Des einen Freud, des anderen Leid!
Alle reden von Elektroautos oder der Brennstoffzelle, dabei wird oft vergessen, dass es bereits eine serientaugliche Alternative zu Benzin und Diesel als Kraftstoff gibt. Erdgas kann zu 100 Prozent regenerativ erzeugt werden und ist im Vergleich zu den herkömmlichen Kraftstoffen sauberer in der Verbrennung. Jetzt wurde die Steuererleichterung für das Compressed Natural Gas (CNG) vom Bundeskabinett bis 2026 verlängert.

PDF Download
Durch die Verlängerung können Erdgasfahrzeuge weiterhin relativ günstig betankt werden. Dafür wurde einem anderen Alternativ-Antrieb der Steuerhahn zugedreht. Die staatliche Förderung für Liquid Petrol Gas (LPG), zu Deutsch Autogas, läuft bereits 2018 aus. Aus diesem Grund dürfte mit einem weiteren Rückgang der LPG-Fahrzeuge zu rechnen sein. Derzeit sind etwa eine halbe Million Autos mit LPG-Tanks in Deutschland unterwegs. Ähnlich wie beim Erdgasantrieb sind die Zulassungszahlen in den letzten Jahren jedoch deutlich zurückgegangen. Für die Befürworter von Autogas ist die Entscheidung des Bundeskabinetts ein Bruch mit dem Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD. Dieser sah eine Förderung von Autogas bis 2022 vor. Rainer Scharr, Vorsitzender des Deutschen Verbandes Flüssiggas e. V. (DVFG), äußerte sich zu dem Beschluss des Bundeskabinetts empört: „Wir appellieren an den Deutschen Bundestag, diesen Beschluss zu korrigieren.“ Das Ende der Förderung von Autogas habe, so der Verband, erhebliche Auswirkungen auf die „ehrgeizigen“ Klimaziele der Bundesregierung. Denn im Vergleich zu Benzin-Kraftstoffen kann Autogas 21 Prozent CO2 einsparen und im Vergleich zum Diesel 23 Prozent CO2 pro Energieeinheit.
Vom Ende des Autogases ab 2019 könnte die Verbreitung des Erdgasantriebs in Deutschland profitieren. Bislang fristet CNG allerdings ein Nischendasein. Nur etwa 100.000 erdgasbetriebene Autos fahren derzeit auf deutschen Straßen. 2016 sind die Neuzulassungen sogar um 37 Prozent zurückgegangen. Verbände begründeten dies unter anderem mit der lange offengebliebenen Steuerfrage. Ob sich dies mit der Aussicht auf eine gesicherte steuerliche Begünstigung bis 2026 ändert, ist fraglich, denn nach wie vor hindern ein niedriger Diesel- und Benzinpreis sowie das kleine Tankstellennetz die Verbreitung. Im gesamten Bundesgebiet gibt es derzeit nur etwas mehr als 900 Erdgastankstellen. Zum Vergleich: Den Zahlen des ADAC zur Folge gab es in Deutschland 2015 allein 14.209 Straßentankstellen (Autobahntankstellen nicht berücksichtigt).
Dabei ist die Umweltbilanz von Erdgas sogar noch besser als von Autogas. Zwar sind die direkten CO2-Ersparnisse beim Fahren auf ähnlichem Niveau, doch bei der Gewinnung des Kraftstoffs hat Erdgas eindeutig die Nase vorn. LPG ist ein Nebenprodukt bei der Raffinierung von Diesel oder Benzin. Erdgas hingegen kann vollständig regenerativ hergestellt werden. So wird Bio-Erdgas nahezu ausschließlich aus organischen Rest- und Abfallstoffen gewonnen. Es hat eine ausgewogene CO2-Bilanz und setzt nicht mehr Kohlendioxid frei, als die Pflanzen während ihres Wachstums über die Photosynthese aufgenommen haben.
Ein konkretes Beispiel für synthetisch gewonnenes und CO2-neutrales Erdgas ist das Audi e-gas. Dieses entwickelt der Ingolstädter Automobilhersteller im Rahmen seines Engagements für nachhaltige und CO2-basierte Kraftstoffe, den Audi e-fuel. Das e-gas entsteht grundsätzlich in zwei Verfahrensschritten: Elektrolyse und Methanisierung. Zunächst wird mit regenerativ erzeugtem Strom Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff gespalten. Der Wasserstoff reagiert daraufhin in einem weiteren Schritt mit CO2 zu synthetischem Methan. Bislang lief das Verfahren durch einen chemischkatalytischen Prozess und unter hohem Druck sowie hoher Temperatur ab. So zum Beispiel in der Audi e-gas-Anlage in Werlte, welche 2013 in Betrieb genommen wurde. Bei den neuesten Verfahren läuft der Gewinnungsprozess nun rein biologisch ab. Hoch spezialisierte Mikroorganismen nehmen den in Flüssigkeit gelösten Wasserstoff und das Kohlendioxid durch ihre Zellwand auf. Aus diesen Molekülen bauen sie dann das neue Molekül Methan. Der Prozess läuft bei einem geringen Druck von etwa fünf Bar und moderaten Temperaturen ab. „Damit schreiben wir das nächste Kapitel der Audi e-gas-Story“, sagte Reiner Mangold, Leiter Nachhaltige Produktentwicklung der Audi AG, während der Einweihungsfeier (2016) des neuesten e-gas-Werks im hessischen Allendorf, in dem das Verfahren bereits Anwendung findet.
Die Bemühungen von Audi zeigen, dass es eine reichweitenstarke umweltfreundliche Alternative zu den Ottokraftstoffen bereits gibt. Dies schlägt sich auch in dem Beschluss des Bundeskabinetts nieder. Denn letztlich spielte der Faktor der CO2-Neutralität bei der Erdgasgewinnung eine ausschlaggebende Rolle für die Entscheidung gegen die Autogas- und für die Erdgasförderung. Somit dürfte es, wie so oft im Leben, auch im Bereich der flüchtigen Kraftstoffe lauten: des einen Freud, des anderen Leid!

Aktuelles Magazin
Ausgabe 2/2017

Sonderausgabe Elektro
Das neue Jahresspecial Elektromobilität.

Aktuelles Magazin
Ausgabe 2/2017

Sonderausgabe Elektro
Das neue Jahresspecial Elektromobilität.
Der nächste „Flotte!
Der Branchentreff" 2026
0 Kommentare
Zeichenbegrenzung: 0/2000