Extra-Power aus der Zapfpistole

Fast jeder hat sie beim Tanken schon einmal wahrgenommen, sie vielleicht auch selbst getankt. Die Rede ist von den sogenannten Premiumkraftstoffen. Ob Shells V-Power Racing oder Arals Ultimate Diesel, mittlerweile werden sie weitestgehend flächendeckend angeboten. Doch was bringen die edlen Tropfen wirklich? Flottenmanagement hat das Thema für Sie näher beleuchtet.

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Zu Beginn muss erst einmal geklärt werden, was sich hinter der Bezeichnung „Premiumkraftstoff“ verbirgt. Im Wesentlichen sind es Kraftstoffe mit einer höheren Oktan- (Benzin) respektive Cetanzahl (Diesel). Normales Super (E5) und Super Plus weisen eine Oktanzahl von 95 beziehungsweise 98 auf. Mit den Premiumprodukten der Mineralölgesellschaften werden Oktanwerte von 100 oder 102 erreicht. „Die Oktanzahl ist das gebräuchliche Maß für die Klopffes- tigkeit eines Kraftstoffs“, so Dr. Rüdiger Paschotta vom Energie-Lexikon. Je höher die Oktanzahl, desto höher ist die Klopffestigkeit eines Treibstoffs und damit der Energiegehalt. Die Klopffestigkeit sei ein Maß für die Neigung eines Kraftstoffs oder Brennstoffs, sich unkontrolliert selbst zu entzünden, erklärt Paschotta. Letztlich entzündet sich Premiumkraftstoff also weniger schnell als ein herkömmlicher. Gleiches gilt bei Diesel für die Cetanzahl (Ausdruck für die Zündwilligkeit), die sich in der Regel zwischen 51 und 60 bewegt.

Herstellerversprechen
Mit den Premiumkraftstoffen optimieren sich Verbrennung, Verbrauch, Emissionen und Geräuschentwicklung, heißt es fast unisono bei den Herstellern. Shell schreibt auf seiner Homepage: „Shell V-Power Racing enthält 99 Prozent der Kraftstoffkomponenten, die auch im Shell V-Power Rennkraftstoff stecken, den Scuderia Ferrari in der FIA Formel 1 verwendet. Es hilft dem Motor, sein Leistungspotenzial auszuschöpfen, indem es Ablagerungen, Korrosion und Reibung entgegenwirkt.“** Doch was macht die Premiumkraftstoffe neben ihrer höheren Klopffestigkeit so besonders? Die Hersteller weisen auf ihre verschiedenen Additive hin. Dies sind aktive Moleküle, die dem Kraftstoff zugesetzt werden, um die Leistung zu optimieren.

Da sich durch Luftfeuchtigkeit und Kondensation geringe Mengen an Wasser mit dem Kraftstoff vermischen und zu Korrosionen im Motor führen können, fügen Hersteller von Premiumkraftstoffen ein Antikorrosions- Additiv hinzu. Dieses soll dann den gesamten Kraftstoffkreislauf schützen und vorzeitigen Verschleiß verhindern. Zudem sind die Kraftstoffe oftmals mit speziellen Reinigungsadditiven angereichert. Denn ein verschmutzter Motor verbraucht mehr Kraftstoff, Ablagerungen an Einlassventilen und Triebwerk können sich darüber hinaus negativ auf die Leistung auswirken. Knapp zehn Prozent der in einem Liter Kraftstoff enthaltenen Energie würden verbraucht, um Widerstände aufgrund mechanischer Reibungen entgegenzuwirken, so der Total-Konzern. Die Premiumkraftstoffe verfügen in der Regel daher noch über einen Reibungsminderer, der den Widerstand verringert, weshalb der Kraftstoffverbrauch sinkt. Das wiederum steigert die Reichweite pro Tankfüllung. Aral vermeldete 2016, dass der Einsatz seines neuen Ultimate Diesel die Reichweite pro Tankfüllung um bis zu 66 Kilometer und der Einsatz von Ultimate 102 die Reichweite um bis zu 40 Ki- lometer erhöhen kann. Die Angaben basieren auf einer Reichweite von 850 Kilometern für ein Dieselfahrzeug und 650 Kilometern für ein Fahrzeug mit Ottomotor.

Das Ganze hat allerdings seinen Preis. Im Schnitt verlangen die Hersteller 15 bis 20 Cent mehr pro Liter für ihre feinen Tropfen (siehe Übersicht).

Tatsächlicher Nutzen
Die Versprechungen auf der einen Seite stehen dann der Praxis auf der anderen Seite gegenüber. Was ist also dran an den versprochenen Eigen- schaften

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Bereits vor mehreren Jahren hat sich der ADAC in einer Studie mit den Premiumtreibstoffen von Shell und Aral befasst. Damals ergaben die Ergebnisse beim Diesel eine höhere Motorleistung zwischen 1,6 und 4,5 Prozent, der Kraftstoffverbrauch verringerte sich um 1,0 bis 5,6 Prozent. Die Fahrzeuge mit dem Premium-Ottokraftstoff konnten diese Werte nicht ganz erreichen. Bei den Tests ergaben sich zwar ebenfalls Leistungssteigerungen, die jedoch unterhalb von zwei Prozent und somit der Messtoleranz lagen. Mittlerweile wurden die Premiumkraftstoffe allesamt nochmals überarbeitet, aktuelle wissenschaftliche Untersuchungen darüber liegen nicht vor.

Es kann also darüber gestritten werden, wie viel die Premiumkraftstoffe nun wirklich bringen. Experten zweifeln einige der angepriesenen Vorteile und Wirkungen der Additive an. So soll ein gewisser Teil der Zusätze ebenfalls in den Basiskraftstoffen enthalten sein und Rückstände verhindern, die sich negativ auf die Motorleistung auswirken könnten. Zudem seien die genannten Ablagerungen nicht mehr zeitgemäß. Minimale Rückstände könnten die Fahrleistung sogar verbessern, da die Autos besser beschleunigen würden und der Verbrauch sich nicht si- gnifikant verändere.

Zu beachten ist: Nur weil ein Kraftstoff mehr Oktan/Cetan hat, bedeutet dies nicht, dass der Motor des Fahrzeugs den höheren Wert auch verarbeiten kann. Die Klopfsensoren der meisten aktuellen Motoren sind auf höchstens 98 Oktan ausgelegt und könnten ein 100-Oktan-Potenzial unter Normalbedingungen gar nicht ausnutzen. Eine hohe Oktanzahl ist im Zweifel jedoch besser als eine eher niedrige. Denn je niedriger der Wert, umso früher kann es zu ungewollten Selbstzündungen des Kraftstoffs kommen und damit Ver brennungsenergie verschwendet werden.

Fazit
Bei stark motorisierten Fahrzeugen kann der Premiumsprit durchaus einen Unterschied ausmachen, da deren Motoren für höhere Oktanzahlen ausgelegt sind. Bei „normalen“ Autos ist der Nutzen der teureren Alternative umstritten. Teilweise belegen ihn ältere Studien, manche wiederum widerlegen ihn. „Insofern steckt immer auch eine Glaubensfrage hinter den Ultra-Kraftstoffen“, resümiert Martin Ruhdorfer vom ADAC.


**Die tatsächlichen Effekte können je nach Fahrzeug, Fahrsituation und Fahrstil variieren.

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