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Wer das Privileg inne hat, sich temporär vergnügliche Autos zuzumuten, um dann Erfahrungsberichte darüber zu verfassen, muss auch mal ins kalte Wasser springen und automobile Arbeitstiere unter die Lupe nehmen. Doch Moment, was heißt hier Arbeitstier? Volkswagen hatte ja jetzt lange Zeit, um den neuen Caddy zu entwickeln – ganze 17 Jahre war der Vorgänger am Markt, also muss sich mächtig was getan haben. So basiert der neue Caddy selbstverständlich auf Volkswagens modularem Querbaukasten, was ihm Zugang zum großen Assistenten- Arsenal verschafft, wozu wir später noch kommen. Komfortabler sei er geworden, verspricht Volkswagen – natürlich, schließlich ist die blattgefederte Starrachse Geschichte und wich einer längslenkergeführten Starrachse mit Schraubenfedern. Hinten bleibt es traditionsgemäß beim Verzicht auf Einzelradaufhängung – alles andere wäre ja irgendwie auch nicht Nutzfahrzeug, und der Konzern muss in diesem Segment messerscharf kalkulieren, so machen es ja auch die Kunden für den Caddy.

Doch beginnen wir mit einem kleinen Rundgang außen: Unser Caddy in Candyweiß sieht frisch aus und ist natürlich ein typischer Volkswagen. Mit behutsam weiterentwickelter, aber markentypisch gestalteter Front bekundet der Transporter Familienzugehörigkeit, um den großen Kundenstamm bei der Stange zu halten. Anderseits haben die Designer durchaus neue Akzente gesetzt – so dürfte es selbst automobil unbedarften Beobachtern auffallen, dass die Heckpartie komplett überarbeitet wurde. Zwar bleibt es bei horizontalen Rückleuchten, aber die auf Wunsch (155 Euro netto) auch in LED erstrahlenden Einheiten reichen bis an die Dachpartie heran. In der Gesamtansicht bleibt sich der Hochdachkombi natürlich treu – dennoch ist den Kreativen gelungen, aus dem Nutzwertauto ein ansehnliches Gefährt zu formen mit vielen Sicken und der markenbekannten Tornadolinie. Dazu kommen – allerdings aufpreispflichtige – Leichtmetallräder, um den Caddy Cargo optisch ein bisschen aufzupeppen. Schließlich darf auch ein gewerblich eingesetzter Lieferwagen ruhig gut aussehen. 

Okay, ab hinters Steuer. In dem als Zweisitzer ausgeführten Ladeprofi geht es in erster Linie ebenfalls – jetzt kommts – nutzwertig zu, aber keinesfalls spartanisch. Will heißen: Viel Ablagefläche, quasi über dem kompletten Armaturenbereich, gibt der Besatzung die Möglichkeit, Hefter oder Ordner unterzubringen. Die Mittelkonsole nimmt außerdem jede Menge Kleinkram auf. Diverse Haken erlauben es, Tüten oder Jacken so unterzubringen, dass sie während der Fahrt gut gesichert sind. Und wer jetzt denkt, auf Holzstühlen platznehmen zu müssen – weit gefehlt. Die ordentlich ausgeformten Sitze taugen nicht nur qua Polsterung für längere Strecken, sondern lassen sich gegen schmale 82 Euro netto auch mit Armlehnen ausstaffieren, was dem Komfort zuträglich ist. Das Raumangebot geht in Ordnung, unter dem Strich vermittelt der Caddy Cargo Pkw-Gefühl und verkneift sich den Lieferwagen.

Das wird noch klarer bei den Infotainment-Funktionen. Hier bedient sich der Caddy der Volkswagen-Komponenten – übernimmt beispielsweise auch das gestochen scharfe Display mit 25,4 Zentimetern in der Diagonalen aus Golf und Co. Auch die vielen Bedienelemente inklusive den Softtouch-Tasten kommen dem geschulten Auge bekannt vor; das geschickte Bedienkonzept sieht vor, bestimmte Features per Taster zu aktivieren – dann übernimmt das Menü. So ist es auch bei der Klimaregelung, allerdings lässt sich die Temperatur direkt über den virtuellen Schieber ansteuern. Selbiges gilt auch für die Lautstärkesteuerung. Für den Fahrer besteht die Möglichkeit, diverse Funktionalitäten direkt per Lenkradtaste abzuhandeln, was beispielsweise zusätzlich auch für die Lautstärke gilt. Doch auch der Spurhalte-Assistent kann hier schnell deaktiviert werden, falls er nicht benötigt wird. Bei der Tachoeinheit bleibt der Volkswagen in der Basis übrigens klassisch, setzt auf konventionelle mechanische Anzeigen. Aber ein multifunktionales Infodisplay zwischen Drehzahl- und Tempomesser darf natürlich nicht fehlen – es ist gegen 103 Euro netto erhältlich. Wem es netto 535 Euro wert ist, bekommt ohne Frage ebenfalls das volldigitale Kombiinstrument.

Unter der Haube unseres Testwagens werkelt übrigens der bekannte Zweiliter-Commonraildiesel mit vier Zylindern und 102 PS. Der gereicht dem relativ leichten Cargo zu absolut alltagstauglichen Fahrleistungen. Der drehmomentstarke Kombi fühlt sich regelrecht spritzig an, packt bissig zu auf dem Drehmoment-Plateau (280 Nm von 1.500 bis 2.500 Touren). Wer den mittleren Selbstzünder wählt, muss sich nur bewusst sein, kein Automatikgetriebe bestellen zu können – das geht erst bei der 122 PS-Version. Doch manche Kunden wollen ja sogar selbst schalten, zumal diese Sechsgang-Box mit ihrer geschmeidigen Arbeitsweise sogar dazu einlädt. Die Wahl des effizienten wie kräftigen Diesels wird der Interessent übrigens nicht bereuen, auch bezüglich seines Klangs nicht. Hier zahlt sich aus, dass der TDI aus der EA 288 Evo-Familie in der Grundanlage schon kultiviert läuft, so dass er trotz reduzierter Dämmungsmaßnahmen im Nutzfahrzeugbereich für ein angenehmes Geräuschlevel innen sorgt. 

Vorteilhaft beim Caddy ist, dass Individualisierung hier ein hohes Gut ist – das liegt natürlich daran, dass die Gewerbebetriebe scharf kalkulieren und sich genau überlegen, was sie wirklich brauchen. Daher gibt es das Grundmodell unseres Caddy Cargo mit dem 102 PS starken TDI bereits für netto 19.690 Euro. Das ist wohlfeil – denn es handelt sich immerhin um ein wertig verarbeitetes Volkswagen-Produkt mit einem hohen Qualitätsstandard. Klar, bestimmte Optionen und Pakete machen für verschiedene Einsatzzwecke Sinn. Wer häufig im Auto sitzt, freut sich über eine Klimaanlage, die zum Beispiel im netto 1.575 Euro teuren Komfortpaket enthalten ist. In diesem Fall gibt es noch ein bisschen mehr Praxistauglichkeit dazu mit weiteren Ablagen im Bereich des Dachhimmels sowie das Lenkrad mit den besprochenen Knöpfchen sowie eine nützliche 12 Volt-Steckdose. Mit dem netto 3.120 Euro kostenden Paket „Travel Assist“ wird der Caddy zum Assistenz-Profi, bremst vielfach automatisiert, parkt automatisch ein und hilft beim Rückwärtsfahren mit Trailer. Kleiner Wermutstropfen: In dieser Verbindung muss das kostspieligere Doppelkupplungsgetriebe mit an Bord.