Elektrisierend
Dass in der Zukunft elektrisch gefahren wird, dürfte als sicher gelten. Schließlich weisen E-Motoren die höchsten Wirkungsgrade auf und lassen den Verbrenner in dieser Disziplin wie auch in punkto Drehmoment-Verlauf alt aussehen. Doch das Problem der Energiespeicherung wird ihm noch das eine oder andere Jahrzehnt bescheren allerdings durchaus in einer Kombination mit den leisen, elektrischen Kraftprotzen.

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Nachrichten über künftige Elektromobile treiben Autofans den Schweiß auf die Stirn: Kein Sound, kein Hubraum, keine Tradition, kein Fahrspaß – aber auch keine Abgase. Letzteres ist natürlich auch ein Grund, warum E-Cars nicht nur bei Umweltschützern gut ankommen. Leise Autos, drehmomentstark und ohne lokale Emissionen? Eine Vision, die bald schon Wirklichkeit werden könnte. Denn leistungsstarke Lithium-Ionen-Akkus werden bald zum Einsatz kommen, das ist keine Frage. Derzeit sind Reichweiten von etwa 60 Kilometern darstellbar – eine willkommene Möglichkeit für so genannte Plug-In-Hybride, die ganz simpel an der Steckdose aufgeladen werden können und darüber hinaus wie derzeit schon vorhandene Hybrid-Produkte funktionieren. Derartige Lösungen dürften in den nächsten Jahren häufiger auf der Straße anzutreffen sein – durchaus als Serienmodelle. Übrigens sind Elektroautos gar nicht so traditionslos, wie man zunächst vermuten könnte; stattdessen gab es den Kampf zwischen Elektro- und Verbrennungsmotor schonmal, und zwar nachdem klar wurde, dass Dampfantriebe wohl nicht die Zukunft des Automobils repräsentieren würden. Das Problem des Energiespeichers freilich war auch damals der Grund, warum sich der Verbrenner durchsetzte – andere Lösungen schienen zu Anfang des vorigen Jahrhunderts unmöglich.
Allein mit vollem Akku und Elektromotor geht es freilich auch heute noch nicht ganz. Die Kunden müssten dann zwei Autos kaufen – eines für die Stadt und noch ein weiteres für längere Fahrten. Denn wenn der Akku nach 100 Kilometern leer geworden ist, braucht er schon einige Stunden zum kompletten Aufladen. Es gibt Modelle, nach denen statt Tankstellen Tauschstationen für frischen Saft sorgen sollen – ein Pilotprojekt wird bald in Israel anlaufen, dessen Markt Renault-Nissan mit entsprechenden E-Versionen überziehen will. Und wenn GM von Elektroautos spricht, meint der Konzern eigentlich eine Hybrid-Lösung. Die Opel-Studie Flextreme beispielsweise kann durchaus längere Zeit rein elektrisch fahren, dann aber springt der ebenfalls vorhandene Verbrenner an, um Strom zu produzieren. Dennoch gilt eine solche Lösung als umweltfreundlich, weil das Diesel- oder Otto-Triebwerk stets im optimalen Betriebsbereich laufen kann und keine Lastwechsel vollziehen muss, um die Batterie mit Strom zu versorgen. Denn für Vortrieb sorgt zu jedem Zeitpunkt lediglich der E-Motor – tatsächlich eine interessante Lösung für Kunden, die weniger als 80 Kilometer pro Tag zurücklegen und nur selten auf den Verbrenner zurückgreifen müssten.
Das Reichweiten-Problem kennt die Brennstoffzelle natürlich nicht. Sie wandelt Wasserstoff in Strom um – und den gasförmigen Stoff kann man problemlos in beliebiger Menge herstellen, allerdings fehlt dafür ebenso die Infrastruktur, die erst mühsam aufgebaut werden müsste. Außerdem ist die Lagerung von Wasserstoff im Fahrzeug gewichtsfördernd, weil stark isolierte Tanks erforderlich sind. Und mit der Brennstoffzelle ziehen im Grunde zwei „Krafteinheiten” in das Fahrzeug ein, daher spricht man in diesem Fall ebenfalls von Hybrid-Lösungen. Dafür fährt man völlig emissionsfrei – zumindest lokal. Da Wasserstoff nichts anderes als ein Energiespeicher ist, muss eben diese Energie vorher aufgebracht werden, um ihn herzustellen – beispielsweise elektrischer Strom. Und daran wird gemessen, wie umweltfreundlich ein Fahrzeug mit alternativem Antrieb wirklich ist. Das gilt auch für reine Akku-Fahrzeuge, denn solche emittieren zwar lokal ebenso keine Abgase, doch sind mitnichten naturverträglich, wenn der geladene Strom aus Braunkohle gewonnen wird. Erst wenn auch der Strom aus Biomasse, Solar- und Windkraft erzeugt wird, kann man von umweltverträglichem Fahren sprechen. Ein Umstand, der wohl selbst in fernerer Zukunft eher in das Reich der Utopie gehören dürfte. Dass später dennoch Elektromotoren vorherrschend sein werden, scheint sicher und macht auch Sinn.
Auf keine andere Weise lassen sich höhere Wirkungsgrade darstellen. Wie schnell E-Cars allerdings zum Massenphänomen werden, hängt entscheidend von zwei Faktoren ab: Einerseits ist der Ölpreis bestimmend. Denn je teurer letztlich Benzin wird, desto schwieriger wird die Marktlage für benzingetriebene Fahrzeuge. Andererseits könnte die EU zum Ernstfall für die Autoindustrie werden. Zwar ist derzeit noch nicht absehbar, ob und wann Grenzwerte für den Flotten-CO2-Ausstoß endgültig festgelegt werden, doch die Stimmung ist düster. Selbst wenn bis zu den Europawahlen im Frühjahr nächsten Jahres eine Kompromisslösung herauskommen sollte – die Grenzwerte kennen wir jetzt noch nicht, so stehen schon Zahlen von 95 Gramm CO2 pro Kilometer bis zum Jahr 2020 im Raum. Das sind Werte, die ohne Hybridisierung kaum zu schaffen sind, auch wenn in den nächsten zehn Jahren noch eine beachtliche Effizienz-Steigerung des Otto-Motors zu erwarten ist. Plug-In-Lösungen sind da eine willkommene Möglichkeit zur Reduktion des Ausstoßes, schließlich werden auch die Akkus in den nächsten fünf Jahren deutlich an Leistungsfähigkeit zunehmen. Jeder namhafte Zulieferer forscht bereits mit Hochdruck an diesem Thema. Zwar wird das Problem der schnellen Aufladung vorerst noch bestehen, aber die Reichweiten werden immerhin wachsen
Dies spielt jenen Kunden in die Karten, die täglich unter 100 Kilometer zurücklegen. Denn nachts kann der Wagen problemlos aufgeladen werden, während die Leistung tagsüber abgerufen wird. Falls längere Strecken auf dem Programm stehen, wird nach wie vor der Verbrenner einbezogen. Somit sieht die tatsächliche Umweltbilanz gut aus – natürlich auch unter der Voraussetzung, dass die Verbrenner effizienter werden, Benzin-Selbstzündung ist ein großes Thema, das die Tagesordnungen insbesondere im nächsten Jahrzehnt bestimmen wird. Es muss den leistungsstarken Fahrzeugen also nicht unbedingt eine Absage erteilt werden – ganz im Gegenteil. Kräftige E-Motoren sind kompakt, besitzen schiere Drehmomente und sorgen für einen hohen Spaßfaktor – jetzt muss für die Energieversorgung noch eine passende Lösung gefunden werden. Reine Elektrofahrzeuge mit geringen Reichweiten und ohne Möglichkeit zur Stromerzeugung werden wenig Chancen haben, da der Universal- Charakter fehlt. Denn selbst ein Smart ForTwo, der nun wahrlich für die Kurzstrecke ausgelegt ist, kann problemlos von Köln nach Berlin fahren – diese Eigenschaft sollte man einem Auto schon nahelegen, sonst dürften die Kunden ausbleiben.

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Fazit: Die Zukunft fährt elektrisch, keine Frage. In den nächsten Jahren aber wird der Verbrenner stets mit von der Partie sein, weil sich selbst leistungsstarke Akkus nicht so schnell aufladen lassen, wie ein konventionelles Fahrzeug betankt werden kann. Tauschstationen erfordern eine Akku-Norm sowie den Aufbau einer neuen Infrastruktur – mit dem gleichen Problem kämpft die Brennstoffzelle. Was auch immer den Autofahrer in den nächsten Jahren erwarten wird – es bleibt so spannend wie zu den Anfängen. Darauf darf man sich freuen.

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