange Dienstreise von Niederkassel bei Bonn nach Weiden in der Oberpfalz und zurück mit drei Stopps und ausschließlicher Erdgasbetankung möglich war. Und wer würde im Ernst auf einer solchen Langstrecke nicht drei Pausen einlegen
Die Aufgabenstellung reduziert sich eben auch für den Firmenwagenfahrer auf die durchaus lösbare Anforderung, sich vor Fahrtantritt über die Lage der Erdgastankstellen unterwegs zu informieren. Die Internetseiten www.erdgasfahrzeuge.de und www.gibgas.de beispielsweise bieten hier nicht nur die Umkreissuche mit Straße, Postleitzahl und Ort, sondern auch die Routenplanung so an, dass die vorgeschlagene Fahrstrecke hernach alle an oder in unmittelbarer Nähe der Route liegenden Erdgastankstellen enthält. Die Internetseite www.gas24.de liefert auf einen Klick „Erdgastankstellen nahe Autobahn“, wenn der Interessent die Autobahnnummern auf seiner Fahrstrecke eingibt.
Und das sind in aller Regel dann deutlich mehr, als die Reichweite eines flottenrelevanten Erdgas- Pkws, die bei gegenwärtig 16 Modellen von sechs Herstellern bei durchschnittlich über 300 Kilometern liegt, notwendig macht. Flottenmanagement hat einmal in einem kurzen Check aufs Geratewohl die Fahrstrecke von einem Dorf ins andere, von Bornheim-Widdig in NRW nach Stadland in Niedersachsen, eingegeben. Ergebnis: einfache Strecke 356 Kilometer, Fahrzeit 3 Stunden 48 Minuten und – nicht weniger als 37 Erdgastankstellen am Wegesrand! Da sollten sich unterwegs zwei geeignete finden lassen. Ein Opel Zafira 1.6 CNG, ein VW Caddy Maxi Life 2.0 EcoFuel, CrossTouran 1.4 TSI EcoFuel oder Passat Variant 1.4 TSI EcoFuel beispielsweise kämen übrigens aufgrund von Reichweiten 370 Kilometer und mehr auf dieser Strecke mit einem einzigen Erdgas-Tankstopp hin.
Noch um einiges besser in dieser Beziehung sind die Fuhrparkbetreiber dran, die regional aktiv sind. Stichprobenartig hat Flottenmanagement hier etliche Visitenkarten von Fuhrparkmanagern gezogen und die Postleitzahlen in die „Umkreissuche“ eingegeben. Ergebnis: In keinem Fall gab es im näheren Umkreis des jeweiligen Unternehmens weniger als 20 Erdgastankstellen. Eine beliebige Route wird also immer irgendwo auch an einer Erdgastankstelle vorbeiführen.
Es wird gelegentlich aus dem Kreis der Flottenbetreiber auch das Gegenargument gebracht, der Fahrer müsse dann alle zwei Tage tanken, oder gar überspitzt formuliert, er wäre nur noch mit Tanken beschäftigt. Aber auch hier sei die Mathematik bemüht. Ein Verkaufs-Außendienstler oder ein Servicetechniker, der auf eine jährliche Lau eistung von 30.000 Kilometern kommt, ist im Durchschnitt pro Arbeitstag lediglich rund 130 Kilometer unterwegs. Das wiederum würde bedeuten, dass er bei Reichweiten zwischen 270 und 470 Kilometern für die bereits erwähnten 16 Erdgas-Pkw-Modelle frühestens jeden dritten Tag tanken müsste – auch eher kein Akt.
Es bleibt die auch von den erdgas-mobil-Experten eingeräumte Problematik, dass es immer noch keine einheitliche Tankkarte gibt, mit der sich an allen Erdgastankstellen bargeldlos bezahlen lässt. Aber auch das ist häu g eher eine hochgespielte Randproblematik (wenn alle anderen Argumentations-Stricke gerissen sind). Laut erdgas-mobil kann an bereits 95 Prozent der Erdgastankstellen mit EC-Karten bezahlt werden, an den Stationen der Mineralölgesellschaften geht es ohnehin auch über die Tankkarte des Flottenbetreibers.
Beim Ausbau des Erdgastankstellennetzes hat sich einiges getan: Gegenwärtig wächst das Netz im Durchschnitt um etwa 80 Stationen pro Jahr (Tabelle Stand Januar 2008)

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