Medikamente am Steuer

Rechtsfolgen arzneimittelbedingter Fahruntüchtigkeit

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Winterzeit ist Grippe- und Erkältungszeit. Häufig werden diese Krankheiten durch rezeptfreie Arzneimittel aus der Apotheke selbst „kuriert“, da sich viele Arbeitnehmer aus Sorge vor einem Arbeitsplatzverlust nicht mehr so häufig krank melden wie in den vergangenen Jahren. Ca. 50 % aller Tabletten, die ein Bundesbürger durchschnittlich im Jahr zu sich nimmt, sind rezeptfrei und damit werden Kopfschmerzmittel, Grippemittel und Mittel gegen Schlaflosigkeit oder Abgespanntheit oft „sich selbst verschrieben“. Aber auch Mittel zur Leistungssteigerung und zum Abbau von Stress sind zunehmend verbreitet. Tatsächlich kommen „Medikamente am Steuer“ in der Praxis weitaus häufiger vor als der Griff zum Glas bzw. der „Alkohol am Steuer“. Der Beitrag beleuchtet die Auswirkungen und die rechtlichen Aspekte des Medikamenten- und Arzneimittelgebrauchs durch Autofahrer am Steuer und erläutert, was Fuhrparkverantwortliche hierüber wissen sollten.

In Grippezeiten ist etwa jeder fünfte Lenker unter dem Einfluss von Medikamentenkonsum unterwegs – und das zumeist, ohne sich der Gefahren der eingeschränkten Konzentrationsfähigkeit und des drohenden Kontrollverlustes bewusst zu sein. Bei jedem vierten Unfall spielen Arzneimittel eine relevante Rolle.

Auswirkungen der Medikamenteneinnahme – ein erster Befund

Manche Medikamente haben die gleiche Wirkung auf das menschliche Wahrnehmungs- und Reaktionsvermögen wie Alkohol. Rund 15 bis 20 Prozent aller Medikamente, die sich derzeit auf dem Markt befinden, beeinträchtigen das Reaktionsvermögen. Eine beträchtliche Anzahl gebräuchlicher Arzneimittel schränkt die Fähigkeit Kraftfahrzeuge zu führen daher ein. Insbesondere zu Beginn einer Behandlung mit einem neuen Medikament ist mit spürbaren Beeinträchtigungen der eigenen Leistungsfähigkeit zu rechnen. Diese können sich in Form von Müdigkeit, Schwindel, Unwohlsein oder Reaktionsträgheit bemerkbar machen. Bei Auftreten dieser Symptome ist der Betroffene grundsätzlich nicht in der Lage, aktiv am motorisierten Straßenverkehr teilzunehmen. Hierauf weist insbesondere der ADAC in seiner Broschüre „Medikamente im Straßenverkehr“ hin.

Besonders gefährlich ist, dass sich viele Autofahrer nach der Einnahme von Medikamenten trotz verminderter Fahrtüchtigkeit noch „fit“ für den Straßenverkehr fühlen. Ein überaus trügerisches Gefühl, denn bereits nach der Einnahme eines harmlosen Hustenblockers kann die Reaktion um bis zu 20 Prozent langsamer und ebenso die Wahrnehmung bedeutend schlechter sein. So enthalten einige Schnupfen- und Hustenpräparate z.B. Codein und Alkohol, welche ganz erhebliche Auswirkungen auf die Fahrtüchtigkeit haben. Aber nicht alle Medikamente bedeuten ein Risiko in punkto Verkehrssicherheit: Manche Arzneimittel sorgen überhaupt erst für die nötige Fahrtüchtigkeit – so etwa Spezialpräparate für Herz-Kreislauf-Kranke oder für Diabetiker. Große Gefahren gehen allerdings von Narkotika, Schlaf-, Allergie- und Beruhigungsmitteln sowie starken Präparaten gegen Fieber, Schmerzen und Entzündungen aus: Die Fahrtüchtigkeit kann auch durch Medikamente eingeschränkt werden, die u.a. auch auf die Psyche wirken. Dies sind vor allem die sog. Benzodiazepine, die in Schlaf- und Beruhigungsmitteln enthalten sind. So sind selbst bei sachgerechter Dosierung der zum Abbau von Angst, Reizbarkeit, Verstimmung und Verspannung gebräuchlichen Benzodiazepine in den ersten Stunden nach der Einnahme Leistungseinbußen zu erwarten, die einer Beeinflussung von 0,5 - 0,8 Promille Alkohol entsprechen. Aber auch die Einnahme von „leichten“ und anderen Psychopharmaka, wie Neuroleptika oder Antidepressiva kann die aktuelle Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen. Die beeinträchtigende Wirkung dieser Medikamente klingt oft erst nach 24 Stunden vollständig ab. Auch bei Präparaten gegen Bluthochdruck oder Brechreiz, bei Augentropfen mit Wirkung auf die Pupille und manchen Antibiotika ist die Fahrtüchtigkeit eingeschränkt.

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Aktuelles Magazin

Ausgabe 1/2007

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Sonderausgabe Elektro

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Beleuchtet alle Aspekte der batteriebetriebenen Mobilität im Unternehmen

Mögliche Auswirkungen von gängigen Medikamenten auf die Fahrtauglichkeit:

Starke Schmerz- und Betäubungsmittel • Beeinträchtigung des Reaktionsvermögens, Schwindel

Schlaf- und Beruhigungsmittel • Beeinträchtigung des Reaktionsvermögens, Schläfrigkeit auch noch am Tag nach der Einnahme, Gewöhnung bei Langzeiteinnahme

Hustenmittel (mit Codein) • Schläfrigkeit, Kopfschmerzen, bei höheren Dosierungen Sehstörungen

Mittel gegen Bluthochdruck • Müdigkeit, Schwindel, Sehstörungen

Mittel gegen Übelkeit, Reisekrankheit • Kopfschmerzen, Schwindel, starke Ermüdung (deshalb keine Einnahme für Fahrer)

Arzneimittel gegen Augenleiden • hier muss eine mögliche Auswirkung auf das Sehvermögen durch intensive Beratung festgelegt werden (besonders Mittel gegen grünen Star, Mittel zur Pupillenerweiterung)

Narkose und lokale Betäubungsmittel • gerade bei ambulanter operativer Behandlung oder zahnärztlicher Lokalbetäubung muss ebenfalls die zeitlich Beeinträchtigung der Fahrtauglichkeit durch Beratung des Arztes erfragt werden

Appetitzügler • Schlaflosigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen, Konzentrationsmängel Aggressivität

Koffein und anregende Mittel • Schlaflosigkeit, Unruhe, Kopfschmerzen, Reizbarkeit bei Entzugserscheinung, Müdigkeit, Kopf- und Muskelschmerzen

Insoweit sollte immer der Beipackzettel gelesen und mit dem Arzt oder Apotheker Rücksprache gehalten werden, ob die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt wird und wie viele Stunden nach der Einnahme man wieder ein Fahrzeug im Verkehr führen darf. Auch der Konsum ärztlich verordneter Medikamente oder eine Fahrt nach einer Kurznarkose kann ggf. das Vorliegen einer Fahruntüchtigkeit bedingen. Vorsicht ist übrigens auch dann geboten, wenn ein Medikament nach Gebrauch, insbesondere nach längerer Einnahme, wieder abgesetzt wird. Dann kann ebenfalls eine vorübergehende Fahruntüchtigkeit auftreten.

Die gesetzlichen Krankenkassen schätzen zudem, dass es ca. 1,4 Millionen Arzneimittelabhängige in Deutschland gibt. Hier besteht also ein nicht unerhebliches Gefährdungspotenzial im Straßenverkehr. Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (www.dvr.de ) bietet in seinem Internetangebot eine Vielzahl von Informationen zum Thema Drogen und Medikamente im Straßenverkehr zum Download an.

Rechtsfolgen einer Autofahrt unter Medikamenteneinfluss

Die Folgen einer Fahrt unter Medikamenteneinfluss können vielfältig sein: Bei Fahruntüchtigkeit riskiert man eine Ordnungswidrigkeit oder gar die Verurteilung wegen einer Straftat. Folgen können hier hohe Geldbußen, Geldstrafen, Führerscheinentzug bis hin zu möglichen Freiheitsstrafen. Gleichzeitig kann auch die Verwaltungsbehörde (Führerscheinstelle) etwa wegen Auffälligkeiten im Bereich Alkohol-, Drogen- oder Medikamenteneinfluss Zweifel an der Eignung als Fahrzeugführer haben und den Führerschein auf dem Verwaltungswege entziehen. Konsequenz sind dann eventuell eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU), eine erneute Fahrprüfung oder auch die auf Dauer entzogene Fahrerlaubnis. Außerdem droht möglicherweise der Verlust des Versicherungsschutzes.

Besonderheit: Amphetaminhaltige Medikamente im Straßenverkehr

Das Fahren nach Einnahme von Medikamenten, die Methylphenidat oder andere Amphetamine enthalten, fallen unter den Ordnungswidrigkeitentatbestand des § 24a Abs.2 StVG. Danach handelt bereits ordnungswidrig, wer unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels – Amphetamine gehören hier dazu – im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Eine solche Wirkung liegt also bereits dann vor, wenn Amphetamine im Blut nachgewiesen werden. Dabei kommt es weder auf eine bestimmte Menge des Wirkstoffs an, noch insbesondere darauf, ob der Fahrer tatsächlich fahruntüchtig ist. Auch der fahrtüchtige Fahrer mit Amphetaminen im Blut begeht damit die Ordnungswidrigkeit. Einzige Ausnahme: wenn amphetaminhaltige Arzneimittel vom Arzt für einen konkreten Krankheitsfall verschrieben wurden und entsprechend dieser Verordnung eingenommen wurden, scheidet die Ordnungswidrigkeit aus (vgl. § 24a Abs.2 S.3 StVG).

Fahruntüchtigkeit als Strafbarkeitskriterium für den Fahrer

Ansonsten ist der Umstand der Fahruntüchtigkeit selbst entscheidend. In jedem Falle muss die sogenannte „relative Fahruntüchtigkeit“ festgestellt werden. Diese hat zur Voraussetzung, dass der Beschuldigte nachweislich Medikamente konsumiert hat und dass bei ihm Ausfallerscheinungen festgestellt werden. Letztere können entweder in seinem Fahrverhalten oder in seinem sonstigen Verhalten liegen. Bei einer polizeilichen Kontrolle wird daher auf die Gesamtleistungsfähigkeit des Kraftfahrers geachtet. Hierbei spielen seine motorischen Fähigkeiten, seine Gedankenstruktur sowie sein Reaktionsvermögen eine wichtige Rolle. Der Kontrolle vorangegangene Fahrfehler müssen nicht zwingend festgestellt werden können. Es kann daher für die Feststellung der relativen Fahruntüchtigkeit ausreichen, dass der Beschuldigte auf Fragen des Polizeibeamten nicht ausreichend antworten kann und er nicht in der Lage ist, sein Fahrzeug ohne größere Probleme zu verlassen. In jedem Fall bedarf es entsprechender Feststellungen, die Rückschlüsse auf die Fahrtüchtigkeit des Beschuldigten zulassen.

Keine Rolle spielt dabei, ob Alkohol, Drogen oder Arzneimittel die Ursache für die Fahruntüchtigkeit sind. Anders als bei Alkoholfahrten gibt es auf Grund der unterschiedlichen Wirkungen, die Medikamente ebenso wie berauschende Mittel hervorrufen können, keine festen gesetzlichen Grenzwerte. Nicht der Beipackzettel des Medikaments entscheidet darüber, ob jemand unter Medikamenteneinfluss Auto fahren darf, sondern allein die konkrete tatsächliche Wirkung des Medikaments auf den Fahrer in der jeweiligen Situation. Der Beipackzettel gibt lediglich eine abstrakte Risikolage nach Darstellung des Pharmaherstellers wieder. Die Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit kann jedoch von der Art des Konsums, von dessen Zeitpunkt und von der Art des konsumierten Medikaments und der Kombination mit anderen Präparaten oder Alkohol abhängen. Auch der körperliche Zustand des einzelnen Konsumenten spielt hierbei eine wichtige Rolle. So kann selbst 24 Stunden nach der Einnahme eines Beruhigungsmittels Alkoholkonsum eine absolute Fahruntüchtigkeit bewirken. Ist die Fahrtüchtigkeit durch das Medikament nicht beeinträchtigt, sondern wie im Regelfall – abgesehen von Überdosierungen – evtl. sogar verbessert, macht der Fahrer sich auch nicht strafbar.

Ein ärztliches Rezept für ein Medikament stellt hier nicht automatisch und in jedem Falle einen unanfechtbaren „Freifahrtschein“ dar. Wenn im Einzelfall medikamentenbedingt eine Fahruntüchtigkeit vorliegt, ist das Verhalten bei ärztlicher Medikamentenverordnung zwar nicht unbedingt ordnungswidrig (s.o.), wohl aber möglicherweise strafbar. Ob eine Fahruntüchtigkeit vorliegt, muss regelmäßig in einem Strafverfahren durch Gutachten eines medizinischen Sachverständigen (z.B. anhand von Blut- und Urinproben) konkret für jeden Einzelfall geklärt werden. Die Entnahme entsprechender Proben wird regelmäßig bei Polizeikontrollen angeordnet, wenn auf Grund von anderweitigen Ausfallerscheinungen der Verdacht der Fahruntüchtigkeit gegeben ist. Liegt nach den (späteren) Feststellungen des medizinischen Gutachters gar keine Fahruntüchtigkeit vor, ist der Fahrer durch den Nachweis einer ärztlichen Verordnung in jeder Hinsicht, sowohl in Bezug auf eine Ordnungswidrigkeit als auch in Bezug auf eine Straftat, vollständig entlastet.

Tipp: Niemand ist verpflichtet, sich selbst zu belasten.

Bei einer Polizeikontrolle oder nach einem Unfall muss niemand von sich aus auf die Einnahme von Medikamenten hinweisen. Anders als ein zur Wahrheit verpflichteter Zeuge macht sich auch der beschuldigte Fahrer vor der Polizei und später im Strafverfahren nicht strafbar, wenn er die Unwahrheit sagt, also die Einnahme von Medikamenten ableugnet und bestreitet. Damit wird lediglich die „Ermittlungs- und Beweislast“ in vollem Umfang auf den Schultern der Ermittlungsbehörde abgeladen. Der hieb- und stichfeste Beweis einer Medikamenteneinnahme kann wohl nur durch eine Blutoder Harnprobe geführt werden. Eine solche wird die Polizei aber nur dann veranlassen, wenn der Fahrer entweder ein Geständnis abgelegt hat oder aber sein Fahrverhalten bzw. sein Verhalten bei der polizeilichen Vorgangsaufnahme in Richtung Medikamenten- oder Drogenmissbrauch auffällig sind oder jedenfalls verdächtig erscheinen. Unter dem Einfluss von Medikamenten in therapeutischer Dosierung ist dies aber „normalerweise“ nicht der Fall.

Strafrechtliche Konsequenzen der medikamentenbedingten Fahruntüchtigkeit

Zunächst kommt eine Strafbarkeit nach § 316 StGB wegen Trunkenheit im Verkehr in Betracht. Danach steht das Führen eines Fahrzeugs unter Strafe, wenn der Fahrzeugführer infolge des Genusses von Alkohol oder „anderer berauschender Mittel“ – hierunter können auch Medikamente fallen – nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen. Hier droht eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

Kommt es jedoch zu einer anderweitigen Gefährdung von Verkehrsteilnehmern oder gar einem Unfall, greift vorrangig eine Strafbarkeit nach § 315c wegen Gefährdung des Straßenverkehrs ein. Hier wird das Führen von Fahrzeugen in fahruntüchtigem Zustand sanktioniert, wenn z.B. der Fahrer in Folge des Medikamentenkonsums nicht mehr dazu in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen oder grob verkehrswidrig und rücksichtslos

- die Vorfahrt nicht beachtet,

- falsch überholt oder sonst bei Überholvorgängen falsch fährt,

- an Fußgängerüberwegen falsch fährt, an unübersichtlichen Stellen, an Straßenkreuzungen, Straßeneinmündungen oder Bahnübergängen zu schnell fährt,

- an unübersichtlichen Stellen nicht die rechte Seite der Fahrbahn einhält,

- auf Autobahnen oder Kraftfahrstraßen wendet, rückwärts oder entgegen der Fahrtrichtung fährt oder dies versucht oder

- haltende oder liegengebliebene Fahrzeuge nicht auf ausreichende Entfernung kenntlich macht, obwohl das zur Sicherung des Verkehrs erforderlich ist, und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet.

Hier drohen Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. Wird die Tat fahrlässig begangen oder die Gefahr fahrlässig verursacht, wird die Tat mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe geahndet.

Ob eine Fahrlässigkeit oder sogar Vorsatz vorliegt, führt also letztlich nur zu Unterschieden bei der Strafhöhe, evtl. bei Vorsatz auch zu verschärften Anforderungen im Verfahren auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis. Ob Vorsatz vorliegt, richtet sich danach, ob der Fahrer den Beipackzettel des Medikaments tatsächlich gelesen hat oder auf anderem Wege über die mögliche Herabsetzung der Fahrtüchtigkeit durch das Medikament informiert ist, oder ob er aufgrund entsprechender Ausfallerscheinungen spürte, dass er aktuell fahruntüchtig ist. Ist mindestens eine dieser subjektiven Komponenten gegeben, liegt – wenn gleichzeitig Fahruntüchtigkeit gegeben ist – bedingter oder unbedingter – Vorsatz vor. Ansonsten liegt lediglich Fahrlässigkeit vor, also ein Verstoß gegen die entsprechenden Sorgfaltspflichten eines Fahrzeugführers, denn wer unter Medikamenteneinfluss fährt, muss vorher den Beipackzettel auf etwaige Warnhinweise hin durchlesen und diese auch beherzigen und nötigenfalls das Auto stehen lassen.

Derjenige Kraftfahrer, der zum ersten Mal strafrechtlich in Erscheinung tritt, wird mit einer Geldstrafe nicht unter 40 Tagessätzen und einer Entziehung der Fahrerlaubnis für mindestens ein Jahr rechnen müssen. Dem Wiederholungstäter drohen kurze Freiheitsstrafen und ein wesentlich längerer Entzug der Fahrerlaubnis. Verursacht der Fahrer einen Unfall mit Sachoder Personenschaden, muss er mit höheren Geld- oder Freiheitsstrafen und einem noch längeren Entzug der Fahrerlaubnis rechnen. Kommt etwa ein Mensch zu Tode oder erleidet dieser schwerste Verletzungen, so wird eine empfindliche Freiheitsstrafe, die in der Regel über einem Jahr liegen wird und deren Vollstreckung meist nicht zur Bewährung ausgesetzt wird, festgesetzt.

Die Folge einer Fahruntüchtigkeit mit entsprechenden Beweisanzeichen würde außerdem neben der Strafe auch zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis und der Verhängung einer mindestens sechsmonatigen Sperrfrist für die Neuerteilung führen.

Verwaltungsrechtliche Konsequenzen der medikamentenbedingten Fahruntüchtigkeit

Unabhängig davon, ob die Tat als Straftat oder als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden kann, wird bei Feststellung von Medikamentenmissbrauch und anschließender Teilnahme am Straßenverkehr eine Mitteilung an die zuständige Verwaltungsbehörde erfolgen. Diese überprüft sodann, ob der Verkehrsteilnehmer noch zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist oder ob ihm die Fahrerlaubnis nach Verwaltungsrecht zu entziehen ist. Die Verwaltungsbehörde kann hierfür ein Eignungsgutachten anfordern und auch sofort vollziehbar die Entziehung der Fahrerlaubnis anordnen.

Versicherungsrechtliche Folgen der medikamentenbedingten Fahruntüchtigkeit

Verursacht der Fahrer unter der Einwirkung von Medikamenten einen Unfall und ist dieser auf die Auswirkungen des Medikaments zurückzuführen, so muss er damit rechnen, dass seine Versicherung den Schaden zwar beim Gegner reguliert, sich aber im Anschluss daran bei ihm zumindest einen erheblichen Teil des Schadens im Wege des Regresses wegen einer Obliegenheitsverletzung zurückholt.

Konsequenzen für das Fuhrparkmanagement

Die primäre Verantwortlichkeit dafür, dass fahruntüchtige Fahrer nicht mit Firmenwagen unterwegs sind, liegt regelmäßig bei dem Unternehmen als Halter, vgl. § 14 Abs.1 StGB, § 9 Abs.1 OWiG. Dies ist Aufgabe der Geschäftsleitung, die üblicherweise eine Delegation der Halterverantwortlichkeit auf den Fuhrparkverantwortlichen vornimmt. Der Fuhrparkleiter kann also als sog. sekundär Verantwortlicher nach § 14 Abs.2 Nr.2 StGB bzw. § 9 Abs.2 Nr.2 OWiG ebenfalls für medikamentenbedingte Verstöße der Fahrer herangezogen und bestraft werden. Voraussetzung hierfür dürfte allerdings sein, dass der Fuhrparkmanager im konkreten Einzelfall Kenntnis davon hat, dass ein Fahrer Medikamente zu sich genommen hat, die seine Fahrtauglichkeit beeinträchtigen und dass dieser trotz vorliegender (vermuteter) Fahruntüchtigkeit seinen Firmenwagen nutzt. Ein Einschreiten kann aber ähnlich wie in Fällen von erkennbarem Alkoholgenuss wohl nur dann vom Fuhrparkmanager verlangt werden, wenn dieser auf Grund von Ausfallerscheinungen beim Fahrer den Verdacht hat bzw. haben muss, dass der Betroffene nicht mehr dazu in der Lage ist, den Geschäftswagen ohne Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer sicher zu führen.

Rechtsanwalt Lutz D. Fischer, Lohmar

Kontakt: kanzlei@fischer-lohmar.de, Internet: www.fischer-lohmar.de

 

Rechtsprechung

Bei Fahrzeugbeschädigung während Fahrtraining ohne Wettkampfcharakter besteht Versicherungsschutz

Der Kläger hatte an einem Fahrtraining teilgenommen, das auf einer ausschließlich unter Sicherheitsaspekten ausgewählten Rennstrecke durchgeführt wurde. Die Veranstaltung diente gemäß den Anmeldeunterlagen der Optimierung von Fahrkönnen und Fahrtechnik und sollte die Fahrzeugbeherrschung und Fahrsicherheit verbessern. Bei dem Fahrtraining kam es zum Unfall, bei dem das Fahrzeug des Klägers erheblich beschädigt wurde. Die Versicherung lehnte die Zahlung einer Entschädigung ab, weil die Veranstaltung nach ihren Ermittlungen Renncharakter gehabt habe und damit kein Versicherungsschutz bestehe.

Nachdem das Landgericht die Klage erstinstanzlich abgewiesen hatte, bekam der Kläger in der Berufung Recht. Das OLG Köln führte hierzu aus, dass die Beklagte nicht nach § 2b Abs. 5 c) GKA AKB leistungsfrei geworden sei. Der Risikoausschluss, wonach Versicherungsschutz nicht gewährt für Schäden, die bei Beteiligung an Fahrveranstaltungen, bei denen es auf Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ankommt, oder bei der dazugehörigen Übungsfahrt entstehen, greife nicht ein, da die Beklagte die Voraussetzungen des Ausschlusses nicht nachgewiesen habe.

Das OLG Köln konnte nicht feststellen, dass es sich bei dem Fahrtraining um eine Fahrveranstaltung im Sinne des Ausschlusses gehandelt hat oder um eine dazugehörige Übungsfahrt. Der Begriff der „Fahrveranstaltung, bei der es auf Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ankommt“ umschreibt ein „Rennen“ im Sinne von § 29 StVO. Die Erreichung einer möglichst hohen Geschwindigkeit muss den Charakter der Veranstaltung prägen und gleichsam das Hauptund Endziel sein. Eine solche Rennveranstaltung wird zudem dadurch charakterisiert, dass eine Platzierung der Teilnehmer erfolgt. Diese Voraussetzungen hat das OLG Köln vorliegend nicht als gegeben angesehen. Bei Fahrveranstaltungen geht es also um die Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit und es erfolgt eine Platzierung der Teilnehmer. Ist die Veranstaltung nicht durch einen Wettbewerb der Teilnehmer gekennzeichnet und existiert keine Teilnehmerliste, spricht das für ein Fahrtraining ohne Wettkampfcharakter. Es besteht dann ein Entschädigungsanspruch gegen die Versicherung, wenn ein Fahrzeug während eines Fahrsicherheitstrainings beschädigt wird, soweit es sich bei der Fahrt nicht um eine Fahrveranstaltung, sondern um freies Fahrtraining handelt. (OLG Köln, Urteil vom 21.11.2006, Az. 9 U 76/06)

Kein Anspruch auf Versicherungsleistung, wenn Versicherungsnehmer die Schadenanzeige unterlässt, weil er auf die erfolgreiche Abwehr des gegen ihn gerichteten Haftpflichtanspruches vertraut

Zeigt der Versicherungsnehmer die Inanspruchnahme seiner Haftpflichtversicherung gegenüber nur deswegen nicht an, weil er die Berechtigung dieses Anspruchs in Zweifel zieht, ist jedenfalls von einer bedingt vorsätzlichen Verletzung der Anzeigeobliegenheit auszugehen. Eine um drei Jahre verspätete Anzeige dieser Inanspruchnahme ist geeignet, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden, weil sie dazu führt, dass Ursachen des Schadens schwerer aufzuklären sind, als dies zeitnah möglich ist. Daher wird die Versicherung in einem solchen Fall von ihrer Leistung frei. (OLG Köln, Beschluss vom 04.10.2006, Az. 9 W 21/06)

Zur Eintrittspflicht eines Kaskoversicherers, wenn ein Autodieb den Pkw des Versicherten beschädigt

Die Klägerin besuchte eine Veranstaltung und verstaute den Schlüssel ihres Fahrzeuges in ihrer Jackentasche. Während der Veranstaltung wurde ihr der Schlüssel unbemerkt aus ihrer Jacke entwendet. Der Dieb gönnte sich eine Vergnügungsfahrt, wobei er erheblichen Schaden an fremden Fahrzeugen verursachte. Das Fahrzeug der Klägerin hatte nur noch Schrottwert. Der Kaskoversicherer weigerte sich, den Wiederbeschaffungswert des Pkw zu ersetzen. Er warf der Versicherten vor, auf ihre Jacke nicht gut genug aufgepasst und den Versicherungsfall daher grob fahrlässig herbeigeführt zu haben. Das LG Coburg gab der Klage statt und verurteilte den Fahrzeugversicherer zur Zahlung von rund 2.500 2. Nach Überzeugung der Richter hatte die Versicherungsnehmerin den Diebstahl nicht leichtfertig ermöglicht. Ein Versicherungsnehmer muss die Fahrzeugschlüssel zwar so aufbewahren, dass sie vor dem unbefugten Zugriff beliebiger Dritter geschützt sind. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hatte sich eine Autobesitzerin allerdings hieran gehalten. Auf ihre Jacke hat sie in ausreichendem Maße Acht gegeben und diese insbesondere zu keinem Zeitpunkt unbeaufsichtigt gelassen. Der Reißverschluss der Tasche, in der der Schlüssel gesteckt hatte, sei zugezogen gewesen. Ein grob fahrlässiges Verhalten könne der Versicherten deshalb nicht angelastet werden. (LG Coburg, Urteil vom 18.08.2006, Az. 22 O 98/06)

Schlüsseldiebstahl aus Werkstatt

Eine Kraftfahrzeugwerkstatt handelt nicht grob fahrlässig, wenn die Fahrzeugschlüssel der Kunden im Büroraum der Werkstatt aufbewahrt werden. Werden die Fahrzeugschlüssel und dann ein dazu gehöriges Kundenfahrzeug von einem Einbrecher gestohlen, muss die Diebstahlversicherung den Schaden regulieren. Eine die Schadenregulierung ggf. ausschließende grobe Fahrlässigkeit liegt nämlich nur dann vor, wenn der Zündschlüssel offen und für jedermann griffbereit herumliegt. Für die in den Versicherungsbedingungen außerdem vorgesehene „Einfriedung“ des Betriebshofes“ ist ein Bauzaun ausreichend. (OLG Saarbrücken, Urteil vom 12.07.2006, Az. 5 U 610/05)

Schäden durch Diebstahl eines für den Weg zur Arbeit genutzten PKW können grundsätzlich als Werbungskosten geltend gemacht werden

Schäden, die durch den Diebstahl eines Pkws entstanden sind, welcher für Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte und zurück genutzt wird, können unter Umständen Werbungskosten im Sinne von § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 1 und 2 EStG sein. Für die Berechnung eines etwaigen Schadens muss bei einem Steuerpflichtigen, der kein Betriebsvermögen hat, von dem Verkehrswert ausgegangen werden. Der Wert eines gestohlenen Fahrzeuges kann nicht gem. 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG auf der Basis einer fünfjährigen Nutzungsdauer bestimmt werden, wenn es sich bei dem Fahrzeug nicht um ein Wirtschaftsgut des Anlagevermögens handelte. Es ist auch nicht erforderlich, über die Anschaffungskosten den Wert des Pkw zu bestimmen, da für Fahrzeuge aufgrund von objektiven Eigenschaften der Verkehrswert in anderer Weise bestimmt werden kann. (FG Hamburg, Urteil vom 05.07.2006, Az. 1 K 4/06)

Verkehrsunfall nach Überfahren einer Fußgängerampel bei Rotlicht

Überfährt ein bevorrechtigter Fahrzeugführer eine Fußgängerampel bei Rotlicht und kollidiert unmittelbar hinter dem Fußgängerüberweg mit einem aus einer untergeordneten Querstraße in die bevorrechtigte Straße einbiegenden Fahrzeug, ist eine Haftungsverteilung von 2/3 zu 1/3 zum Nachteil des Vorfahrtsberechtigten gerechtfertigt.

Der Beklagten war zwar eine Vorfahrtsverletzung anzulasten, weil durch eine Lichtzeichenanlage, die nur eine Fußgängerfurt sichert, die Vorfahrtsregeln nicht berührt werden. Die Beklagte hätte deshalb das unübersehbare Fahrzeug des Klägers bevorzugt passieren lassen müssen. Ein Alleinverschulden des Klägers ist jedoch nicht zu rechtfertigen. Den Kläger trifft jedoch eine höhere Haftungsquote, weil er aufgrund des von der Fußgängerampel ausgehenden Haltegebots verpflichtet gewesen wäre, nicht in die Kreuzung einzufahren. Das von der „roten“ Fußgängerampel ausgehende Haltegebot war für ihn bindend. Der Kläger durfte daher die Ampel nicht ohne Auswirkung für seine Haftung an dem Unfall „überfahren“. Vielmehr hatte er damit zu rechnen, dass Verkehrsteilnehmer jenseits der Ampel wie die Beklagte sich auf das Rotlicht für den bevorrechtigten Fahrverkehr einrichten und entsprechend verhalten. Demnach galt sein Vorfahrtsrecht nicht absolut. Denn Fahrzeugführer haben in jedem Fall – auch wenn sie vorfahrtberechtigt sind – ihr Verhalten ständig vorausschauend der gegebenen Verkehrslage anzupassen und ggf. auch auf ihren Vorrang zu verzichten; das gilt erst recht, wenn sie sich selbst verkehrswidrig verhalten. (OLG Celle, Urteil vom 06.06.2006, Az. 14 U 132/ 05)

Erstattungsfähigkeit von Mietwagenkosten für geplante Reise eines durch Verkehrsunfall Beschädigten

Der Eigentümer eines bei einem Verkehrsunfall geschädigten Fahrzeuges ist im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht im Sinne des § 254 Abs. 2 BGB nicht dazu verpflichtet, eine geplante Reise mit der Familie zu verschieben oder die kurzfristige Anschaffung eines Interimsfahrzeuges vorzufinanzieren. Vielmehr sind die Kosten für die Anmietung eines geeigneten Ersatzfahrzeuges für die Zeit der Reise nach dem Prinzip der Naturalrestitution als Schadensposition über § 7, 17 StVG, 823 Abs. 1 BGB i.V.m.§ 1, 3 PflVersG erstattungsfähig. (LG Aachen, Urteil vom 01.09.2006, Az. 11 O 436/05)

Mangelnde Mitwirkung des Halters an der Aufklärung eines Verkehrsregelverstoßes rechtfertigt Fahrtenbuchanordnung

Entzieht sich nach einem Verkehrsregelverstoß der Fahrzeughalter einer möglichen Mitwirkung an der Feststellung des verantwortlichen Fahrzeugführers vor Ablauf der Verjährungsfrist, indiziert dies die Kausalität der Verweigerung für die Unmöglichkeit rechtzeitiger Feststellung auch wenn weitere Ermittlungstätigkeit der Behörde unterblieben ist. Die Frage, welche Ermittlungstätigkeiten bei vorliegendem Radarfoto eine Bußgeldbehörde zur Fahrerfeststellung in welchem zeitlichen Rahmen unter Beachtung der Rechtund Zweckmäßigkeit anzuordnen hat, ist im Einzelfall zu beantworten. (Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 31.10.2006, Az. 12 LA 463/05)

Die nachträgliche Befristung der Fahrerlaubnis der Klasse CE ist verfassungskonform

Der Kläger wandte sich gegen eine von der Beklagten nachträglich verfügte Befristung seiner Fahrerlaubnis der Klasse CE. Das OVG entschied hierzu, dass die Ermächtigungsnorm des § 6 Abs. 1 Nr. 1 StVG verfassungskonform ist. Daher konnten die von der Rechtsverordnung betroffenen Fahrerlaubnisinhaber nicht darauf vertrauen, dass die Fahrerlaubnis der Klasse 2 in ihrem unbefristeten Bestand unangetastet bleibt. Bei der Fahrerlaubnis handelt es sich um einen Dauerverwaltungsakt, der ein auf Dauer berechnetes und in seinem Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis begründet, das sich gleichsam ständig aktualisiert. Die materiellen Erteilungsvoraussetzungen müssen grundsätzlich während der gesamten Geltungsdauer des Dauerverwaltungsaktes vorliegen. Eine nachträgliche Befristung der Fahrerlaubnis, die der Überprüfung des weiteren Vorliegens der Erteilungsvoraussetzungen dient, ist kein das bisherige Rechtsverhältnis in seinem Wesen umgestaltender Akt. Hamburgisches OVG, Beschluss vom 27.11.2006, Az. 3 Bf 232/03.Z

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