
Nur Auto war gestern, behauptet zumindest Schauspieler Ralf Richter werbeträchtig von Bussen des ÖPNV herab. Doch das Gros der dienstwagenberechtigten Arbeitnehmer nimmt das von der Firma gestellte Fahrzeug nach wie vor als hauptsächliches Fortbewegungsmittel an. Die vorherrschende Überzeugung, mit dem Fahrzeug flexibler und schneller in Deutschland unterwegs zu sein, mag unter bestimmten Voraussetzungen richtig sein. In Ballungszentren und auf stauträchtigen Strecken erweist sich das Auto meistens aber als ineffizientes Fortbewegungsmittel. Doch welche Wahlmöglichkeiten hat ein Dienstwagennutzer im Unternehmen, wenn er einen Anspruch auf ein vom Arbeitgeber gestelltes Fahrzeug hat? Mit dem Mobilitätsbudget, das die Vollkostenrate eines Dienstwagens als Basis verwendet, erhält der Arbeitnehmer individuelle und flexible Möglichkeiten, die für ihn zugängliche Verkehrsinfrastruktur optimal zu nutzen. Es sollte als Ergänzung zum bestehenden Dienstwagenangebot und nicht als Konkurrenz funktionieren.
So sehen es auch die aktuell prominentesten Verfechter, die DB Rent GmbH mit den Produkten des DB Konzerns im Rücken, das Beratungsunternehmen EcoLibro GmbH und LeasePlan Deutschland als Leasinggeber. Im „Netzwerk intelligente Mobilität“ haben sich mittlerweile einige Unternehmen zusammengeschlossen, die die Mobilität der Zukunft im Blick haben und im Fuhrpark schon jetzt individuell gestalten können. Auf ihre professionelle Unterstützung können Unternehmen zurückgreifen, die das Mobilitätsbudget für sich umsetzen wollen. Die Anwendung eignet sich prinzipiell für jedes Unternehmen, das Dienstwagen mit der Möglichkeit zur privaten Nutzung durch die Mitarbeiter hat oder künftig anbieten will. „In vielen Unternehmen stellt der Dienstwagen heute immer noch einen wichtigen Baustein im Lohn- und Gehaltssystem dar. Auch wenn dieses Modell für viele Mitarbeiter einen hohen Anreiz hat und ein wichtiges Statussymbol ist, so gibt es eine wachsende Zahl von Mitarbeitern und Bewerbern, die sich über eine höhere Flexibilität bei der Verkehrsmittelwahl, individuell zugeschnitten auf die persönlichen Bedürfnisse und Lebensphasen, viel besser gewinnen und motivieren lassen“, begründet Volker Gillessen, Gesellschafter und Mitglied der Geschäftsleitung der EcoLibro GmbH, die Berechtigung von Mobilitätsbudgets. „Bei der Beratung erstellen wir gemeinsam mit dem Kunden ein individuell an seine Bedürfnisse angepasstes Konzept. Hierbei werden die momentanen Gegebenheiten, aber auch die Lage des Unternehmens mit Blick auf Veränderungspotenzial bei der dienstlichen und privaten Mobilität, die Einsatzzwecke beziehungsweise die Nutzung der Dienstfahrzeuge sowie die Mitarbeiter persönlich betrachtet. Wir sehen uns an, ob und welche begleitenden Maßnahmen sinnvoll sein können. Dazu gehören Tourenplanung im Außendienst, Firmenradmodelle, Reiseplanungssoftware, BahnCards und vieles mehr.“ Das Mobilitätsbudget eignet sich seiner Ansicht nach ebenfalls sehr gut zur Implementierung von Dienstfahrzeugen mit Elektroantrieb und kann zur Gestaltung einer Mobilitätsgarantie genutzt werden. Somit lässt sich die Mobilität gewährleisten, wenn das E-Mobil an seine Leistungsgrenzen stößt, beispielsweise bei Urlaubsfahrten.
Wenn der Grundstein gelegt ist, starten viele Unternehmen erst einmal mit der ersten Stufe des Mobilitätsbudgets. Gunter Glück, Geschäftsleitung Vertrieb und Kundenbetreuung bei LeasePlan Deutschland, beschreibt sie folgendermaßen: „Hierbei werden die Dienstwagenfahrer, wenn sie ein kleineres Fahrzeug wählen als ihnen zusteht, an der Einsparung finanziell beteiligt. Für die Unternehmen beziehungsweise unsere Kunden rentiert sich diese Mobilitätsbudgetstufe gleich mehrfach. Denn sie setzen erstmalig Anreize, die Referenzraten zu unterschreiten – und das wirkt sich positiv auf ihr Fuhrparkbudget aus. Denn ohne die Einführung von Mobilitätsbudgets haben Dienstwagenfahrer nur wenig Anreiz, ein kleineres Auto auszuwählen, als ihnen zusteht. Mögliche Einsparungen können in weiteren Stufen nicht nur finanziell – voll oder anteilig – ausgeschüttet werden, sondern das Guthaben lässt sich auch für den öffentlichen Nahverkehr oderbein Carsharing-Kontingent verwenden.“ Notwendige Anpassungen beispielsweise in der Fuhrpark-Software übernimmt der Leasinggeber, indem er die Referenzrate in die Mobilitätsrate umwandelt, in welcher die Einsparung regelmäßig ausgewiesen und diese auch an den Personalbereich weitergegeben wird.
Bei der Deutschen Bahn findet das Mobilitätsbudget derzeit noch ausschließlich Anwendung in den eigenen Reihen: Das Angebot richtet sich vor allem an die Führungskräfte im Unternehmen, die auf die Nutzung eines Firmenwagens verzichten. Sie erhalten die Möglichkeit, die firmeneigenen Angebote entsprechend ihrem individuellen Bedarf flexibel zu nutzen und zu kombinieren. „Wir bekommen viele positive Rückmeldungen, beobachten aber auch, dass es Zeit braucht, bis sich das Konzept durchsetzt“, zieht Sylvia Lier, Vorsitzende der Geschäftsführung der DB Rent GmbH, ein Zwischenfazit. „Erfreulich entwickeln sich zum Beispiel die Zahlen bei Call a Bike. Das nutzen heute bereits rund 15 Prozent aller Firmenwagenberechtigten. Nach wie vor fehlt uns aber auch eine bundesweit einheitliche Regelung für die Besteuerung eines Mobilitätsbudgets, wie es sie ja für den Firmenwagen in Form der Ein-Prozent- Regelung gibt.“
Doch auch für andere Unternehmen soll das Angebot zugänglich werden. Aktuell arbeitet DB Rent gemeinsam mit DB Vertrieb und DB Fernverkehr daran, für Unternehmenskunden und einzelne Geschäftsreisende ein passendes Produktangebot zu entwickeln. „Wir setzen dabei bewusst auf die Kompetenzen der verschiedenen Geschäftsfelder. In verschiedenen Workshops und Gesprächen haben wir genau zugehört und verstehen, was sich auf der einen Seite viele Geschäftsreisende wünschen und was auf der anderen Seite außerdem die Travelmanager und Personalabteilungen für Ansprüche haben.“ Im Rahmen der jüngst abgehaltenen zweiten „Dialogwerkstatt“ in Berlin als Teil der DBInitiative „Mobilität 4.0“ hat die DB gemeinsam mit Geschäftskunden, Partnern sowie Teilnehmern aus Wissenschaft und Wirtschaft weitere Prototypen entwickelt. In der ersten Dialogwerkstatt im vergangenen Jahr waren konkrete und weitreichende Anforderungen an ein Mobilitätsbudget aus Unternehmersicht definiert worden. Nun wurden zentrale Anforderungen zur Pilotierung definiert. So sollen zum Beispiel möglichst viele Mobilitätsangebote über einen einfachen und gemeinsamen Zugang verfügbar gemacht werden. Auch eine Unterscheidung zwischen privater und geschäftlicher Reise sowie die automatische Berücksichtigung steuerlicher Aspekte sollten gewährleistet sein. Beispielsweise könnte das Budget – so die Idee der Workshopteilnehmer – über eine App genutzt werden, die diese Anforderungen erfüllt. Das ist auch im Sinne der Projektverantwortlichen, denen komfortable und einfach bedienbare Plattformen vorschweben. „Uns ist hierbei besonders wichtig, dass die Anwender nicht einfach eine weitere Plattform vorgesetzt bekommen, sondern über intelligente Schnittstellen bekannte Umgebungen weiternutzen können und Neuentwicklungen im Sinne der Anwenderfreundlichkeit und Angebotstransparenz den Puls der Zeit treffen“, so Sylvia Lier.
Die informationstechnische Unterstützung ist ein wichtiger Punkt für die Weiterentwicklung dieses Mobilitätskonzeptes. Nicht nur die Abbildung des verfügbaren Budgets in Echtzeit für den Mitarbeiter und die Personalabteilung für die Gehaltsabrechnung, sondern auch eine einfache Abfrage der aktuell optimalsten Reisemöglichkeit im Hinblick auf Verkehrsmittel und Zeit, idealerweise via Smartphone-App, sind wesentliche Treiber für die Verbreitung eines Mobilitätsbudgets. Als Apps zur mobilen Nutzung haben sich bereits ein paar etabliert, sie sind für iPhone und Android erhältlich. Der Bonner General- Anzeiger hat jüngst einige im Rahmen seiner Serie „Mobil in der Region“ getestet. Wer eine für alles sucht, findet beispielsweise über Qixxit, das zur Deutschen Bahn gehört, eine Vielzahl an Strecken-Verkehrsmittel-Kombinationen. Einzelne Verkehrsmittel lassen sich auch ausschließen, man kann die Reisezeit, den Preis oder die Anzahl der Umstiege als wichtigstes Suchkriterium hervorheben. Ally, Mobility Map und Moovel erweisen sich als ebenbürtige Alternativen, teils spielen sie ihre Vorzüge im Stadtverkehr aus. Über die Apps können auch ÖPNV-Tickets gekauft werden. Für die Planung von Geschäftsreisen am Computer bietet Ecolibro das Portal routeRank an, über das die günstigsten und schnellsten Verbindungen dargestellt werden. Es lässt sich maßgeschneidert auf die Bedürfnisse eines Unternehmens anpassen. Wenn es um die Verwendung des frei verfügbaren Budgets geht, bieten sich Prepaid-Kreditkarten an, wie sie zum Beispiel EcoLibro mit der MobilityCard vorsieht. Auch eine Lösung für eine einfache und pauschale Besteuerung des geldwerten Vorteils muss noch auf den Weg gebracht werden, um es dem Mitarbeiter und dem Unternehmen unkompliziert zu ermöglichen, die von der Firma subventionierte Mobilität zu nutzen.
Die Resonanz in den drei Unternehmen zeigt, dass die bisherige Umsetzung zufriedenstellend verläuft. Auch wenn das Mobilitätsbudget keine Massen von User-Choosern überzeugen wird, kann es doch für einzelne Unternehmen oder auch Nutzer genau das sein, wonach sie gesucht haben. Der Mehraufwand sei nicht sehr groß und einmal implementiert erweise sich das Thema als ein sehr positiver Selbstläufer, bestätigt Gunter Glück von LeasePlan motivierend. Die Bandbreite der Entwicklungsmöglichkeiten in Zusammenhang mit dem Mobilitätsbudget reicht bis hin zur Verwendung von Lebensarbeitskonten. Vielleicht liegt es im Wortsinne selbst, dass die Mobilität im steten Wandel ist, die im Fuhrpark nicht ausgenommen. Im Grunde müssen sich die Unternehmen nur öffnen für Neues. Kompetente Partner finden sich in jedem Fall.