Ran an die Töpfe!
<p> Eine drastische Reduzierung des Pkw-Verkehrs würde vermutlich die Luftqualität in den deutschen Innenstädten auf dem schnellsten Wege verbessern. Dies haben wohl auch die politischen Entscheidungsträger erkannt und beschließen immer häufiger Förderprogramme für die gewerbliche Nutzung von Lastenfahrrädern. Zielgruppe der Förderungen sind Paket- und Lieferdienste, aber auch Handwerker und Einzelhändler. Wer wie viel Unterstützung bei der Anschaffung von Lastenrädern bekommt, ist jedoch sehr vom Unternehmensstandort abhängig.</p>
„Ich entlaste Städte“, so lautet ein Projekt des Instituts für Verkehrsforschung im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR). Das unter anderem durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) geförderte Projekt bietet Unternehmen in ganz Deutschland Lastenfahrräder unterschiedlicher Bauart für eine Nutzungspauschale von einem Euro pro Tag an. Im Gegenzug ist man als Nutzer Teil eines großen wissenschaftlichen Versuchs, der das Mobilitäts- und Verkehrsverhalten von Personen in Unternehmen erforscht, Technologien und Maßnahmen hinsichtlich ihres Wirkungspotenzials bewertet und urbane Mobilität fördern möchte. Dazu muss man sich für die Teilnahme bewerben, einige Fragebögen beantworten und auch die Projekt-App zur Datenerfassung nutzen. Man verstehe sich als Wegbereiter für ein umwelt- und sozialverträgliches Verkehrssystem, so das Institut. Im Titel des DLR-Projektes klingt bereits das zu erwartende Studienergebnis mit an: „Ich entlaste Städte“. Ist die Renaissance des Lastenfahrrads also so etwas wie der Heilsbringer für die urbane Mobilität

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Sicher ist das Lastenfahrrad nicht die Lösung aller Verkehrsprobleme in den deutschen Innenstädten, aber es ist ein guter Anfang und sein Einsatz lohnt sich auch für die Unternehmen. Nicht umsonst setzt die Post bei der Postzustellung auf der sogenannten letzten Meile seit Langem auf die muskelkraftbetriebenen Packesel und in Berlin läuft seit letztem Jahr mit KoMoDo (Kooperative Nutzung von Mikro-Depots durch die Kurier-, Express-, Paket-Branche für den nachhaltigen Einsatz von Lastenrädern in Berlin) ein Projekt mit den großen Paketdiensten DHL, DPD, GLS, Hermes und UPS, bei dem mithilfe von Lastenrädern die Pakete aus kleinen Depots zu den Empfängern gebracht werden. Mittlerweile hat sich mit dem Radlogistik Verband Deutschland (RLVD) sogar ein deutscher Ableger der European Cycle Logistics Federation (ECLF) gegründet und möchte die Interessen von Unternehmen mit gewerblich genutzten Lastenrädern im Logistikbereich vertreten. Es tut sich also einiges im KEP-Bereich, um der starken Zunahme an Warenlieferungen und den strengeren Umweltrichtlinien im urbanen Umfeld Herr zu werden. Doch auch andere Branchen könnten problemlos Lastenräder einsetzen. So bietet der Fahrzeugeinrichter Sortimo mit dem ProCargo CT1 ein Lastenrad, das speziell für Serviceflotten und Handwerkerbetriebe entwickelt wurde.
Eine Entscheidungshilfe sollen Kaufprämien und Förderprojekte sein, so wie das Projekt des DLR. Daher empfiehlt es sich für Unternehmensflotten, die vom Pkw aufs Lastenfahrrad umsatteln möchten, im Vorfeld zu prüfen, ob vielleicht Anspruch auf Fördermittel besteht. Bund, Länder und Kommunen haben in vielen Fällen Fördertöpfe bereitgestellt, um Unternehmen die Entscheidung leichter zu machen, Lastenfahrräder anzuschaffen. Eine einheitliche und uneingeschränkte Förderung gibt es in Deutschland jedoch nicht, wie unsere Übersichtstabelle zeigt.
Derzeit stehen für die Finanzierung gewerblich genutzter Lastenfahrräder ein Bundesprojekt, drei Ländertöpfe und zehn städtische Förderungen zur Verfügung. In der Regel ist eine Kombination mehrerer Förderanträge jedoch nicht möglich. Die Liste der Förderprojekte befindet sich ständig im Wandel. Oft werden bestimmte Summen im Jahreshaushalt für die Förderung festgelegt. Wenn diese aufgebraucht sind, dann endet die Förderung. Es können aber auch neue Töpfe im nächsten Haushalt eingerichtet werden. So hatten 2018 auch Stuttgart, Hannover oder das Bundesland Saarland Förderungen für Lastenfahrräder. Diese sind aber nicht in unserer Übersichtstabelle zu finden, weil die Fördertöpfe bereits aufgebraucht waren. Einige wenige Städte wie beispielsweise Heidelberg fördern auch nur die private Anschaffung von Lastenrädern, diese Förderprogramme sind ebenfalls nicht in der Übersicht zu finden. Daher lohnt es sich, immer auf dem neuesten Stand zu bleiben. Dazu bietet sich beispielsweise die Webseite www.cargobike.jetzt an, diese führt eine ständig aktualisierte Liste an Förderprogrammen im gesamten Bundesgebiet. Alles gut? Nein! Nur mit der Förderung von Lastenrädern wird der Innenstadtverkehr nicht automatisch entlastet und die Luftqualität verbessert. Im Idealfall ersetzt ein Lastenfahrrad einen Pkw. Um hier zusätzliche Anreize zu setzen, haben einige Städte zur Förderprämie für Cargobikes auch eine Verschrottungsprämie für Pkw ausgegeben. Wer sich beispielsweise in München ein Lastenfahrrad anschafft und gleichzeitig einen Pkw verschrotten lässt, kann sich über 1.000 Euro mehr Fördergeld für sein Rad freuen. Darüber hinaus müssen Bund, Länder und Kommunen auch in die Infrastruktur für den Radverkehr investieren. Denn über den Erfolg der Förderung entscheiden nicht zuletzt auch die Einsatzmöglichkeiten der Lastenräder in den jeweiligen Städten.

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