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Ob Erdgas, Autogas oder Elektromotor: Kaum ein Flottenmanager hat sich noch nicht mit der Thematik der alternativen Antriebe beschäftigt. Sind bei den Personenfahrzeugen schon längst zahlreiche Modelle mit alternativen Antrieben verfügbar, wächst mittlerweile auch die Modellpalette im Transporterbereich. Dies ist anhand von Zahlen belegbar: Waren bei unserer letzten Übersicht zum Thema (Ausgabe 4/2012) gerade einmal drei verschiedene Elektro-Transporter auf dem Markt, sind es zwei Jahre später mit sieben Modellen mehr als doppelt so viele. Laut Verband der Automobilindustrie (VDA) wird die deutsche Automobilbranche in den kommenden drei bis vier Jahren weitere zwölf Milliarden Euro in alternative Antriebe investieren.

Umweltaspekt wichtiger als Kostenersparnis
Fuhrparkverantwortliche sehen laut einer aktuellen Umfrage (befragt wurden 34 Fuhrparkleiter im Mai 2014, circa die Hälfte besitzt eine Fuhrparkgröße von 100 bis 299 Fahrzeugen) vom Leasingunternehmen Arval die größte Stärke von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben in ihrer Umweltfreundlichkeit (55 Prozent). Hingegen steht der Kostenaspekt eher im Hintergrund, nur 22 Prozent der Befragten empfindet die geringeren laufenden Kosten als Mehrwert. Weitere Vorzüge, wie beispielsweise die Möglichkeit der Nutzung von kostenlosen Parkplätzen, sind ebenfalls nur für 17 Prozent relevant.

Die Reichweite, eine der wichtigsten Komponenten bei einem Elektrofahrzeug, sollte für rund 30 Prozent der befragten Fuhrparkverantwortlichen mit den Vergleichswerten konventioneller Fahrzeuge mithalten können. Bei den meisten Transportern liegt sie bei rund 170 Kilometern, also deutlich darunter. Für den regionalen Zuliefer- Verkehr ist dieser Wert jedoch komplett ausreichend. So setzt beispielsweise der Konzern Deutsche Post DHL bereits seit längerer Zeit unter anderem den Renault Kangoo Z.E., den Mercedes-Benz Vito E-Cell und den Iveco Daily Electric für Lieferfahrten ein. „Elektrofahrzeuge eignen sich besonders gut für die innerstädtische Zustellung auf bestimmten Routen, wo ihre Vorteile wie CO2-Effizienz, geräuscharmer Betrieb und effiziente Kostensysteme besonders zum Tragen kommen“, erklärt Manoella Wilbaut, Head of Global Commercial Developments für den DHL Automotive Sektor. Doch die Technologie bringt auch einige unvorteilhafte Aspekte mit sich. Denn die zulässige Zuladung ist im Vergleich mit einem Verbrennungsmotor deutlich geringer, was vor allem für die Logistikbranche einen erheblichen Nachteil darstellt. Des Weiteren verlieren die Batterien im Winter aufgrund der niedrigen Außentemperaturen rund ein Drittel an Kapazität.

Voll geladen in 30 Minuten
Doch insbesondere im Akku-Bereich gab es in den letzten Jahren auch deutliche Fortschritte. So sind bei vielen Modellen inzwischen Schnelllade- Optionen verfügbar. Der Nissan e-NV200, der Peugeot Partner Electric Kastenwagen sowie der Peugeot iOn Cargo können bereits innerhalb von 30 Minuten wieder auf 80 Prozent (Nissan e-NV200), beziehungsweise komplett geladen werden. Der Citroën Berlingo Electric schafft selbiges in einer Stunde. Im Vergleich zu unserer letzten Marktübersicht gleicht diese Entwicklung einem Meilenstein. Denn damals war diese Option lediglich für den Mercedes E Vito verfügbar. Mit einer Dauer von fünf Stunden konnte auch nicht wirklich von einer „Schnellladung“ gesprochen werden.

Durch das schnelle Laden steigen die Nutzungsmöglichkeiten eines Elektrofahrzeugs über den städtischen Verkehr deutlich hinaus. Voraussetzung ist dabei die Verfügbarkeit einer passenden Ladesäule, denn gerade bei Fahrten in unbekannte Gegenden sollte dies vorab geplant werden.

Erdgas – viele Vorteile
Bei längeren Strecken bietet sich auch die Alternative Erdgas an. Erdgasfahrzeuge bieten unter ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten zahlreiche Vorteile. Denn neben einer geruchlosen Verbrennung sind die Abgase nahezu partikelfrei und im Vergleich zu Benzin entsteht bei der Verbrennung rund ein Viertel weniger Kohlendioxid. Des Weiteren verbrauchen Erdgas-Fahrzeuge rund 20 Prozent weniger Kohlenwasserstoffe und Stickoxide sowie rund 75 Prozent weniger Kohlenmonoxid als ihre Benzin- Pendants. Dank dieser geringen Emissionen sind Erdgasfahrzeuge in allen Umweltzonen fahrberechtigt. Zudem ist die Aufbereitung als Kraftstoff verhältnismäßig einfach, es werden keine Additive benötigt und die Herstellung erfordert keine aufwändige Raffinierung. Darüber hinaus schonen Erdgasfahrzeuge die knappen Erdölressourcen. Methan, der Hauptbestandteil von Erdgas, kann auch aus Biomasse hergestellt werden.

Der Preis von Erdgas wird in Kilogramm ausgewiesen. Derzeit müssen circa 1,09 Euro/Kilogramm gezahlt werden. Mit Ausnahme des Mercedes- Benz Sprinter 316 NGT, der etwas über dem Durchschnitt liegt, verbrauchen die gelisteten Erdgas-Transporter vier bis fünf Kilogramm pro 100 Kilometer. Für einen vergleichbaren Transporter mit Verbrennungsmotor fallen in etwa fünf bis sechs Liter Dieselkraftstoff (Stand Juli 2014: 1,35 Euro/100 Kilometer) an. Für eine Beispielrechnung dient der aufgelistete Opel Combo 1.4 CNG Turbo. Sein Erdgasverbrauch liegt bei 4,9 Kilogramm (= 5,34 Euro), sein Dieselverbrauch bei circa 5,5 Litern (= 7,43 Euro). Allerdings müssen bei einem Erdgasauto neben dem Tankpreis natürlich zahlreiche weitere Punkte (etwas höherer Anschaffungspreis et cetera) berücksichtigt werden (Total Cost of Ownership).

Die Reichweiten gehen bei fast allen Transporter- Modellen deutlich über die 300 Kilometer hinaus, in Verbindung mit Benzin sind Strecken von teilweise über 1.000 Kilometern möglich. In einigen Fällen wird der Benzintank als Reserve für etwa 100 Kilometer genutzt (Volkswagen Caddy 2.0 Eco Fuel), bei anderen Modellen, wie dem Fiat Fiorino 1.4 T-Jet, handelt es sich dagegen um einen vollwertigen Tank (für den neuen Fiat Ducato lagen noch keine aktuellen Informationen vor).

Das Netz von Erdgastankstellen umfasst bundesweit laut der Initiative Erdgas mobil 921 Tankstellen (dagegen stehen 4.454 Ladepunkte für Elektroautos und circa 14.000 Tankstellen). Bei einer betriebseigenen Erdgas-Tankstelle würden laut Experten sechsstellige Investitionskosten anfallen, denn der hohe Gasdruck muss mit einem leistungsstarken Verdichter auf 300 bar komprimiert werden. Ob sich so eine Anschaffung lohnt, darf also bezweifelt werden.

Insgesamt wurden in den ersten drei Monaten dieses Jahres 2.174 Erdgasfahrzeuge zugelassen, was einem Zuwachs von 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht. Damit ist Erdgas die beliebteste alternative Antriebsform bei den Neuzulassungen.

Autogas deutlich in Führung
Zwar sind Erdgasfahrzeuge momentan der stärkste Wachstumsmarkt, bei den Gesamtzulassungen in Deutschland liegen die Autogas-Fahrzeuge mit 500.867 Anmeldungen (Stand Januar 2014, entspricht 0,18 Prozent der Gesamtzulassungen) aber deutlich in Führung. Damit sind hierzulande erstmals mehr als eine halbe Million Pkw mit diesem alternativen Kraftstoff unterwegs. Nach den Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes folgen die übrigen drei alternativen Antriebsarten – 85.575 Hybrid-, 79.065 Erdgas- und 12.156 Elektro- Fahrzeuge.

Die Gründe für den großen Vorsprung liegen auf der Hand. Autogas, meist als Liquefied Petroleum Gas (LPG) angeboten, ist extrem günstig. Seit Monaten liegen die Preise für das Gemisch aus Propan und Butan konstant unter 80 Cent pro Liter (Juli 2014: 72 Cent/Liter). Dieser eklatante Preisunterschied zu Benzin und Diesel kommt in erster Linie durch die steuerliche Begünstigung zustande, die in Deutschland noch bis mindestens Ende 2018 erhalten bleibt. So spielt auch der 15 bis 20 prozentige Autogas-Mehrverbrauch im Vergleich zu Benzin, der durch die geringere Energiedichte von Autogas entsteht, keine gewichtige Rolle.

Hinzu kommen weitere positive Aspekte: Das Tankstellennetz ist flächendeckend ausgebaut, bereits fast an jeder zweiten (sprich: 7.000) Station erhält man Autogas. Zudem lassen sich die meisten Benziner problemlos für den Autogas- Betrieb umrüsten. Der circa fünf Kilogramm schwere Tank kostet rund 2.500 Euro und lässt sich in der Regel einfach im Fahrzeug integrieren (beispielsweise in der Reserveradmulde im Kofferraum). Nach Berechnungen des Autogas- Anbieters Rheingas lohnt sich die Nachrüstung bereits nach etwa 40.000 Kilometern.

Fazit
Ob sich eine Investition in eine der genannten Alternativen gegenüber einem Verbrennungsmotor lohnt, hängt in erster Linie vom Verwendungszweck ab. Für begrenzte regionale Fahrten sind Elektrofahrzeuge aus Aspekten der Einsparung von Treibstoffkosten und Schonung der Umwelt durchaus sinnvoll. Jedoch gibt es auch eine Kehrseite der Medaille: Dazu zählen unter anderem der extrem hohe Anschaffungspreis und die Akku-Problematik bei kalten Temperaturen. Auch das Ladesäulennetz ist noch nicht in der Form erschlossen, die eine reibungslose Anbindung an sämtliche Gegenden gewährleistet. Erdgasautos bieten ebenfalls viele Vorzüge, bei längeren Strecken muss jedoch die Route aufgrund des noch schlecht ausgebauten Tankstellennetzes gut geplant sein. In Verbindung mit einem großen Benzinmotor ist der Erdgasantrieb allerdings auch durchaus für weitere Strecken eine sinnvolle Alternative. Ähnlich sieht es bei Autogas aus. Neben der hervorragenden Umweltverträglichkeit und dem guten Preis-Leistung-Verhältnis ist hier auch die hohe Anzahl der Autogas-Tankstellen positiv zu nennen.

Jeder Fuhrparkleiter sollte anhand einer fundierten Analyse abwägen, was er für die sinnvollste Alternative im Rahmen der Flotten-Aktivitäten hält. Ob sich eine Umrüstung jetzt schon lohnt, ist angesichts der genannten Probleme fraglich. Anfgrund der begrenzten Ölvorkommen und den stetig steigenden Benzinpreisen werden sich alle Fuhrparkverantwortlichen mit alternativen Antrieben beschäftigen müssen, um hohe Wirtschaftlichkeit und größtmöglichen Umweltschutz zusammenzubringen.

 

 

„Der elektrische Antrieb wird sich durchsetzen“

Flottenmanagement sprach mit Peter Fuß über die Entwicklungen und Herausforderungen von alternativen Antrieben im Transporterbereich. Der Senior Advisory-Partner für das Automotive-Team von Ernst & Young in Deutschland, Österreich und der Schweiz ist ein Kenner der Branche und besitzt langjährige Erfahrung in der Prüfung sowie strategischen und operativen Beratung von international agierenden Autoherstellern und -zulieferern. Insbesondere das Thema „Mobilität der Zukunft“ hat er dabei zu seiner Aufgabe gemacht.

Flottenmanagement: Herr Fuß, wie sehen Sie die Entwicklung der alternativen Antriebe im Transporterbereich? Welcher Antrieb wird sich Ihrer Meinung nach mittel- beziehungsweise langfristig durchsetzen?

Peter Fuß: Im Flottenbereich ist der Einsatz von alternativen Antrieben einerseits ein Marketing/Imagethema und andererseits ein „Total Cost of Ownership“ (TCO)-Thema. Gerade im Flottenbereich kann sich der Einsatz von alternativen Antrieben (inklusiv rein Elektro) aus Kostengesichtspunkten lohnen, weil die Fahrzeuge in der Regel eine festgelegte Route/ Tour fahren und gegebenenfalls 24 Stunden im Einsatz sind. Durchsetzen wird sich auch hier der rein elektrische Antrieb – gerade im Kurzstreckenbereich in Innenstädten für Logistikunternehmen.

Flottenmanagement: Wie lässt sich die Herausforderung im Infrastrukturbereich (Laden/ Tanken der Fahrzeuge) lösen?

Peter Fuß: Gerade Logistikunternehmen, welche die täglichen Routen/Touren sehr gut planen können, sind in der Lage, eigene „halb-öffentliche“-Ladeninfrastrukturen aufzubauen, um bedarfsgerecht und kostenbewusst Energie bereitzustellen. Diese Unternehmen sind dann nicht auf eine öffentliche Ladeinfrastruktur angewiesen.

Flottenmanagement: Was raten Sie einem Fuhrparkleiter, der jetzt darüber nachdenkt, seine Transporter mit alternativen Antrieben auszurüsten?

Peter Fuß: Da es im Flottenbereich insbesondere um TCO geht, ist der Fuhrparkleiter gut beraten, mit „spitzem Bleistift“ eine Kosten-/Nutzenanalyse zu erstellen. Elektro ist in der Anschaffung gegebenenfalls teurer – im Betrieb (inklusiv Reparaturen) deutlich günstiger. Bei einem hohen Umschlag/ Einsatz der Fahrzeuge kann sich der höhere Anschaffungspreis durchaus schneller rechnen – als beispielsweise bei einem Privatnutzer. Da die Automobilhersteller ein großes Interesse daran haben, Elektroautos auf der Straße sichtbar zu machen, gibt es durchaus attraktive Einführungsangebote; letztlich auch eine Frage der Verhandlungsposition des Fuhrparkleiters.

Empfehlenswert ist, dass zunächst nur ein Teil der Flotte auf alternative Antriebe umgestellt wird, um erste Erfahrungen zu sammeln. Hierdurch behält der Fuhrparkmanager genügend Flexibilität in seiner Flotte. Gegebenenfalls kommen auch sogenannte Carsharing-Modelle für gewerbliche Unternehmen in Frage: So könnten Unternehmen in einem bestimmten Gewerbegebiet Fahrzeuge mit alternativen Antrieben gemeinsam anschaffen und nutzen, um damit eine höhere Auslastung und damit Kilometer- Leistung beziehungsweise bessere Amortisation zu erzielen.