Dienstwageneinsatz im europäischen Ausland
Unternehmen mit Hauptsitz in Deutschland unterhalten häufig auch Filialen oder Niederlassungen im europäischen Ausland. Aus Kostengründen besteht meist die Bestrebung, das Fuhrparkmanagement zentral auch für die Niederlassungen zu steuern. Für den verantwortlichen Fuhrparkmanager stellt sich in diesen Fällen die Frage, welche Besonderheiten bei der Dienstwagenüberlassung zu beachten sind, wenn in Deutschland zugelassene Dienstfahrzeuge im europäischen Ausland eingesetzt werden sollen. Üblicherweise treten hier zwei Fallgestaltungen auf, die voneinander zu unterscheiden sind:

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Entsendungsfall – Geschäftsreise ins Ausland
Ein Unternehmen mit Hauptsitz in Deutschland entsendet einen Mitarbeiter mit Wohnsitz in Deutschland vorübergehend zur Erledigung von Projektarbeiten an eine ausländische Niederlassung. Hierfür benutzt der Mitarbeiter einen am Unternehmenssitz auf das Unternehmen als Halter zugelassenen Dienstwagen mit deutschem Kfz-Kennzeichen, bei dem ihm auch die private Nutzung gestattet wurde.
Im Rahmen der Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union (EU) dürfen Fahrzeuge mit einer gültigen deutschen Zulassungsbescheinigung in einem anderen EU-Mitgliedsstaat oder einem anderen EWR-Vertragsstaat (Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum – EWR) vorübergehend am Straßenverkehr teilnehmen. Dies gilt allerdings nur, wenn im jeweiligen Vertragsstaat – also hier am Ort der ausländischen Niederlassung – kein regelmäßiger Standort begründet wird. Ein regelmäßiger Standort am Ort der ausländischen Niederlassung würde jedenfalls dann begründet sein, wenn sich das Fahrzeug dort länger als ein halbes Jahr (185 Tage) befindet – mit der Folge, dass das Fahrzeug dann dort anzumelden wäre. In einigen Ländern sind diese Fristen aber kürzer; hier lohnt es sich, vor Ort bei den jeweiligen nationalen Straßenverkehrsämtern Erkundigungen einzuholen. Dass es in Grenzgebieten gleichwohl zu Unklarheiten darüber kommen kann, wo denn nun der eigentliche zulassungsrelevante Standort zu bestimmen ist, dürfte auf der Hand liegen.
Die Dienstwagenüberlassungsvereinbarung sollte eine Regelung beinhalten, die den berechtigten Nutzer ermächtigt, mit dem Dienstfahrzeug auch ins Ausland zu fahren. Um dies gegebenenfalls nach einem Unfall nachweisen zu können, ist zumindest eine entsprechende, gegebenenfalls mehrsprachige Auslandsvollmacht hilfreich, die im Dienstwagen auf Auslandsfahrten mitgeführt werden sollte (eine Kopie der Vollmacht gehört ins Handschuhfach!).
Es ist ausreichend, wenn das Dienstauto in Deutschland haftpflichtversichert ist; es empfiehlt sich, als Versicherungsnachweis die „Grüne Karte“ mitzuführen. Weitere Versicherungen wie Teil- und Vollkaskoversicherung machen nicht nur für Leasingfahrzeuge Sinn, da sich die Schadenregulierung im Falle eines Verkehrsunfalls nach den jeweiligen Landesregeln des Unfallortes richtet; nicht unbedingt jede Schadenposition ist auch bei einem Auslandsunfall erstattungsfähig, weshalb ergänzende Versicherungen anzuraten sind. Hilfreich ist zudem auch eine Auslands-Verkehrsrechtsschutzversicherung.
Ein in Deutschland zugelassenes Fahrzeug darf im Übrigen an keine andere Person mit Wohnsitz am Ort der ausländischen Niederlassung verliehen oder vermietet werden. Mitarbeiter des Unternehmens mit Wohnsitz am Ort der ausländischen Niederlassung dürfen das Fahrzeug mit deutschem Kennzeichen also nur dann – begleitet – fahren, wenn sich der Dienstwagenberechtigte mit ihnen im Auto befindet.

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Ausgabe 6/2015

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Bei der Abrechnung des geldwerten Vorteils durch die Privatnutzung des Dienstwagens beim Mitarbeiter (mit Wohnsitz in Deutschland) ergeben sich keine Besonderheiten; der Arbeitgeber versteuert dies entweder pauschal oder nach der Fahrtenbuchmethode nach deutschen Steuervorschriften. Auch die Kraftfahrzeugsteuer ist weiterhin in Deutschland zu entrichten.
Bei den Reisekosten sind bei einem zum Betriebsvermögen gehörigen Pkw alle Kfz-Kosten als Betriebsausgaben abzugsfähig. Dazu gehören bei Geschäftsreisen ins Ausland auch alle ausländischen Benzin- und Reparaturkosten sowie Maut- und Parkgebühren. Zu beachten ist aber, dass die ausländische Umsatzsteuer in Deutschland nicht als Vorsteuer abgezogen werden darf. Ob hier eine Erstattung möglich ist, hängt von den jeweiligen Landesregelungen am Ort der Aufwendungen ab. Ein Antrag auf Vergütung kann für alle EU-Staaten über das Bundeszentralamt für Steuern gestellt werden, ist aber wegen des damit verbundenen Aufwands nicht unbedingt in allen Fällen lohnenswert, beispielsweise dann nicht, wenn im benachbarten europäischen Ausland billiger getankt werden kann oder nur geringfügig ausländische Umsatzsteuer anfällt.
Deutscher Dienstwagen für Mitarbeiter an der ausländischen Niederlassung?
Fuhrparkverantwortliche möchten mitunter gerne aus Gründen der organisatorischen Vereinfachung Dienstfahrzeuge mit deutscher Zulassung den Mitarbeitern einer Niederlassung im europäischen Ausland zur Verfügung stellen, und zwar unter Motivationsgesichtspunkten auch zur Privatnutzung. Diese Konstellation kann, nicht zuletzt unter steuerlichen Gesichtspunkten, eine recht teure Variante werden.
Keine Besonderheiten gelten bei der Führerscheinkontrolle der Mitarbeiter der Auslandsniederlassung
Jedoch gilt auch hier die sechsmonatige Grenze, nach der eine Ummeldung der Fahrzeugzulassung an den Ort der Niederlassung im Ausland erfolgen muss. Probleme können sich hier insbesondere bei Leasingfahrzeugen ergeben. Beispielsweise darf in Belgien oder in den Niederlanden ein Mitarbeiter mit dortigem Wohnsitz kein Leasingfahrzeug mit deutschem Kennzeichen fahren. Die Ummeldung ist aber kein Allheilmittel und auch nicht in allen Fällen wirtschaftlich: Denn wenn ein Fahrzeug aus Deutschland zum Beispiel in den Niederlanden angemeldet werden soll, geht das nur, wenn auch die Leasinggesellschaft dort über einen Firmensitz verfügt. Ansonsten kann das Fahrzeug nicht eingeführt werden. Zudem entstehen der Leasinggesellschaft bei einer Einfuhr eventuell höhere Kosten (Steuern bei Einfuhr, Zoll), die nicht vom Leasingvertrag gedeckt sind.
Auch bei der Nutzung durch Mitarbeiter vor Ort gilt grundsätzlich: Ein Mitarbeiter des Unternehmens, der seinen Wohnsitz im Land der ausländischen Niederlassung hat, darf ein Fahrzeug mit deutscher Zulassung und deutschem Kennzeichen nicht ohne Weiteres im Ausland fahren. Hier gibt es Ausnahmen und Besonderheiten. Beispielsweise gilt in den Niederlanden die Besonderheit, dass ein Einwohner der Niederlande (das kann auch ein deutscher Mitarbeiter mit Wohnsitz in den Niederlanden sein), der kurzfristig einen geliehenen Pkw mit deutschem Kennzeichen in den Niederlanden nutzen will, dies vorab elektronisch melden muss. Dies geschieht auf der Website der Steuerverwaltung www.belastingdienst.nl im Menü „Vrijstellingen bij kort gebruik auto of motor in Nederland”. Eine dauerhafte Nutzung ist damit aber nicht möglich. In Belgien könnte ein Mitarbeiter eines deutschen Unternehmens hingegen einen in Deutschland zugelassenen Firmenwagen auch privat nutzen – allerdings unter der Voraussetzung, dass er ein „Attest“ des zuständigen belgischen Mehrwertsteueramts im Fahrzeug mitführt, was bei eventuellen Kontrollen wichtig ist. Das Dokument kann in Belgien beim Mehrwertsteueramt beantragt werden, das auch Auskunft darüber erteilt, welche Unterlagen im Einzelfall vorgelegt werden müssen.
Bei der Versteuerung des Dienstwagens gibt es Besonderheiten zu beachten, denn seit dem 30. Juni 2013 wurde eine neue Leistungsortregelung für die langfristige Vermietung von Beförderungsmitteln an Nichtunternehmer eingeführt. Die Finanzverwaltung sieht die Überlassung eines Dienstwagens an einen Arbeitnehmer zur privaten Nutzung regelmäßig als entgeltliche Vermietung eines Beförderungsmittels an (BMF-Schreiben vom 12.09.2013, Az. IV D 3 – S 7117-e/13/10001, DOK 2013/0849487 und vom 05.06.2014, Az. IV D 2 – S 7300/07/10002: 001). Der Leistungsort richtet sich also nach dem Wohnsitz oder Sitz des Leistungsempfängers, sodass die Privatnutzung der Umsatzsteuer unterliegt (§ 3a Abs. 3 Nr. 2 UStG). Während für Mitarbeiter mit deutschem Wohnsitz die Umsatzbesteuerung der Privatnutzung vom Arbeitgeber im Rahmen der Umsatzsteuer-Voranmeldungen vorgenommen wird, führt die grenzüberschreitende Dienstwagenüberlassung bei Mitarbeitern mit Wohnsitz am Ort der ausländischen Niederlassung zu einem erheblichen Mehraufwand und gegebenenfalls auch zu einer steuerlichen Mehrbelastung des Unternehmens. Da die Dienstwagenbesteuerung innerhalb der EU noch nicht einheitlich geregelt ist, kann es hier zu Konflikten mit den steuerlichen Regelungen anderer EU-Länder kommen, im schlimmsten Falle sogar zu einer Doppelbesteuerung, wenn die Privatnutzung in beiden Ländern der Umsatzsteuer unterliegt. Hat der Mitarbeiter seinen Wohnsitz am Ort der ausländischen Niederlassung, muss sich das deutsche Unternehmen ebenfalls dort – im Wohnsitzstaat des Arbeitnehmers – umsatzsteuerlich registrieren lassen und vor Ort die jeweilige Umsatzsteuer abführen. In Deutschland fällt in diesem Fall keine Umsatzsteuer mehr an.
Europäische Zukunftsmusik – einheitliche Regelungen zur Fahrzeugzulassung
Für die Zukunft sind neue harmonisierte Regelungen innerhalb der EU zumindest bei der Fahrzeugzulassung zu erwarten. Die EU-Kommission strebt jedenfalls künftig Änderungen bei der grenzüberschreitenden Dienstwagennutzung an, sodass derjenige, der in einem anderen EU-Land arbeitet und den von seinem Arbeitgeber zugelassenen Wagen nutzt, diesen nicht mehr im eigenen Land zulassen muss.
Im Fall von Unternehmen beziehen sich die vorgeschlagenen Zulassungskriterien auf den Ort der Niederlassung oder den Geschäftssitz. Dies bedeutet für Fahrzeuge, die auf ein Unternehmen in dem Mitgliedsstaat zugelassen sind, in dem das Unternehmen niedergelassen ist, und von einem Beschäftigten genutzt werden, der seinen gewöhnlichen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedsstaat hat, dass der letztere Mitgliedsstaat die Zulassung des Fahrzeugs in seinem Hoheitsgebiet nicht verlangen darf. Dadurch wird vermieden, dass in jedem einzelnen Fall in dem Mitgliedsstaat, in dem der Beschäftigte seinen gewöhnlichen Wohnsitz hat, beurteilt werden muss, ob ein Firmenwagen hauptsächlich für private oder berufliche Zwecke genutzt wird und ob die Fahrten zwischen Wohnort und Arbeitsstelle als berufliche oder private Nutzung gelten.
Mietwagenunternehmen sollen künftig Fahrzeuge aus ihrem Fuhrpark aufgrund von saisonbedingter Nachfrage auch ohne erneute Zulassung kurzzeitig in einen anderen EU-Mitgliedsstaat verlegen können. Für Unternehmen soll derselbe Grundsatz gelten: Pkw, Busse, Lieferwagen und Lkw sollen künftig in dem EU-Land zugelassen werden, in dem sich der Hauptsitz befindet. Der Vorschlag der EU-Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Vereinfachung der Verbringung von in einem anderen Mitgliedsstaat zugelassenen Kraftfahrzeugen innerhalb des Binnenmarkts vom 04. April 2012 (COM/2012/0164 final – 2012/0082 (COD)) wurde am 16. April 2014 im Europäischen Parlament im Rahmen einer Plenarsitzung erörtert. Der Verordnungsentwurf wurde zur weiteren internen Beratung an den Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz abgegeben, der zuletzt in seiner Ausschusssitzung vom 24. Februar 2015 zahlreiche Änderungen vorgeschlagen hat, die Gegenstand des zweiten Ausschussberichts vom 27. Februar 2015 sind. Nach Einreichung des Berichts und Abschluss der weiteren Verhandlungen muss die Verordnung noch vom Europäischen Parlament und vom Rat verabschiedet werden. Danach werden die Mitgliedsstaaten voraussichtlich noch etwa ein weiteres Jahr Zeit haben, um sich auf die neuen Verfahrensregelungen einzustellen.
Rechtsanwalt Lutz D. Fischer, St. Augustin
Kontakt: kanzlei@fischer.legal
Internet: www.fischer.legal
AUTOR
RECHTSANWALT LUTZ D. FISCHER aus St. Augustin berät und vertritt mittelständische Unternehmen, Unternehmerpersönlichkeiten sowie Privatpersonen im Wirtschafts-, Zivil-, Arbeits- und Verkehrsrecht und ist bundesweit als juristischer Dienstleister tätig. Ein besonderer Kompetenzbereich liegt im Bereich des Dienstwagen- und Fuhrparkrechts. Rechtsanwalt Fischer ist Mitglied der ARGE (Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein) und Autor zahlreicher Publikationen zum Dienstwagen- und Verkehrsrecht. Als freiberuflicher Dozent ist er für das Goethe-Institut in Bonn tätig und hält bundesweit Seminare zu „Dienstwagenüberlassung und Arbeitsrecht“ sowie zu „Professionelles Schadensmanagement im Fuhrpark“ für das Weiterbildungsinstitut CompendiumPlus aus Osnabrück.

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