
Ist ein Flottenfahrzeug in einen Unfall verwickelt, kommt oftmals ein hoher Verwaltungsaufwand auf das Unternehmen zu. Im Falle eines Haftpflichtschadens ist einer der ersten Schritte, den Schaden bei der gegnerischen Versicherung anzuzeigen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die Beauftragung eines Sachverständigen für das Fahrzeug notwendig ist. Hierzu meint Dipl.-Ing. (FH) Rainer Schwer, Key Account Manager bei der DEKRA Automobil GmbH: „Insbesondere im Schadenfall nach nicht selbst verursachten Unfällen ist es sinnvoll, einen Gutachter hinzuzuziehen, um eine neutrale Einschätzung der geltend zu machenden Ansprüche zu bekommen. Das gilt insbesondere dann, wenn auch eine Wertminderung zum Tragen kommt und entsprechend berücksichtigt werden muss.“
Nicht nur Unfälle ...
Nicht nur im Falle eines Unfalls ist es ratsam, einen Gutachter hinzuzuziehen. Auf die Frage, welche Leistungen eines Sachverständigen für gewerblich genutzte Fahrzeuge von Relevanz sind, antwortet Michael Bogateck, Leiter Vertrieb bei der carexpert KFZ-Sachverständigen GmbH, wie folgt: „Unserer Erfahrung nach müssen die Leistungen eines Sachverständigen grob in zwei Zeiträume unterteilt werden: Leistungen während der Nutzungsdauer und Leistungen bei Rückgabe des Fahrzeugs. Während Ersteres hauptsächlich Reparatur-/Schadenkalkulationen, Schadengutachten und ab und an eine Totalschadenabwicklung fordert, wird zum Ende der Nutzungsdauer meist ein Minderwertbeziehungsweise Rücknahmegutachten verlangt.“ Welche Kriterien bei einem Gutachten für eine Fahrzeugrücknahme besonders relevant sind, erklärt Nico Kuchta, Bereichsleiter Kundenund Produktentwicklung bei der FSP Schadenund Wertgutachterdienst GmbH / TÜV Rheinland Group: „Wir finden es sehr wichtig, dass ein Gutachten zur Leasingrückgabe auch die Rückgabebedingungen des Leasingvertrags berücksichtigt. So kann der Leasingnehmer auf einen Blick erkennen, ob bei seinem Fahrzeug Probleme bei der Rückgabe zu erwarten sein werden. Ein großer Vorteil, der im Ernstfall einiges an Stress ersparen kann. Unsere Gutachter liefern stets eine faire, wirtschaftliche und für den Kunden transparente Einschätzung der Schäden. Dabei achten sie darauf, dass kostenpflichtige Schäden von Alter und Laufleistung entsprechenden Schäden sauber abgegrenzt sind. Sie berücksichtigen darüber hinaus auch kostengünstige Reparaturmethoden wie zum Beispiel Smart Repair und zeigen so dem Kunden von Anfang an das entsprechende Einsparpotenzial auf.“ Dipl.-Ing. (FH) Rainer Schwer erklärt, welche Komplikationen es bei einer Leasingrückgabe geben kann: „Bei der Fahrzeugrückgabe, etwa am Ende einer Leasinglaufzeit, kommt es oft zu Meinungsverschiedenheiten bezüglich des Wertverlusts während der Nutzungsdauer. Neben der grundsätzlichen Frage des Restwerts eines Fahrzeugs stellt sich hier insbesondere die Frage, welche Mängel als Schaden und damit wertmindernd zu berücksichtigen sind und was als Gebrauchsspur durch die Leasingrate abgedeckt ist. Eine neutrale Fahrzeugbewertung auf der Basis klarer und transparenter Kriterien – wie etwa denen unseres DEKRA Fair Return Schadenkatalogs – kann hier für alle Beteiligten Klarheit schaffen.“
Schwarze Schafe
Die Begrifflichkeit Gutachter/Sachverständiger ist eine nicht geschützte Berufsbezeichnung. Das bedeutet, dass jeder sich so bezeichnen darf. Wie kann man also potenziellen schwarzen Schafen aus dem Weg gehen? Dr. Martin Endlein, Leiter DAT-Unternehmenskommunikation, rät: „Die DAT beschäftigt sich seit 1931 mit der Bewertung von Fahrzeugen, unsere Expert Partner müssen die von uns vorgegebenen Kriterien in Bezug auf ihre Qualifikation und weitere Voraussetzungen erfüllen. DAT Expert Partner müssen entweder Kfz-Mechaniker-Meister, Karosseriebaumeister oder Kfz-Techniker sein oder das Kfz-Ingenieur-Examen besitzen. Sie haben in den allermeisten Fällen eine öffentliche Bestellung und Vereidigung durch die IHK oder eine Zertifizierung durch eine DAT-anerkannte Zertifizierungsstelle (IfS Zert. oder ZAK). In jedem Fall haben sie eine Zertifizierung durch die DAT. Sie nehmen regelmäßig an Schulungen im Rahmen des DAT-Seminarprogramms teil, um sich weiterzubilden.“ Stefan Schüßler, Leiter Neue Dienstleistungen/Dienstleistungsprozesse bei der GTÜ Gesellschaft für Technische Überwachung mbH, gibt hier Entwarnung: „Die Gutachter der großen Organisationen (zum Beispiel GTÜ, DAT) sind in der Regel sehr gut ausgebildet, hier muss man sich bei der Beauftragung keine Sorgen machen.“
Ein neues Zeitalter
Die fortschreitende Technisierung und Digitalisierung machen natürlich auch hier nicht Halt. Inwiefern sich das Geschäft durch die zunehmende Digitalisierung verändert hat, erklärt Nico Kuchta, Bereichsleiter Kundenund Produktentwicklung bei der FSP Schadenund Wertgutachterdienst GmbH / TÜV Rheinland Group „Es ist klar: Eine komplexere Technik erfordert mehr Sachverstand und damit einfach mehr Kenntnisse. Wir sorgen mit unseren vielen und zum Teil sehr speziellen Ausund Weiterbildungen dafür, dass unsere FSP-Partner auch bei neuen und komplexen Technologien immer auf dem neuesten Stand sind. Natürlich wissen die FSP-Partner, dass zum Beispiel die Zunahme an Sensoren in den Fahrzeugen auch aufwendigere und komplexere Prüfmethoden erfordert. Weil sie dazu verpflichtet sind, sich permanent weiterzubilden, und wir sie dabei gemeinsam mit dem TÜV Rheinland unterstützen, ist das für sie zwar eine große Herausforderung, aber gleichzeitig auch Tagesgeschäft.“ Auch im und am Auto wird alles digital(er) und dementsprechend technisch komplexer. Vereinfacht oder erschwert die neue Technik im Auto die Arbeit? Dipl.-Ing. Wolf Dieter Riege, Chef-Sachverständiger und Prokurist der SSH SchadenSchnell-Hilfe GmbH, findet klare Worte: „Digitalisierung ist hilfreich, um Standardprozesse zu vereinfachen und diese damit zu beschleunigen. Dazu zählt auch eine bildgestützte Schadenfeststellung, die in gewissen Anwendungsbereichen und unter Führung eines Sachverständigen möglich und sinnvoll ist. Wir versuchen, sie bestmöglich einzusetzen, müssen aber feststellen, dass sie an ihre Grenzen stößt, wenn zum Beispiel Lackschichtprüfungen bei Farbnebeln erforderlich sind. Generell wird das Auslesen von Steuergeräten zur Überprüfung von Funktionstests sowie die Bestimmung der Akkukapazität bei E-Autos deutlich zunehmen.“
Neben allen oben genannten Aspekten hinsichtlich der Gutachtenerstellung gehören laut Marius Klosa, Prokurist sowie Leiter Vertrieb, IT und Prozesse bei der GKK Gutachten GmbH, auch Zusatzleistungen bei der Aussteuerung von Firmenfahrzeugen zu den Dienstleistungen, die Fuhrparks in Anspruch nehmen: „Durch den überdurchschnittlichen Verschleiß entstehen jährlich Kosten in Millionenhöhe bei der Rückgabe von Leasingfahrzeugen. Zur Minimierung der Kosten bietet die GKK Gutachten GmbH den GKK ReturnCheck an. Der modular aufgebaute Prozess beinhaltet aufeinander abgestimmte Bausteine zur optimierten Fahrzeugrückgabe und auf Wunsch auch die Unterstützung bei der Fahrzeugvermarktung. Als GKK-Kunde kann man sich den Prozess ganz nach seinen Anforderungen zusammenstellen und die Rückgabekosten stark reduzieren.“
Doch auch Sachverständigenorganisationen sind im Wandel und digitalisieren ihre Prozesse zunehmend, um den Anforderungen ihrer Kunden gerecht zu werden. „Die Digitalisierung ist nicht aufzuhalten. Wir sind weit vorne und arbeiten zum Beispiel mit einer APP für Handy sowie Tablet. Sofern der Auftraggeber es möchte, bekommt er von uns auch gerne ein individuelles Portal (White Label) zur Verfügung gestellt sowie einen kostenfreien DAT-Zugang zur VIN-Abfrage. Damit stellen wir ein Höchstmaß an Qualität sicher, da die einzelnen Schritte zur Bearbeitung vorgegeben sind“, erklärt David Henseleit, Geschäftsleitung der D&O Vertriebs GmbH (PKW GUTACHTER), abschließend.