Beweisprobleme bei Beschädigung von Mietfahrzeugen?

Nicht selten kommt es bei der Rückgabe von Mietfahrzeugen zu Meinungsverschiedenheiten mit der Fahrzeugvermietung. Streitpunkt ist dann häufig der Fahrzeugzustand zum Zeitpunkt der Rückgabe, wenn das Mietfahrzeug „neue“ Schäden aufweist.

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Wenn bei der Fahrzeugübergabe an den Mieter ein detailliertes Übergabeprotokoll erstellt worden ist, sollte das eigentlich eine klare Sache sein. Denn üblicherweise werden im Übergabeprotokoll vorhandene Vorschäden im Detail aufgelistet und in einer Skizze den einzelnen Fahrzeugteilen auch optisch zugeordnet. Wenn das Protokoll also keine Vorschäden ausweist, hat es folgerichtig auch keine Vorschäden gegeben? Nicht immer liegt man mit dieser Vermutung richtig. Der Teufel steckt wie so oft im Detail.

Die Übernahme- und Übergabepraxis ist im Alltag unter Termindruck und Personalmangel allerdings häufig digital und dementsprechend leger. Die Unterzeichnung der Quittung für die Übernahme des Fahrzeugs – meist nur elektronisch am Schalter – erfolgt regelmäßig, ohne dass man das Fahrzeug zuvor zu Gesicht bekommen hat. Eine Fahrzeugübergabe erfolgt dann dadurch, dass der Mieter den simplen Hinweis erhält: „Ihr Wagen steht auf P38-526.“ In der Praxis sollte eigentlich ein Mitarbeiter den Mieter zum Fahrzeug begleiten und dort eine Einweisung in die Besonderheiten des Fahrzeugs vornehmen. Eine detaillierte Einweisung in das Fahrzeug ist aber wohl eher die Ausnahme als die Regel („Sie wissen ja, wie man ein Automatikfahrzeug fährt?“). Jedenfalls dann, wenn man nicht ausdrücklich darauf besteht. Unabhängig davon, ob dieser Eindruck nur subjektiv ist oder faktenbasiert, erfolgt die Aufnahme des Fahrzeugzustands in der Regel ausschließlich über den Fahrzeugvermieter in seinem digitalen System. Der Mieter erhält dann Hinweise auf Vorschäden – oder auch nicht.

Auch dem Verfasser ist es bereits passiert, dass er in der dunklen Tiefgarage eines Flughafens einen Steinschlag in der Windschutzscheibe eines Mietfahrzeugs außerhalb des Sichtbereichs des Fahrers übersehen hat, der dann allerdings beim Herausfahren aus der Garage sofort dem Beifahrer auffiel. Im Übergabeprotokoll war kein entsprechender Schaden vermerkt, aber dies ließ sich noch am Flughafen bei der Vermieterstation aufklären. In dem Fall war der Autovermietung bekannt, dass ein entsprechender Steinschlag in der Windschutzscheibe vermerkt war. Die Unaufgeregtheit im Umgang mit Vorschäden am Fahrzeug mag ihren Grund auch darin gehabt haben, dass das Mietfahrzeug versicherungstechnisch rundum abgesichert war. So weit, so gut. Die nachfolgenden Entscheidungen zeigen aber, dass es auch ganz anders laufen kann.

Grundsätzliches zu Schadenersatzansprüchen gegen den Fahrzeugmieter
Für die Beschädigung eines Mietfahrzeugs kann der Vermieter gegen den Fahrzeugmieter Schadenersatzansprüche geltend machen, die sich entweder unmittelbar aus dem Mietvertrag selbst ergeben in Verbindung mit den zivilrechtlichen Mietvertragsbestimmungen gemäß §§ 535, 546 Abs. 1, 280 Abs. 1 BGB oder aus den deliktischen Vorschriften des § 823 Abs. 1 BGB wegen fahrlässiger oder vorsätzlicher Beschädigung des Mietgegenstands.

Grundsätzlich kann der Vermieter eines Mietfahrzeugs vom Mieter aber nur dann Ersatz verlangen, wenn er nachweist, dass der Schaden am Mietfahrzeug bei Beginn des Mietverhältnisses noch nicht vorhanden war. Auch muss der Schaden am Mietfahrzeug aus dem Obhutsbereich des Mieters stammen.

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Sinnvoll und üblich sind insoweit auch Protokolle über den Zustand des Mietfahrzeugs vor der Übergabe an den Mieter. Diese machen allerdings letztlich nur dann Sinn, wenn auch der Rückgabezustand eindeutig dokumentiert und vom Mieter bei Übergabe bestätigt wird. Da Autovermietung ein Massengeschäft ist, liegt hierbei genau das Problem. Die meisten Mitarbeiter von Fahrzeugvermietungen werden sich nicht mehr an die Übergabe oder Rücknahme eines konkreten Mietfahrzeugs erinnern, sondern nur daran, dass sie das Übergabeprotokoll unterschrieben und regelmäßig pro Tag rund fünfzig bis hundert gleiche Fahrzeuge ausgegeben oder zurückgenommen haben. Häufig scheitert ein Zeugenbeweis auch an der Mitarbeiterfluktuation, weshalb es durchaus sein kann, dass ein Mitarbeiter, der ein entsprechendes Protokoll aufgenommen hat, zum Zeitpunkt eines Rechtsstreits gar nicht mehr für die Autovermietung arbeitet und daher aus Wegzug oder anderen Gründen nicht mehr als Zeuge im Rechtsstreit vor Gericht erscheinen kann. Im schlimmsten Falle erinnert sich ein vor Gericht erschienener Mitarbeiter einer Autovermietung nicht mehr an Details, was dann zulasten der beweisführenden Partei geht. Um dem einen Riegel vorzuschieben, ist ein sorgsamer Umgang mit der Protokollierung von Mängeln anlässlich der Fahrzeugübergabe und -rückgabe geboten. Wie sich aus der Rechtsprechung ergibt, sind solche Protokolle allerdings auch kein Allheilmittel.

Keine Beweiserleichterungen für Fahrzeugvermieter
Bereits der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 03.11.2004, Az. VIII ZR 28/04) hat zum Ausdruck gebracht, dass es keine Beweiserleichterungen für Vermieter gibt. Ist streitig, ob die vermietete Sache infolge Mietergebrauchs beschädigt ist, trägt der Vermieter die Beweislast dafür, dass die Schadenursache nicht aus dem Verhalten eines Dritten herrührt, für den der Mieter nicht (nach § 278 BGB) haftet. Diese BGH-Entscheidung ist zwar zum Wohnungsmietrecht ergangen, kann aber im Hinblick auf die allgemeine Beweislastverteilung im Mietverhältnis auch auf Fahrzeugvermietungen übertragen und angewendet werden.

Ein Fahrzeugvermieter kann nach einer aktuellen Entscheidung des Landgerichts Münster (Urteil vom 11.10.2024, Az. 10 O 52/24) auch für sich keinerlei Beweiserleichterungen geltend machen. Oder anders formuliert: Für Fahrzeugvermieter gibt es keine Beweiserleichterungen. Der Vermieter eines Fahrzeugs trägt nach allgemeinen Beweislastgrundsätzen die Beweislast dafür, dass das Fahrzeug vor der Übernahme durch den Mieter unbeschädigt und für den bestimmungsgemäßen Gebrauch als Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr mangelfrei, das heißt also insbesondere verkehrssicher war. Regelungen im Mietvertrag über das Fahrzeug und seinen Zustand kann nach dieser Entscheidung aber keine Beweisrelevanz zukommen.

Insbesondere kann eine solche Regelung nicht zu einer Beweislastumkehr führen, weil ansonsten ein Verstoß gegen § 309 Nr. 12 BGB vorliegen würde. Der Paragraf 309 BGB regelt Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit. Das wird einem Nichtjuristen recht wenig sagen. Die Norm bedeutet, dass auch soweit in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften beispielsweise des BGB zulässig ist, sind bestimmte in § 309 BGB aufgezählte Regelungen als Klauseln in AGB unwirksam. Unwirksam ist nach § 309 Nr. 12 BGB eine Klausel zur Beweislast. Gemeint ist damit eine Bestimmung, durch die der Verwender (in unserem Beispielsfall der Fahrzeugvermieter) die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils (sprich: des Fahrzeugmieters) ändert, insbesondere indem er diesem die Beweislast für Umstände auferlegt, die im Verantwortungsbereich des Vermieters als Verwenders liegen, oder den anderen Vertragsteil (Mieter) bestimmte Tatsachen bestätigen lässt. Es ist eben Sache des Vermieters dafür zu sorgen, dass der Mietgegenstand frei von Mängeln und für die bestimmungsgemäße Verwendung geeignet ist.

Ein Fall aus der Fuhrparkpraxis
Der Fall des Landgerichts Münster ist dabei ein echter Klassiker, der in der Fuhrparkpraxis wohl täglich vorkommen dürfte. Nicht selten decken Fuhrparks ihren Fahrzeugbedarf bei Autovermietungen, vor allen Dingen dann, wenn besonderer Transportbedarf besteht und man hierzu Fahrzeuge benötigt, die im eigenen Fuhrpark bereits ausgebucht oder nicht vorhanden sind.

Im Streitfall hatte der Mieter bei der Fahrzeugvermietung einen Kfz Mercedes-Benz Sprinter gemietet. Bei der Abholung in der Vermietstation fertigte ein Mitarbeiter der Autovermietung einen Mietvertrag aus, in dem er auch verschiedene Vorschäden – allesamt im Fahrzeuginneren – aufnahm: „Das Fahrzeug weist folgende Schäden auf: Verkleidung Laderaum hinten, Fahrerseite Riss; das Fahrzeug weist folgende leichte Schäden auf: Verkleidung Laderaum Mitte, Beifahrerseite Riss.“

So weit, so gut. Die Fahrzeugrückgabe erfolgte dann abends wieder an der Vermietungsstation, wobei der Mieter den Schlüssel in den sogenannten Nachttresor einwarf. Am Folgetag erhielt der Mieter dann eine E-Mail vom Vermieter, in welcher er auf „Zustandsabweichungen“ hingewiesen wurde, die in den Unterlagen der Autovermietung bisher noch nicht dokumentiert waren. Dabei wurde er aufgefordert, bei der Klärung des Sachverhalts zu helfen. Der Mieter begab sich daraufhin zur Vermietungsstation, wobei der Inhalt der dort geführten Gespräche zwischen den Parteien streitig ist.

Der Autovermieter behauptete, dass der Mieter das Fahrzeug – bis auf die im Mietvertrag dokumentierten Mängel – schadenfrei übernommen habe. Bis auf die im Mietvertrag dokumentierten Beschädigungen im Inneren des Laderaums sei das Fahrzeug unbeschädigt gewesen. Bei der Rückgabe seien von einem Mitarbeiter als Zeugen Mängel dokumentiert worden, die in der Besitzzeit des Mieters entstanden seien. Im Streitfall beliefen sich die Kosten für die Reparatur auf rund 11.400 Euro. Dabei hatte die Autovermietung ursprünglich Ansprüche in Höhe von 12.973,56 Euro geltend gemacht, dann aber die Klage teilweise in Höhe von 1.608,30 Euro zurückgenommen, da in dem vorgelegten Gutachten vom 17. August 2023 versehentlich Schäden kalkuliert worden seien, die erst nach der streitgegenständlichen Anmietung entstanden seien.

Der beklagte Mieter hatte demgegenüber ausdrücklich bestritten, dass die von Vermieterseite geltend gemachten Beschädigungen in seiner Besitzzeit entstanden sind. Er habe zusammen mit dem Zeugen das Fahrzeug vor Fahrantritt in Augenschein übernommen und dabei seien mehrere Kratzer und Dellen aufgefallen. Man sei davon ausgegangen, dass diese Beschädigungen der Autovermietung bekannt gewesen seien. Der Zustand des Fahrzeugs bei Rückgabe war also letztlich unstreitig, wobei der Mieter seine Verantwortlichkeit für diesen Zustand umfänglich bestritt.

Das Landgericht hatte Beweis erhoben durch Zeugenvernehmung des Mitarbeiters, der das Übergabeprotokoll erstellt hatte. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war der Autovermietung jedoch der Beweis nicht gelungen, dass das streitgegenständliche angemietete Fahrzeug vor der Übergabe an den Mieter keine Schäden aufwies, insbesondere nicht diejenigen Schäden, deren Beseitigungskosten im Rechtsstreit geltend gemacht wurden.

Dementsprechend urteilte das Landgericht nach allgemeinen Beweislastgrundsätzen. Hiernach trug der Fahrzeugvermieter die Beweislast dafür, dass das Fahrzeug vor der Übernahme durch den beklagten Mieter unbeschädigt war.

Aus den Gründen – so hat das Landgericht Münster entschieden
Nach Ansicht des Gerichts wurde der Beweis nicht durch den Inhalt des Mietvertrags, auch nicht als Indiz, erbracht. Zwar hatte der Autovermieter behauptet, der Mietvertrag sei unmittelbar vor der Anmietung erstellt und der Zustand des Fahrzeugs im Mietvertrag dahin gehend dokumentiert worden, dass lediglich Schäden im Innenbereich dokumentiert und andere Beschädigungen dagegen nicht vorhanden gewesen seien. Dies hatte der von der Autovermietung benannte Zeuge allerdings nicht bestätigen können. Dieser hatte nach eigenen Schilderungen das Fahrzeug vor und bei der Erstellung des Mietvertrags überhaupt nicht gesehen. Ein Übergabeprotokoll mit Dokumentation des Fahrzeugs sei nicht erstellt worden. Die Angaben zu den Beschädigungen im Innenraum habe er lediglich aus dem System übernommen. Zum Zustand des Fahrzeugs zum Zeitpunkt der Vermietung konnte er daher keinerlei Angaben machen.

Allein aus dem Umstand, dass die von der Autovermietung dargelegten Schäden unstreitig vorhanden und nicht im Mietvertrag erwähnt waren, lässt sich ebenfalls nichts ableiten. Zwar erscheint es etwas ungewöhnlich, dass ein Mieter eines Mietwagens ein Fahrzeug mit äußerlich sichtbaren Schäden übernimmt, wenn im Mietvertrag lediglich Mängel im Inneren dokumentiert sind. Der Mieter hatte allerdings bei seiner persönlichen Anhörung nachvollziehbar geschildert, er habe die Mängel als üblichen Zustand des Fahrzeugs angesehen und sei davon ausgegangen, dieser sei dem Vermieter bekannt. Die Beschädigungen waren vom Umfang auch ersichtlich nicht besonders gravierend und erscheinen für einen Miet-Transporter nicht ungewöhnlich. Dies sei den Fotoaufnahmen zu entnehmen. Die Schäden können rein äußerlich für einen Nutzer als Bagatellbeschädigungen erscheinen und einen üblichen Zustand für ein derartiges Gebrauchtfahrzeug darstellen. Das wurde auch dadurch bestätigt, dass der Transporter über die weiteren Monate bis zur Erstellung des Gutachtens unrepariert weitervermietet wurde und auch einen weiteren kleinen Schaden erlitten hat.

Die Indizwirkung des Vertrags war nach Ansicht des Gerichts ferner auch deshalb gemindert, weil es sich um einen digital erstellten Vertrag handelte, den der Kunde noch im Ladenlokal per E-Mail auf das Handy erhielt. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kunde sämtliche Regelungen und insbesondere die Hinzufügungen betreffend Beschädigungen auf dem Smartphone überhaupt liest und deren Bedeutung wahrnimmt, erscheint eher gering.

Auch der Regelung im Vertrag, „Ich verpflichte mich, vor Abfahrt das Fahrzeug nochmals auf Schäden zu kontrollieren und etwaige nicht erfasste Schäden vor Abfahrt der Übergabestation oder der unten angegebenen Service-Hotline zu melden“ kann keine Beweis(last)relevanz zukommen.

Insbesondere kann eine solche Regelung nicht zu einer Beweislastumkehr führen, weil ansonsten ein Verstoß gegen § 309 Nr. 12 BGB vorliegen würde, der dem AGB-Verwender Regelungen zur Beweislast verbietet, durch welche die Beweislastlage zum Nachteil des Vertragspartners geändert wird. Sämtlicher Inhalt des Mietvertrags stellt als Inhalt, der gegenüber einer Vielzahl von vergangenen oder kommenden Kunden Verwendung findet, eine Allgemeine Geschäftsbedingung dar. Aufgrund der Regelung des § 309 Nr. 12 BGB kann ihr deshalb auch keine indizielle Bedeutung zulasten des Kunden zukommen. Dies ist, soweit ersichtlich, ganz allgemeine Ansicht in der Rechtsprechung.

Danach gilt: Für die Beschädigung eines Mietfahrzeugs kann der Vermieter vom Mieter nur dann Ersatz verlangen, wenn er nachweist, dass der Schaden erstens bei Beginn des Mietverhältnisses noch nicht vorhanden war und zweitens aus dem Obhutsbereich des Mieters stammt. Es gibt keine Beweiserleichterungen für den Vermieter (LG Lübeck, Urteil vom 06.03.2024, Az. 6 O 82/23).

Wird ein Mietfahrzeug beschädigt zurückgegeben, ist es Aufgabe des Vermieters darzulegen und zu beweisen, dass die Beschädigung des Mietfahrzeugs während der Mietzeit entstanden ist, in welcher der Mieter das Fahrzeug vereinbarungsgemäß in seiner Obhut hatte und damit verpflichtet war, es vor jeglichen Beschädigungen bei Benutzung, aber auch durch Dritte zu schützen (LG Itzehoe, Urteil vom 27.1.2021, Az. 1 S 6/20).

Weitere Beweisantritte gab es vonseiten des Vermieters nicht. Eine Zeugin war vermieterseits lediglich benannt für den (unstreitigen) Zustand bei Rückgabe des Fahrzeugs.

Besondere Risiken durch nächtliche Rückgabe beim Vermieter
Im Kontext mit einer anderen Entscheidung des Landgerichts Lübeck (Urteil vom 13.06.2013, Az. 14 S 211/11) zur Verantwortung des Mieters für einen Schaden am Mietfahrzeug wird deutlich, dass der Nachweis des Schadeneintritts vor Ablauf der vereinbarten Mietzeit mitunter schwierig sein kann, wenn das Fahrzeug in der Nacht vor dem vereinbarten Rückgabetermin auf dem Hof des Vermieters abgestellt wird unter Ausnutzung einer speziellen Vorrichtung (Schlüsselbriefkasten) für die Schlüsselrückgabe.

Die Autovermietung hat als Vermieterin des Kraftfahrzeugs die Darlegungs- und Beweislast für eine Mangelfreiheit des Fahrzeugs bei Beginn des Mietverhältnisses. Dem hatte die Autovermietung genüge getan. Der weitere, streitgegenständliche Schaden lag ausweislich des Übergabeprotokolls bei Mietbeginn (noch) nicht vor und der Mieter hatte insoweit nicht hinreichend schlüssig vorgetragen und im Übrigen auch keinen Beweis dahin geführt, dass der weitere Schaden bereits bei Mietbeginn vorlag.

Das Landgericht Lübeck hat hierzu entschieden, dass ein Schaden am Mietfahrzeug auch dann beim Mietgebrauch entstanden ist, wenn er nach dem Abstellen auf dem frei zugänglichen Parkgelände/öffentlich zugänglichen Hof des Vermieters vor Ablauf der vertraglich vereinbarten Mietzeit eintritt. Die einseitige (bloße) Besitzaufgabe durch den Mieter durch Abstellen des Fahrzeugs bereits in der Nacht vor Ablauf der Mietzeit und Einwurf des Fahrzeugschlüssels in einen Einwurfkasten beinhalte keine vorzeitige Beendigung des Mietvertrags. Dass der Vermieter eine solche Rückgabevorrichtung optional vorhält, kann nicht als Willenserklärung dahin gedeutet werden, dass dadurch ein (vorzeitiger) Mietaufhebungsvertrag wirksam zustande kommt. Der Rückgabevorrichtung ist ein solcher Zweck ebenso wenig beizumessen wie eine Regelung über die Risikoverteilung bei einem nächtlichen Schadenfall auf dem Hof.

Die Vermieterin traf die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Kausalität für die Ursache des Schadens im Obhutsbereich des Mieters durch Ausschluss der eigenen Verursachung oder der Verursachung durch Dritte. Der Nachweis dieses Ausschlusses ist allerdings dann entbehrlich, wenn feststeht, dass die Mietsache durch Mietgebrauch beschädigt wurde. In diesem Fall trifft den Mieter die Darlegungs- und Beweislast, dass der streitgegenständliche weitere Schaden von ihm nicht zu vertreten ist (BGH, Urteil vom 03.11.2004, Az. VIII ZR 28/04). Dieser Darlegungs- und Beweislast konnte der Mieter allerdings im Fall des LG Lübeck nicht genügen.

Schäden erst während behiehungsweise bei der Fahrzeugrückgabe
Schäden am Mietfahrzeug können allerdings auch unmittelbar im Rahmen der Fahrzeugrückgabe noch geschehen. In einem vom Amtsgericht München entschiedenen Fall (Urteil vom 19.07.2007, Az. 275 C 15658/07) hatte ein Fahrzeugmieter einen Parkunfall bei der Rückgabe. Dabei fuhr er rückwärts in eine Parklücke unter Verwendung einer Einparkhilfe (Park Distance Control = PDC), wobei die Messung per Ultraschallsensor durch eine Lochblende vor der Parkhauswand hindurch erfolgte und daher der Abstand zum Hindernis hinter dem Fahrzeug nicht ganz korrekt angezeigt wurde.

Verursacht ein Kraftfahrzeugmieter beim Rückwärtsfahren unter Benutzung einer Einparkhilfe einen Schaden am Mietfahrzeug, kann der Autovermieter Reparaturkostenersatz (bis zur Eigenbeteiligung – in dem entschiedenen Fall lag diese bei 750 Euro) wegen (fahrlässiger) Verletzung einer Nebenpflicht aus dem Mietvertrag nach § 280 Abs. 1 BGB verlangen. Bei Verwendung einer Einparkhilfe darf sich der Fahrzeugführer nicht darauf verlassen, dass diese zuverlässig bei jedem Hindernis ein Warnsignal abgibt. Bei der Benutzung eines Kraftfahrzeugs, insbesondere beim Rückwärtsfahren, sind hohe Anforderungen an den Sorgfaltsmaßstab des Kraftfahrzeugführers zu stellen. Dieser darf sich nicht auf die Einparkhilfe allein verlassen. Er muss sich zusätzlich durch eigene Beobachtungen (durch Blick in den Rückspiegel, Umschauen, gegebenenfalls Aussteigen aus dem Fahrzeug) vergewissern, wie weit ein Rückwärtsfahren ohne Anstoß möglich ist.

Empfehlungen für die Vermietungspraxis
Die „optimale Fahrzeugvermietung“ ist auf die Dokumentation von Fahrzeugschäden angewiesen. Der Autovermieter muss beweisen, dass und welche Schäden während der Besitzzeit und Nutzungsdauer durch den Mieter entstanden sind. Dem wird er nur dadurch gerecht, dass er Vorschäden durch ein ordnungsgemäßes Protokoll detailliert aufnimmt und beweissicher – möglichst auch fotografisch – „wasserdicht“ dokumentiert. Gleiches gilt im Übrigen für die Rückgabe des Fahrzeugs. Mängel, die fotografisch dokumentiert und in einer Fahrzeugskizze markiert sind, sollte sich der Vermieter im Übrigen vom Mieter beziehungsweise von dem in seinem Auftrag tätigen Fahrer abzeichnen lassen. Auch der Mitarbeiter der Autovermietung, der das Fahrzeug übergibt oder wieder zurücknimmt, sollte auf dem entsprechenden Protokoll unterschreiben. Häufig hilft allerdings eine entsprechende Unterschrift nicht gegen spätere Erinnerungslücken bei den Mitarbeitern von Autovermietungen, wenn Jahre danach um Fahrzeugschäden vor Gericht gestritten wird und die Mitarbeiter hierzu Zeugenaussagen tätigen sollen. In Fällen, in denen um die Verantwortlichkeit für Schäden am Mietfahrzeug gestritten wird, dürfte es in manchem Fall auch sinnvoll sein, die verantwortlichen Mitarbeiter ergänzend zu einem schriftlichen Gedächtnisprotokoll zu veranlassen.

Gleichwohl besteht bei umfangreichen unreparierten Vorschäden das immanente Risiko, dass letztlich Schadenersatz für zusätzliche Fahrzeugschäden nicht in allen Fällen mehr vollständig erlangt werden kann. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte sich hierbei rechts- und fachkundig beraten lassen.

Rechtsanwalt und Syndikusrechtsanwalt 
Lutz D. Fischer, St. Augustin 
Kontakt: kanzlei@fischer.legal 
Internet: www.fischer.legal

 

AUTOR

RECHTSANWALT LUTZ D. FISCHER ist Mitglied der ARGE Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein. Ein besonderer Kompetenzbereich liegt im Bereich des Dienstwagen- und Verkehrsrechts. Als Autor hat er zahlreiche Publikationen zum Dienstwagenrecht veröffentlicht, unter anderem in der Fachzeitschrift „Flottenmanagement“ sowie im Ratgeber „Dienstwagen- und Mobilitätsmanagement 2018–2020“ (Kapitel Datenschutz). Als Referent hält er bundesweit offene Seminare und Inhouse-Veranstaltungen zur Dienstwagenüberlassung mit thematischen Bezügen zu Arbeitsrecht, Entgeltabrechnung, Schadenregulierung und -management, Datenschutz sowie Elektromobilität.
 

 

 

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