Die Krise als Chance begreifen

Wer in diesen Tagen eine beliebige Zeitung oder Zeitschrift aufschlägt, kann den schlechten Nachrichten kaum entkommen: Finanzkrise hier, schlechte Prognosen dort, eine Gewinnwarnung nach der anderen, ein Gewinneinbruch jagt den nächsten. Diese Meldungen mögen auf realen Zahlen basieren. Bei vielen Berichten und Einschätzungen beschleicht mich allerdings auch das Gefühl, dass alles, was mit dem Thema „Krise“ zusammenhängt, sich momentan einfach gut verkauft und daher gerne gedruckt wird. Eines ist dennoch sicher: ganz gleich, wie groß die Krise nun sein wird – wir werden an ihr kaum etwas ändern können. Krisen haben aber Ursachen, aus denen zu lernen ist. Und die gegenwärtige hat viele Ursachen. Es gibt also viel zu lernen!

Es besteht kein Zweifel daran, dass in unserer Branche in den letzten Jahren über die Verhältnisse gelebt worden ist, um noch höhere Umsätze zu erzielen und weitere Marktanteile zu gewinnen. Nicht vergessen sollten wir aber auch, dass das erst möglich geworden ist durch eine Gesellschaft, in der das bedingungslose „Kohle machen“ zum wichtigsten Ziel auserkoren worden ist, die sich eine „Geiz ist geil“-Mentalität zugelegt hat, in der Werte wie Moral und Vernunft immer mehr an Bedeutung verloren haben.

Und seien wir ehrlich: von Risiko wollten wir auch nichts mehr hören, wenn wir uns immer größere Gewinne zum Ziel gesetzt haben. Nein, wir haben da, denke ich, schon ganz ordentlich mit dazu beigetragen. Aber jetzt besteht die Möglichkeit, ob sich manches nicht anders machen lässt – die Krise als Chance verstehen! Jetzt zeigt sich, ob das Management seinen Aufgaben gewachsen ist.

In der Not sehnt man sich nach kompetenten weitblickenden Krisenmanagern, die über den Horizont hinaus denken, Integrationskraft entfalten und außer mit dem Kopf auch mit dem Herzen präsent sind. Dabei wird sich zeigen, welche Persönlichkeiten am besten verstehen, die Krise zu managen. Der Mitarbeiter als Mensch rückt dabei als entscheidender Erfolgsfaktor wieder in den Mittelpunkt. Es gilt, die Krise und mögliche freie Ressourcen jetzt zu nutzen, sich jetzt für die Zeit danach richtig aufzustellen und jetzt die Fehler der Vergangenheit zu eliminieren.

Die Zeit des Managements, welches die Mitarbeiter als austauschbare Ressource, als reinen Produktionsfaktor gesehen hat, auf deren Kosten man kurzfristig Profit und Umsatz generieren konnte, ist vorbei. Veränderungen können nicht einfach per „Erlass“ durchgesetzt, sondern müssen erarbeitet und zum Leben erweckt werden. Nachhaltiger Unternehmenserfolg setzt auf Kundennutzen, effiziente Strukturen und vor allem auf Mitarbeiter, die leistungsfähig und leistungsbereit sind.

Die Rückkehr zu „alten Tugenden“ ist gerade in den turbulenten Zeiten, in denen uns die Globalisierung mit voller Wucht trifft, ein erfolgversprechender Weg in die Zukunft. Ein Management, das dies erkannt hat und ein Unternehmen wieder wert- und werteorientiert führt, wird sich künftig am Markt erfolgreich durchsetzen. Wer diese Entwicklung ignoriert, wird dies leidvoll zu spüren bekommen – frei nach dem Motto: Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit...

Holger Rost,
Geschäftsführer VO Leasing GmbH & Co.KG