
Flottenmanagement: Herr Weichselbaum, vor zehn Jahren konnten Sie in unserem ersten Schwerpunkt-Interview eine durchweg positive Bilanz für das Großkundengeschäft von Audi präsentieren. Wie stellt sich die Situation aktuell dar? Welche Einflüsse haben auf das Flottengeschäft im vergangenen Jahr eingewirkt?
Ralf Weichselbaum: Das Großkundengeschäft hat sich in den vergangenen Jahren sehr gut entwickelt, und das sowohl im Großkundengeschäft bei Fuhrparks ab zehn Fahrzeugen als auch im Small-Commercial-Geschäft für Flotten bis einschließlich neun Fahrzeuge. Mittlerweile liegen wir bei 484.000 Zulassungen beim echten Großkundengeschäft; vor rund elf Jahren waren es noch 300.000 bis zu 320.000 Zulassungen. Nicht zu vergessen ist dabei, dass sich der Pkw- Gesamtmarkt in Deutschland seit Jahren etwa auf einem Niveau von 3,2 bis 3,3 Millionen Fahrzeuge eingependelt hat. Im vergangenen Jahr erzielten wir zudem die zweithöchsten Zulassungszahlen im echten Großkundengeschäft ab zehn Fahrzeugen und konnten damit an 2016 erfolgreich anschließen, in welchem wir unter anderem aufgrund des neuen A4 ein echtes All- Time-High hatten.
Neben den großen Trends wie Digitalisierung, Elektromobilität und Internationalisierung bemerken wir im Flottengeschäft vor allem auch Veränderungen hinsichtlich der Kundenansprüche, die immer individueller werden. Das bedeutet für uns, dass das Geschäft immer spezieller wird und wir gefordert sind, dem Kunden maßgeschneiderte Lösungen anzubieten.
Flottenmanagement: Mit fast 1,9 Millionen Auslieferungen stieg der weltweite Absatz bei Audi im achten Jahr in Folge an. Welche Modellreihen trugen entscheidend zu diesem Erfolg bei? Gibt es hierbei Unterschiede zu Ihren Flottenbestsellern?
Ralf Weichselbaum: Letztes Jahr war für Audi ein sehr gutes und erfolgreiches Jahr. Mit 1,878 Millionen ausgelieferten Fahrzeugen erzielten wir ein Wachstum von 0,6 Prozent. Die Gründe für das Wachstum liegen dabei unter anderem auch in der Nachfrage nach SUVs, an der wir mit unseren Q-Modellen sehr gut partizipieren.
Bezogen auf das Flottengeschäft konnten wir unsere Marktführerposition unter den Herstellern von Premiumfahrzeugen im sechsten Jahr in Folge verteidigen und auch den zweiten Platz nach Volkswagen Pkw mit Sicht auf den Gesamtflottenmarkt behaupten. Auch im Flottengeschäft spielen SUVs eine immer größere Rolle, das liegt wiederum an einer offeneren Car-Policy in den Fuhrparks, aber auch am vielfältigen SUV-Angebot. Neben den absoluten Topsellern
A4 und A6 haben auch unsere Q-Modelle wie der Q2 und die Neuauflage vom Q5 sowie der Q7, der im letzten Jahr zudem das meistverkaufte Premium- SUV im Flottenmarkt war, entscheidend zum Erfolg beitragen.
Flottenmanagement: Vom Kleinwagen über Kombis mit Sportwagen-Genen und Oberklasse- Limousinen bis zu einer Vielzahl von SUVModellen – Audi bietet heute nahezu für jeden Großkunden die passenden Fahrzeuge. Welche Bedeutung hat das breite Modellportfolio für das Flottengeschäft von Audi?
Ralf Weichselbaum: Audi ist eine Marke, die sich ganz klar im User-Chooser-Segment, dem Vertriebsaußendienst wie auch im Management wiederfindet und daher weniger in Serviceflotten oder bei Poolfahrzeugen zu finden ist. Die tragenden Säulen sind nach wie vor der A4, mit 35 bis 40 Prozent vom Volumen, und der A6 mit 25 Prozent vom Volumen. Wichtig ist es aber trotzdem, als Vollsortimenter ein Angebot für alle Bedürfnisse im Fuhrpark zu haben – vom User-Chooser im urbanen Raum mit einem kleineren Fahrzeug bis hin zum Wunschfahrzeug eines Vorstands eines DAX-Konzerns. Für uns ist es wichtig, das komplette Portfolio abdecken zu können: Beispielsweise werden wir 2018 die QPalette mit dem Q8 nach oben hin abrunden.
Flottenmanagement: Im vergangenen Jahr hat der Audi-Leitspruch „Vorsprung durch Technik“ neue Dimensionen erhalten und wurde im Zuge der Unternehmensstrategie Audi.Vorsprung. 2025 in die Vision „Vorsprung ist unser Versprechen“ geändert. Was beinhaltet diese Strategie im Einzelnen?
Ralf Weichselbaum: Audi wird dem Leitspruch „Vorsprung durch Technik“ treu bleiben, denn neben dem hohen Wiedererkennungswert sind unsere Produkte noch immer der beste Beleg, dass wir unser Markenversprechen auch einlösen können.
Hinter „Vorsprung ist unser Versprechen“ stehen die Kernthemen Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Urbanisierung, die unsere Strategie operationalisieren. Digitalisierung können Sie in unseren Fahrzeugen wie dem neuen A6 und dem A8 erleben, welche das sehr eindrucksvoll zeigen. Im zweiten strategischen Feld, der Nachhaltigkeit, sind wir schnell bei der Elektromobilität, aber auch bei alternativen Kraftstoffen wie dem Audi e-gas beziehungsweise den Audi e-fuels, an denen wir forschen. Auch hier merken wir, dass das Interesse der Flottenkunden steigt. Der dritte Punkt Urbanisierung ist natürlich ein Trend, der sich unaufhaltsam zeigt. Für uns bedeutet Urbanisierung, dass wir die Individualmobilität im urbanen Raum weiterentwickeln.
Flottenmanagement: Mit dem neuen A7 Sportback und dem neuen A8 wurden Ihre Oberklasse- Modelle in die nächste Generation befördert. Durch welche Highlights möchten Sie sich von der starken Konkurrenz im Oberklasse-Segment absetzen?
Ralf Weichselbaum: Mit dem A8 gehen wir topdown in eine völlig neue Philosophie, sowohl was das Exterieur- und Interieurdesign angeht als auch bei der Technologie. Damit hat unser Topmodell im vergangenen Jahr vieles gezeigt, was sich auch in den Segmenten unterhalb wiederfinden lässt, wie beispielsweise beim A7 und A6, später aber auch beim neuen A1.
Im Interieur hat eine echte Revolution stattgefunden: Es ist sehr technokratisch, aber hat dennoch den gewohnten Lounge-Charakter mit Wohlfühlatmosphäre. Das Interieur ist geprägt von einer sehr horizontalen Architektur mit einem sehr breit gezogenen Armaturenbrett und dem typischen Audi Wrap-around-Effekt, der den Fahrer und Beifahrer praktisch perfekt umschließt. Das Technokratische ist die Black- Panel-Technologie mit zwei großen Touchscreens (10 und 8,6 Zoll). Diese sind erstmals mit der „MMI touch response“-Technologie ausgestattet, durch die bei Betätigung von Funktionen auf dem Touchscreen auch eine haptische Rückmeldung erfolgt. Mit der gewohnten Bedienung analog einem Smartphone entfallen viele Knöpfe und das Interieur ist sehr klar und aufgeräumt.
Auch unter der Haube haben wir uns weiterentwickelt: So verfügt der A8 serienmäßig über einen sogenannten Mild-Hybrid, worüber wir die Elektrifizierung des Antriebsstrangs über alle Motor-Getriebe-Varianten vollzogen haben. Die Idee dahinter ist ganz einfach, dass wir die Effizienz steigern wollen, und das so komfortabel wie möglich. Im realen Fahrbetrieb senkt die MHEVTechnologie den Kraftstoffverbrauch um bis zu 0,7 Liter pro 100 Kilometer. Der vollelektrifizierte Antriebsstrang des A8 ist dann auch in vielen anderen Modellen im Serienumfang enthalten, wie beispielsweise beim A7 und bei dem in Genf vorgestellten A6.
Flottenmanagement: Auf dem Genfer Autosalon hat gerade erst die neue A6 Limousine ihre Weltpremiere gefeiert. Worauf dürfen sich Kunden bei der fünften Generation freuen? Inwieweit lassen sich hier Oberklasse-Merkmale wiederfinden?
Ralf Weichselbaum: Der A6 ist Teil unserer Oberklasse-Offensive. So findet sich beispielsweise eine Vielzahl von Elementen der neuen Designphilosophie im Exterieur wie auch Interieur des A6 wieder. Auch der neue Audi A6 führt das innovative Bedienkonzept MMI touch response fort. Das volldigitale Bediensystem erlaubt es, zentrale Fahrzeugfunktionen – ähnlich wie bei Smartphone- Apps – per „Drag and Drop“-Bewegung an der gewünschten Position im MMI-Bildschirm zu platzieren. Shortcuts und Favoritentasten bilden die ideale Basis für individuelle Vorlieben und hohen Komfort bei der Bedienung. Ideal für Flottenkunden ist außerdem die Möglichkeit, bis zu sieben Fahrer mit ihren bevorzugten Einstellungen in individuellen Benutzerprofilen zu speichern und bis zu 400 Parameter festzulegen. Hervorzuheben ist auch die Dynamik-Allradlenkung, welche die Hinterräder bis zu fünf Grad anstellt und damit den Wendekreis um 1,1 Meter verkleinert, aber dem Fahrzeug auch auf kurvenreichen Straßen mehr Dynamik verleiht.
Flottenmanagement: Mit den zwei Konzeptmodellen AIcon und ElAIne hat Audi im vergangenen Jahr das Thema Künstliche Intelligenz in den Fokus gerückt. Welche Bedeutung könnte dem automatisierten beziehungsweise autonomen Fahren im Unternehmen zukommen?
Ralf Weichselbaum: Mit AIcon und ElAIne haben wir gezeigt, wie das Fahren von morgen aussehen kann. Beide Konzepte zahlen direkt auf die Audi-Strategie – Elektromobilität und autonomes Fahren – ein. Audi verwendet dazu die Metapher der „25. Stunde“, denn wir sind der Meinung, dass „das Premium der Zukunft“, welches wir unseren Kunden geben, Zeit ist. Und hier finden wir auch den Brückenschlag zum Flottengeschäft: Es wird für unsere Kunden ein sehr großes Thema sein, weil es die Effizienz im Außendienstbereich erheblich erhöht. Kunden fragen heute schon danach und wollen sich informieren.
Flottenmanagement: Im Februar konnten die Besucher des Audi Forums Neckarsulm mithilfe einer Datenbrille die Technik des neuen A8 als virtuelles Exponat erleben. Inwieweit hält die Digitalisierung Einzug in den Fahrzeugvertrieb?
Ralf Weichselbaum: Das Großkundengeschäft ist ein Peoplebusiness, das heißt, dass wir den Handel auch in Zukunft brauchen, gerade um maßgeschneiderte Lösungen anbieten zu können. Flottenkunden wollen oftmals ein komplettes Angebot. Ein Beispiel: Durch neue Technologien wie die Elektromobilität entwickeln sich auch neue Herausforderungen: Wo werden die Fahrzeuge geladen? Wie funktioniert das zu Hause beim Nutzer? All diese Fragen lassen sich bestens über den Handel beantworten. Genauso, davon bin ich überzeugt, werden Probefahrten, die umfassende Beratung und die individuelle Angebotserstellung nach wie vor über den stationären Handel realisiert. Dennoch hat die Digitalisierung einen großen Vorteil: In den letzten Jahren haben wir die Modellpalette erheblich aufgefächert, wodurch es kaum mehr möglich ist, die ganze Produktpalette physisch beim Händler abzubilden. Dank der Virtual-Reality-Technologie kann der Kunde sein Wunschfahrzeug dreidimensional und realitätsnah erleben. Das wertet das Kauferlebnis noch weiter auf und hilft bei der Beratung und Entscheidungsfindung.
Flottenmanagement: Von einem Premiumhersteller erwarten die Kunden auch einen entsprechenden Service. Welche Dienstleistungen bieten Sie hier für den Fuhrparkleiter und insbesondere auch für den Fahrer? Womit kann Audi hier besonders punkten?
Ralf Weichselbaum: Das Kernthema im Großkundenbereich ist sicherlich Wartung und Verschleiß, weil es ein nicht unerheblicher Kostenfaktor im Fuhrpark ist. Wir bieten für die Leasingkunden der Audi Leasing das Audi Fleet Comfort an, was über 90 Prozent aller Leasingkunden bei der Audi Leasing wählen. Dahinter steckt ein Paket, das alle Verschleißarbeiten vollständig abdeckt, mit einer recht einfachen Preisstaffelung nach Laufleistung und Modell, die bereits bei 25 Euro im Monat für bis zu 90.000 Kilometer beginnt. Hier kommen keine versteckten zusätzlichen Kosten auf den Kunden zu, sondern es wird alles über das Wartungs- und Verschleißprodukt abgebildet. Das Produkt wird auch für Kaufkunden als Fleet Service & Care vertrieben und verfügt über die gleiche Preisstruktur. Bei den Produkten war es uns zudem wichtig, dass der Kunde nicht erst das Kleingedruckte lesen muss, sondern wirklich alles enthalten ist – das unterscheidet es auch von einer Vielzahl ähnlicher Produkte beim Wettbewerb. Zusätzlich bieten wir über die Audi Leasing noch andere Produkte wie beispielsweise die ReifenPremium-Dienstleistungen mit freier Wahl des Reifenfabrikats und der Reifenart für alle Fahrzeuge oder preisorientierte ReifenClever-Dienstleistungen mit Reifen ausgewählter Markenhersteller an.
Flottenmanagement: Ob Plug-in-Hybride oder Modelle angetrieben von Audi e-gas – Ihre Modellpalette zeigt, dass alternative Antriebstechnologien längst kein Nischenthema mehr sind. Wie hat sich die Nachfrage nach Fahrzeugen mit alternativem Antrieb in den letzten Monaten entwickelt? Welche Bedeutung hat ein werkseitiges Engagement in der Formel E für die Weiterentwicklung der E-Mobilität?
Ralf Weichselbaum: Elektromobilität ist ein wichtiges Zukunftsthema für uns. Das hat uns in unserer Entscheidung bekräftigt, hier als erster Fahrzeughersteller überhaupt in die Formel E einzusteigen.
Mit dem A3 und dem Q7 bieten wir derzeit zwei Plug-in-Hybride an, die bereits aufgrund der sehr hohen Nachfrage für dieses Jahr ausverkauft sind. Die Vorteile des Plug-in-Hybrids liegen klar auf der Hand: Er vereint die Vorzüge der Elektromobilität mit dem vollen Drehmoment ab der ersten Sekunde sowie dem emissions- wie auch geräuschlosen Fahren im urbanen Raum mit der vollen Alltags- und Langstreckentauglichkeit eines Verbrenners.
Ein anderes Thema, das wir bereits seit Jahren fokussieren, sind die alternativen Kraftstoffe: Wir sind mittlerweile mit drei Erdgasmodellen unterwegs, die sich auch einer sehr hohen Nachfrage im Flottenbereich erfreuen.
Nicht zuletzt werden wir mit dem Audi e-tron, unserem ersten vollelektrischen Serienfahrzeug, noch dieses Jahr den Weg in eine neue Ära beschreiten. Er ist ein voll alltagstauglicher Premium-C-SUV. Der Audi e-tron lässt sich mit bis zu 150 kW laden und ist somit in rund einer halben Stunde wieder voll langstreckentauglich. Der Audi e-tron wird auch im Flottengeschäft seine Kunden finden, aufgrund des Fahrzeugkonzepts aber überwiegend auf der Ebene der Geschäftsführer und des Managements.
Flottenmanagement: Last, but not least: Welche Ziele haben Sie sich mittel- und langfristig gesetzt? Welche Modelle, aber auch Services sollen Sie bei der Umsetzung dieser Ziele unterstützen?
Ralf Weichselbaum: Das Kernthema für uns ist es, die Marktführerposition der Premiumhersteller im Flottenmarkt wie in den vergangenen sechs Jahren zu verteidigen. Auch in der Flotte findet eine Transformation in Richtung Elektromobilität und autonomes Fahren statt, welche wir mitgestalten wollen und auch werden, um weiterhin die attraktivste Premiummarke im Flottenmarkt zu bleiben.