Keine Frage der Garantie

Inspektionen und Wartungsarbeiten müssen nicht in einer Vertragswerkstatt durchgeführt werden, um Gewährleistung und Garantie zu erhalten. Welche Gründe im einzelnen aber sprechen nun für die freie beziehungsweise für die Vertragswerkstatt?

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Nach einer Trendstudie „Market Analysis Automotive Aftermarket“ (MAA) von TNS Infratest auf der Basis von mehr als 7.000 analysierten Werkstattbesuchen im Jahr 2007 ist der Marktanteil der freien Werkstätten in Deutschland innerhalb von drei Jahren schrittweise von 40 auf 46 Prozent gestiegen. Noch bemerkenswerter aber als diese Tatsache, die auch mit dem Anstieg des Durchschnittsalters bei Pkw zwischen 2000 (6,9 Jahre) und 2007 (8,2 Jahre) begründet wird, ist das Studienergebnis, dass auch bei jüngeren Fahrzeugen mit einem Alter von bis zu drei Jahren die freien Werkstätten von den Vertragswerkstätten Kunden abgeworben hätten. Hier wurden 2007 immerhin rund 12 Prozent aller Service- und Reparaturarbeiten an freie Werkstätten vergeben, 2004 lag dieser Anteil noch bei sieben Prozent. Die Gesamtentwicklung bestätigte auch ein DAT-Report für das Jahr 2008, wonach allein in jenen zwölf Monaten die freien Werkstätten beim Marktanteil fünf Prozentpunkte gewonnen und die herstellergebundenen vier Prozentpunkte verloren hätten.

Die Frage, freie Werkstatt oder Vertragswerkstatt, wird draußen also immer wieder gestellt und auch beantwortet. Das mag auch vor dem Hintergrund erklärbar sein, dass bei einem heute produzierten Auto nur noch in etwa 20 bis 25 Prozent aller Teile tatsächlich vom Fahrzeughersteller gefertigt werden. Zumeist handelt es sich dabei um Karosserie und Motor. Alle anderen Teile stammen bereits von Zulieferern. Der Fahrzeughersteller setzt mehr zusammen als dass er herstellt. Die originalen Scheinwerfer eines Fahrzeugs beispielsweise werden von Heller produziert und werden auch so gekennzeichnet. Wenn ein solcher Scheinwerfer dann im Zubehörhandel etwa 180 Euro kostet, wieso sollte er in einer Vertragswerkstatt dann mit etwa 250 Euro bezahlt werden? Die Scheinwerfer sind identisch, sogar mit den gleichen Maschinen gefertigt.

„Freie Werkstätten kalkulieren günstiger“
Warum kommt das Thema immer wieder auf? Obwohl das Auto der Deutschen liebstes Kind ist, soll die Werkstatt trotzdem so preiswert wie nur irgend möglich sein. Und da stehen Vertragswerkstätten zumindest doch häufiger unter dem Verdacht, es nicht zu sein. Können doch die Preisunterschiede zwischen freien Werkstätten und Vertragswerkstätten für offensichtlich vergleichbare Leistungen teils beträchtlich ausfallen – Vorteil Freie. So zitiert der ADAC gern als Paradebeispiel die Ausbeulung einer Karosserie samt anschließender Lackierung, die in einer freien Werkstatt häufig für die Hälfte zu haben sei.

„Bei den Vertragswerkstätten fallen in aller Regel deutlich höhere Investitionskosten für Maschinenpark, Testgeräte und Spezialwerkzeug sowie höhere Mieten für die Räumlichkeiten an“, nennt Maximilian Maurer, Sprecher des ADAC, wesentliche Gründe. „Die freien Werkstätten können deutlich günstiger kalkulieren.“ Darüber hinaus müssten Markenwerkstätten auch happige Auflagen der Fahrzeughersteller (beispielsweise ein einheitliches Erscheinungsbild) erfüllen und jede anfallende Arbeit ausführen, auch die nicht lukrativen.

Freie Werkstätten hingegen bräuchten nur lohnende Arbeiten anzunehmen, für die sie die erforderlichen Geräte besäßen. So würden sie Ausgaben sparen, die sie auch an die Kunden weitergeben könnten. Abseits unterschiedlicher Werkstatt-spezifischer Kosten lägen die Preisunterschiede aber auch in der Wahl der Ersatzteile begründet.

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Könnten Vertragswerkstätten nur Originalteile verbauen, würden die Freien auch auf so genannte Identteile zurückgreifen, zumeist das gleiche Bauteil vom gleichen Zulieferer (beispielsweise Bosch), aber eben ohne Fahrzeugmarken- Aufschrift.

Richtzeiten setzen „normalen Arbeitsablauf“ voraus
Hinzu kommt bei den Vertragswerkstätten die so genannte Richtzeiten-Problematik. Dort gibt es für jede durchgeführte Reparaturarbeit entsprechende Vorgabezeiten. Diese Zeitenbücher geben an, in welcher Zeit ein Monteur beispielsweise eine Wasserpumpe zu erneuern hat und somit, wie viele Stunden dem Kunden berechnet werden. Dies hat zwar für den Kunden den Vorteil einer besseren Kalkulierbarkeit, da immer der gleiche Preis bezahlt werden muss, auch wenn der Monteur länger braucht. Er zahlt ihn aber auch, wenn die Reparatur etwa in einem Viertel der Zeitvorgabe erledigt wurde. Darüber hinaus setzen die Richtzeiten einen „normalen Arbeitsablauf“ voraus. Reißen beispielsweise Schrauben ab und müssen ausgebohrt werden, oder tritt sonst etwas Außergewöhnliches auf, wird die dafür benötigte Extra-Zeit auf die Richtzeit aufgeschlagen – was dann doch den Preis erhöht.

Es kommt auch vor, dass Vertragswerkstätten ihre Monteure nach Leistung bezahlen, das heißt, der Monteur bekommt mehr Geld, wenn er seine Arbeit schneller als in der Richtzeit erledigt. Das mag sich zwar im ersten Moment gut anhören, kann bei „Schwarzen Schafen“ für den Kunden aber auch die Fußangel beinhalten, dass der Monteur bei einer Inspektion das eine oder andere „vergessen hat“, weil er für die Zeiterspanis zusätzliches Geld bekam.

Gelegentlich kommt der Hinweis, dass die heutigen, komplizierten Motoren ein Vorteil für die Vertragswerkstätten wären. Das wird aber auf jeden Fall beim ADAC nicht so gesehen. Zwar hätten die Vertragswerkstätten meistens zusätzliche Spezialwerkzeuge, aber die einzelnen Fahrzeug-Komponenten wären mittlerweile so kompliziert ausgestaltet, dass selbst die Vertragswerkstätten weitestgehend dazu übergegangen wären, viele Teile einfach nur noch komplett auszutauschen, hat auch Maximilian Maurer festgestellt.

Inspektionen müssen nicht in der Vertragswerkstatt durchgeführt werden
Grundsätzlich können heute alle Reparaturen auch in den freien Werkstätten fachgerecht ausgeführt werden. Die EU hat die Fahrzeughersteller gezwungen, genormte Schnittstellen zur Fehlercode-Abfrage zu benutzen und alle technischen Daten, die benötigt werden, herauszugeben. Die Motortester und Auslesegeräte übertreffen teilweise sogar die Möglichkeiten der herstellereigenen Geräte. Nur wenn ein Hersteller sich nicht an die geforderten Normen der Ausleseschnittstellen hält, bleibt nur noch der Gang zur Vertragswerkstatt übrig.

Es kursiert auch die Meinung, die Herstellergarantie würde leiden, wenn ein Fahrzeug in eine freie Werkstatt gegeben würde. Das ist aber so nicht richtig. Nach der neuen GVO dürfen Hersteller den Kunden nicht mehr vorschreiben, dass sie alle Inspektionen und Wartungsarbeiten in einer Vertragswerkstatt durchführen lassen müssen, das ist nicht einmal mehr Pflicht zum Erhalt der so genannten Sachmängelhaftung. Die „Sachmängel-Haftungsfrist“ beträgt für einen Händler beim Verkauf eines Neufahrzeuges zwei Jahre. Diese gesetzliche Regelung betrifft aber ausschließlich den Verkäufer und damit in der Regel zunächst einmal nicht den Hersteller. Außerdem ist die Ablehnung von Ansprüchen durch Händler oder Hersteller nur dann möglich, wenn sie nachweisen können, dass ein aufgetretener Mangel aufgrund nicht oder falsch durchgeführter Inspektionsarbeiten enstanden ist. Diese Beweise sind aber schwierig zu führen.

Der ADAC kann aber dennoch nicht uneingeschränkt empfehlen, Inspektions- und Wartungsarbeiten an freie Werkstätten zu vergeben, denn die GVO-Regelungen seien noch sehr umstritten. Die meisten Hersteller leisteten auch nach Ablauf der Sachmängel-Haftungsfrist oder Garantiezeit freiwillig in gewissen Umfängen Zuzahlungen bei Reparaturen, im Rahmen so genannter Kulanzfälle. Dies könnte eingeschränkt sein oder ganz entfallen, wenn der Käufer des Wagens kein lückenlos von einer Herstellerwerkstatt abgestempeltes Serviceheft vorweise. Dies sollte der Kunde bei der Auswahl einer freien Werkstatt während der Sachmängel- Haftungsfrist oder Garantiezeit bedenken. Die Montage von Zubehörteilen dort könne dagegen als unkritisch angesehen werden. Wenn nach dem Einbau einer Anhängekupplung der Scheibenwischer ausfalle, dürfte wohl kaum ein Kausalzusammenhang hergestellt werden können.

Für die Zeit der Sachmängelhaftung am besten in die Vertragswerkstatt
Es ist in aller Regel auch so, dass gerade die Vertragswerkstätten vom Ölwechsel über Inspektionen und Standard-Reparaturen bis hin zur Lösung kniffliger Probleme in der Elektronik das gesamte Spektrum automobiler Serviceleistungen bieten. Komplette Ausstattung der Werkstätten, fahrzeugtypische Schulungen der Mitarbeiter sowie eine umfassende Ausrüstung haben einfach ihren Preis. Ein weiterer Vorteil für das Aufsuchen einer Vertragswerkstatt ist, dass den Mechanikern das Aufspüren komplizierter Fehler häufig schneller gelingt. Hier kann entsprechend viel Erfahrung mit den betreuten Fahrzeugmodellen vorausgesetzt werden. Zusätzlich stehen oft herstellerspezifische Diagnosegeräte und Fehler-Datenbanken zur Verfügung. Es kommt hinzu, dass moderne Autos häufiger so komplex konstruiert sind, dass viele Funktionen nur noch mit dem Rechner durchzuführen sind. In diesen Punkten hat die Vertragswerkstatt ganz andere Möglichkeiten als die freie Werkstatt.

Wenn es um ein junges Fahrzeug und um eine kostenlose Reparatur im Rahmen der zweijährigen gesetzlichen Sachmängelhaftung beim Verkäufer geht, bleibt dem Kunden praktisch nur diese Adresse. Das ist auch auch bei einer im Hinblick auf die Neufahrzeug-Herstellergarantie relevanten Reparatur anzuraten. Herstellergarantien werden oft zusätzlich angeboten und greifen unabhängig von der Sachmängelhaftung ein.

Der gute Service einer Werkstatt, welcher nun auch immer, fängt bereits bei der Auftragserteilung an. Hier sind diejenigen zu bevorzugen, in denen der fachkundige Meister die Aufträge schreibt und nicht ein Lehrling, der das Problem nicht erkennen kann. Vorteilhaft sind auch Werkstätten mit einer Direktannahme, wo bei der Auftragserteilung der Meister im Beisein des Kunden das Fahrzeug inspiziert. „Ich bin mit meiner Vertragswerkstatt sehr zufrieden“, antwortete ein Interviewter auf eine entsprechende Internet-Umfrage. „Bei rechtzeitiger Anmeldung bekomme ich einen kostenlosen Leihwagen, der nur wieder vollgetankt werden muss. Der Mechaniker ist selbst bei der Abgabe des Autos dabei und notiert sich die Probleme. Ich erhalte ungefragt einen schriftlichen Kostenvoranschlag und werde bei drohenden Budgetüberschreitungen angerufen. Bei der Abholung wird mir dann die Liste der ausgeführten Arbeiten erklärt.“

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