Wohin geht die Reise?

<p> Gesch&auml;ftsreisen sind ein sensibler Seismograf f&uuml;r die Stimmungslagen der Wirtschaft, schreibt der Verband Deutsches Reisemanagement e. V. (VDR) in seinem Vorwort zur VDRGesch&auml;ftsreiseanalyse 2018. Wie haben sich die Zahlen entwickelt, welche Trends sind zu erkennen und wie reist man umweltfreundlich respektive nachhaltig?</p>

Wohin geht die Reise?
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Wohin geht die Reise?
Wohin geht die Reise?

Einen stabilen Geschäftsreisemarkt 2018 konnte Norbert Fiebig, Präsident des Deutschen Reiseverbandes (DRV), im Rahmen der Vorstellung der Marktzahlen im Vorfeld der Reisemesse ITB Berlin bekannt geben. So lag der über Reisebüros abgewickelte Umsatz mit Geschäftsreisebuchungen in Deutschland bei insgesamt erneut fast acht Milliarden Euro. Das sogenannte DRV-Branchenbarometer Business Travel erfasst zudem den Umsatz, der über die führenden Travel Management Companies (TMCs) in Deutschland generiert wird. Dieser zeigte sich mit rund 5,8 Milliarden Euro ebenfalls stabil. „Die TMCs, die für rund drei Viertel des aus Deutschland heraus abgewickelten Geschäftsreisemarktes verantwortlich sind, entwickeln sich exakt im Einklang mit dem gesamten Business Travel-Markt“, so Fiebig.

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Bei den Flugtickets war allerdings ein Umsatzrückgang zu verzeichnen: Insgesamt sank der Flugumsatz, der rund 80 Prozent des Gesamtumsatzes ausmacht, bei den TMCs um 1,8 Prozent auf 4,4 Milliarden Euro. Der Bahnverkehr konnte hier dagegen um etwa ein Prozent zulegen. Trotz dieses Umsatzrückgangs ist die Zahl der Flugreisen zu geschäftlichen Zwecken um 2,6 Prozent gestiegen, die der Bahnreisen etwas stärker um 2,9 Prozent. Fiebig erklärt: „Der Anstieg der Flugreisen bei gleichzeitigem Umsatzrückgang zeigt, dass die Flugpreise im vergangenen Jahr erneut gesunken sind.“ Drei Prozent verloren haben Pkw-Reisen, in der Gesamtbetrachtung bleiben sie jedoch mit über 60 Prozent bei Weitem das am meisten für die Geschäftsreise genutzte Verkehrsmittel.

Junge Leute gerne unterwegs
Der Geschäftsreisemarkt zeigt sich insgesamt also recht stabil – inwieweit verändern sich aber die Bedürfnisse der Reisenden? Die DRV-Initiative „Chefsache Business Travel“, eine 2012 ins Leben gerufene Kampagne, unterscheidet bei ihren jährlichen Befragungen in verschiedene Altersklassen. „Die jungen Mitarbeiter legen viel Wert auf eine zeitgemäße Ausstattung mit einem Firmen-Smartphone, -Laptop und entsprechenden Kommunikations-Apps“, sagt Andreas Neumann von DERPART, einer Travel Management Company der DRV-Initiative. Und weiter: „In Zeiten von Fachkräftemangel lassen sich junge Fachkräfte und High Potentials vor allem mit diesen und anderen kleinen Extras locken.“ Schon im Vorstellungsgespräch sind die Reiserichtlinien und darin enthaltene Goodies bei fast drei Viertel der 18- bis 34-Jährigen ein Thema, sagen die Befragten. Bei den Bewerbern ab 46 Jahren sei dies nur noch für rund die Hälfte der Befragten der Fall.

Die Befragten geben zudem an, dass diese Reise-Extras großen Einfluss auf die Mitarbeiterbindung hätten. Zugfahrten erster Klasse und private Nutzung von Bonusmeilen werden von 80 Prozent der Jüngeren als wichtig angesehen, hingegen nur von 68 Prozent der über 46-Jährigen. Gar 86 Prozent der 18- bis 34-Jährigen sind an einer Mitsprache bei der Hotelwahl interessiert (Ältere: 65 Prozent). 89 Prozent begrüßen es, wenn sie ein Taxi wählen dürfen, statt den ÖPNV zu nutzen (Ältere: 67 Prozent). Und 80 Prozent der jungen Mitarbeiter freuen sich über einen Sitzplatz in der Business-Class bei Flugreisen von mehr als drei Stunden.

Trend geht zu längeren Dienstreisen
Die Anzahl eintägiger Geschäftsreisen nahm 2018 insgesamt um 4,4 Prozent ab – dies ging insbesondere zulasten des Flugverkehrs (minus 10,7 Prozent). Die Bahn legte hingegen bei den eintägigen Reisen um 2,5 Prozent zu. „Der seit fünf Jahren anhaltende Rückgang der eintägigen Geschäftsreisen ist unter anderem auf die zunehmende Bedeutung von Telefon- und Videokonferenzen zurückzuführen“, so DRV-Präsident Fiebig. „Darüber hinaus zeigt sich eindeutig der Trend, mehrere Termine für eine Geschäftsreise zu bündeln und dafür lieber etwas länger zu bleiben“, sagt Fiebig. Mit Zahlen untermauert: Die Anzahl mehrtägiger Geschäftsreisen ist 2018 um 3,9 Prozent gestiegen, die mehrtägiger Auslandsreisen sogar um 11,6 Prozent.

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Zudem werden sogenannte Bleisure-Reisen weltweit immer beliebter. Dabei wird der Aufenthalt nach einem Businesstrip im Anschluss noch privat verlängert. Einer Umfrage der Vereinigung Great Hotels of the World zufolge haben drei von vier Reisenden daran Interesse.

Nachhaltig?
Gerade auch bei Dienstreisen ist der Nachhaltigkeits- beziehungsweise Umweltaspekt in den vergangenen Jahren verstärkt in den Fokus gerückt. Das Bundesumweltamt (UBA) gibt dabei einen interessanten Einblick in seine Leitlinien für umweltverträgliche Dienstreisen (siehe Kasten).

Leitlinien des UBAs für umweltverträgliche Dienstreisen

Wir verringern den durch Dienstreisen erzeugten Verkehrsaufwand, indem wir ...
• möglichst kritisch prüfen, ob die Dienstreise vermeidbar ist.
• Dienstreisen durch moderne Kommunikationsmittel wie Telefon und Videokonferenzen ersetzen.
• mehrere Dienstgeschäfte zu einer Dienstreise verknüpfen.
• bei der Wahl der Besprechungs- und Veranstaltungsorte den Teilnehmern kurze und umweltverträgliche Anreisen ermöglichen.

Technische und organisatorische Voraussetzungen
• Für Dienstreisen benutzen wir bevorzugt umweltverträgliche öffentliche Verkehrsmittel und versuchen, Flugreisen zu vermeiden.
• Bei Fernreisen mit dem Flugzeug bevorzugen wir Direktflüge ohne klimaschädliche zusätzliche Starts und Landungen.
• Treibhausgasemissionen, die durch nicht vermeidbare Dienstreisen mit dem Flugzeug und dem Pkw entstanden sind, werden durch anspruchsvolle internationale Klimaschutzprojekte kompensiert.
• Bei Bahnreisezeiten unter vier Stunden oder bei mehrtägigen Dienstreisen geben wir der Bahn den Vorrang.
• Wir führen unsere Bahnreisen CO2-frei durch, indem wir uns am Umwelt-Plus-Angebot der Deutschen Bahn AG beteiligen
• Für den Verkehr am Dienstort bevorzugen wir Bus und Bahn, das Fahrrad oder gehen zu Fuß
Quelle: Umweltbundesamt
 
Die oben erwähnte „Chefsache Business Travel“ kommt 2018 zu dem Ergebnis, dass zwar für den Großteil der Befragten Nachhaltigkeit auf Geschäftsreisen wichtig ist, aber weniger als die Hälfte der Firmen bei ihren Reiserichtlinien darauf achten. Letztlich liegt es an den Unternehmen, ihre Reiserichtlinien oder zumindest -leitlinien entsprechend festzulegen.
 
Ausblick
Künftig ist weiterhin mit einem stabil bleibenden Geschäftsreisemarkt zu rechnen. So sagte VDR-Hauptgeschäftsführer Hans-Ingo Biehl vor Kurzem: „Die (...) persönliche Begegnung bleibt auch in Zeiten virtueller Meetings wertvoll.“ Norbert Fiebig ergänzt: „Netzwerke funktionieren auch über digitale Kanäle besser, wenn sie bei persönlichen Treffen gefestigt werden.“ Zudem würden viele Unternehmen die Bedürfnisse ihrer reisenden Mitarbeiter stärker in den Mittelpunkt rücken als früher. „Für die Mobilitätsmanager der Unternehmen ist es daher wichtig zu wissen, wie ihre Mitarbeiter auf Reisen denken und handeln“, so Biehl weiter. Interessant: Gemäß der „Chefsache Business Travel“ 2018 schätzt fast jeder zweite junge Kollege (18 bis 34 Jahre alt) seine Produktivität auf Reisen höher ein als im Büro. Unberührt davon sollten Dienstreisen aber auch nur dann durchgeführt werden, wenn sie wirklich notwendig sind. Denn der CO2-Ausstoß bei jeder Reise ist immens; die Faustregel „vermeiden, verlagern, ausgleichen“ ist hier ein guter Ansatz.

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