Arbeitsrecht aktuell: Grenzen des Corporate Designs und der Werbung auf Dienstwagen?

Arbeitsrecht aktuell: Grenzen des Corporate Designs und der Werbung auf Dienstwagen?
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Arbeitsrecht aktuell: Grenzen des Corporate Designs und der Werbung auf Dienstwagen?
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Kürzlich hatte das Arbeitsgericht Mönchengladbach (Urteil vom 14.10.2015, Az. 2 Ca 1765/15) über den Fall eines Verkaufsreisenden zu entscheiden, der sich weigerte, das nach den Vorstellungen des Arbeitgebers werblich gestaltete Dienstfahrzeug zu fahren. Der Fall hatte in der Tagespresse als sogenannter „Puffauto“-Fall einige Furore gemacht. In seinem Urteil vom 14.10.2015 erklärte das Arbeitsgericht die wegen der Weigerung zur Nutzung des Firmenfahrzeugs erfolgte außerordentliche Kündigung mangels vorheriger Abmahnung für unwirksam, während die ordentliche Kündigung wirksam war.

Die Entscheidung gibt Anlass, einen kurzen Blick auf die Direktionsbefugnis des Arbeitgebers in Bezug auf die äußere Gestaltung von Dienstwagen zu werfen.

In dem vom Arbeitsgericht Mönchengladbach entschiedenen Fall schaffte der Arbeitgeber im Jahre 2015 neue Firmenfahrzeuge in schwarzer Farbe an. Das für den Verkaufsreisenden neu angeschaffte Auslieferungsfahrzeug wurde mit einer auffälligen Werbung versehen, wobei das Auslieferungsfahrzeug für Produkte rund um „Kaffee“ auf der Beifahrerseite mit „nackten Frauenbeinen“ verziert wurde, während auf der Fahrerseite links ausschnittweise eine Person abgebildet wurde, die mit üblicherweise auch vom Mitarbeiter getragener Bekleidung ausgestattet war. Später wurden auf Weisung des Arbeitgebers noch rote Radkappen montiert. Der Verkaufsfahrer sowie auch Kunden empfanden diese Art der Werbung als sexistisch; er weigerte sich, das Fahrzeug für Auslieferungsfahrten zu benutzen.

Das Arbeitsgericht stellte fest, dass es zur arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung der Tätigkeit als Verkaufsreisender gehört, mit einem ihm vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Firmenfahrzeug zu fahren. Es nahm daher an, dass der Arbeitgeber im Rahmen des ihm nach § 106 GewO zustehenden Direktionsrechts grundsätzlich auch berechtigt sein dürfte, das zur dienstlichen Nutzung bestimmte Firmenfahrzeug nach seinen Vorstellungen zu gestalten und mit Werbung zu versehen. Damit hat das Arbeitsgericht klargestellt, dass es dem Arbeitgeber sowohl aus dem Arbeitsvertrag als auch aufgrund seiner Betriebsherrschaft allein obliegt, die Gestaltung von Arbeitsmitteln – hierzu gehören eben auch Firmenfahrzeuge – so vorzunehmen, wie er es für seinen unternehmerischen Erfolg für sinnvoll hält. Daher hat der Arbeitgeber als Unternehmer das Recht, die Arbeitsorganisation und -mittel frei zu bestimmen. Er kann mithin jedenfalls bestimmen, welche Fahrzeugmodelle, Ausstattungsmerkmale und Farben er im Rahmen seines Corporate Designs für den Betriebsfuhrpark vorsehen will. Gleiches gilt für die äußere werbliche Gestaltung von Firmenfahrzeugen.

Damit ist aber noch lange nicht gesagt, ob die Interessen des Arbeitnehmers, der in der Außenwerbung des Unternehmens gewissermaßen auch als „Betriebsrepräsentant“ angesehen wird, nicht gleichwohl irgendwie Berücksichtigung finden müssen. Denn es gehört auch nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keineswegs zu den arbeitsvertraglichen Aufgaben, für den Arbeitgeber unentgeltlich Werbung zu machen.

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Damit stellt sich – jedenfalls in Betrieben, die über einen Betriebsrat verfügen – die Gretchenfrage, ob nicht gegebenenfalls ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der äußeren werblichen Gestaltung von Firmenfahrzeugen gegeben ist (vgl. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG). Bei Unternehmen mit Kundenverkehr – insbesondere solchen, die betrieblich durch Auslieferungsfahrzeuge im öffentlichen Verkehr repräsentiert werden – kann es also gut sein, dass sich die Grundsätze für die Behandlung der Betriebsangehörigen nach § 75 Abs. 2 BetrVG nicht nur auf die Gestaltung von Dienstkleidung beziehen, sondern darüber hinaus auch auf die in der Öffentlichkeit außerhalb des Betriebsgeländes gezeigten Arbeitsmittel wie Firmenfahrzeuge, wenn damit – zusätzlich zur Mobilität der Mitarbeiter – werbliche Effekte erzielt werden sollen. Dies ist bei der Gestaltung von Car-Policys und Dienstwagenüberlassungsverträgen hinsichtlich der Vorgaben für die äußere Gestaltung von Firmenfahrzeugen zu berücksichtigen.

Da der Betrieb des Arbeitgebers wegen seiner zu geringen Betriebsgröße nicht in den Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes (KschG) fiel, bleibt abzuwarten, ob derartige Fälle im Geltungsbereich des KSchG eventuell anders entschieden werden. Kurz und knapp abgelehnt wurde zudem eine sexuelle Diskriminierung des bekanntermaßen homosexuellen Auslieferungsfahrers durch die Zuweisung des Firmenfahrzeugs nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Das Arbeitsgericht stellte klar, dass die Benachteiligung nicht in Form der Zuweisung des werbetechnisch umgestalteten Fahrzeugs erfolgte, weil nicht nachvollziehbar sei, was unbekleidete Frauenbeine mit männlicher Homosexualität zu tun haben sollten.

Offen gelassen hat das Arbeitsgericht sowohl die Frage, ob der die Arbeitgeber nicht eventuell gehalten war, dem Auslieferungsfahrer ein anderes Fahrzeug zuzuweisen, weil diesem die Nutzung des speziell gestalteten Fahrzeugs (unter anderem wegen Verletzung von Persönlichkeitsrechten) unzumutbar war, also auch die weitere Frage, ob die Werbung auf dem Firmenfahrzeug geschmacklos und/oder sexistisch gestaltet war oder eben nicht.

Damit zeigt sich jenseits aller rechtlichen Erwägungen zur Reichweite der Direktionsbefugnis des Arbeitgebers, dass Unternehmen auch beziehungsweise gerade bei der äußeren werblichen Gestaltung von Firmenfahrzeugen sehr viel Fingerspitzengefühl benötigen – und eine entsprechende klare Regelung in den Firmenwagenüberlassungsregelungen.

Rechtsanwalt Lutz D. Fischer, St. Augustin
Kontakt: kanzlei@fischer.legal
Internet: www.fischer.legal

 

 

AUTOR

RECHTSANWALT LUTZ D. FISCHER aus St. Augustin berät und vertritt mittelständische Unternehmen, Unternehmerpersönlichkeiten sowie Privatpersonen im Wirtschafts-, Zivil-, Arbeits- und Verkehrsrecht und ist bundesweit als juristischer Dienstleister tätig. Ein besonderer Kompetenzbereich liegt im Bereich des Dienstwagen- und Fuhrparkrechts. Rechtsanwalt Fischer ist Mitglied der ARGE (Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein) und Autor zahlreicher Publikationen zum Dienstwagen- und Verkehrsrecht. Als freiberuflicher Dozent ist er für das Goethe-Institut in Bonn tätig und hält bundesweit Seminare zu „Dienstwagenüberlassung und Arbeitsrecht“ sowie zu „Professionelles Schadensmanagement im Fuhrpark“ für das Weiterbildungsinstitut CompendiumPlus aus Osnabrück.

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