Modernes Licht
Jahrzehntelang brannte in den Frontscheinwerfern nur eine schlichte Glühbirne – doch längst gehört die Lichttechnik zu den komplexen und teuren Angelegenheiten des Autobaus. Ein erster Schritt zu mehr Lichtausbeute waren Halogenlampen, dann kam Xenonlicht. Inzwischen gehören LED-Einheiten zum Stand der Technik, und bald wird es der Laser sein. Hinzu kommen hochvariable Lösungen, die verschiedene Lichtkegel für ebenso verschiedene Straßenarten erlauben. Ein Überblick.

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Dass das Auto immer komplexer wird, kann man schon an banalen Dingen erkennen. Es muss nicht immer der hocheffiziente und entsprechend kompliziert aufgebaute Motor sein, nein, man muss sich nur einmal mit dem Thema Scheinwerfer beschäftigen. Dass die einfachen Glühbirnen der Sechziger – womöglich noch mit 6 Volt-Anlage – heute ein leichtes Schmunzeln auslösen würden, ist auch an äußeren Umständen erkennbar: Kennen sie noch die dicken, beleuchteten Autobahnschilder? Längst Geschichte, früher waren sie bitter nötig. Heutige Xenon- oder LED-Vollscheinwerfer geben so viel Licht ab, dass reflektierende Objekte den Fahrer sogar blenden können. Auf der anderen Seite aber soll möglichst vermieden werden, entgegenkommende Autofahrer oder Fußgänger zum Blinzeln zu zwingen. Features wie blendfreies Dauerfernlicht oder variable Lichtkegel abhängig von der Straßenart machen es möglich. Dabei gehört der Lampen-Hightech in vielen Fahrzeugklassen auch heute noch lange nicht zum Standard. Demnach fahren viele Kleinund Kompaktfahrzeuge noch mit Halogen durch die Gegend.
Ihren Siegeszug begonnen haben Xenon-Scheinwerfer bereits Anfang der Neunziger. Oberklasse- Limousinen und Sportwagen wurden naturgemäß zuerst damit ausgerüstet und waren am blau-weißen Lichtstrahl zu erkennen. So wurde das markante Leuchtsignal zum Synonym für schnelle Autos und sorgte für Überholprestige, wovon auch günstigere und weniger performante Wagen noch einige Jahre von zehren konnten. Opel Vectra und Omega B waren seinerzeit die Low Budget-Renner mit Xenonlicht. Wie funktionieren die sogenannten Gasentladungslampen eigentlich? Während in konventionellen Halogen-Birnen noch immer ein Glühdraht steckt, erzeugen die Xenonsysteme einen Lichtbogen zwischen zwei Elektroden. Dieser Vorgang findet im Lampenkolben statt, der mit Xenongas gefüllt ist. Durch den elek-trischen Strom wird das Gas zum Leuchten angeregt; eine bessere Lichtausbeute bei geringerem Energieverbrauch scheint aber immer noch kein Grund zu sein, die Xenonlampen zum Standard-Scheinwerfer zu machen. Umfragen zufolge führen nur knapp ein Viertel der Autokäufer die entsprechenden Scheinwerfer auf ihrer Wunschliste.
Allerdings möchten fast 30 Prozent der Neuwagen- Kunden LED-Scheinwerfer. Diese jedoch sind längst noch nicht bei jedem Hersteller lieferbar. Immerhin bieten einige Marken des Volkswagen- Konzerns sowie Mazda und Peugeot selbst in der Unteren Mittelklasse entsprechende Lampen zu knapp vierstelligen Kursen an. Der Vorteil der Leuchtdioden ist, dass sie noch sparsamer mit der elektrischen Energie umgehen als Xenonlampen. Außerdem produzieren sie Licht bei geringer Wärmeabgabe; allerdings hat sich in zahlreichen Tests bestätigt, dass die bisherigen LED-Lösungen nicht besser sind als Xenonscheinwerfer. Und auch der Stromverbrauch ist in der Praxis nicht geringer. So ist es eine Prestige- und Stilfrage, ob man lieber zu LED oder Xenon greift, sofern man überhaupt die Möglichkeit hat. Apropos Stil: Kaum eine Disziplin wurde in den letzten Jahren so sehr entwickelt wie das Lichtdesign. Längst sind viele Modelle nachts bereits aus weiter Entfernung anhand spezifischer Lichtgrafik identifizierbar, was ihnen durchaus zum Markenzeichen gereicht.
Doch die Lichttechnik umfasst weit mehr als der bloße Einsatz des Leuchtmittels. Vorbei die Zeiten, als man per Lenksäulen-Hebel lediglich zwischen Abblend- und Fernlicht wählen konnte. Heute kennen viele Scheinwerfer zig Einstellungen, die aber gar nicht direkt durch den Fahrer beeinflusst werden. Opel gehörte zu den frühen Herstellern, die verschiedene Straßenarten zum Kriterium machten, um den Lichtkegel zu verändern. So erkennt das System, ob man zum Beispiel gerade auf der Autobahn unterwegs ist oder über die Landstraße cruist. Entsprechende Stellmotoren im Innenleben des Scheinwerfers rücken die Linsen so lange zurecht, bis der am besten geeignete Lichtkegel ausgesucht und ein Kompromiss zwischen optimaler Ausleuchtung sowie minimaler Blendung von Fußgängern und entgegenkommenden Autos gefunden ist. Dabei werden neben der Geschwindigkeit auch die Daten des Navigationssystems ausgewertet – Lowtech sieht in der Tat anders aus. Dass die Tüftler indes schon lange daran interessiert sind, flexible Lichtsysteme zu installieren, beweist ein Blick in die Geschichte: Schon der Citroën DS verfügte in den Fünfzigern über ein mechanisches (per Seilzug betätigtes) Kurvenlicht. Recht eingebürgert ist inzwischen das Abbiegelicht: Mittels simpler Technik zweier exakt positionierter Leuchten werden auch verwinkelte Bereiche im Frontbereich ausgeleuchtet, die sonst dunkel geblieben wären.
Fast schon revolutionär dagegen sind die immer öfter eingesetzten Systeme, mit denen man eine Fernlicht-Funktion gar nicht mehr braucht. So steht die Beleuchtung quasi immer auf „Fernlicht“, und wenn die meist im Bereich der Windschutzscheibe hockende Kamera Gegenverkehr oder Fußgänger meldet, wird ein bestimmter Teil einfach ausgeschnitten. Das passiert beispielsweise mechanisch per Stellmotor: Speziell geformte Schablonen legen sich über die Projektionskörper, um den Lichtkegel einzuschränken. Im Falle von LED-Lösungen werden bestimmte Leuchtsegmente einfach ausgeschaltet, um ebenso den Ausleucht-Winkel zu beeinflussen. Mercedes dagegen setzt auch bei LED-Scheinwerfern auf mechanische Stellkomponenten, um den Lichtkegel variabel zu steuern. In der Praxis reagieren die Systeme durchaus schnell, was nicht zuletzt an dem Umstand zu erkennen ist, dass der Gegenverkehr nicht mahnend lichthupt. Wer den Anlagen bei der „Arbeit“ zuschauen möchte, muss eine feine Beobachtungsgabe aufweisen: Die stufenlose Veränderung des Lichtkegels geht äußerst unauffällig vonstatten. Doch selbst das ist nicht der letzte Stand der Technik.

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Längst steht der Laser-Scheinwerfer vor der Türe und wird in wenigen Monaten einsatzbereit sein. Vorteil dieser Technik ist, dass die Reichweite locker verdoppelt werden kann. Freilich wird der Laserstrahl nicht direkt ins Freie gesendet, sondern passiert innerhalb der Scheinwerfer-Einheit ein komplexes System von Spiegeln und Reflektoren. Außerdem ist Phosphor im Spiel, um das scharfe Licht in eine angenehme Erscheinung zu verwandeln. Und die volle Laser-Power ist natürlich nur dann zulässig, wenn kein Gegenverkehr in Sicht ist. Dann geht das Spielchen also wieder los: Wer kann die helleren Scheinwerfer aufbieten, um sein Gegenüber zu blenden. Zum Massenphänomen hingegen dürften die Laser-Scheinwerfer in näherer Zukunft nicht werden, wenngleich Audi mit dem R8 sowie BMW mit seinem i8 ab Herbst minimale Stückzahlen auf die Straßen lassen werden. In den nächsten Jahren dürfte die Technik noch zu teuer für den Massenmarkt sein. Zunächst einmal gilt es, noch den Großteil an Halogen- Scheinwerfern zu ersetzen und den LEDAnteil massiv aufzustocken, um die passive Sicherheit zu erhöhen sowie das Energielevel zu senken. Doch selbst Xenonlicht, mit dem dieser Tage die ersten Youngtimer herumfahren, ist noch lange nicht am Ende seiner Tage.

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