Der Stoff der Zukunft?

Wasserstoff (H2) gilt als eine der vielversprechendsten Alternativen zum klassischen Treibstoff. Denn unter Zugabe von Sauerstoff (O2) kann durch eine Redoxreaktion in einer Brennstoffzelle Strom für Elektrofahrzeuge erzeugt werden. Zwei neue Herstellungsmethoden könnten dem H2 neuen Auftrieb verleihen.

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Das Mineralölunternehmen Shell hat sich im Rahmen der Studie „Energie der Zukunft? Nachhaltige Mobilität durch Brennstoffzelle und H2“ gemeinsam mit dem Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie in diesem Jahr genauer mit dem Wasserstoff befasst. Demnach gehört H2 zu den „10 häufigsten Elementen auf der dem Menschen zugänglichen Erdoberfläche“. Allerdings komme der Stoff auf der Erde nicht in reiner, sondern lediglich in gebundener Form vor. Die bekannteste Verbindung ist H2O, also Wasser, das etwa zwei Drittel des Erdballs bedeckt. Das Wasser spielt nicht nur für das Überleben der Lebewesen auf der Erde, sondern auch in anderen Bereichen, eine große Rolle.

In dem kleinsten bekannten Element mit der geringsten Atommasse im Periodensystem steckt noch viel mehr Potenzial, wie die Shell-Studie zeigt. Doch um dieses Potenzial zu entfalten und es beispielsweise für eine Brennstoffzelle nutzen zu können, sind mehrere chemische Verfahren möglich, um Wasserstoff zu isolieren und als Reinstoff zu gewinnen. Einen kleinen Überblick hierzu verschafft die Grafik zur Erzeugung von Wasserstoff. Bei der Herstellung von Wasserstoff muss grundsätzlich sehr viel Energie aufgewendet werden, um nicht nur den reinen Energiewert von Wasserstoff, sondern auch den thermodynamischen Energieverlust auszugleichen. Grundsätzlich liegt bei jeder Energieumwandlung auch ein Energieverlust in Form von Wärme vor. Daher ist der Energiebedarf zur Gewinnung immer höher als der letztendliche Wert im Energieträger. Die Studie gibt Produktionskosten zwischen sechs (zentrale Anlage) und acht Euro (dezentrale Elektrolyse) pro Kilogramm an. Die momentan noch hohen Produktionskosten sind ein Grund dafür, warum die Automobilindustrie dem Brennstoffzellen- Antrieb noch wenig Beachtung schenkt. In Zukunft müssen die Verfahren optimiert werden, um den Wasserstoff als echte Alternative zum herkömmlichen Kraftstoff etablieren zu können (dazu später mehr).

Liegt Wasserstoff dann in seiner Reinform vor, gilt er als brennbar und eignet sich laut des Mineralölunternehmens aufgrund seiner chemischen Eigenschaften hervorragend als Brenn- und Kraftstoff. Demnach besitzt Wasserstoff die höchste gravimetrische Energiedichte (Energie pro Raumvolumen eines Stoffes) aller heute verwendeten Energieträger. Laut eines Themenhefts des ForschungsVerbund Erneuerbare Energien (FVEE) zum Thema Wasserstoff aus dem Jahr 2004 wird bei der Verbrennung von einem Kilogramm Wasserstoff der gleiche Energiegehalt wie bei der Verbrennung von 2,75 Kilogramm Benzin freigesetzt.

Die Brennstoffzelle nutzt dieses Energiepotenzial und wandelt die chemische Reaktionsenergie des Elements in elektrischen Strom um, mit dem die Batterie geladen und somit der Elektromotor des Fahrzeugs betrieben wird. Damit kann eine Reichweite von über 500 Kilometern erzielt werden. Entsprechend verwundert es nicht, dass immer mehr Hersteller Wasserstofffahrzeuge präsentieren. Dabei sind bereits seit einigen Jahren zwei Modelle in Serie auf dem deutschen Markt erhältlich: der Toyota Mirai sowie der Hyundai ix35 Fuel Cell. In Zukunft werden die beiden Modelle weitere Gesellschaft erhalten. Mercedes-Benz will noch in diesem Jahr mit dem GLC F-CELL in Serienproduktion gehen. Hyundai hat sogar eine komplette Wasserstoff-Modellpalette angekündigt. So soll 2018 ein weiteres SUV des koreanischen Herstellers dank eines leichteren und effizienteren Antriebsstrangs mit einer stolzen Reichweite von 800 Kilometern auf den Markt kommen – bei Null Emissionen. Grundsätzlich zählt die hohe Reichweite bei Wasserstofffahrzeuge zu einem Vorteil gegenüber der Elektro-Konkurrenz. Ein weiteres Argument ist der kurze Tankvorgang. Die mit Wasserstoff betriebenen Fahrzeuge können ganz normal an einer Tankstelle binnen wenigen Minuten betankt werden und machen lange Standzeiten so vergessen. Bei der Betankung wird der Wasserstoff in der Regel auf 350 oder 700 bar komprimiert und in zylindrischen Druckbehältern im Fahrzeug gelagert (siehe Foto).

Die Brennstoffzelle kann jedoch nicht nur im Automobil-Bereich sondern auch bei Fahrrädern eingesetzt werden. Der Gas-Konzern Linde AG hat beispielsweise ein H2-Pedelec entwickelt, dessen Motor von einer kompakten Brennstoffzelle mit Strom gespeist wird. Dazu wird neben maximal 34 Gramm Wasserstoff lediglich Sauerstoff aus der Umgebung benötigt. Selbst die geringe Menge an Wasserstoff soll für eine Reichweite von 100 Kilometern ausreichen. Womöglich kann die kompakte Bauweise auch ein Vorbild für die Automobilindustrie sein.

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Neue Wege für mehr Akzeptanz
Obwohl in den vergangenen Jahren Fortschritte bei der Wasserstofftechnologie verzeichnet werden konnten, fehlt es momentan noch an der Akzeptanz der Brennstoffzellenfahrzeuge. Laut Shell bedarf es deshalb seitens des Staates noch weiterer Unterstützung und Förderung. Beispielsweise könnte ein Kauf eines Brennstoffzellenfahrzeugs ähnlich wie bei Elektromodellen mit Prämien belohnt werden, um einen Anreiz für Kunden zu schaffen. Zudem müsse die Infrastruktur für diese Technologie weiter ausgebaut werden. Stand heute sind nur wenige Wasserstofftankstellen in Deutschland eröffnet worden. Erst im Mai hat das Unternehmen „Air Liquide“ eine H2-Station auf einer star-Tankstelle in Mülheim an der Ruhr eröffnet. Bis 2018 sollen es laut der Nationalen Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW) 100 Tankstellen sein. Selbst wenn diese Anzahl erreicht würde, im Vergleich zu über 14.000 Kraftstoff-Tankstellen in Deutschland (Stand 2017, Quelle: ADAC) hinken Wasserstofftankstellen noch deutlich hinterher. Entsprechend gering ist auch die Anzahl an Serienfahrzeugen. Wie es in Zukunft um die Brennstoffzelle bestellt sein könnte, ist heute schwer vorherzusagen. Eine Entwicklungsprognose des Wasserstoffs hat die Internationale Energieagentur gewagt. Bei einer optimalen Entwicklung könnten einem Klimaschutzszenario zufolge bis 2050 rund 113 Millionen Fahrzeuge mit dieser Technologie ausgerüstet sein. Demnach könnten etwa 68 Millionen Tonnen fossiler Treibstoff und bis zu 200 Tonnen an CO2-Emissionen eingespart werden.

Damit diese Prognose eintreffen kann, muss die Technologie zur Wasserstoffgewinnung weiter verbessert werden. Einen möglichen Ansatz könnten zwei neue Verfahren zur Wasserstoffgewinnung bieten. Deutsche Forscher haben kürzlich ein neues, hocheffizientes System vorgestellt, welches Wasserstoff mithilfe eines chemischen Katalysators aus Methanol gewinnt. Statt der sonst benötigten Temperatur von 200 Grad Celsius beim Methanolreforming kommt dieses Verfahren lediglich mit 65 bis 90 Grad Celsius aus und verbraucht somit weitaus weniger Energie. Dieses Prinzip lasse sich auch mit Bio-Methanol durchführen und damit saubere Energie gewinnen. Auch in Belgien wurde mit der Gewinnung von Wasserstoff experimentiert. Den Wissenschaftlern ist es gelungen, organische Verschmutzungen in der Luft mithilfe von Sonnenlicht in CO2 und Wasserstoff umzuwandeln. Die Produktion des Wasserstoffs könnte so deutlich angekurbelt werden. Einen Haken hat die Sache allerdings: Zwar nutzt dieses Prinzip verschmutzte Luft zur Herstellung des Wasserstoffs, die Stickoxidbelastung lässt sich damit aber (noch) nicht bekämpfen. Denn Stickoxid (NOx) kann nicht verarbeitet werden. Die Technologie allein rettet unser Klima also nicht, allerdings sorgen die emissionsarmen Brennstoffzellenfahrzeuge selbst für eine geringere Belastung. Sollte diese Methode die Massenproduktion ermöglichen, könnte ein erheblicher Beitrag zum Schutz des Klimas geleistet und gleichzeitig der Automobilsektor revolutioniert werden. Aktuell befindet sich das Luftreinigungsverfahren noch in der Testphase.

Fazit
Auch durch neue Herstellungsmethoden kann der Wasserstoff langfristig zu einer umweltfreundlichen Alternative der herkömmlichen Kraftstoffe werden. Schließlich ist Wasserstoff nach Angaben von Linde im Gegensatz zu fossilen Kraftstoffen unerschöpflich auf der Erde vorhanden. In den letzten Jahren wurden bei der Technologie zur Herstellung und Anwendung laut Dr. Jörg Adolf, Chefvolkswirt bei Shell Deutschland und Projektleiter der genannten Studie, zudem deutliche Fortschritte gemacht. Damit Wasserstoff allerdings zu einer ernsthaften Alternative zum Kraftstoff werden kann, muss insbesondere die Infrastruktur verbessert werden. Dann steht dem umweltfreundlichen Wasserstoffantrieb nichts mehr im Wege.

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