Dieser Sachverhalt steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund des Anscheinsbeweises fest, da im Lichte des durch eine Fachwerkstatt unmittelbar im Nachgang des Schadensfalles festgestellten ordnungsgemäßen Zustandes der Feststellbremse ansonsten ein Abrollen des Fahrzeugs ausgeschlossen gewesen wäre.
Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 StVO muss derjenige, der ein Fahrzeug führt, die nötigen Maßnahmen treffen, um Unfälle und Verkehrsstörungen zu vermeiden, wenn das Fahrzeug verlassen wird. Was als „nötige Maßnahme“ zu verstehen ist, wird im „Handbuch für das Fahrpersonal der Deutschen Post“ konkretisiert, auf dessen Beachtung der Fahrer ausweislich der dem Gericht vorliegenden Personalakte zuletzt unter dem 20.01.2020 hingewiesen worden ist. Gemäß den Regelungen in Kapitel 1 „Pflicht zur Schadensverhütung“ und Kapitel 4 „Sichern und Abstellen von Fahrzeugen“ des vorgenannten Handbuchs ist beim Abstellen des Fahrzeugs eine doppelte Sicherung (Handbremse und Einlegen des gegenläufigen Ganges bzw. der Betätigung der Parksperre bei einem automatischen Getriebe) vorgeschrieben. Situationsbedingt könne darüber hinaus eine zusätzliche Sicherung durch Einschlagen der Vorderräder zum Fahrbahnrand bzw. durch Anbringung von Unterlegkeilen notwendig sein.
Der Fahrer hat in seiner Schadensmeldung lediglich angegeben, dass er aus dem Fahrzeug ausgestiegen sei. Als er zum Briefkasten habe gehen wollen, sei der Wagen rückwärts gerollt. Als er das kratzende Geräusch gehört habe, sei der Wagen bereits auf der leicht abschüssigen Einfahrt rückwärts gerollt und die geöffnete Fahrertür über die Mauerkante geschrammt. Sodann sei der Wagen über die Straße hinten rechts an die Gartensäule des Nachbargrundstücks gerollt und dabei zum Stehen gekommen. Mithin hat der Postzusteller bereits nicht geltend gemacht, die vorgenannten Sicherungsmaßnahmen vor Verlassen des Fahrzeugs ergriffen zu haben.
Somit hat der Fahrer grob fahrlässig die Verhaltenspflichten verletzt, die jedem Kraftfahrer beim Abstellen eines Fahrzeugs auch bei einem nur leichten Gefälle ohne Weiteres einleuchten. Dies gilt in gleicher Weise für Postzusteller, auch wenn sie solche Routinevorgänge während der Zustellung täglich in hoher Zahl durchführen müssen.
VG Bayreuth, Urteil vom 22.11.2022, Az. B 5 K 21.843