Der große Durchbruch?
In der kleinen Gemeinde Freistadt in Oberösterreich ging es bisher eher ruhig und beschaulich zu. Doch eine Entwicklung der Gebrüder Kreisel hat Scharen von Reportern und E-Mobilitätsenthusiasten in das Mühlviertel der Stadt gelockt. Die Brüder und ihr rund 30-köpfiges Team arbeiten hier seit geraumer Zeit an einem Akku, der dem Elektroauto endlich zum Durchbruch verhelfen könnte.

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In den Medien ist dabei gar von „Wunderbatterie“ die Rede. Mit dem Begriff gilt es allerdings vorsichtig umzugehen. Seinerzeit wurde er auch für die galvanischen Zellen des Unternehmens DBM Energy aus Berlin verwendet, das sich für eine Rekordfahrt eines E-Autos von Berlin nach München feiern ließ. Einige Zeit später ging das Fahrzeug dann jedoch in Flammen auf. Nach einer Umstrukturierung musste die Firma schließlich den Gang in die Insolvenz antreten.
Die Kreisel Electric GmbH will sich nicht auf einmalige Dinge reduzieren lassen, sondern vielmehr durch langjährig erfolgreiche Arbeit überzeugen. Und ihr wird tatsächlich der große Wurf zugetraut. „Insgesamt sieht das nach einer seriösen Unternehmung aus“, erklärt ein Branchenexperte gegenüber Flottenmanagement. Aber was verbirgt sich genau hinter dem Projekt von Johann, Markus und Philipp Kreisel? Wie unterscheidet sich ihr Akku von denen der Konkurrenz
Der Clou
Auch wenn die Kreisel-Brüder kaum Details über ihren Akku preisgeben, vermuten Branchenkenner nichts Revolutionäres dahinter. Vielmehr sei es die konsequente Zusammenführung aller Möglichkeiten, die der State of the Art für die verschiedenen Elemente bereit hält. Einer der Hauptunterschiede zu der aktuell eingesetzten Technologie liegt im Temperaturmanagement der Zellen. Da die Batterien bis dato gar nicht oder nur punktuell gekühlt werden, liegt genau hier einer der Schwachpunkte, an dem Kreisel Electric ansetzte. Für leistungsstärkere E-Autos mit entsprechend größerer Reichweite und schnelleren Be- und Entladezeiten, werden die empfindlichen Zellen wie Patronenhülsen bei einem Gewehrmagazin in Kunststoffkapseln gesteckt und anschließend von einer nicht leitenden Flüssigkeit umströmt. So können sie – je nach Bedarf – gekühlt oder geheizt werden, erklärt Markus Kreisel gegenüber Spiegel Online.
Er erläutert anhand eines Rechenbeispiels auf Basis des VW e-Golf, dass man mit ihren Batterien im aktuellen Modell mit 55,7 Kilowattstunden mehr als die doppelte Kapazität hätte und 430 statt 190 Kilometer fahren könnte. Zudem wäre das Fahrzeug nur sieben Kilo schwerer und würde nicht mehr kosten, so Kreisel. Dabei nutzen sie die Lithium-Ionen-Akkus genau wie bei Elektropionier Tesla als standardisierte Rundzellen. So kann deutlich mehr Energie gespeichert werden, sie sind allerdings schwieriger als Flachzellen zu verbauen. Dabei wurden die Zellen nicht verschweißt, sondern mit Lasertechnik verbunden. So werden die Widerstände zwischen den Zellen verringert, zudem kann mehr Energie genutzt werden. Genau das macht „uns bei den Batteriesystemen besser als Tesla“, sagt Markus Kreisel. „Mit der Verbindungstechnik holen wir bis zu 15 Prozent mehr Energie aus den Batterien als bisher üblich.“ Durch das kürzere Prozedere und das entwickelte Verfahren könne die Gefahr einer Beschädigung und eine damit einhergehende Leistungseinbuße der Zelle minimiert werden, berichtet Kreisel.
Durch die verbesserte Kühlung verspricht Kreisel Electric außerdem verkürzte Ladezeiten sowie eine verlängerte Lebensdauer. Da zwischen den einzelnen Zellenblocks weniger Isolierung verwendet werden muss, reduzieren sich Bauraum und Gewicht bei gleichzeitigem Wachstum der Energiedichte. Darüber hinaus ist die Kühlflüssigkeit nicht brennbar. Dies ist ein weiterer wichtiger Faktor, gerade wenn man die Geschichte von DBM Energy im Hinterkopf hat. Außerdem sollen sich die Akkus auch schneller montieren lassen. „In der Industrie rechnet man aktuell mit zwei Minuten Fertigungszeit pro Kilowattstunde“, sagt Markus Kreisel. „Wir kalkulieren mit weniger als 30 Sekunden.“

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Und die Zahlen zu den Ladezeiten klingen beeindruckend: Die Batterien sollen bei Schnellladung in 18 (80 Prozent) beziehungsweise 28 Minuten (100 Prozent) aufgeladen sein.
Auf der Suche nach Gründen
Wenn man bedenkt, dass die Elektromobilität seit Jahren von der Politik gefördert und subventioniert wird, stellt man sich zwangsläufig die Frage, warum womöglich ausgerechnet Kreisel Electric und nicht einer der Big Player auf die Lösung der Zukunft gestoßen sein sollte. Markus Kreisel hat dafür eine recht simple Erklärung: „Wir sind nicht gefangen in tradierten Strukturen, folgen keinen schematisierten Abläufen, müssen nicht jede Entscheidung hundertfach hinterfragen und trauen uns auch mal was völlig Neues.“ Er ist davon überzeugt, dass die Großen gescheitert seien, weil sie auf Nummer sicher gehen mussten. Sie konzentrierten sich ausschließlich auf flache Zellen, die einfach zu verbauen sind. Kreisel Electric nutzt, wie bereits auf Seite 86 erwähnt, runde Zellen.
Der Ehrgeiz für die Entwicklung einer Batterie wurde bei den Brüdern durch das Fahrzeug des Vaters angestachelt. Der schaffte sich vor fünf Jahren einen elektrischen Renault Fluence an, um kleinere Strecken im Umland damit zurückzulegen. Die Kreisel- Brüder aber wollten ein Auto mit größerer Reichweite und bauten in ihren Anfängen einen Audi A2 in Eigenregie um, der bereits 100 Kilometer weit kam. Allerdings war er noch deutlich zu schwer, der Umbau hatte zudem über ein halbes Jahr lang gedauert. Bei einem Porsche 911, dem nächsten Umbauobjekt, waren die Zahlen bereits vielversprechender: 400 Kilometer Reichweite, nur knapp sieben Abende Umrüstzeit und sein Gewicht lag sogar knapp unter dem der ursprünglichen Version.
Die ersten Interessenten standen da bereits Schlange, unter anderem aus China oder dem Škoda-Aufsichtsrat und VW-Aktionär Daniell Porsche. „Wir sind auf Jahre hinaus ausgebucht“, konnte Markus Kreisel bereits Ende des vergangenen Jahres vermelden. Neben Autoherstellern kooperiert Kreisel mit Herstellern, Flottenbetreibern, Taxi- oder Transportunternehmern. Für März 2017 ist eine eigene Batteriefabrik mit automatisierter Fertigungslinie geplant. Batterien für 8.000 Autos seien damit im Jahr möglich, so Markus Kreisel. Die Kapazitäten könnten auch noch deutlich erweitert werden, eine Großproduktion ist aber vorerst nicht geplant. Sollten Autohersteller eine entsprechende Nachfrage hinterlegen, würde Kreisel Electric ihnen wohl eine Lizenz für die Fertigungslinie verkaufen.

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