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Die bereits im Dezember 2006 verabschiedete 3. EU-Führerschein-Richtlinie (2006/126/EWG) ist inzwischen in nationales – deutsches – Recht umgesetzt worden. Die hierdurch erfolgten Änderungen gelten ab 19. Januar 2013.

Der EU-Führerschein ist bereits bei Neuausstellung ab 2012 verbindlich. Hierdurch wird gewährleistet, dass die 110 verschieden Führerscheinmodelle innerhalb der EU nach geltendem EU-Recht durch den Europäischen Führerschein abgelöst werden. Ziel der europäischen Führerscheinrichtlinie ist deshalb unter anderem ein einheitliches Format. Ferner werden nach der Umstellung in den EU-Kartenführerschein alle relevanten Fahrerlaubnisdaten digital und zentral beim Kraftfahrtbundesamt geführt. Diese Daten sind dann bundesweit für alle Fahrerlaubnisbehörden zugänglich, was bei Wohnsitzwechseln praktisch ist.

Umtausch von Führerscheinen
In Deutschland wurde die Fahrerlaubnisverordnung im Januar 2011 neu gefasst und darin die Vorgaben der EU-Führerscheinrichtlinie umgesetzt. Diese Änderungen treten am 19.01.2013 in Kraft. So wird die Gültigkeitsdauer neu ausgestellter Führerscheine ab diesem Stichtag befristet; sie beträgt dann 15 Jahre. Es besteht zwar vorläufig keine aktuelle gesetzliche Verpflichtung, alte Papierführerscheine – egal, ob grau oder rosa – in den EU-Kartenführerschein umzutauschen. Alle vor dem 19. Januar 2013 ausgestellten Führerscheine sind bis zum 19. Januar 2033 umzutauschen, bleiben also längstens bis zu diesem Datum gültig.

TIPP:
Abgesehen davon, dass der neue EU-Kartenführerschein schon aufgrund seiner Scheckkartengröße wesentlich praktischer ist als die alten Versionen, sollten auch zeitliche Geltungsvorteile in Betracht gezogen werden: Wer von Papier (rosa/grau) auf Karte umsteigen möchte, sollte den neuen Führerschein möglichst bald beantragen, das heißt noch vor dem 19. Januar 2013, denn dann gilt der neue Führerschein ebenfalls noch bis 2033. Nach dem 19. Januar 2013 ist die Geltungsdauer auch bei Umtausch nur auf 15 Jahre befristet.

Aufgrund der Befristung der ab 2013 ausgehändigten neuen EU-einheitlichen Führerscheine könnte es im Vorfeld zu Engpässen beim Ausstellen der Kartenführerscheine kommen. Um Wartezeiten zu vermeiden, sollte man deshalb schon jetzt ans Umtauschen denken. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass insbesondere bei beruflich oder privat veranlassten Fahrten ins osteuropäische Ausland ein Umtausch empfehlenswert ist. Die Akzeptanz der alten deutschen Führerscheinmuster bei den dortigen Behörden ist teilweise gering, wenn nicht sogar unbekannt, und macht im Übrigen auch dann Sinn, wenn der bisherige Führerschein nicht mehr gut lesbar und das Foto schon etwas verblichen ist. Eine Gesundheitsprüfung ist bei Ausstellung eines neuen Führerscheins nicht vorgesehen, da es sich um einen rein verwaltungsmäßigen Umtausch handelt. Die meisten Bürger- oder Einwohnermeldeämter nehmen solche Anträge entgegen, was den praktischen Vorteil hat, nicht beim regelmäßig stark ausgelasteten Straßenverkehrsamt lange Wartezeiten in Kauf nehmen zu müssen. Dafür benötigen Sie regelmäßig ein biometrisches Passfoto, den gültigen Personalausweis, einen gültigen Führerschein und eine Umtauschgebühr (in der Regel 24,00 Euro).

Bestandsschutz bei Umtausch
Nach einem Umtausch können grundsätzlich alle Fahrzeuge wie zuvor gesteuert werden. Insoweit greift die „Besitzstandswahrung“, die bedeutet, dass man als Fahrerlaubnisinhaber nicht schlechter gestellt werden darf. Lediglich für Lastwagenfahrer (Inhaber von Fahrerlaubnissen der alten Klassen 2 oder 3) gibt es Einschränkungen ab dem 50. Geburtstag. Insoweit ist zu empfehlen, den alten Führerschein rechtzeitig vor dem 50. Geburtstag in die neuen Führerscheinklassen umstellen zu lassen. Nur auf diese Weise können letztlich alle Fahrzeuge im bisherigen Umfang auch weiterhin geführt werden. Ohne die Umstellung dürfen Inhaber der alten Klasse 2 ab ihrem 50. Geburtstag neben Pkw nur noch Kraftfahrzeuge bis 7,5 Tonnen und Fahrzeugkombinationen führen, die unter die Klasse C1E fallen.

Der feine Unterschied: Fahrerlaubnis und Führerschein
Zu beachten ist, dass die Fahrerlaubnisse für Pkw, Zugmaschinen und Krafträder (A, A1, B, BE, M, S, L und T) gemäß § 23 Fahrerlaubnisverordnung unbefristet erteilt werden. Das gilt auch weiterhin, also insbesondere auch nach Inkrafttreten der genannten Regelungen zur Befristung des Führerscheins. Hier ist grundsätzlich zwischen der Fahrerlaubnis, sprich der behördlichen Erlaubnis, für bestimmte Klassen ein Fahrzeug auf öffentlichen Straßen führen zu dürfen, und dem Führerschein-Dokument als dessen Verkörperung zu differenzieren. Nur der Führerschein als Dokument wird durch die neuen Regelungen nach 15 Jahren beziehungsweise nach dem 19. Januar 2033 ungültig. Eine bestehende Fahrerlaubnis erlischt damit aber nicht. Es kann also jederzeit ein neuer Führerschein beantragt werden, wenn der alte abgelaufen ist.

Aber Vorsicht, Falle: Wer Auto fährt, obwohl sein Führerschein bereits abgelaufen und noch kein neuer ausgestellt ist, muss künftig mit einem Bußgeld von zehn bis 25 Euro und einem Punkt in Flensburg rechnen.

Der Besitz eines EU-Kartenführerscheins ist übrigens dann auch Voraussetzung für die Erteilung eines Internationalen Führerscheins, eines Führerscheins zur Fahrgastbeförderung und auch für die Ausstellung einer Fahrerkarte.

Neuregelung der Fahrerlaubnisklassen
Ferner werden auch die Fahrerlaubnisklassen mit Wirkung ab dem 19.01.2013 neu geregelt. Dies führt zu Einschränkungen gegenüber der bisherigen Rechtslage. Hiervon sind aber nur solche Personen betroffen, deren Fahrerlaubnis ab dem 19.01.2013 neu erteilt wird. Für alle Inhaber „alter“ Fahrerlaubnisse gilt insoweit Bestandsschutz. Nur diejenigen, die Ihren Führerschein umtauschen, profitieren jedoch von Verbesserungen und Erweiterungen einer Fahrerlaubnis.

Fuhrparkrelevant sind folgende Änderungen:
Neuregelung der Fahrerlaubnisklasse BE

• Die „Anhängerregelung“ für Pkw mit Anhänger, die nicht unter die Klasse B fallen, wurde grundlegend überarbeitet und wesentlich vereinfacht. Ab 2013 darf – wie bisher – ein Anhänger bis 750 kg zulässiger Gesamtmasse mitgeführt werden. Ferner wird zukünftig auf die zulässige Gesamtmasse der Fahrzeugkombination abgestellt: Eine Fahrerlaubnis der Klasse B genügt dann ohne weitere Voraussetzung bis 3.500 kg zulässige Gesamtmasse der Kombination.

• Für eine Kombination mit einer zulässigen Gesamtmasse über 3.500 kg bis 4.250 kg (zulässige Gesamtmasse des Anhängers darf mehr als 750 kg betragen) ist eine Fahrerschulung in einer Fahrschule zu absolvieren. Die technischen Vorschriften in Bezug auf diese Fahrzeuge sind zusätzlich einzuhalten.

• Die zulässige Gesamtmasse des Anhängers wird auf 3.500 kg begrenzt. Für Anhänger von mehr als 3.500 kg zulässiger Gesamtmasse ist eine Fahrerlaubnis der Klasse C1E erforderlich.

Neuregelung der Fahrerlaubnisklasse C1E
• Die „Anhängerregelung“ bei der Klasse C1E (Kraftfahrzeuge über 3.500 kg mit Anhängern über 750 kg zulässiger Gesamtmasse) wird entsprechend der Regelung bei der Klasse B vereinfacht. Zulässig sind Kombinationen, die aus einem Zugfahrzeug der Klasse C1 und einem Anhänger von mehr als 750 kg bestehen, wobei die zulässige Gesamtmasse der Fahrzeugkombination 12.000 kg nicht übersteigen darf. Zukünftig kommt es also auf das Verhältnis der zulässigen Gesamtmasse des Anhängers zur Leermasse des Zugfahrzeugs nicht mehr an. Die technischen Vorschriften in Bezug auf die Fahrzeuge sind zusätzlich einzuhalten.

Neuregelung der Fahrerlaubnisklassen D und D1
• Bei der Definition der Klassen D und D1 für Busse kommt es nicht mehr auf die Zahl der Sitzplätze an, sondern auf die Zahl der Personen, auf die das Fahrzeug ausgelegt und gebaut ist. Bei Klasse D1 dürfen es – außer dem Fahrzeugführer – nicht mehr als 16 beförderte Personen sein. Zudem wird die Klasse D1 auf eine Fahrzeuglänge von höchstens 8 m beschränkt.

Aktuelle Änderungen der Halterhaftung in der Schweiz
Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft hat eine Änderung des Schweizerischen Ordnungsbußengesetzes vom 24. Juni 1970 beschlossen:

Nach einem neuen Art. 4 Abs. 2 dürfen die Angehörigen der Polizeiorgane Bußen auf der Straße nur erheben, wenn sie die Dienstuniform tragen. Die Kantone können für die Kontrolle des ruhenden Verkehrs sowie für Kontrollen in ländlichen Gebieten auf dieses Erfordernis verzichten.

Das Vorgehen bei bekanntem Fahrzeugführer regelt Art. 5: Wird der Fahrzeugführer anlässlich einer Widerhandlung identifiziert, so kann er die Buße sofort oder innerhalb von 30 Tagen bezahlen. Begleicht er die Summe sofort, so wird eine Quittung ausgestellt, die seinen Namen nicht nennt. Bezahlt er nicht sofort, so muss er seine Personalien angeben. Begleicht er die Buße nicht fristgerecht, so wird das ordentliche Strafverfahren eingeleitet.

Von besonders praktischer Relevanz ist die Änderung des Vorgehens bei unbekanntem Fahrzeugführer in Art. 6: Ist nicht bekannt, wer eine Widerhandlung begangen hat, so wird die Buße dem im Fahrzeugausweis eingetragenen Fahrzeughalter auferlegt. Dem Halter wird die Buße schriftlich eröffnet. Er kann sie innerhalb von 30 Tagen bezahlen. Begleicht er die Buße nicht fristgerecht, so wird das ordentliche Strafverfahren eingeleitet. Nennt der Halter Name und Adresse des Fahrzeugführers, der zum Zeitpunkt der Widerhandlung das Fahrzeug geführt hat, so wird gegen diesen das Verfahren nach den Absätzen 2 und 3 eingeleitet.

Von praktischer Bedeutung im Hinblick auf die Einführung einer Halterhaftung bei unverhältnismäßigem Aufwand ist die Regelung zur Fahrerfeststellung im neuen Art. 6 Abs. 5: Kann mit verhältnismäßigem Aufwand nicht festgestellt werden, wer der Fahrzeugführer ist, so ist die Buße vom Halter zu bezahlen, es sei denn, er macht im ordentlichen Strafverfahren glaubhaft, dass das Fahrzeug gegen seinen Willen benutzt wurde und er dies trotz entsprechender Sorgfalt nicht verhindern konnte.

Diese Gesetzesänderungen unterstehen dem fakultativen Referendum. Die Referendumsfrist läuft am 4. Oktober 2012 ab. Alsdann bestimmt der Schweizer Bundesrat das Inkrafttreten.

Rechtsanwalt Lutz D. Fischer, Lohmar
Kontakt: kanzlei@fischer-lohmar.de
Internet: www.fischer-lohmar.de

 

 

Rechtsprechung

Verkehrszivilrecht – Schadenersatz

Zur Erforderlichkeit von Mietwagenkosten bei Beschädigung eines Rettungswagens
Der Erforderlichkeit der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs kann entgegenstehen, dass dessen Eigentümer die Möglichkeit hat, den Ausfall durch einen Rückgriff auf seine Restkapazität auszugleichen oder in sonstiger Weise umzudisponieren. Eine solche Möglichkeit bestand im vorliegenden Fall für den geschädigten Träger des Rettungsdienstes nicht, da ihm selbst keinerlei Reservefahrzeuge mehr zur Verfügung standen, auf die er zur Aufrechterhaltung seines gesetzlich bestehenden Versorgungsauftrags hätte zurückgreifen können.

Der Träger eines Rettungsdienstes kann bei unfallbedingtem Ausfall eines seiner Rettungsfahrzeuge nicht darauf verwiesen werden, zur Überbrückung des Ausfalls auf andere Rettungsleitstellen auszuweichen. Eine Ersatzpflicht des Schädigers entfällt nicht deshalb, weil möglicherweise andere Träger von Rettungsdiensten in der Lage gewesen wären, Ersatzfahrzeuge zur Verfügung zu stellen. Zwar sind benachbarte kommunale Träger durch das Rettungsdienstgesetz angehalten, zur Erfüllung des Sicherstellungsauftrages zusammenzuarbeiten. Eine solche Regelung führt aber für den Normalfall nicht über den ohnehin bestehenden Grundsatz der Amtshilfe hinaus. Entscheidend bleibt vielmehr, dass der betroffene örtliche Träger auf das geschädigte Fahrzeug angewiesen war und er über kein eigenes Ersatzfahrzeug verfügte. Insofern stellt sich die Sachlage letztlich nicht anders dar als bei anderen gewerblichen oder privaten Geschädigten. Auch dort kann der Schädiger nicht verlangen, dass der Versuch unternommen wird, kostengünstig ein Fahrzeug etwa von einem Nachbarn oder sonst kooperierenden, aber rechtlich selbständigen anderen Gewerbetreibenden zu beschaffen.

Wenn keine besondere Eilsituation vorliegt, hat er vor der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs Vergleichsangebote verschiedener Anbieter einzuholen. Ihm ist zuzumuten, einen nur gegen Vorkasse zugänglichen Normaltarif auszuwählen.
OLG Celle, Urteil vom 22.08.2012, Az. 14 U 195/11

Kein Schadenersatz bei Bandscheibenvorfall durch Umdrehen zu Verkehrsunfall
Nach gefestigter Rechtsprechung ist auch bei Schadensersatzansprüchen, die aus § 823 BGB oder §§ 7, 18 StVG hergeleitet werden, zu prüfen, ob die Tatfolgen, für die Ersatz begehrt wird, in den Schutzbereich des Gesetzes fallen, ob sich also in ihnen Gefahren realisiert haben, die die verletzte Verhaltensnorm verhüten will. Tritt der Schaden dadurch ein, dass in einer vom Schädiger geschaffenen Gefahrenlage ein weiterer Umstand - etwa das Verhalten eines Dritten oder das Verhalten des Geschädigten selbst - hinzukommt und sich die Gefahr dadurch realisiert, so haftet der Schädiger grundsätzlich für den auf diesem Wege mittelbar verursachten Schaden. Die Ersatzpflicht setzt jedoch voraus, dass sich eine Gefahr realisiert hat, die die vom Schädiger übertretene Verhaltensnorm vermeiden sollte. Daran fehlt es, wenn die Gefahr nicht über das hinausging, was im täglichen Zusammenleben ohnehin unter Billigung der Rechtsordnung an Gefahren hingenommen werden muss. Auf die Vermeidung derartiger Gefahren zielen die Verhaltensnormen nicht ab, so dass ein gleichwohl eingetretener Schaden nicht ihrem Schutzzweck unterfällt. Der Schädiger muss somit solche Schäden nicht ersetzen, die als eine Verwirklichung des sogenannten allgemeinen Lebensrisiko zu bewerten sind.

Der Geschädigten steht kein Anspruch auf Ersatz ihres Gesundheitsschadens gemäß § 823 BGB zu, da der Gesundheitsschaden nicht in den Schutzbereich der verletzten Normen fällt, sich also in dem Gesundheitsschaden keine Gefahren realisiert haben, die die verletzte Verhaltensnorm verhüten will.

In den Gesundheitsschäden der Geschädigten haben sich jedoch nicht spezifische Gefahren des Straßenverkehrs an der Unfallstelle oder die mit der Verletzung von Straßenverkehrsnormen zusammenhängende Gefahrerhöhungen realisiert. Vielmehr behauptet diese, dass sie durch eine ruckartige Bewegung einen Bandscheibenvorfall erlitten habe, nachdem sie von einem Dritten von dem Unfallgeschehen erfahren und sich daraufhin ruckartig umgedreht habe, um sich mit dem Unfallgeschehen zu befassen. Dieser Gesundheitsschaden hätte ebenso jederzeit bei Einhaltung der übertretenen Norm eintreten können, wenn ein Dritter die Geschädigte mit einem für sie überraschenden Ereignis konfrontiert hätte, das nicht im Zusammenhang mit der Verletzung von Rechtsnormen stände. Somit ging die Gefahr, die sich bei der Geschädigten realisierte, nicht über das hinaus, was im täglichen Zusammenleben ohnehin unter Billigung der Rechtsordnung an Gefahren hingenommen werden muss. Auf die Vermeidung derartiger Gefahren zielen die Verhaltensnormen des Straßenverkehrsrechts nicht ab, so dass ein gleichwohl eingetretener Schaden nicht ihrem Schutzzweck unterfällt.

Der Geschädigten steht auch kein Anspruch auf Ersatz des erlittenen Unfallschadens gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, § 115 VVG zu. Von dem dazu erforderlichen inneren Zusammenhang zwischen Betriebsgefahr und Schaden kann aber bei dem Bandscheibenvorfall der Geschädigten und den daraus erwachsenen Schadensfolgen keine Rede sein. Hierin hat sich vielmehr auch für die Gefährdungshaftung des Straßenverkehrsgesetzes ein eigenständiger Gefahrenkreis verwirklicht, der dem allgemeinen Lebensrisiko zugewiesen ist.
OLG Stuttgart, Beschluss vom 07.08.2012, Az. 13 U 78/12

Unwirksame Abtretung von Ansprüchen auf Erstattung von Mietwagenkosten
Eine Forderung auf Erstattung von Mietwagenkosten kann an einen Autovermieter nicht wirksam abgetreten werden, bevor geklärt ist, ob und wie sich der Unfallgegner beziehungsweise dessen Haftpflichtversicherer einlässt. Das Gericht kann nicht gezwungen werden, bei der Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO auf eine bestimmte Liste oder Tabelle zurückzugreifen.

Der zwischen dem Unfallgeschädigten und der Autovermietung geschlossene Abtretungsvertrag war und ist nichtig, weil er wegen der Unkenntnis der Vertragsparteien im Hinblick auf die noch ausstehende Reaktion des Unfallgegners und dessen Versicherer einen Forderungseinzug zum Gegenstand hatte, der potenziell vertiefte Rechtskenntnisse erfordern konnte. Die vom Bundesgerichtshof vertretene These, wonach der Einzug einer Forderung auf Erstattung von Mietwagenkosten durch einen Autovermieter dann als Nebenleistung zu der Vermietung von Autos erlaubt sei, wenn allein die Höhe der Mietwagenkosten streitig sei, kann nur bezüglich einer Abtretung greifen, die erst dann vereinbart wird, wenn feststeht, dass allein die Höhe der Mietwagenkosten streitig ist.

Vorliegend haben die Autovermietung und der Unfallgeschädigte hingegen mit dem Abschluss des Abtretungsvertrags nicht abgewartet, bis die beklagte Versicherung zum Ausdruck gebracht hat, dass sie für alle von ihrem Versicherungsnehmer bei dem Verkehrsunfall verursachten Schäden in vollem Umfang einstehen werde. Stattdessen hat die Autovermietung dem Unfallgeschädigten die von ihr vorbereitete Abtretungserklärung bereits bei der noch am Unfalltag erfolgten Anmietung des Ersatzfahrzeuges vorgelegt. In der Folge hat die Autovermietung auch nicht versucht, die streitige Forderung bei ihrem Vertragspartner, dem Unfallgeschädigten, beizutreiben.
AG Mönchengladbach, Urteil vom 17.07.2012, Az. 36 C 491/11

Zur Alleinhaftung bei Rotlichtverstoß des Geradeausfahrers
Ist nur der Rotlichtverstoß des Geradeausfahrers bewiesen, während nicht festgestellt werden kann, dass der Linksabbieger im Gegenverkehr vor Aufleuchten des grünen Räumpfeils unter Verstoß gegen § 9 Abs. 3 StVO angefahren ist, haftet der Geradeausfahrer allein.
Bei dem Unfall zwischen einem Geradeausfahrer (Fahrer des Klägers) und linksabbiegendem Gegenverkehr (Beklagter zu 1.) gilt, dass bei der Abwägung der Mitverursachungs- beziehungsweise Mitverschuldensanteile nach §§ 17, 9 StVG, 254 BGB nur unstreitige, zugestandene oder bewiesene Tatsachen zugrunde zu legen sind und die Parteien im Bestreitensfall jeweils die Mitverursachung sowie das Verschulden der Gegenseite zu beweisen haben. So hat der Geradeausfahrer zu beweisen, dass der grüne Räumpfeil nicht aufleuchtete und daher ein Verstoß gegen § 9 Abs. 3 StVO vorliegt, während der Linksabbieger den Rotlichtverstoß des Geradeausfahrers zu beweisen hat. Deswegen kommt eine hälftige Schadensteilung nur dann in Betracht, wenn sowohl ein Rotlichtverstoß des Geradeausfahrers als auch das Fahren vor Aufleuchten des grünen Räumpfeils für den entgegenkommenden Linksabbieger offenbleiben, also die Ampelschaltung für beide Beteiligte jeweils nicht festzustellen ist.

Im Übrigen muss beachtet werden, dass entsprechend der Differenzierung der Darlegungs- und Beweislast bei der Betrachtung im Rahmen der Abwägung verfahrensrechtlich unterschiedliche Sachverhalte zu Grunde zu legen sein können. Steht danach fest, dass der grüne Räumpfeil noch nicht geschaltet war und der Linksabbieger gegen § 9 Abs. 3 StVO verstieß, während ein Rotlichtverstoß des Geradeausfahrers nicht bewiesen ist, haftet der Abbieger allein, weil ein Verschulden des Geradeausfahrers nicht in die Abwägung einzubeziehen ist. Ist dagegen – wie im vorliegenden Fall – ein Rotlichtverstoß bewiesen, während nicht feststeht, ob der grüne Räumpfeil bereits leuchtete, haftet der Geradeausfahrer allein, weil ein Verschulden des Linksabbiegers, das in die Abwägung einbezogen werden könnte, fehlt, weshalb auch irrelevant bleibt, in welcher Sekunde der Rotlichtverstoß erfolgte.

Im Ergebnis der Abwägung auf der Grundlage des allein festgestellten Rotlichtverstoßes hat der Kläger daher seinen Schaden allein zu tragen.
KG Berlin, Urteil vom 12.07.2012, Az. 22 U 322/11

Keine Verkehrssicherungspflichtverletzung bei erkennbarer Bodenhülse eines Schildes
Der verkehrssicherungspflichtige Träger der Straßenbaulast ist nicht dazu verpflichtet, Straßen und Wege in einen völlig gefahrlosen Zustand zu versetzen. Das gilt auch für frei begehbare Grünflächen. Denn eine völlige Gefahrlosigkeit solcher Flächen ist mit zumutbaren Mitteln nicht zu erreichen und kann deshalb von dem Hoheitsträger/Eigentümer nicht verlangt werden. Grundsätzlich muss sich der Straßen- und Wegebenutzer den gegebenen Verhältnissen anpassen und die Wege (und Grünflächen) so hinnehmen, wie sie sich ihm erkennbar darbieten. Der Verkehrssicherungspflichtige muss in geeigneter und objektiv zumutbarer Weise alle, aber auch nur diejenigen Gefahren ausräumen und/ oder erforderlichenfalls vor ihnen warnen, die für den die erforderliche Eigensorgfalt walten lassenden Benutzer nicht erkennbar sind und auf die er sich nicht einzurichten vermag.

Diese Grundsätze gelten auch für Kinder (als Nutzer solcher Wege oder Grünflächen), wenn sie über die entsprechende Einsichtsfähigkeit verfügen.
Zwar privilegiert die Rechtsprechung seit jeher Kinder und Jugendliche, die aus Neugier, Spieltrieb oder fehlendem Gefahrbewusstsein dazu neigen, Vorschriften und Anordnungen nicht zu beachten, so dass im Grundsatz jeder Grundstückseigentümer/ Sicherungspflichtige wirksame und auf Dauer angelegte Schutzmaßnahmen ergreifen muss, um Kinder vor den Folgen ihrer Unerfahrenheit und Unbesonnenheit zu schützen. Das kann jedoch nur gelten, wenn es sich um solche vorhersehbare Gefahren handelt, die sich bei Nutzung – hier der Grünfläche – durch unbesonnene Kinder erfahrungsgemäß verwirklichen. Das setzt voraus, dass der Grundstückseigentümer die Gefahrenquelle kennt. Eine darüber hinaus gehende Verkehrssicherungspflicht ohne Kenntnis des Gefahr erhöhenden Umstands – hier die Bodenhülse – besteht nach Auffassung des Senats nicht. Dies würde den Grundsatz einer Anknüpfung der Haftung an ein Verschulden des Sicherungspflichtigen obsolet machen.

Eine gesteigerte Verkehrssicherungspflicht besteht grundsätzlich nur dort, wo der Gefahrverantwortliche mit der Möglichkeit rechnen muss, dass Kinder eine von anderen Nutzern im Allgemeinen beachtete Gefahrenquelle ignorieren. Das erfordert jedoch Kenntnis von einer solchen Gefahrenquelle. Nicht das Hinzutreten der Kinder (als Nutzer) muss für den Gefahrverantwortlichen vorhersehbar sein, sondern, dass sich (hier) auf der Grünanlage eine Gefahrenquelle befand, die eine Gefahr für spielende (und deshalb unaufmerksame) Kinder darstellt; das setzt notwendigerweise voraus, dass die Beklagte von der Bodenhülse (Gefahrquelle) Kenntnis hatte. Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 11.07.2012, Az. 4 W 322/12