Pendlerpauschale - Alles auf Anfang!
Bereits in Flottenmanagement 1/2009 hatten wir darüber berichtet, dass nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9.12.2008 (Az. 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08) die Kürzung der Pendlerpauschale vom Tisch ist. Inzwischen ist das Gesetz zur Fortführung der Gesetzeslage 2006 bei der Entfernungspauschale vom 20.04.2009 am 23.04.2009 im Bundesgesetzblatt (BGBl 2009 I S.774) veröffentlicht worden und rückwirkend zum 1.1. 2007 in Kraft getreten. Damit muss die Kilometerpauschale nicht mehr vorläufig ab dem ersten Kilometer festgesetzt werden. Außerdem können nun auch wieder Unfallkosten und Fahrkarten abgesetzt werden. Nachfolgend haben wir die Wesentlichen Punkte der gesetzlichen Neuregelung sowie Tipps für die Praxis zusammen gestellt.

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Gesetzliche Neuregelung der Pendlerpauschale
Der Gesetzgeber war in Zugzwang, nachdem das Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil vom 9.12.2008 die Kürzung der Pendlerpauschale um die ersten zwanzig Kilometer für verfassungswidrig erklärt hatte. Die Karlsruher Verfassungshüter hatten gleichzeitig angeordnet, rückwirkend ab dem 1.1.2007 eine anderweitige verfassungskonforme gesetzliche Regelung zu treffen. Durch das Gesetz zur Fortführung der Gesetzeslage 2006 bei der Entfernungspauschale wurde die derzeit nur vorläufig geltende Regelung zur Entfernungspauschale nunmehr im Interesse der Rechtssicherheit durch eine verfassungskonforme Regelung ersetzt. Die Finanzverwaltung hatte bereits bis Ende März 2009 weitgehend berücksichtigt, dass Berufspendler ab dem 1.1.2007 mit der Pendlerpauschale wieder höhere Betriebsausgaben beziehungsweise Werbungskosten absetzen können. Jetzt gibt es eine verbindliche gesetzliche Grundlage dafür.
Diese Regelungen gehören der Vergangenheit an
Durch das Gesetz zur Fortführung der Gesetzeslage 2006 bei der Entfernungspauschale wurden im Wesentlichen die ab dem Steuerjahr 2007 eingeführten Einschränkungen wieder vollständig rückgängig gemacht: Passé ist damit, dass
• Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte steuertechnisch der Privatsphäre zugerechnet werden, sodass lediglich die Fahrtkosten für längere Pendelstrecken ab dem 21. Entfernungskilometer wie Werbungskosten nach den Regeln der Entfernungspauschale steuerlich geltend machen werden konnten (vgl. § 9 Abs. 2 EStG a.F.);
• Unfallkosten auf der Pendelstrecke von oder zur Arbeitsstelle vollständig mit der Entfernungspauschale abgegolten sind;
• bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nur die gekürzte Entfernungspauschale angesetzt werden kann, selbst wenn die tatsächlichen Kosten der Fahrausweise den steuerlichen Pauschalbetrag übersteigen.
Damit ist jetzt also Dank der gesetzlichen Neuregelung Schluss!
Doch was ändert sich mit der Neuregelung konkret?
Der Gesetzgeber ist, indem mit der oben genannten Gesetzesregelung die Rechtslage von 2006 wieder vollständig hergestellt wurde, sogar noch über die Bundesverfassungsgerichtsentscheidung hinausgegangen. Für die Praxis sind die folgenden Änderungen zu beachten: Im Einkommensteuergesetz wurde nunmehr die Abzugsmöglichkeit von 0,30 Euro ab dem ersten Entfernungskilometer als Betriebsausgabe oder Werbungskosten eindeutig geregelt; diese Kosten werden zudem nicht mehr nur „wie“ Betriebsausgaben beziehungsweise Werbungskosten behandelt. Die §§ 4 Abs. 5 Nr. 6, 8 Abs. 2 S. 5 und 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG gelten nunmehr wieder in der Fassung ihrer Ursprungsform von 2006. Der Aufwand für die Wege zwischen Wohnung und Betriebs-/Arbeitsstätte sowie für Familienheimfahrten bei doppelter Haushaltsführung kann jetzt aber „als“ und nicht nur „wie“ Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden. Die insoweit einschränkende Regelungen in §§ 4 Abs. 5a, 9 Abs. 2 EStG gelten nicht mehr.
Zudem können jetzt auch wieder die Kosten für Fahrkarten bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel voll berücksichtigt werden. Aufwendungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sind also abziehbar, soweit sie über dem als Entfernungspauschale absetzbaren Betrag liegen und die Obergrenze von 4.500 Euro nicht überschreiten. Ist beispielsweise ein einzelner Fahrschein oder die Monats- beziehungsweise Jahreskarte teurer als der Betrag aus der ansonsten anzusetzenden Entfernungspauschale, kann der die Pauschale übersteigende Betrag zusätzlich als Werbungskosten beziehungsweise als Betriebsausgabe angesetzt werden. Nach einem schon vor einigen Jahren ergangenen Urteil des Bundesfinanzhofs (vgl. BFH-Urteil vom 11.5.2005, VI R 40/04, BStBl II 2005, 712) ist es dabei übrigens sogar erlaubt, tageweise einen Abgleich zwischen dem Preis von Bus und Bahn und dem Kraftfahrzeug vorzunehmen.
Wer einen Verkehrsunfall auf der täglichen Pendelstrecke erleidet, der kann außerdem die jetzt wieder die Unfallkosten bis maximal 4.500 Euro pro Jahr von der Steuer absetzen. Kosten eines Unfalls, der sich auf einer Fahrt zur Arbeit oder auf dem Heimweg ereignet hat, können jetzt wieder - zusätzlich zur Entfernungspauschale - als außergewöhnliche Aufwendungen geltend gemacht werden, sind also nicht mehr durch das Kilometergeld mit abgegolten (vgl. § 9 Abs. 2 S. 2 EStG).

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Was aber kann als Unfallkosten geltend gemacht werden? Sofern sich der Unfall auf der Fahrtstrecke zwischen Wohnung und der Arbeitsstelle oder - bei doppelter Haushaltsführung – anlässlich einer Familienheimfahrt ereignet hat, kann hierunter sehr vieles fallen. So gehören zu den sogenannten außergewöhnlichen Aufwendungen natürlich zuallererst die Reparaturkosten am eigenen Fahrzeug sowie am Pkw des Unfallgegners. Aber auch eine Wertminderung ist relevant, wenn das Fahrzeug nicht repariert wird. Zudem zählen hierzu auch unfallbedingte weitere Aufwendungen wie Mietwagenkosten, Kosten für Sachverständige oder – wenn es zum Streit über den Unfall kommt – auch diesbezügliche Anwalts- und Gerichtskosten. Muss – nicht nur in Krisenzeiten - für die Bezahlung der Reparatur ein Bankkredit aufgenommen werden, sind sogar die Schuldzinsen für ein solches Darlehen absetzbar.
Das Gesetz zur Fortführung der Gesetzeslage 2006 bei der Entfernungspauschale trat bereits mit seiner Verkündigung am 23.4.2009 rückwirkend zum 1.1.2007 in Kraft. Die Gesetzesänderungen gelten also zumindest in den Veranlagungszeiträumen der Steuerjahre 2007 bis 2009, so dass insoweit gemäß BMF-Schreiben vom 23.4.2009 (Az. IV A 3 - S 0338/07/10010- 02) Einkommensteuerbescheide nicht mehr vorläufig ergehen. Damit ist der Rechtszustand von 2006 wieder hergestellt.
Was ist in der Praxis zu beachten? - Einige Tipps für Arbeitnehmer
Um es gleich vorweg zu sagen: Grundsätzlich nicht betroffen von der Kürzung durch die Altregelung und die nunmehr erfolgte gesetzliche Neuregelung waren Fahrtkosten, die im Rahmen einer Geschäfts- oder Dienstreise anfallen. Diese Kosten konnten auch weiterhin unverändert mit 0,30 Euro für jeden gefahrenen Kilometer ab dem Reisebeginn abgesetzt respektive vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet werden. Die überwiegende Zahl der Berufspendler wird eine Steuererstattung auf Grund von zusätzlich zu berücksichtigenden Werbungskosten wohl erst über die Veranlagung zur Einkommensteuer erhalten. Bei Arbeitnehmern wirkt sich dies dann steuerlich aus, wenn sie nach der gesetzlichen Neuregelung mit der vollen Entfernungspauschale und den übrigen Werbungskosten den Arbeitnehmerpauschbetrag von 920 Euro überschreiten.
Die Finanzämter haben die Einkommensteuerbescheide für 2007 ohne Berücksichtigung der Fahrtkosten für die ersten 20 Kilometer erteilt. Wegen der Frage der Nichtgewährung der Entfernungspauschale für die ersten 20 Entfernungskilometer wurden diese Bescheide aber nach § 165 AO automatisch für nur vorläufig erklärt (siehe BMF-Schreiben vom 8.10.2007, BStBl 2007 II, S.723). Grundsätzlich bleibt ein Steuerfall abgesehen vom hier (noch) nicht relevanten Fall der Verjährung der Steuerforderung offen, bis ein geänderter Bescheid ohne Vorläufigkeitsvermerk ergeht. Damit kann über eine Korrektur der in Bezug auf die Pendlerpauschale nur vorläufigen erlassenen Bescheide die verfassungswidrige, gesetzliche Kürzung der Pendlerpauschale nun wieder (automatisch) rückgängig gemacht werden.
Wurden also in der Steuererklärung 2007 Werbungskosten deswegen nicht geltend gemacht, weil angesichts der gekürzten Entfernungspauschale und der Nichtberücksichtigung von Unfallkosten und Fahrkarten der Arbeitnehmer- Pauschbetrag von 920 Euro nicht überschritten wurde, so können nunmehr auch diese anderen Werbungskosten noch nachträglich zusammen mit der Nachmeldung der Entfernungskilometer berücksichtigt werden. Nicht belohnt wird damit die Vergesslichkeit der Steuerzahler: Werbungskosten, die auch unter Berücksichtigung der bereits gekürzten Entfernungspauschale über der Pauschbetragsgrenze von 920 Euro gelegen hätten, die der Steuerpflichtige aber in seiner Steuererklärung für 2007 lediglich anzugeben „vergessen“ hatte, können auf diesem Wege nicht mehr nachgeschoben und nachträglich berücksichtigt werden.
Als Berufspendler muss man nur dann von selbst tätig werden, wenn die Fahrten zur Arbeit in der damaligen Steuererklärung nicht ab dem ersten Entfernungskilometer angegeben wurden, was jedenfalls bei den meisten Pendlern der Fall sein dürfte, die eine Wegstrecke von weniger als 20 Kilometer zur Arbeit fahren. Waren in der Steuererklärung 2007 keine Angaben zur Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie zur Zahl der Arbeitstage enthalten, kann auch dies nunmehr dem zuständigen Finanzamt mitgeteilt werden. Das Finanzamt muss dann von Amts wegen die Änderung der Steuerfestsetzung für das Steuerjahr 2007 veranlassen. Soweit noch vorhanden, sollten also die noch vorhandenen Belege über Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln wie Bus und Bahn aus 2007 und 2008 sowie Belege und Nachweise über Unfallkosten in diesen Jahren herausgesucht und unverzüglich dem Finanzamt nachgereicht werden.
Der Vorläufigkeits-Vermerk im Steuerbescheid wird nicht automatisch aufgehoben. Die Vorläufigkeit der Regelung zur Entfernungspauschale in den Steuerbescheiden 2007 bleibt damit also bis zum Ablauf der Verjährungsfrist erhalten, was für den Veranlagungszeitraum 2007 letztlich eine Änderungsmöglichkeit zumindest bis zum 31.12.2011 eröffnet.
Sofern die Einkommensteuererklärung für 2008 noch nicht abgegeben wurde, sollten auch hier die entsprechenden Nachweise beigefügt und ein höherer Kostenabzug bei Werbungskosten beziehungsweise Betriebsausgaben beantragt werden. Sofern die ungekürzte Entfernungspauschale als Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte 2008 eingetragen war, droht Pendlern über einen Steuerbescheid für 2008 hier keine Nachzahlung mehr. Da der Steuerbürger die Steuerentlastung damit aber bereits über die monatlichen Lohnauszahlungen erhalten hat, gibt es für Arbeitnehmer im Rahmen der Veranlagung für 2008 später auch keine diesbezügliche Steuererstattung mehr. Zu beachten ist zudem, dass die Eintragung der ungekürzten Pendlerpauschale - wie jeder Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte auch – zur Folge hat, dass jedenfalls eine Steuererklärung abzugeben ist. Mit dieser Veranlagungspflicht wird eine abschließende Überprüfung des Steuerfalls vorgeschrieben. Eine nachträgliche Eintragung eines Freibetrag auf der Steuerkarte 2008 ist nicht mehr möglich, denn dafür ist die Frist am 01.12.2008 längst abgelaufen. Dennoch ist die volle Berücksichtigung über die Steuererklärung für 2008 möglich.
Zu beachten ist ferner, dass Steuerbescheide nach der nunmehr erfolgten gesetzlichen Neuregelung der Pendlerpauschale insoweit nicht mehr vorläufig ergehen; hierauf weist auch das Bundesfinanzministerium im BMF- Schreiben vom 23.4.2009 (Az. IV A 3 - S 0338/07/10010- 02) hin. Sofern also Aufwendungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder zusätzliche Kosten für einen Wegeunfall noch nicht steuerlich erfasst und berücksichtigt wurden, ist es ratsam, „sein“ Finanzamt unbedingt noch innerhalb der Einspruchsfristen zuinformieren. Dies gilt insbesondere dann, wenn Einkommensteuerbescheide jetzt neu erlassen oder gerade geändert werden. Das Finanzamt muss nach entsprechender Information eine weitergehende Änderung der Steuerfestsetzung prüfen.
Sofern noch nicht geschehen, sollte man zudem auch unverzüglich dafür Sorge tragen, dass die ungekürzte Entfernungspauschale als Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte 2009 nachgetragen wird. Damit wirkt sich die ungekürzte Entfernungspauschale zumindest ab Eintragung auf der Steuerkarte positiv auf die Höhe des Nettoverdienstes aus. Bei Werbungskosten, Sonderausgaben und anderen außergewöhnlichen Belastungen müssen die jährlichen Aufwendungen insgesamt mehr als 600 Euro betragen, wobei der Arbeitnehmer- Pauschbetrag von 920 Euro bereits über die Lohnsteuertabelle berücksichtigt wird. Ohne weitere Werbungskosten muss die kürzeste Wegstrecke zur Arbeitstelle mindestens 23 Kilometer betragen. Bei kürzeren Wegstrecken zur Arbeit sind die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bereits durch den Arbeitnehmer- Pauschbetrag abgedeckt, sofern nicht noch andere zusätzliche Werbungskosten vorliegen. Selbstverständlich können dabei auch Fahrkarten für öffentliche Verkehrsmittel wie Monatsfahrkarten (oder Jahreskarten anteilig) sowie eventuell bereits im Jahre 2009 entstandene Unfallkosten mit bei der Bemessung des Freibetrags steuerlich berücksichtigt werden. Der Antrag für das Lohnsteuerverfahren 2009 ist bis spätestens zum 30.11.2009 zulässig.
Und was gibt es Neues für Arbeitgeber?
Für Arbeitgeber gibt es zu beachten, dass bei der Pauschalbesteuerung für Arbeitgeberleistungen, also Fahrtkostenzuschüssen und anderweitigen geldwerten Vorteilen, die der Arbeitgeber im Zusammenhang mit Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte oder durch die Stellung eines Dienstwagens gewährt, die gesetzliche Einschränkung entfällt, nach welcher die Pauschalbesteuerung für Arbeitgeberleistungen für die ersten 20 Kilometer nicht mehr zulässig war. Arbeitgeberleistungen, die über die abzugsfähige Pendlerpauschale hinausgingen, waren vor der gesetzlichen Neuregelung also ganz normal dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfen.
Für die nach dem 31.12.2006 beginnenden Lohnzahlungszeiträume wird jetzt eine nachträgliche Pauschalierung für Arbeitgeberleistungen ab 2007 bereits ab dem ersten Entfernungskilometer zugelassen (siehe BMF-Scheiben vom 30.12.2008, Az. IV C 5 - S 2351/08/10005). Eine Nachholung der Lohnsteuerpauschalierung für die 20 km-Zone ist damit aufgrund der Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Neuregelung durch das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich möglich. Die Nachholung der Besteuerung mit dem 15 %-tigen Pauschsteuersatz ist sogar auch in solchen Fällen möglich, in denen eine Lohnsteuerbescheinigung für den Arbeitnehmer bereits übermittelt oder ausgestellt worden ist. Die Finanzverwaltung lässt insoweit im Rahmen einer Billigkeitsregelung auch rückwirkend die Lohnsteuer-Pauschalierung durch den Arbeitgeber zu. Durch die Gesetzeswirkung der Entscheidung des Verfassungsgerichts wird hier also eine rückwirkende Pauschalierungsmöglichkeit eröffnet. Im Rahmen der Beitragsbemessungsgrenze wird durch die nachträgliche Arbeitgeberentscheidung zur pauschalen Steuerübernahme mit 15 % zudem auch die Nachholung der Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung erreicht.
Zu beachten ist, dass die Nachholung der Lohnsteuerpauschalierung für die 20 km-Zone für den Arbeitgeber aber keineswegs verpflichtend ist. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber insbesondere nicht gesetzlich verpflichtet ist, seinem Betriebsstättenfinanzamt den – nunmehr endgültig nicht zutreffenden - Lohnsteuerabzug schriftlich anzuzeigen (vgl. § 41c Abs. 4 EStG). Eine solche Anzeigepflicht hätte nur bei einer verfassungskonformen Regelung gegolten und zudem nur solche Fälle betroffen, in denen die Lohnsteuerpauschalierung für die Lohnzahlung ab 1.1.2007 ohne Lohnsteuer-Außenprüfung und Vorläufigkeitsvermerk entsprechend der nunmehr beseitigten Altregelung vorgenommen wurde.
Hat ein Arbeitgeber Leistungen für die ersten zwanzig Kilometer der Lohnsteuer unterworfen und diesbezüglich keine Korrektur vorgenommen, kann dies vom Arbeitnehmer rückwirkend bei der Veranlagung zur Einkommensteuer 2007 sowie in der Steuererklärung für 2008 noch in vollem Umfang steuerneutral ausgeglichen werden. Denn der der bis dahin individuell versteuerte geldwerte Vorteil wird durch eine in gleicher Höhe abzugsfähige Entfernungspauschale ausgeglichen.
Wenn der Arbeitgeber stattdessen die Kosten für Bus und Bahntickets erstattet, kann die Lohnsteuer hierfür wieder gem. § 40 EStG pauschal mit 15 % übernommen werden. Zu beachten ist aber, dass dieser Zuschuss neben dem Arbeitslohn bezahlt wird und nicht über dem tatsächlichen Preis der Fahrkarten liegen darf. Die Lohnsteuerpauschalierung von Fahrtkostenzuschüssen ist insoweit auf denjenigen Betrag begrenzt, den der Arbeitnehmer ansonsten bei seiner Veranlagung zur Einkommensteuer als Werbungskosten geltend machen könnte. Besitzt also der Arbeitnehmer ein kostenloses Job-Ticket, kann der Arbeitgeber bis zur Höhe der tatsächlichen Kosten dieses pauschal versteuern. Zum Nachweis der Fahrtkosten muss der Arbeitgeber die Fahrausweise des Arbeitnehmers als Beleg zum Lohnkonto nehmen, wenn er diese zur Bemessungsgrundlage für Fahrtkostenzuschüsse ansetzt.
Was ändert sich für Selbständige?
Selbstständige und Freiberufler müssen ihre Gewinnermittlung, also je nach Gewinnbemessungsmodus die Bilanz oder die EinnahmenÜberschussrechnung, anpassen.
Durch die Altregelung waren – ganz entsprechend den Beschränkungen der Entfernungspauschale bei Arbeitnehmern - auch die Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und Betriebsstätte nicht mehr als Betriebsausgaben voll abziehbar. Die Regelungen für Pendler ab dem 20. Entfernungskilometer waren insoweit auf Selbständige übertragen worden. Dies bedeutete bislang dass bei betrieblicher Nutzung eines Fahrzeugs von mehr als 50 % die nicht als Betriebsausgaben abziehbaren Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte mit 0,03 % des Bruttolistenpreises je Kalendermonat für jeden Entfernungskilometer sowie für Familienheimfahrten mit 0,002 % zu ermitteln waren. Bei einer betrieblichen Nutzung des Fahrzeugs von nicht mehr als 50 % oder bei Anwendung der Fahrtenbuchmethode waren die tatsächlichen Aufwendungen für diese Fahrten maßgeblich. Aufwendungen für Fahrten ab dem 21. Entfernungskilometer waren mit 0,30 Euro pro Entfernungskilometer nur noch „wie” Betriebsausgaben abziehbar; nur für Familienheimfahrten bei beruflich veranlasster doppelter Haushaltsführung galt die Entfernungspauschale für jeden gefahrenen Kilometer zum Beschäftigungsort.
Nunmehr kann die Gewinnermittlung ab dem Jahr 2007 in der Weise erfolgen, dass die Betriebsausgaben schon ab dem ersten Kilometer der Entfernung von der Wohnung zum Betrieb absetzbar sind. Für das Steuerjahr 2007 muss in der Regel die Berücksichtigung weitergehender Betriebsausgaben beantragt werden, weil das Finanzamt dies weder automatisch erkennen noch veranlassen kann. In jedem Falle können hier auch Fahrkarten in voller Höhe berücksichtigt werden, da diese – häufig direkt aus der Unternehmenskasse bezahlten Fahrscheine – nunmehr wieder zu den abzugsfähigen Betriebsausgaben zählen. Für das Steuerjahr 2008 geht das alles völlig unproblematisch, denn bei den Jahresabschlussarbeiten kann eine verminderte Kürzung der Betriebsausgaben vorgenommen werden.
Wer Kinder hat, freut sich ebenfalls wieder über Kindergeld
Die Änderungen Entfernungspauschale können zudem dazu führen, dass Eltern wieder Kindergeld erhalten, wenn ihre volljährigen Kinder durch Ansatz der vollen Kilometerpauschale ab dem ersten Entfernungskilometer unter die Einkommensgrenze von 7.680 Euro fallen. Dies geschieht in den allermeisten Fällen von Amts wegen, da die zuständigen Familienkassen seit Januar 2008 die Kindergeldfestsetzungen mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen hatten. Dies bedeutet, dass in den Fällen eines vorläufigen Kindergeldbescheids insoweit Einsprüche nicht erforderlich sind. Nicht zu vergessen ist auch, dass die nachträgliche Berücksichtigung von Kindern auch einige weitere Vorteile bringen kann, wie bei dem Abzug von Schulgeld als Sonderausgaben, der zumutbaren Eigenbelastung der Eltern und nicht zu vergessen sogenannten Riester-Zulage.
Ausblick – was kommt ab 2010?
Eine grundlegende Neuordnung der Pendlerpauschale für die Zukunft wurde mit der gesetzlichen Neuregelung weder festgeschrieben noch für alle Zeiten völlig ausgeschlossen. Damit ist in Sachen Pendlerpauschale noch lange nicht das letzte Wort gesprochen: Eine gesetzliche Neuregelung der Pendlerpauschale ist frühestens ab 2010 durchaus denkbar.
Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts verstieß nur die – nun mehr revidierte - Altregelung ab 2007 gegen das Grundgesetz, weil diese die weit pendelnden Berufstätigen unzulässigerweise begünstigte. In der Urteilsbegründung haben die Verfassungsrichter aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Fahrt zur Arbeit auch nicht unerheblich durch private Gründe (mit-)bestimmt wird. Verfassungsrechtlich unbedenklich ist daher die Annahme des Gesetzgebers, dass wegen der regelmäßig aus privaten - familiären wie ökonomischen - Gründen bestimmten Wahl des Wohnorts auch die entsprechenden Aufwendungen für die Fahrten zwischen der Wohnung und der Arbeitsstätte nicht ausschließlich beruflich, sondern auch privat mit veranlasst sind. So wird die Höhe der Fahrtkosten in ganz erheblichem Umfang durch die Entscheidung des Steuerbürgers beeinflusst, wozu neben der Wahl des Wohnsitzes eben auch die Wahl des jeweiligen Verkehrsmittels ebenso gehört. Dies bedeutet aber, dass die berufliche Mitveranlassung der Fahrtkosten umso stärker zurücktritt, je höher der Stellenwert einer arbeitsplatzfernen Wohnortwahl aus privaten Motiven ist, wodurch zwangsläufig der Arbeitsweg umso länger sein kann.
Deshalb ist es dem Gesetzgeber nicht verboten, in Zukunft ab dem Jahre 2010 eine anderweitige verfassungsgemäße Regelung zu finden und das Kilometergeld zum Beispiel auf 0,20 Euro zu kürzen. Hier ist auch denkbar, dass bei einer nach den vorgenannten Kriterien entsprechend verfassungsrechtlich unbedenklichen Bewertung der Wegekosten sich für den Gesetzgeber durchaus erhebliche Gestaltungsspielräume eröffnen. So kann es künftig durchaus sein, dass der Pendlerpauschale zwecks besserer Handhabung eine allgemeine typisierende Betrachtung zu Grunde gelegt wird, die je nach Grad der privaten Mitveranlassung von Wegekosten den entsprechenden steuerlich abzugsfähigen Aufwand auch unter verkehrs- und umweltpolitischen Aspekten bemessen kann. Aber das ist Zukunftsmusik. Man muss daher die Entwicklungen in der kommenden Legislaturperiode durchaus im Auge behalten.
mitgeteilt von
Rechtsanwalt Lutz D. Fischer, Lohmar
Kontakt: kanzlei@fischer-lohmar.de
Internet: www.fischer-lohmar.de
Sommer-Urteile
Autofahren und LKW-Fahren mit Sandalen ist erlaubt
Wer ein Auto oder einen LKW mit offenen Sandalen fährt, darf deshalb nicht mit einem Bußgeld belegt werden. Das Oberlandesgericht Celle hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem ein LKW-Fahrer sein Fahrzeug mit Schuhen lenkte, die vorn geschlossen, aber hinten offen waren und die über keinen Fersenriemen verfügten. Dritte waren hierbei weder geschädigt noch gefährdet oder belästigt worden. Dennoch hatte das Amtsgericht den LKW-Fahrer mit einem Bußgeld in Höhe von 57,50 Euro belegt. In seiner Begründung hatte das Amtsgericht auf Unfallverhütungsvorschriften für Fahrzeuge hingewiesen, in denen vorgeschrieben wird, dass beim Führen eines LKW´s Schuhwerk getragen werden muss, welches den Fuß umschließt. Das OLG Celle hat das amtsgerichtliche Urteil wieder aufgehoben. Das Oberlandesgericht stellte maßgeblich darauf ab, dass das Fahren ohne geeignetes Schuhwerk nicht ausdrücklich verboten sei. Grundsätzlich sei zwar zuzugeben, dass es mit den Pflichten eines sorgfältigen Kraftfahrzeugführers unvereinbar sei, ein Kraftfahrzeug völlig ohne oder mit ungeeignetem Schuhwerk zu führen. Das Fahren mit Sandalen könne infolge eines Abrutschens von den Pedalen durchaus mit nicht unerheblichen Risiken verbunden sein. Werde dadurch ein weiterer Verkehrsteilnehmer geschädigt, gefährdet oder auch nur belästigt, könne der Fahrzeugführer sogar strafrechtlich oder bußgeldrechtlich für einen dadurch verursachten Unfallschaden verantwortlich haften. Da ein solches Ereignis nach den getroffenen Feststellungen hier nicht eingetreten sei, wurde das amtsgerichtliche Bußgeldurteil aufgehoben.
OLG Celle, Urteil vom 13.03.2007, Az. 322 Ss 46/07
Autofahren mit Flip-Flops
Auch das Autofahren mit Flip-Flops an heißen Tagen ist nicht verboten und nicht bußgeldbewehrt. So hat das Oberlandesgericht Bamberg mit Beschluss vom 15.11.2006 festgestellt, dass Knöllchen für Fliptopträger(innen) nicht gerechtfertigt sind. Zwar seien Autofahrer die im Sommer barfuss oder mit Flipflops Auto fahren, nicht unbedingt ein Vorbild in Sachen Sicherheit. Gleichwohl sind Bußgelder nur wegen des Tragens von Flip-Flops beim Auto fahren nicht zu befürchten. In dem vom OLG Bamberg entschiedenen Fall hatte ein Autofahrers lediglich in dünnen Socken hinter dem Steuer seines Autos gesessen. Die Polizei hatte ihn deswegen angehalten und die Bußgeldstelle ein Bußgeld in Höhe von 50 Euro verhängt, da gegen § 23 StVO verstoßen worden sei. Nach dieser Vorschrift ist ein Autofahrer gehalten, dafür Sorge zu tragen, dass die Besetzung und die Beladung des Fahrzeugs vorschriftsmäßig ist und die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigt wird. Nach Einspruch gegen den Bußgeldbescheid bekam der Autofahrer vor Gericht Recht. Das Gericht sah im Tragen oder Nichttragen von Schuhen keinen Einfluss oder Zusammenhang zur Ladung oder zur Besetzung eines Fahrzeugs. Die Richter weisen allerdings darauf hin, dass im Falle eines Unfalles, der auf fehlendes oder ungeeignetes Schuhwerk zurückzuführen sei, durchaus die Verhängung eines Bußgeldes in Betracht kommen könne. Dies gelte bereits dann, wenn es zu einer Gefährdung oder Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer käme. Letztlich komme es aber immer auf die Ursächlichkeit zwischen der Fußbekleidung und dem Fahrfehler im Einzelfall an.
OLG Bamberg, Beschluss vom 15.11.2006, Az.: 2 Ss OWi 577/06

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