Für alle unterwegs
Alternative Antriebe in Nutzfahrzeugen: was auf dem Markt ist und was auf den Markt kommt oder kommen könnte. Welche Möglichkeiten existieren, Kraftstoff einzusparen?

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Große Fahrzeuge eignen sich per se besser als Versuchsfahrzeuge für neue Antriebs- und Kraftstoffvarianten. Hier lässt sich unterbringen, was in der Erprobungsphase noch ein hohes Gewicht aufweist, viel Platz einnimmt oder an sonstigen Frühstadium-Symptomen leidet. Man kennt bereits erdgasbetriebene Busse mit riesigen Tanks auf dem Dach. Darüber hinaus eröffnen Nutzfahrzeuge aufgrund ihrer gegebenen Formen wenig Möglichkeiten, aerodynamische Wunder zu bewirken, die Kraftstoffersparnis muss auf einem anderen Weg erzielt werden. Das verspricht eigentlich einiges an Innovationspotenzial.
Die diesjährige Nutzfahrzeug-IAA knüpft an das Motto der letzten Pkw- Messe in Frankfurt an und will sich verstärkt der nachhaltigen Mobilität beziehungsweise innovativen Entwicklungen im Transporterbereich widmen. Nachdem nun Dieselpartikelfilter in den meisten Transportermodellen Einzug gehalten haben und die Dieselmotoren kontinuierlich verbrauchsärmer werden, stehen Erdgasantriebe für die neueste Generationen des Transit, des Sprinter und des Daily (s. auch Seite 100) zur Verfügung. Auch bei den Kleintransportern gibt es mit dem Citroën Berlingo, dem Fiat Doblò, dem Opel Combo und dem VW Caddy, bald auch in der Maxi-Version, eine Auswahl serienmäßiger Erdgasmotoren.
Gerade im städtischen Verteilerverkehr, in dem immer mehr Umweltzonen restriktiv die Mobilität regeln, sollen emissions- und lärmarme Nutzfahrzeuge zum Einsatz kommen. Vorerst lässt sich dieser Anforderung am nächsten mit erdgasbetriebenen Transportern kommen, welche schon viele Kurier-, Express-, Paket- (kurz KEP-)Dienstleister nutzen, die im Verteilerverkehr in Innenstadtbereich unterwegs sein müssen. Mittelfristig will man auch in diesem Segment auf Elektrifizierung setzen bis hin zum Wasserstoffeinsatz. Bis dahin sollen künftig auch Hybrid-Motoren zur Überbrückung entwickelt werden.
In diesem Bereich engagieren sich Mercedes-Benz und Iveco tatkräftig, die heute schon ihre neuesten Testfahrzeuge in Dienst stellen. In Turin und Mailand fahren zehn Iveco Daily Diesel-Hybrid Transporter für Fed Ex. Mit Start-Stopp-Technologie, Bremsenergierückgewinnung und Anfahren im reinen Elektrobetrieb soll der Verbrauch im Stadtverkehr um 30 Prozent sinken. Ein Produktionsstart könnte Ende 2009 Realität werden.
Mercedes forscht schon seit den 90er Jahren am Brennstoffzellen-Antrieb, diverse Testserien durchliefen beispielsweise den Fuhrpark des Logistik- Dienstleisters Hermes. Aktuell steht eine weitere Innovation im Praxistest: ein Plug-In Hybridmotor der zweiten Generation, der im Sprinter rein Batteriebetrieben 30 km am Stück fahren kann, dabei leise und emissionsfrei unterwegs ist. Eine Ausfahrt bestätigte uns, dass auch bei höheren Geschwindigkeiten der Antrieb nicht auf den Verbrennungsmotor umschaltet, und der Sprinter tatsächlich ein ganz normales Fahrverhalten an den Tag legt. Die neue Batterien-Generation, Lithium-Ionen- Batterien, werden durch den Motor, beim Bremsen und an der Steckdose über ein Ladekabel geladen. Die Leistung des Elektromotors liegt bei 71 kW/97 PS, unterstützt von einem 190 kW/258 PS Ottomotor. Mit einem Dieselhybrid liefen bereits in Frankreich und in den USA erfolgreiche Kundenversuche.

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Ausgabe 4/2008

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Schon erhältlich ist eine Option für alle Vierzylinder-Dieselmotoren mit Schaltgetriebe im Sprinter: die ECO-Start genannte Start-Stopp-Automatik. Beim Fahrzeugstillstand wie an der Ampel oder im Stau schaltet der Motor ab, durch Einkuppeln startet er wieder. Diese wenig aufwändige technische Modifikation soll laut Hersteller fünf bis acht Prozent Kraftstoff einsparen, dabei aber nur 203 Euro netto extra kosten.
Eine kleine Sensation vollbrachte ein noch wenig bekannter Fahrzeughersteller aus der Nähe von Hannover. EcoCraft stellt auf der IAA den serienreifen Elektro-Kleinlaster Eco- Carrier vor, der nur mit Strom aus einer 120 AH-Bleisäure- Batterie angetrieben und an der Steckdose wieder aufgeladen wird. Seine Höchstgeschwindigkeit liegt bei abgeregelten 80 km/h, die Reichweite gibt der Hersteller abhängig vom Beladungszustand, von der Fahrweise und vom Batterietyp mit circa 50 km an. Ein weiterer Vorteil neben dem emissionsfreien Betrieb stellt das wenig verschleiß- und wartungsanfällige Konzept dar, der Hersteller gibt Kosten von 10 bis 40 Prozent der Kosten eines vergleichbaren dieselbetriebenen Fahrzeugs an.
Die Serienproduktion soll beim Zulieferer Karmann anlaufen und für dieses Jahr etwa 300 Fahrzeug fertigstellen, viele Bestellungen liegen schon vor. Den EcoCarrier wird es in zwei Ausführungen geben, ein Zweiachser mit 400 kg Nutzlast sowie ein Dreiachser mit 1t Nutzlast. Ein Kofferaufbau und eine Alu-Pritsche gehören zu den Varianten. Den Preis gibt EcoCraft mit 25.000 und 28.000 Euro netto an, eine Großserienproduktion könnte den Preis noch senken. In Planung befinden sich zudem die Hybridentwicklung EcoCarrier H3, die den bereits verwendeten Drehstrom-Asynchronmotor mit einem Verbrennungsmotor koppelt und damit eine Reichweite von 1.000 km ermöglichen soll bei gleichzeitigem Verbrauch von 3 l auf 100 km.
Neben den innovativen Ausblicken in die nahe und fernere Zukunft gibt es ja immer noch die Möglichkeit bei Transportern im Bestand auf Umrüstlösungen mit Autogas oder Erdgas zurückzugreifen, empfohlenermaßen bei einem zertifizierten Umrüster. Dennoch bedingt dies einen Eingriff in die Technik und in der Regel dadurch auch einen Verlust der Herstellergarantie. Eine weitere Möglichkeit bietet sich mittels elektronischer Verbrauchsminderung. Die Firma g-tech hat das ECO-Drive-System, ein Steuergerät samt fahrzeugspezifischem Kabelsatz, entwickelt, das die verbrauchsrelevanten Daten des Fahrzeugs auswertet und in Abhängigkeit der Motorlast und der Drehzahl den Einspritzpunkt verändert. Ab einer bestimmten Motorlast begrenzt das System das „Hochdrehen”, was zur Folge hat, dass der Fahrer, wenn er schneller fahren möchte, gezwungen wird, in den nächst höheren Gang zu schalten. Laut Hersteller ergeben sich Verbrauchseinsparungen zwischen 15 und 20 Prozent zu den Werksangaben.
Transporter gehören zu der Kategorie Fahrzeuge, die fahren müssen und die für alle unterwegs sind. Wenn auch vieles per Internet abgewickelt werden kann, das Paket passt nicht durch die Datenleitung zum Empfänger. Wenn Emotionen weniger als beim Pkw eine Rolle spielen und die Funktionalität wie auch der Kostenaspekt im Vordergrund stehen, stellen Nutzfahrzeuge eine aussichtsreiche und vernünftige Plattform für Innovationen dar. Schließlich sorgt ein größeres Fahrzeug mit viel Ladung für weniger Umweltbelastung als mehrere kleine. Aber vergessen Sie nicht, das größte Reduktionspotenzial liegt im rechten Fuß beim Gasgeben. Vielleicht fangen Sie damit an, Ihren Fahrern ein Spritspartraining zu spendieren.

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