Quo vadis, Automobil?
<p>Ist der Autospaß nach über 100 Jahren bald zu Ende? Für Menschen mit viel Benzin im Blut vielleicht. Eine Mobilitätsreise von Spaß zu Nutzwert.</p>

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Was waren das Zeiten, als auf der IAA (in Frankfurt) die tollsten Autos zu bestaunen waren. Sie zeugten von höchster und oft deutscher Ingenieurskunst mit Hunderten oder gar über tausend Pferdestärken, mit dem lieblichen Sound von sechs, acht, zwölf oder mehr Zylindern. Auch Dienstwagen mit sechs oder acht Zylindern waren durchaus drin, mit ansehnlichem Drehmoment und Pferdestärken.
Die „neue“ IAA in München ist anders. Es geht eher um Mobilität als um das Auto; man soll von A nach B kommen. Der Spaßfaktor dabei ist zweit- oder drittrangig. Das ist vielleicht auch so ein Generationending, denn ein großer Teil der IAA-Besucher 2023 war unter 40 Jahre alt. Es geht heute eher um den „Transport“ und um möglichst wenig Emissionen.
Nachdem zur Kraftstoffersparnis zunächst immer weniger Zylinder zum Einsatz kamen (gerne mit Soundgenerator für den zumindest virtuellen Fahrspaß) und der Hubraum schrumpfte, geht es jetzt magnetisch weiter: mit dem Elektromotor. Immerhin, das Drehmoment eines „Stromers“ ist sensationell, damit kann auch im Elektroauto echte Freude aufkommen, und die Reichweite ist immer weniger eingeschränkt (allerdings umso eingeschränkter je mehr Fahrspaß, also Leistung, abgerufen wird). Aber der Stromer summt halt nur und braucht viel weniger Ingenieurskunst als ein Benziner oder gar ein Dieselmotor.
Das könnte auch der Grund sein, warum immer neue Automarken auf den Markt drängen, denn ein Elektroauto zu bauen ist weit weniger komplex als einen „richtigen“ Verbrenner. Und die Kostenvorteile beim Personal sowie die Verfügbarkeit hierfür zwingend benötigter Rohstoffe wie seltene Erden oder Lithium sprechen für Asien und gegen Europa oder die USA als Produzenten.
Es bleibt spannend, was „der Westen“ an Ideen und Mobiliätskonzepten entgegensetzen möchte. Nachhaltig produzierte E-Fuels wären dafür eine tolle Sache gewesen, und die Produktion könnten sogar die gleichen sonnenreichen Länder übernehmen, aus denen wir bereits heute unser Öl beziehen, plus noch einige afrikanische Länder, für die das einen super Aufschwung bedeuten würde. Die Lieferketten und die Infrastruktur wären auch schon da. Aber außer Bundesverkehrsminister Wissing scheinen die E-Fuels niemanden wirklich zu interessieren. Und für die gewaltigen Investitionen, die für den Aufbau von Produktionskapazitäten im industriellen Maßstab notwendig wären, bräuchte es vor allem Planungssicherheit, und das wohl auch über Deutschland hinaus.

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Also doch Elektromobilität oder gleich ganz der Niedergang der individuellen Mobilität? Zahlreiche Apps zeigen die Alternativen zum Automobil auf, wie man gegebenenfalls ähnlich schnell und mit weniger individuellen Emissionen von A nach B kommt. Das mag für den privaten Bereich nett sein. Die betriebliche Mobilität hingegen, bei der man halbwegs zuverlässig pünktlich zum Termin anreisen sollte, braucht sicher noch lange Zeit den Dienstwagen. Von Gepäck, Gebrauchsmustern und adäquater Klimatisierung während der Reise ganz zu schweigen. Und zumindest bei der etwas älteren Generation taugt der Dienstwagen auch noch immer als privates und betriebliches Statussymbol, mit dem Mitarbeiter angeworben werden können.
Bleibt also für die Unternehmen mittelfristig der vollelektrische Dienstwagen. Die Auswahl ist inzwischen groß genug, um für jeden Geschmack und in jeder Fahrzeugklasse das richtige Fahrzeug zu finden. Die beiden Probleme auch heute noch lauten allerdings: Reichweite und Preis. Da hilft es nicht gerade, dass Vater Staat die Förderungen für die Anschaffung von Elektrofahrzeugen auf null gesetzt hat. Wobei, ganz stimmt das ja auch nicht: Natürlich ist es richtig, dass es keine Kaufprämie für gewerbliche Zulassungen mehr gibt. Aber es bleibt natürlich die deutlich geringere Versteuerung als Dienstwagen sowie die THG-Minderungsquote (THG-Quote), die über eine dreijährige Laufzeit auch locker 1.000 Euro einspielen kann, plus THG-Quoten für die Abgabemengen von Strom als Kraftstoff. So richtig kalkulieren kann man damit allerdings nicht, weil sich die Regeln immer wieder mal überraschend ändern und die Quotenhöhen nicht einmal für das nächste Jahr zuverlässig kalkulierbar sind. Dafür gesellen sich zu den beiden letztgenannten Punkten noch die geringeren Wartungskosten sowie der potenziell höhere Restwert, da Elektroautos langlebiger sind als Verbrenner. Insbesondere kann es hier keine versteckten Schäden an Zylinderköpfen geben – denn das und weitere anfällige Technik gibt es im Elektroauto gar nicht mehr.
Bis nur noch rein elektrische Fahrzeuge verkauft werden, dauert es indes noch elf Jahre. Daher ist der Fuhrparkentscheider gut beraten, mit der Umstellung auf Elektromobilität zu beginnen und auch auszutesten, wie die gesamten Prozesse und Technologien funktionieren (Stichworte sind Lademöglichkeiten in der Firma und beim Mitarbeiter, Abrechnung, Versteuerung, THG-Quoten et cetera), aber dies auf jene Mitarbeiter zu beschränken, für die das einerseits in der Praxis funktioniert und die das andererseits auch mittragen wollen. Für Langstreckenfahrer bleibt wahrscheinlich noch eine ganze Weile der Verbrenner, wenn nicht gar der Diesel die erste Wahl.

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