
Bei Seat läuft es so langsam – das einstige Sorgenkind ist längst am Konzerngewinn beteiligt. Und klar, es musste unbedingt auch ein SUV her, schließlich gehört diese Klasse zu den Boomsegmenten schlechthin. Da steht der Ateca also – scharf wie ein Schwert mit zackigen Scheinwerfern, markanten Sicken und einprägsamem Lichtdesign. In der Dämmerung fallen die charakteristisch leuchtenden Heckeinheiten auf, der Ateca hat im übrigen etwas Futuristisches, was den Hingucker-Faktor noch verstärkt. Mit rund 1,60 Metern steht der in diesem Fall als Allradler antretende Spanier gar nicht so hoch da und bewahrt sich seinen sportiven Touch. Das Rodiumgrau des Testwagens ist optimal, um dem eher extrovertiert gezeichneten Seat so ein bisschen die Schärfe zu nehmen, schließlich möchten viele Kunden etwas zurückhaltender unterwegs sein. Wer die volle Aufmerksamkeit will, bekommt auch ein leuchtendes Orange. Doch schauen wir uns den Wohnraum an.
Dort setzen sich die zackigen Stilübungen fort, das Interieur ist sichtlich auf Seat getrimmt. Die Formensprache von Armaturenbrett, Lüftungsdüsen und Türgriffen spricht Bände. Moderne Zeiten außerdem – schon in den ersten Sekunden des Verweilens fallen die beiden USB-Buchsen ins Auge und natürlich der große Touchscreen, so langsam Standard im ausgehenden Siliziumzeitalter. Schön der Kontrast: Physische Anzeigenadeln statt planer TFT-Fläche bleiben bei Seat erhalten und können auch nicht ersetzt werden. Aber keine Sorge, das große Infofeld zwischen den beiden Rundskalen bietet hinreichend Infotainment-Bespaßung. Apropos Spaß: Seat kann sich nicht verkneifen, bei Dunkelheit und offenen Türen ein Ateca-Logo auf den Boden zu projizieren. Solche kleinen, liebevollen Gimmicks heben die Sympathiewerte. Sympathisch ist jedoch auch, dass der Seat trotz komplexer Funktionsfülle recht intuitiv bedient werden kann. Keine digitale Spielwiese um jeden Preis – heißt im Klartext, dass klassische Funktionen wie Klimaregelung einfach per direkter Anwahl über Drehregler und Tipptasten abgehandelt werden. Dennoch bleibt der Bildschirm die Kommandozentrale und damit Rückgrat der Bedienung für den Ateca.
Das gilt jedenfalls für die Nebenfunktionen – denn gefahren wird noch immer mit Gaspedal und Bremse. Das 190 PS starke Diesel-Topmodell rollt obligatorischerweise mit Allrad und Automatik an den Start. Letztere kommt in Form eines siebenstufigen Doppelkupplungsgetriebes, was höchste Effizienz verspricht. Das Getriebe wechselt die Übersetzungen ähnlich hurtig wie die gesamte Gangart dieser Antriebseinheit – falls das unentspannt klingen sollte, nein, ist es aber nicht. Ganz einfach, weil der Selbstzünder schon ab 1.900 Touren mit bulligen 400 Nm anschiebt. Und die bleiben in einem Band bis 3.300 Umdrehungen aufrecht, was das Fahren souverän macht. Vom elektronisch gesteuerten Allrad, der die Kraftverteilung über ein Haldex-System steuert, bekommt man unter normalen Straßenverhältnissen nichts mit. Es handelt sich dabei um ein Lamellenpaket im Mitteldifferenzial, das je nach Traktionsbedarf mit Öldruck beaufschlagt wird. Schon bei regennasser Fahrbahn spürt der Fahrer die Vorteile des Systems. Wo der Fronttriebler hilflos mit den Reifen scharrt, stürmt das 4Drive-Gerät mühelos davon.
Und das sehr verbindlich und leise – Sportlichkeit hin oder her, am Ende des Tages ist der Ateca ein komfortables Auto. Ein Paradebeispiel für einen multifunktionalen Kilometerfresser, der sich sparsam fortbewegt und ohne Probleme für seine Insassen weite Strecken schluckt. Die steigen nach einem Hamburg-München-Ritt genauso entspannt aus dem Ateca wie der selbst agiert. Aber wie geht es mit dem SUV auf der Landstraße? Eine straffe Note kann sein Fahrwerk nicht verleugnen, der mit 1,6 Tonnen verhältnismäßig leichte Alleskönner witscht leichtfüßig durch anspruchsvolle Kehren, worin die präzise abgestimmte E-Servo sicherlich unterstützt. Und aus der Kurve herausbeschleunigen klappt mit der ganzen Wucht des Zweiliters auch recht drahtig. Ein Blick auf die Zahlen verrät, dass der Spanier kein ganz unbedarfter ist. Binnen 7,5 Sekunden erstürmt er die 100 km/h-Marke, während sein Vortrieb erst bei 212 Sachen endet. So ein kleiner Sportwagen steckt eben doch in dem Ateca.
Einer, der allerdings vorwiegend praktisch ist. Das Raumgefühl fällt betont großzügig aus – okay, vorn bedarf dieses Thema keiner Diskussion. Aber in der zweiten Reihe dürfen üppige Knie- und Kopffreiheit ruhig erwähnt werden. Immerhin muss man sich vor Augen führen, dass der Ateca nur 4,36 Meter lang und damit allenfalls eine Kompaktklasse ist. Eine, die in puncto Verarbeitungsqualität übrigens auf dem üblichen Toplevel aller Konzernprodukte rangiert. Die feinen Alcantara-Sessel des Testwagens verströmen einen Hauch von Luxus und werten den 4x4 zusammen mit den Klavierlack-Elementen auf. Noch einmal zu den praktischen Fähigkeiten. Freilich gibt es eine Durchlade und geteilt umklappbare Rücksitze. Wenn das Mobiliar flach liegt, passen fast 1.600 Liter in den Ateca – somit rückt er durchaus auch ins Visier potenzieller Kombi-Interessenten. Eine sensorgesteuerte Heckklappe – nützlich, wenn man mit vollen Händen gerade etwas davon einladen möchte – unterstreicht, dass dieser Seat anpacken können soll.
Reden wir über Preise. Die stärkste Diesel-Ausführung ist nichts für Sparfüchse und kostet mindestens 29.899 Euro netto. Dafür lässt die Serienausstattung nur noch wenige Wünsche offen. So besitzt der Ateca neben der vollen Sicherheitsausrüstung eine Bluetooth-Freisprechanlage, LED-Scheinwerfer, Rückfahrkamera, schlüsselloses Schließsystem und Tempomat. Ein Navigationssystem gehört zwar nicht zum Serienstandard, ist aber mit netto 336 Euro günstig bezahlt. Der Ateca ist ein wahrer Assistenten- Profi – für netto 794 Euro wandern gleich eine ganze Reihe von Features an Bord, die das Fahren im Alltag erleichtern. Dazu gehört beispielsweise ein aktiver Tempomat, der nicht nur bis zum Stillstand herunterbremst, sondern auch aktiv in die Lenkung eingreift bei niedrigen Geschwindigkeiten. Die Verkehrszeichen-Erkennung gehört ja fast schon zur Selbstverständlichkeit. Außerdem erkennt das System Fußgänger und bremst autonom, falls ein Hindernis auftaucht. Auch die Vogelperspektiven-Kamera (462 Euro netto) darf da nicht fehlen.