
Flottenmanagement: Herr Feike, Volkswagen Nutzfahrzeuge kann aktuell Rekorde vermelden bezogen auf die Auslieferungen weltweiter und europäischer Produktion. Wo steht Volkswagen Nutzfahrzeuge zahlenmäßig auf dem deutschen Markt, welche Modelle sind die Topseller? Worin sehen Sie die Gründe allgemein für den Aufschwung? Welche sind die Erfolgsrezepte von VWN?
Feike: Wenn man die Wirtschaftsdaten der letzten Monate beobachtet, lässt sich daran bereits ein leichter Aufschwung ausmachen, was wir im gewerblichen Sektor meist in der Form, dass die Auftragseingänge zunehmen, zu spüren bekommen. Wir freuen uns sehr, dass VW Nutzfahrzeuge im relevanten Flottenmarkt – Fuhrparks ab zehn Fahrzeuge – bis 5,0 Tonnen als Marktführer vorne liegt. Unsere Produktpalette mit dem Crafter, Transporter und dem Caddy stellt derzeit eine der modernsten am Markt dar, mit der wir selbstbewusst in den Wettbewerb treten. Volkswagen Nutzfahrzeuge hat im Vergleich zum August 2005 die Auslieferungen um fast elf Prozent gesteigert. Einen wichtigen Anteil am Erfolg nimmt der Transporter ein, dies sogar während der letzten zehn Jahre.
Einer der Newcomer, der an dieser langjährigen Position eins kratzen darf, kommt aus dem eigenen Hause und heißt VW Caddy. Er kann seit seiner Einführung in 2003 auf eine echte Erfolgsstory zurückblicken, die ihm in Deutschland die Marktführerschaft in seiner Klasse eingebracht hat. In dieser Zeit konnte er sein Segment stark prägen und dort auch für Wachstum sorgen. Für den Erfolg von VW Nutzfahrzeuge machen wir u.a. den Faktor Händlernetzdichte aus, nicht zuletzt tragen die qualitativ hochwertigen und innovativen Produkte dazu bei. Vorteilhaft wirkt sich die Verknüpfung mit dem Konzerngroßkundenvertrag aus, über den der Kunde alle Konzernmarken beziehen und somit auch den Nutzfahrzeug-Bedarf abdecken kann.
Flottenmanagement: Transporter und kleinere Nutzfahrzeuge wie der Caddy werden häufig in mittelständischen Betrieben eingesetzt. Welche Branchen bilden hier die Schwerpunkte, in welcher Größenordnung bewegt sich das Gros dieser Nutzfahrzeugfuhrparks?
Schulz: Eine genaue Quantifizierung lässt sich nicht angeben, da wir im Flottengeschäft einen großen Marktanteil besetzen. Beim Transporter nähert er sich der 50 Prozent Marke, beim Caddy liegen wir zwischen 40 und 45 Prozent. Traditionell liegt unsere Stärke darin, dass wir die Synergie schaffen zwischen dem Nutzwert des Fahrzeugs und dem Komfortaspekt. Das Einsatzspektrum bewegt sich daher von den Großfuhrparks über mittelständische bis hin zu kleinen Betrieben. Bei den Kleingewerbetreibenden überschneidet sich die dienstliche und private Nutzung, von daher können wir weder Branchenschwerpunkte ausmachen noch bestimmte Größenordnungen.
Flottenmanagement: Früher zumindest wurden Transporter ja solange gefahren, bis sie auseinander fielen. Welchen Umgang beobachten Sie heute in der Branche? Hat sich eine Änderung in der Kostenkalkulation vollzogen? Sind andere Finanzierungs- und Unterhaltformen auf dem Vormarsch? Mit welchen Bedürfnissen werden Sie konfrontiert, wenn Sie mit den Kunden sprechen? Womit konnte Volkswagen Nutzfahrzeuge zu einer Trendwende beitragen, welche Lösungsansätze haben Sie parat?
Feike: Traditionsgemäß nimmt im gewerblichen Sektor der Leasinganteil einen sehr hohen Stellenwert ein, die Unternehmen leasen nahezu 80 Prozent der Nutzfahrzeuge. Hierbei hat das klassische Finanzleasing die Führerschaft. Auf das Full Service-Leasing steigen eher größere Fuhrparks um, die dann Wartungsverträge abschließen oder auch Buy-Back-Vereinbarungen einschließen, damit sie sich ihren Kernaufgaben widmen können. Der größte Anteil der Leasingverträge umfasst eine Nutzungsdauer von 36 Monaten mit der Tendenz zu 48 Monaten. Es gibt darüber hinaus auch Firmen, die aufgrund ihrer Wirtschaftssituation die Fahrzeuge fünf Jahre oder länger fahren, und gerade diese Kunden schätzen unsere Produkte wegen der guten Qualität. Was den Umgang mit den Fahrzeugen betrifft, stellen wir fest, dass dies sehr unterschiedlich gehandhabt wird. In den größeren Fuhrparks wird sehr genau auf die Kosten geschaut, auch die Vorstellungen, was vom Hersteller erwartet wird und was den optimalen Austauschzeitpunkt betrifft, sind sehr präzise. Auch liegen die Unterschiede im Service. Beispielsweise Kunden aus dem Bereich des Transportgewerbes legen großen Wert darauf, auch nachts noch Service in Anspruch nehmen zu können, bei anderen ist es der persönliche Kontakt zum Händler, der individuelle Bedürfnisse vor Ort dekken kann.
Flottenmanagement: Welche Servicebausteine und welche Service- und Infrastruktur kann Volkswagen Nutzfahrzeuge für ein reibungsloses Fuhrparkmanagement im Nutzfahrzeugbereich anbieten? Welche Dienste verrichten bspw. die Großkundenleistungszentren, um die beständige Mobilität der Fahrer zu gewährleisten?
Feike: Unter der Dienstleistungsmarke Careport bieten wir den Kunden folgende Dienstleistungen: Personenmobilität, Service- und Wartungsverträge, die klassischen Finanzdienstleistungen, Versicherungen, individuelle Garantieverlängerungen und wir sprechen gewisse Gebrauchtwagengarantien aus, wenn der Kunde es wünscht. In den Großkundenleistungszentren können unsere Mitarbeiter sehr genau auf die speziellen Anforderungen der Kunden eingehen, Holund Bringservice oder besondere Leistungen im Serviceund Verkauf, die der Kundengruppe gerecht werden. Im norddeutschen Raum praktizieren zwei Händler erfolgreich den „Spät-Abend-Service“ beziehungsweise einen 24-Stunden-Service. Wir sind guten Mutes, dass dieses Beispiel Schule macht und wir diesen Service auch in weiteren Teilen der Bundesrepublik anbieten können.
Flottenmanagement: Im Zuge der Feinstaubdebatte werden Pläne für Durchfahrtsverbote im Innenstadtbereich einiger Städte laut. Welche Reaktionen beobachten Sie bei den Nutzfahrzeugkunden? Wie ist die Modellpalette von VWN gewappnet? Mit welchen Aktionen treten Sie aktiv an die Firmen heran?
Feike: Für Caddy, Crafter und Transporter steht der Partikelfilter im Programm. Auffällig ist, dass insbesondere das Transportgewerbe für Innenstädte auf Partikelfilter beziehungsweise auf Alternativen wie zum Beispiel Gas im Caddy EcoFuel setzt, weil bei ihnen alles von der Mobilität abhängt. Wir haben diese Modelle im klassischen Förderprogramm unserer Marke untergebracht, ein Beispiel hierfür bilden diverse Energieversorger ab, mit denen wir unterwegs sind, um das Thema bundesweit zu forcieren. Zur WM haben wir mit der RWE einen Shuttleservice mit erdgasbetriebenen Transportern realisiert unter dem Oberbegriff „Saubere WM“. Große Unternehmen im Zustellservice oder aus dem Taxigewerbe reagieren durch konsequente Anschaffung von Fahrzeugen mit Partikelfilter oder mit alternativen Antrieben, um Fahrverboten entgegen zu wirken. Wie beim Pkw lässt sich auch im Nutzfahrzeugbereich der Faktor „wertstabilisierend“ bis „wertsteigernd“ durch den Filter ausmachen.
Flottenmanagement: Der Caddy EcoFuel hat gerade die Marktführerschaft bei den Erdgasfahrzeugen übernommen. Wichtig für einen Erfolg im Firmenkundenbereich ist der Faktor Restwert, der bei Erdgasfahrzeugen bisher nicht überzeugend genug war. Was hat Volkswagen Nutzfahrzeuge bewegen können, was der Markt dazu beigetragen? Welche Faktoren machen Ihrer Überzeugung nach darüber hinaus den Erfolg des Caddy EcoFuel aus? Wie stellen Sie die Kundenbetreuung für die Erdgasfahrzeuge auf? Was kann oder muss Ihrer Meinung nach noch getan werden, um die Erdgasfahrzeuge insgesamt noch interessanter für Firmenkunden zu machen?
Asche: In den Restwerten, die ja immer eine Option in die Zukunft sind, spiegelt sich die Marktakzeptanz wider, deswegen freuen wir uns sehr, dass sich die Restwerte unserer EcoFuel-Fahrzeuge an das Diesel-Niveau annähern, bei einigen Leasinggesellschaften sogar schon auf Diesel-Niveau bewertet werden. Mit herein spielt die Arbeit der Lobby, also der Hersteller bzw. Gasversorger, durch die das Bewusstsein der potenziellen Kunden geschärft wurde. Sicherheit bietet die von der Regierung beschlossene ermäßigte Mineralölsteuer bis 2018 für einen weitestgehend stabilen Gaspreis. Dazu kommt, dass die technische Seite der Fahrzeugentwicklung sich den Marktanforderungen gestellt hat, größere Reichweite, uneingeschränkte Nutzung des Laderaum durch die unterflurig angebrachten Tanks realisiert wurden. Aktuell kann das Tankstellennetz mit etwa 700 Tankstellen eine ausreichende Versorgung garantieren, somit ist der Zeitpunkt für den Caddy EcoFuel ebenfalls günstig.
Für einen durchschlagenden Erfolg auch bei Firmenkunden sehe ich noch weiteren Handlungsbedarf im Bereich Infrastruktur, nicht nur eine noch größere Anzahl an Tankstellen – bis Ende 2007 soll im ländlichen Bereich alle 25 km, in Ballungszentren sogar alle 10-15 km eine Tankstelle zur Verfügung stehen – auch die Erreichbarkeit mittels Navigationssoftware muss erleichtert werden. Wir nehmen die Entwickler mit ins Boot, um dem Nutzer hier mehr Komfort anbieten zu können. Noch muss häufig die Autobahn verlassen werden, um zu einer Erdgastankstelle zu gelangen, und dies kostet Zeit, die nicht jeder hat. In Punkto Service haben wir einen Vorteil, dass wir das Thema Erdgas bereits mit dem Golf IV Variant BiFuel angegangen sind. Da unsere Händler und Werkstätten geschult, die nötigen Investitionen getätigt sind, können wir auf diese Strukturen zurückgreifen, müssen sie „nur“ mit den neuen Parametern auffrischen.
Flottenmanagement: Im Transportersegment findet so etwas wie eine „Pkw-Isierung“ statt, der Fahrkomfort und auch die Sicherheitsstandards nähern sich dem eines Pkws an, nicht zuletzt die Liste der Ausstattungen orientiert sich am Pkw. Von wem geht die Initiative aus, wo liegt die Motivation dafür? Wo speziell besteht bei den Nutzern ein erhöhter Ausstattungsbedarf?
Feike: Der Trend wird maßgeblich beim Hersteller geprägt. Wir vertreten die Auffassung, dass unsere Produkte der Transporterklasse höchsten Sicherheitsansprüchen genügen müssen. Da für viele der Kunden das Fahrzeug den Arbeitsplatz darstellt, setzen sie den Schwerpunkt hinsichtlich Komfort, Fahreigenschaften und Sicherheit. Auch die Argumente der Kunden bestärken uns, wenn sie sagen, dass sie sich sicherer in einem Volkswagen Transporter fühlen, der Pkw-identische Eigenschaften besitzt. In Punkto Sicherheit besteht die Möglichkeit, bei 3,5 Tonnern und schwerer eine Maximalgeschwindigkeit festzulegen. Hier erfahren wir den Zuspruch vieler Kunden, größerer Fuhrparks, die ihre Fahrzeuge bei 120 km/h oder weniger begrenzt haben möchten, um sicher zu gehen, dass dem Fahrer die Gelegenheit genommen wird – vielleicht unter Termindruck – zu rasen.
Flottenmanagement: Welchen Anteil nimmt die Nachfrage nach Branchenmodellen ein? Wie offensiv bieten Sie sie bei den Kunden an, nach dem Motto: lieber eine einfache, dafür sichere Laderaumausstattung? Können Sie von Herstellerseite eher Überzeugungsarbeit leisten?
Schulz: Wir beschreiten unterschiedliche Wege, um den Bereich Branchenmodelle adäquat abbilden zu können. Als Hersteller können wir mit unserem Standardportfolio eine gute Grundlage bilden, aber nicht jede Nische abdecken. Deshalb bieten wir den Ausbau mit eigenen Produkten über unser Servicecenter an, beispielsweise unsere Express-, Kühlprofi- oder Serviceprofi- Linie, weitere Profi-Linien sind in Vorbereitung. Diese beinhalten ein einfaches Gerüst, einen Ladeboden, zwei bis drei Module von einem Aufbauhersteller, alles nach unseren Richtlinien verbaut und von uns auf Nutzerfreundlichkeit abgestimmt. Für den Expressbereich propagieren wir eine Netz-Ladungssicherung, die mit einer Hand zu bedienen ist.
Aber auch Taxipakete können wir werksseitig mit dem Fahrzeug ausliefern. Dadurch gewährleisten wir einen gewissen Standard in der Ausstattung, unterliegen bestimmten Prüfkriterien zur Sicherheit. Der zweite Weg geht über die Zusammenarbeit mit ausgewählten Fahrzeugeinrichtern, welche mit unserem Handel vernetzt sind. Dadurch ermöglichen wir mit Nachrüstlösungen, individuelle Bedürfnisse abzudecken. In dem Bereich unternehmen wir weitere Anstrengungen und werden zur IAA einige Innovationen präsentieren.
Flottenmanagement: Welche Erwartungen verknüpfen Sie mit der IAA Nutzfahrzeuge? Wie ist Volkswagen Nutzfahrzeuge den Kunden gegenüber aufgestellt, welche Neuheiten in Bezug auf Modelle und Dienstleistungen stellen Sie dort vor? Wie treten Sie der Konkurrenz entgegen, die ja nicht nur bei den deutschen Herstellern, sondern auch bei den Importeuren mit neuen Fahrzeugen vertreten ist?
Feike: Mit der Einführung des Crafters im Frühjahr 2006 hat Volkswagen Nutzfahrzeuge seine Modellpalette komplett erneuert, die Zahlen am Markt zeigen uns wie erfolgreich und wettbewerbsfähig wir unterwegs sind. Mit diesen und unserer Dienstleistungsmarke Careport werden wir unsere Kunden zu ihrer Zufriedenheit bedienen können und streben damit an, unsere Position im relevanten Flottenmarkt zu behaupten. Wir hoffen, dass sämtliche positiven wirtschaftlichen Eckdaten sich auch im Erfolg der IAA Nutzfahrzeuge widerspiegeln werden.