Retourkutsche? – Die richtige Durchsetzung der Dienstwagenrückgabe

Scheiden tut weh. Das gilt in mancherlei Hinsicht auch für den als Statussymbol lieb gewonnenen Dienstwagen. Wenn der Arbeitgeber den Dienstwagen zurückfordert, stößt dieses Ansinnen nicht bei allen Dienstwagenberechtigten auf Gegenliebe. Streit liegt daher in der Luft. Was aber kann das Fuhrparkmanagement tun, wenn ein Arbeitnehmer seinen Dienstwagen nicht freiwillig zurück gibt? Wenn die Dienstwagenrückgabe einmal mit Nachdruck durchgesetzt werden muss, lauern zahlreiche Fallstricke. Der Beitrag zeigt, was bei der Rückforderung zu beachten ist.

Retourkutsche? – Die richtige Durchsetzung der Dienstwagenrückgabe
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Retourkutsche? – Die richtige Durchsetzung der Dienstwagenrückgabe
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Prämisse:
Rückgabepflicht des Dienstwagennutzers

Zuallererst ist die Herausgabeverpflichtung des Dienstwagennutzers zu klären. Hier gibt es schon die erste Weichenstellung, nämlich die Unterscheidung der rein dienstlich genutzten Fahrzeuge und den Dienstwagen mit erlaubter Privatnutzung.
Keinerlei rechtliche Probleme ergeben sich, wenn und soweit ein Dienstfahrzeug ausschließlich zur dienstlichen Nutzung überlassen worden ist. Hier ist der Dienstwagen ein reines Arbeitsmittel, so dass auch in Bezug auf die Rückforderung keine Einschränkungen bestehen. Der Arbeitgeber kann den Dienstwagen hier also jederzeit kraft seines Direktions- und Weisungsrechts zurückverlangen, und zwar entschädigungslos. Gleiches gilt übrigens für Pool-Fahrzeuge, bei denen nur eine dienstliche Nutzung gestattet ist.
Demgegenüber gestaltet sich die Rückforderung des Dienstfahrzeugs ungleich schwieriger, wenn eine Privatnutzung gestattet war. Dies liegt darin begründet, dass die Erlaubnis der privaten Nutzung Vergütungscharakter hat. Die grundlose Entziehung eines auch privat nutzbaren Dienstwagens ist durchaus vergleichbar mit der teilweisen Kürzung des Arbeitsentgelts. Die Faustregel für Fuhrparkprofis lautet hier: solange ein Mitarbeiter Arbeitsentgelt erhält, darf er bei Einräumung der Gestattung einer Privatnutzung den Dienstwagen auch weiterhin privat nutzen.

Um den Dienstwagen in bestimmten Konstellationen gleichwohl zurückfordern zu können, muss hinsichtlich der Privatnutzung ein Widerrufsrecht mit dem Dienstwagenberechtigten vereinbart werden. Derartige Widerrufsvorbehalte unterliegen aber einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB durch die Gerichte, weil die üblichen Muster der Arbeits- und Dienstwagenüberlassungsverträge häufig wie Allgemeine Geschäftsbedingungen zu werten sind. Eine sogenannte Widerrufsklausel, die zur Rückforderung des Dienstwagens berechtigt, muss daher klar formuliert sein. Um „wasserdicht“, also wirksam zu sein, muss sie ferner auch die Arbeitnehmerinteressen angemessen berücksichtigen. Regelungsbedürftig sind hier insbesondere die stets wiederkehrenden praxisrelevanten Fälle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag, die Änderung des dem Mitarbeiter zugewiesenen Aufgabengebiets, der vorübergehenden Entziehung des Fahrzeugs bei Arbeitsunfähigkeit und länger als 6 Wochen andauernder Krankheit, ferner bei Schwangerschaft (Mutterschutz / Elternzeit) sowie im Urlaub. Hier gilt es, von vornherein die Gestaltung der Dienstwagenüberlassung „richtig“ abzufassen. Klauseln, die den Arbeitgeber zum jederzeitigen Widerruf der Privatnutzung des Dienstwagens berechtigen, sind nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unangemessen und daher rechtsunwirksam (vgl. BAG-Urteil vom 19.12.2006, Az. 9 AZR 294/06, NZA 2007, S. 809 ff.).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine Widerrufsklausel im Arbeits- oder Dienstwagenüberlassungsvertrag das sogenannte Transparenzgebot nach § 307 Abs.1 S.2 BGB beachten muss. Der Arbeitnehmer muss also wissen, in welchen Fällen er mit der Ausübung des Widerrufs durch den Arbeitgeber zu rechnen hat. Dabei darf sich der Arbeitgeber den Widerruf nur für solche Konstellationen vorbehalten, in denen sein Interesse, wieder über das Fahrzeug verfügen zu können, das Interesse des Arbeitnehmers am „Behalten dürfen“ des Dienstwagens überwiegt. Nähere Einzelheiten hierzu finden Sie im Beitrag des Verfassers „Die Rückgabe des Dienstwagens“ in Flottenmanagement 2/2008, S.50 ff. (abrufbar im Online-Archiv bei www.flotte.de).

Vor Geltendmachung der eigentlichen Rückforderung des Dienstwagens empfiehlt sich also in jedem Einzelfall ein klärender Blick in den konkreten Arbeits- oder Dienstwagenüberlassungsvertrag.

Rückgabe des Dienstwagens contra Kündigungsschutz?
Wenn der Arbeitgeber eine fristgerechte Kündigung ausspricht und den Mitarbeiter innerhalb der Kündigungsfrist von der Arbeit freistellt, muss der Arbeitgeber den Dienstwagen, für den eine Privatnutzung vereinbart worden ist, weiterhin dem Mitarbeiter im Freistellungszeitraum zur privaten Nutzung zur Verfügung stellen und auch die Unterhaltungs- und Reparaturkosten tragen. Denn der Arbeitnehmer hat bis zum regulären Beendigungszeitpunkt Anspruch darauf. Bedenklich sind deswegen auch Klauseln in Arbeits- oder Fahrzeugüberlassungsverträgen, nach denen der Mitarbeiter im Falle einer Freistellung das Recht zur Privatnutzung des Dienstwagens ohne Entschädigung verliert. Die Herausgabe muss dann jedenfalls zum Beendigungszeitpunkt erfolgen. Dies heißt: bei fristloser Kündigung sofortige Herausgabe, bei fristgerechter Kündigung erst Herausgabe mit Ablauf der Kündigungsfrist.

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Dies gilt übrigens auch dann, wenn der Mitarbeiter gegen die eine sogenannte Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht erhebt. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass die Kündigung unwirksam war, muss der Arbeitgeber dem Mitarbeiter den Nutzungswert der Privatnutzung erstatten, wenn er ihm das Fahrzeug zuvor abgenommen hatte. Umgekehrt kann aber auch der Mitarbeiter gegenüber dem Arbeitgeber unter dem Gesichtspunkt des Schadenersatzes zur Nutzungsentschädigung verpflichtet sein, wenn er das Dienstfahrzeug trotz rechtswirksamer Kündigung und Ablauf der Kündigungsfrist nicht herausgibt.

Komplikation:
Wenn die Herausgabe des Dienstwagens verweigert wird

Ist erst einmal geklärt, dass der Dienstwagen vom Nutzer wieder heraus verlangt werden darf, ist die erste Klippe umschifft. Was aber ist zu tun, wenn sich ein Mitarbeiter vehement weigert, sein Dienstfahrzeug herauszugeben, beispielsweise mit der Begründung, ihm stehe noch eine erhebliche Provision für vermittelte Kundenaufträge zu? Vorsicht ist insbesondere dann geboten, wenn Mitarbeiter Zurückbehaltungsrechte am Dienstwagen geltend machen. Sofern ein Dienstwagen ausschließlich zur dienstlichen Nutzung bereit gestellt worden war, handelt derjenige, der sich auf ein – auch nur vermeintliches – Zurückbehaltungsrecht beruft, juristisch in „verbotener Eigenmacht“. Hier kann sich der Mitarbeiter gegenüber dem Arbeitgeber schadenersatzpflichtig machen und schuldet unter Umständen sogar Nutzungsersatz. Nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln (LAG Köln, Urteil vom 24.03.2006, Az.: 11 Sa 811/05, NZA-RR 2006, 425 f.) steht dem Mitarbeiter kein Recht zum Besitz zu, weil es sich bei dem Dienstwagen ausschließlich um ein Arbeitsmittel handelt.

Kleine Methodenlehre:
Was beliebt ist, ist nicht (immer) erlaubt

Was aber, wenn der Mitarbeiter trotzdem renitent bleibt und den Wagen gleichwohl nicht herausrückt? Darf der Arbeitgeber dann einfach den Fuhrparkmanager mit dem Ersatzschlüssel losschicken, um das Auto in einer „Nacht- und Nebelaktion“ im Wege der Selbsthilfe beim Mitarbeiter von der Garagenauffahrt des Mitarbeiters zu holen? Hier muss klar sein, dass derartige „Wildwest-Methoden“ ihrerseits verboten sind. Man darf nicht einfach beigehen, und den Wagen gegebenenfalls sogar mit Gewalt – im Juristendeutsch „verbotener Eigenmacht“ – dem Mitarbeiter wegnehmen. In der überwiegenden Zahl der Fälle wird es ausreichen, einen Rechtsanwalt einzuschalten, um den betreffenden Mitarbeiter außergerichtlich (unter Fristsetzung) zur Herausgabe des Dienstwagens aufzufordern. Meist reicht ein solches „Säbelrasseln“ schon aus, um eine freiwillige Herausgabe des Fahrzeugs zu erreichen.

In Fuhrparkkreisen werden häufig gutgemeinte Praxistipps gegeben, um renitente Mitarbeiter, die den Dienstwagen unberechtigt behalten, ohne den Umweg über die Gerichte mittels mehr oder weniger kreativer Aktionen doch noch zu einer Herausgabe zu bewegen. Nicht alles, was sich gut anhört, ist aber auch wirklich empfehlenswert. Und in manchen Fällen drohen sogar böse Eigentore.

Eine wirklich brauchbare Methode ist die Kündigung beziehungsweise die einvernehmliche sofortige Beendigung des Leasingvertrags. Hierbei handelt es sich um einen rechtlich vollkommen zulässigen Schachzug, mit dem unabhängig von der Rechtslage zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine schnelle und wirksame Herausgabe des Dienstwagens erlangt werden kann. Der Leasinggeber kann nach Beendigung des Leasingvertrags als Eigentümer das Fahrzeug sofort herausverlangen. Einwendungen des Arbeitnehmers aus seinem Verhältnis zum Arbeitgeber ziehen gegenüber dem Leasinggeber nicht; hier werden also insbesondere Zurückbehaltungsrechte ausgeschaltet. Eine Nutzungsentschädigung wegen des Entzugs des Fahrzeugs ist damit aber nicht automatisch vom Tisch.

Ein weiterer schneller legaler Weg ist die Anweisung an den Vertragshändler zur Einziehung des Fahrzeugs. Der Arbeitgeber kann ohne Beendigung des Leasingvertrags die Leasinggesellschaft bitten, den Vertragshändler anzuweisen, das betreffende Fahrzeug beim nächsten Werkstattbesuch einfach einzubehalten. Hiervon erfährt der Mitarbeiter erst, wenn es zu spät ist und er beispielsweise nach einer Routineinspektion das Fahrzeug nun seinerseits nicht mehr herausbekommt. Diese rechtmäßige Art der Rückholaktion ist wegen des damit verbundenen Überraschungseffekts besonders effektiv. Der so zurückgeholte Wagen kann bei entsprechender Anweisung der Leasinggesellschaft an den Vertragshändler auch sofort anderweitig eingesetzt werden. Auch hier ist eine eventuelle Nutzungsentschädigung wegen des Entzugs des Fahrzeugs nicht zugleich vom Tisch.

Andere Tipps schießen jedoch vielfach über das Ziel hinaus und gehören besser in den Papierkorb. Damit sich seriöse Fuhrparkmanager nicht die Finger verbrennen, sollen dennoch exemplarisch einige „Kreativlösungen“ angesprochen werden, die man besser unterlässt.

Nicht empfehlenswert ist die Kündigung der Kraftfahrt-Haftpflichtversicherung des auf den Arbeitgeber zugelassenen Dienstfahrzeugs. Die hiernach ergehende Stilllegungsmitteilung der Versicherung an die Zulassungsstelle führt dazu, dass die Fahrzeugzulassung erlischt. Fährt der Mitarbeiter das stillgelegte und nicht versicherte Fahrzeug dennoch weiter im Straßenverkehr, droht eine Strafbarkeit nach § 6 Pflichtversicherungsgesetz (PflVG), die mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft werden kann. Das Fahrzeug bekommt man mit dieser Methode aber nicht sogleich zurück und es ist keineswegs sicher, dass die Polizei das Fahrzeug schnell aus dem Verkehr zieht. Viel problematischer ist, dass sich der Arbeitgeber selbst strafbar machen kann, weil er womöglich billigend in Kauf genommen hat, dass der betroffene Mitarbeiter mit dem nicht mehr versicherten Fahrzeug gefahren ist, ohne hiervon Kenntnis zu haben, geschweige denn dies überhaupt erkennen zu können. Überdies kann nach § 6 Abs.2 PflVG das Fahrzeug bei vorsätzlicher Tatbegehung eingezogen werden, wenn es dem Täter (also auch dem mittelbaren Täter!) zur Zeit der Entscheidung gehört. Dieses klassische Eigentor heißt Strafhaftung in mittelbarer Täterschaft. Prädikat: „nicht empfehlenswert“.

Ebenso wenig effektiv ist eine Strafanzeige wegen Unterschlagung des Dienstwagens. Natürlich darf man hoffen, dass die Polizei dem Mitarbeiter das Fahrzeug wegnimmt und es dem Arbeitgeber zurückbringt. In der Praxis halten sich Staatsanwaltschaft und Polizei aus zivilrechtlichen Streitigkeiten heraus mit dem Ergebnis, dass Ermittlungen nach § 246 StGB meist wegen zivilrechtlich ungeklärter Besitzrechte eingestellt werden. Die Retourkutsche heißt hier Anzeige wegen „falscher Verdächtigung“ (§ 164 StGB) und gegebenenfalls „Vortäuschen einer Straftat“ (§ 145d StGB). Fazit: außer Spesen nichts gewesen – mit der besonderen Gefahr zu weiteren Eigentoren.

Der Rechtsweg:
Einstweilige Verfügung und Herausgabeklage

In den meisten Fällen einer verweigerten Fahrzeugherausgabe muss also der Rechtsweg beschritten werden. Weigert sich der Mitarbeiter, den Dienstwagen herauszugeben, obwohl er hierzu verpflichtet ist, kann der Arbeitgeber ihn auf Herausgabe verklagen. Ein Zurückbehaltungsrecht wegen Gegenansprüchen, beispielsweise wegen etwaiger offener Gehaltsforderungen steht dem Mitarbeiter nur dann zu, wenn er zur Privatnutzung des Dienstwagens berechtigt ist.

Herausgabeansprüche in Bezug auf den Dienstwagen können entweder im Wege der einstweiligen Verfügung oder im regulären Klageverfahren durchgesetzt werden. Dies ist aber nicht einheitlich, da für Arbeitnehmer das Arbeitsgericht zuständig ist, während für Organvertreter, wie GmbH-Geschäftsführer, die Zivilgerichte zuständig sind, also je nach Streitwert das Land- oder Amtsgericht. In den meisten Fällen dürfte bei Fahrzeugen mit einem Wert von über 5.001 Euro das Landgericht zuständig sein. Der Rechtsweg hat aber ganz eindeutig den Nachteil, dass es eine ganze Weile dauern kann, bis die Rechtslage verbindlich vom Gericht geklärt wird. Hier sind mindestens drei bis zwölf Monate anzusetzen. In diesem Zeitraum kann der Mitarbeiter den Dienstwagen praktisch weiter nutzen. In Kündigungsstreitigkeiten, in denen sich der Mitarbeiter gegen eine Kündigung zur Wehr setzt, kann der Arbeitgeber durchaus eine Widerklage auf Herausgabe des Dienstwagens erheben. Zu einer Beschleunigung des Verfahrens führt dies jedoch nicht. Denkbar ist es auch, dass eine Klage auf Herausgabe des Fahrzeugs ausgesetzt wird, bis über die Beendigung des Anstellungsverhältnisses rechtskräftig entschieden worden ist. Selbst wenn der Arbeitgeber eine Verurteilung des Mitarbeiters zur Herausgabe erreicht, erhält er das Fahrzeug nur mit erheblicher Zeitverzögerung zurück. Zu beachten ist, dass der Wertverlust des Fahrzeugs während einer anhängigen Herausgabeklage nicht automatisch mit ersetzt wird. Diesbezüglich muss man also darauf achten, einen zusätzlichen und bezifferten Klageantrag zu stellen.

Eine beschleunigte Herausgabe des Dienstwagens mittels einstweiliger Verfügung bereitet indessen Schwierigkeiten. Der Arbeitgeber muss nämlich in dem einstweiligen Verfügungsverfahren nicht nur den Verfügungsanspruch darlegen, also dass der Mitarbeiter nicht mehr zur Nutzung des Fahrzeugs berechtigt ist und deshalb ein Herausgabeanspruch gegen ihn besteht. Zusätzlich muss auch ein Verfügungsgrund nachgewiesen werden, weshalb die Sache dringlich ist. Der Arbeitgeber, welcher die Herausgabe des Dienstwagens im Verfahren der einstweiligen Verfügung geltend macht, muss glaubhaft machen, dass er im Kündigungsrechtsstreit vor dem Arbeitsgericht gewinnen wird und dass er auf die Nutzung des Dienstwagens dringend angewiesen ist (vgl. LAG Hamm, Urteil v. 30.10.1973, Az. 8 Ca 76/73, DB 1973, S.2306). Ein Verfügungsanspruch kann aber schon dann fehlen, wenn dem Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung fällige Lohnansprüche gegen den Arbeitgeber zustehen, die ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB begründen.

Privatwagen als Dienstwagenersatz?
Soweit der Mitarbeiter nach Entziehung eines ihm vormals individuell zugeordneten Dienstwagens „gezwungen“ wäre, Dienstfahrten nunmehr mit seinem Privatwagen durchzuführen, schuldet der Arbeitgeber hierfür einen entsprechenden Aufwendungsersatz. Aber Achtung: ein Privatwagen wird nicht ohne weiteres zum Dienstwagenersatz. Hier bedarf es vielmehr stets einer ausdrücklichen Anordnung des Arbeitgebers oder eine sogenannte Car Allowance. Soweit also die betriebliche Nutzung eines privaten Kraftfahrzeugs erforderlich sein sollte – so als Interimslösung bis der neue Dienstwagen lieferbar ist oder nach einem Unfallschaden mit dem Dienstwagen – sollte dies in den jeweiligen vertraglichen Regelungen definiert werden. Im Falle der Kündigung gilt aber zur Entschädigung das oben gesagte.

Da die Bemessung der Nutzungsentschädigung und gegebenenfalls des Wertverlustes nicht unerhebliche Probleme bereiten kann, sollte man bei der Durchsetzung entsprechender Ansprüche anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen.

Rechtsanwalt Lutz D. Fischer, Lohmar
Kontakt: kanzlei@fischer-lohmar.de
Internet: www.fischer-lohmar.de

 

 

 

Rechtsprechung

Handyverstoß – Einstellung des Verfahrens bei unzureichender Beweiswürdigung
Das Amtsgericht verurteilte die Betroffene wegen vorsätzlichen Benutzens eines Mobiltelefons während der Fahrt nach §§ 23 Abs. 1a, 49 Abs. 1 Nr. 22 StVO, 24 StVG zu einer Geldbuße von 40 Euro. Das hiergegen eingelegte Rechtsmittel der Betroffenen war erfolgreich. Das Oberlandesgericht stellte das Verfahren nach § 47 Abs. 2 OWiG ein, weil eine etwaige Ahndung der Tat unter Berücksichtigung des weiteren Verfahrensverlaufs in keinem Verhältnis zur Bedeutung der Tat und den damit verbundenen zusätzlichen Belastungen für die Betroffene stünde.

Nach Beurteilung durch den Senat sprach viel dafür, dass die Feststellungen zur Benutzung des Mobiltelefons durch die Betroffene nach erfolgter Zulassung der Rechtsbeschwerde einer rechtlichen Nachprüfung nicht standhalten würden. Ausweislich der Urteilsgründe hatte die Betroffene die Benutzung ihres Mobiltelefons während der Fahrt in Abrede gestellt und angegeben, dieses erst nach Aussteigen aus dem Fahrzeug gebraucht zu haben. Bestätigt wird diese Einlassung durch die Aussage der im Fahrzeug mitfahrende Mutter der Betroffenen als Zeugin, welche angegeben hatte, dass nicht die Betroffene sondern die Zeugin selbst während der Fahrt das „Handy“ benutzt habe. Demgegenüber stand die Aussage eines Gemeindevollzugsbeamten, der angegeben hatte, deutlich und mit direkter Sicht auf das Fahrzeug der Betroffenen gesehen zu haben, wie die Fahrerin ein Mobiltelefon an ihr Ohr gehalten habe. Insoweit stand Aussage gegen Aussage.

Zwar unterliegen die Gründe des Urteils im Ordnungswidrigkeitenverfahren keinen hohen Anforderungen. Gleichwohl müssen sie so beschaffen sein, dass sie dem Rechtsbeschwerdegericht eine rechtliche Überprüfung auf die Sachrüge hin ermöglichen. Besondere Anforderungen bestehen zudem in solchen Fällen, bei denen Aussage gegen Aussage steht. Dort bedarf es zusätzlich einer Gesamtwürdigung aller Indizien, weshalb der Tatrichter die für die Bedeutung der Glaubwürdigkeit wesentlichen Umstände im Urteil darlegen und würdigen muss. Zwar hat das Amtsgericht die Frage eines Motivs der Falschbelastung durch den Gemeindevollzugsbeamten geprüft und ein solches rechtsfehlerfrei verneint; es geht jedoch auf die für die Nachvollziehbarkeit der Angaben des Zeugen zentrale Frage nicht ein, ob in welchem Umfang diesem eine Wahrnehmung der Benutzung des Mobiltelefons durch die Betroffene möglich war.

Die Darstellung in den Urteilsgründen, der Zeuge habe „direkte Sicht auf das Fahrzeug“ gehabt, reicht hierfür nicht aus und ist insoweit als lückenhaft anzusehen. Vielmehr hätte es neben einer zureichenden Schilderung der konkreten Örtlichkeit vor allem Angaben zur Entfernung zwischen dem Standort des Zeugen und dem Fahrzeug, über dessen Geschwindigkeit und zur Dauer der Beobachtung, je nach Sachlage auch zum Blickwinkel und zu den Lichtverhältnisse bedurft, damit zureichend die Möglichkeit eines Wahrnehmungsfehlers des Zeugen beurteilt werden kann. Das Verfahren war daher einzustellen.
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 28.08.2009, Az. 1 Ss 135/08

Leistungsfreiheit eines Kfz-Versicherers bei falschen Angaben zur Unfallschilderung
Ein schwerwiegender Fall wahrheitswidriger Angaben eines Versicherungsnehmers im Sinne von § 7a V Abs. 2 S. 2 AKB führt zur Leistungsfreiheit des Versicherers. Ein solcher Fall ist anzunehmen, wenn sich der Verschuldensvorwurf gegenüber einer üblichen Obliegenheitsverletzung deutlich abhebt. So liegt es hier. Der Versicherungsnehmer hat nicht nur wiederholt eine andere Unfallschilderung vorgetragen, sondern auch eine falsche Darstellung zu den Unfallschäden gegeben, die nachträglich und nicht unfallbedingt entstanden seien. Soweit der Versicherungsnehmer allgemein vorträgt, die Zeugin sei „Schlangenlinien“ gefahren, findet dies in den gesamten Umständen keine Stütze und war ursprünglich auch vom Versicherungsnehmer anders dargestellt worden. Der Gutachter hat jedoch eine andere Anstoßsituation angesichts des Schadenbildes nach sorgfältiger Analyse ausgeschlossen. Damit ist nach den Grundsätzen der Relevanztheorie Leistungsfreiheit gegeben.
OLG Köln, Beschluss vom 13.08.2009, Az. 9 W 1/03

Zur Haftungsquote bei Kollision eines berechtigt in Parklücke Abbiegenden mit nachfolgendem Fahrzeug
Kollidiert ein Pkw während des Abbiegens zum Zwecke des Einparkens auf der linken Straßenseite mit einem von hinten heranfahrenden Fahrzeug, ist sein Mitverschulden lediglich mit 15 % zu bewerten. Dies gilt auch dann, wenn nicht zu klären ist, ob das nachfolgende Fahrzeug den Pkw verkehrswidrig links überholen wollte oder ob dieses auf Grund eines zu geringen Sicherheitsabstandes nicht mehr rechtzeitig bremsen konnte und dadurch der Zusammenstoß verursacht wurde.
AG Frankfurt/Main, Urteil vom 21.05.2009, Az. 29 C 1465/08

Unverhältnismäßiges Abschleppen eines Fahrzeugs bei ausreichendem Parkraum
Die Sicherstellung eines im bewirtschafteten Parkraum ohne die vorgeschriebene Betätigung der Einrichtungen oder nach Ablauf der zulässigen Höchstparkdauer abgestellten Fahrzeugs war unverhältnismäßig, da in der Umgebung genügend freie Parkplätze vorhanden waren. Das Verwaltungsgericht insoweit bestätigt, dass das Parken auf bewirtschaftetem Parkraum ohne vorgeschriebene Betätigung der vorgesehenen Einrichtungen oder nach Ablauf der zulässigen Höchstparkdauer nach mindestens einer Stunde eine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung darstellt. Es hat aber auch angenommen, dass im vorliegenden Einzelfall wegen genügend freier Parkplätze in der Umgebung eine Ausnahme vom Regelfall der Sicherstellung im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 2 HmbSOG bestanden habe. Nach den aktenkundigen Erkenntnissen der Polizei waren in der betreffenden Straße ausreichend freie und geeignete Parkplätze gegeben, so dass ein ins Gewicht fallender gesteigerter Parkplatzsuchverkehr auszuschließen gewesen sei. Damit lag eine Ausnahme vom Regelfall der Voraussetzungen für eine Sicherstellung vor; mit anderen Worten es bedurfte keiner Sicherstellung.
OVG Hamburg, Beschluss vom 28.07.2009, Az. 3 Bf 126/06.Z

Fahrlässiger Verstoß gegen Ladungssicherung nach VDI-Richtlinie 2700
Die mit einer fahrlässig unzureichenden Ladungssicherung zusammenhängenden Fragen sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung und Literatur hinreichend geklärt. Die Bestimmung der nach § 22 Abs. 1 StVO zu treffenden Sicherungsmaßnahmen hängt naturgemäß von der Art der Ladung und des verwendeten Transportmittels ab und ist daher nur im Einzelfall möglich. Nach der Vorstellung des Verordnungsgebers setzt eine sachgerechte Sicherung der Ladung ihr Verstauen nach den in der Praxis anerkannten Regeln des Speditions- und Fuhrbetriebes voraus. Insoweit stellen nach allgemeiner Meinung in der obergerichtlichen Rechtsprechung die gegenwärtig anerkannten technischen Beladungsregeln in der VDI-Richtlinie 2700 „Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen“ allgemein zu beachtende Grundregeln dar. Diese sind allerdings nicht schematisch anzuwenden, sondern unterliegen als „objektiviertes Sachverständigengutachten“ der richterlichen Nachprüfung, erforderlichenfalls unter Anhörung eines Sachverständigen in der Hauptverhandlung. Dem wird die angefochtene Entscheidung gerecht.
Der Tatrichter hat der Verurteilung nicht einfach die VDI-Richtlinie zugrunde gelegt, sondern hat einen Sachverständigen befragt, wie im konkreten Fall die Ladung hätte gesichert werden müssen. Damit ist der gerichtlichen Sachverhaltserforschungspflicht Genüge getan. Bei Ergänzung der VDI-Richtlinie Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen durch Sachverständigengutachten liegt keine rechtsfehlerhafte Verurteilung vor. Eine Verurteilung eines Fahrers zu einem Bußgeld wegen fahrlässiger Unterlassung der verkehrssicheren Verstauung von Ladung begegnet daher keinen rechtlichen Bedenken.
OLG Hamm, Beschluss vom 06.08.2009, Az. 2 Ss OWi 590/09

Undichte Heckscheibe eines Fahrzeugs ist ein erheblicher Sachmangel
Ein Fahrzeug weist einen Sachmangel auf, wenn bei Beregnung des Heckklappenbereichs des streitgegenständlichen Pkw Wasser zwischen die Heckscheibe und die dort im oberen Bereich aufgeklebte Kunststoffplatte eindringt, welches sich in einer dort befindlichen Mulde der Abdeckung für den Heckscheibenwischer sammelt und nach einer Beregnungszeit von rund 50 Minuten in den Innenraum gelangt, also auf die dort befindliche Ablage tropft. Dies stellt einen Sachmangel des Fahrzeugs dar. Der Sachverständige hat es als feststehend gewertet, dass die Undichtigkeit bereits im Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs angelegt war. Dieser Mangel ist auch nicht unerheblich, da beim Eindringen von Feuchtigkeit in den Innenraum mit der Gefahr weitergehender Schäden zu rechnen ist. Das Fahrzeug ist deshalb nicht nur für längere Regenfahrten kaum geeignet und sollte je nach Witterungsverhältnissen auch nicht im Freien geparkt werden, wodurch die Gebrauchstauglichkeit des Fahrzeugs eingeschränkt ist.
KG, Beschluss vom 20.07.2009, Az. 8 U 96/09

Halterhaftung für Abschleppkosten
Wer als Halter im Kraftfahrzeugregister eingetragen ist, kann grundsätzlich ohne weitere Ermittlungen für Abschleppkosten als Zustandsstörer in Anspruch genommen werden. Deshalb hat der Halter auch die Abschleppkosten eines verbotswidrig geparkten Kraftfahrzeuges zu tragen.

Soweit der Kläger im gerichtlichen Verfahren erstmals einwendet, er sei weder Besitzer noch Eigentümer des Fahrzeugs gewesen, ist dies unbeachtlich. Zwar kann es vorkommen, dass der tatsächliche und der im Kraftfahrzeugregister eingetragener Halter (Zulassungshalter) auseinanderfallen. Regelmäßig ist davon indes nicht auszugehen. Denn die Registereintragung hat gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 1 StVG zum Ziel, jederzeit zuverlässige Auskünfte über den tatsächlichen Halter zu ermöglichen. Änderungen der Haltereigenschaft sind der Zulassungsbehörde deshalb gemäß § 34 Abs. 4 StVG unverzüglich mitzuteilen. Schon deshalb besteht eine Vermutung dahingehend, dass der Zulassungshalter der tatsächliche Halter ist. Ob eine nachträgliche Widerlegung dieser Vermutung möglich ist, hat das Gericht offen gelassen. Einwendungen gegen die Haltereigenschaft sind jedenfalls bereits im Verwaltungsverfahren geltend zu machen.
VG Hamburg, Urteil vom 02.09.2009, Az. 4 K 2377/08

Zurücktreten der Betriebsgefahr eines Kfz bei Kollision mit Fußgänger
Ein Fußgänger muss auf den bevorrechtigten Fahrzeugverkehr auf der Fahrbahn achten und darf nicht versuchen, vor einem herannahenden Fahrzeug die Fahrbahn zu überqueren.

Jedenfalls bei regem Straßenverkehr muss der Fußgänger damit rechnen, dass sich auch im linken Fahrstreifen Fahrzeuge nähern, die durch im rechten Fahrstreifen herannahende Fahrzeuge verdeckt sind. Betritt der Fußgänger dennoch schnellen Schrittes die Fahrbahn, handelt er grob fahrlässig mit der Folge, dass die Betriebsgefahr des Kraftfahrzeugs, von dem er im linken Fahrstreifen angefahren wird, gegenüber dem Alleinverschulden des Fußgängers vollständig zurücktritt (§ 9 StVG, § 254 BGB).
KG, Beschluss vom 26.02.2009, Az. 12 U 143/08

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